PROJEKT
4
Arbeitstitel: ENGELSZUNGEN. Ein erotischer Ufokrimi
"Engelszungen" ist ein
literarischer UFO-Krimi und Agentenroman: Die CIA bespitzelt eine Gruppe von
Forschern, die unter der Leitung eines deutschen Physikers die Unbekannten
Flugobjekte untersucht, wobei ihnen durch besondere mediale Techniken auch eine
Kontaktaufnahme mit deren Besatzungen gelingt.
Durch Transkontakte versucht diese Forschergruppe, die Wahrheit an den
Tag zu bringen. Doch alles bleibt ein schwebendes Verfahren, weil sich die
Unbekannten wie Träume immer wieder entziehen, niemals festlegen lassen, so daß
schließlich diese rätselhaften Flugobjekte, sowie ihre "Landungen"
und "Entführungen" von Menschen,
wie eine gigantische irreale Projektion erscheinen, was sie nach Loverings
Theorie auch tatsächlich sind. Doch auch die Realität erscheint schließlich
nach neueren Untersuchungsmethoden der Physik als nichts anders denn als
kollektiver Wahn! Welcher Wahn also gilt
dann und ist glaubwürdiger?
Die Öffnung, die Grenzüberschreitung, die
Bewußtseinserweiterung ist bei Lov Folge eines Schocks; der Physiker und
Psychonaut, der sich noch während des
Zweiten Weltkrieges unter dem Pseudonym
"Lovering" nach Lareggstone, einer walisischen Stadt, geflüchtet hat,
ist seelisch belastet und traumatisiert durch
ein Schockerlebnis aus dem Jahre 1945, als er wegen Befehlsverweigerung
und Desertion zum Tode verurteilt, in letzter Minute (schon vor dem
Erschießungskommando), während eines Luftangriffes doch noch entkommen konnte.
Die brisanten Entdeckungen Lovs und
seiner Gruppe, zu denen Morris, ein junger Quantenphysiker und der medial
begabte Transsylvanier Terplan gehören, drohen, das amerikanische System und
seinen way of live in Frage zu stellen. Am Schluß müssen alle aus dem Kreis
dran glauben, sie kommen durch
"Unfälle",
"Krankheiten" um, oder sie verschwinden spurlos auf
Nimmerwiedersehen.
Im Zentrum der Handlung steht neben Lov,
eine schöne, raffinierte und intelligente Agentin und Edelhure, die über
Bettgeschichten ihre brisanten Informationen aus der Gruppe erhält; meist
wachsen sich diese Affären zu heißen und tragischen Liebesgeschichten aus.
Die zweite Hauptfigur auf der Agentenseite
ist Joyce, ein dichtender CIA-Oberst;
beide, die schöne Agentin und der Oberst (sie, natürlich auch seine Geliebte), erfahren schließlich selbst die
Wahrheit, und werden so zu Doppelagenten. Deshalb müssen auch sie am Schluß
verschwinden!
"Engelszungen"
ist kein Heftchenroman, sondern literarische Science-fiction: Grenzgang des
Bewußtseins, wie in alten Häresien
zwischen Zweifel und Gewißheit bei einer neu zu erarbeitenden Weltsicht, wo die
alte Sicht das Phänomen falsch anpackt und
falsch, nämlich zu "empirisch", deutet, und ihre falschen Überzeugungen,
wie seinerzeit die Inquisition mit perfiden und gängigen Öffentlichkeits- und
Medienmitteln: Gegeninformation, Falschmeldungen, Manipulation, dann mit der
Seelenpolizei Psychiatrie, bis zu mörderischen Techniken und Mord
verteidigt. Im Zentrum steht eine neue Sprache und Hermeneutik, oder
auch neue Grundmuster der Deutung jener Nachrichten über und von
"Aliens", den "Fremden", "Toten" und ermordeten
"Opfern" der abendländischen Geschichte; es sind neue
psychotechnische Möglichkeiten der Sprache, des induzierten Schweigens, der
Medialität und des Traumes, der Phantasie, der Traditionserforschung und
Deutung, und schließlich aller Formen der Bewußtseinserweiterung vom
Liebesfieber, der Meditation, Rückführungstechniken bis zur
Hypnose, um überhaupt mit den sich jedem bisherigen
Wirklichkeitsbegriff entziehenden Parallelwelten, die es immer neben unserer
gegeben hat, kommunizieren zu können.
Dieter
Schlesak
AUS
dem Roman ENGELSZUNGEN
FRAGMENTE
ERSTER
TEIL
Lyss,
Geheimdiensthure und Akademikerin
1
Der Abend hatte begonnen, fern, weit im Westen, ging die Sonne
unter, dies stimmte Joyce poetisch. Licht auf See und Strand, Sand am Meer,
mehr Stein und Fels, stolzes Vorgebirge des guten alten Howth wacht über den
Wassern der Bucht. Joyce, der eigentlich längst tot sein
müßte, freute sich täglich (wieder) auf
dieser schönen Erde sein zu dürfen, wenn auch mit gestundeter Zeit.
Ein Mutter-Schiff, wie denn sonst, hatte ihn
auf den blauen Planeten gebracht; und
auch diesmal mußte er alles vergessen, um hier leben zu können. Ein schwarzer
haariger Kanal war es jedoch diesmal nicht gewesen; sie hatten ihn hierher
verbracht, weil er sich besser als jeder andere hier auskannte, bis ins letzte
Detail kannte er die Gegend.
Freilich, solch ein Terrabegeisterter steht
allein; zum Vergnügen fuhr kein
Mensch hierher nach Doddlestone/Thorness.
Vielleicht noch zu den Partys von Howth, im
geheimnisvollen Castell. Ob es wirklich existiert, weiß niemand, denn
sogar die Beschreibung, der Name der "Zentrale", die Joyce leitete,
waren verschlüsselt; ( flußauf, vorbei an Ev´und Adams, vom küstenknick zum
bug der bucht, bringt uns auf kommodem vicus zirkel wieder zurück zu Howth
Castels Engrer umgebung... enggeführt Herr Tristram ... usw.[i]).
Doch der eigentliche geheime ORT zur
Erforschung jener Dinge, die die Welt, wie sie uns allen erscheint, in Frage
stellen, war kein altes Buch mehr: sondern vielmehr ein kontaktfreudiger und
mit dem ganzen Kosmos vernetzter Bild
Schirm. Die unendlichen Summen an
möglichen Nachrichten kamen schneller an als jeder Gedanke.
Dagegen erschien das normale Reisen vorsintflutlich: Der schnellste Straßen- oder
Bahn-Weg erforderte von London aus etwa zwölf Stunden. Joyce beschrieb sogar
seinen neuen Mitarbeitern, die hier anreiste, die Reiseroute in jenem knappen
Kommandoton, der keinen Zweifel daran ließ, daß es sich um die höchste
Geheimhaltungsstufe handelte (auf diese saite des klüftigen isthmus von
Klein-Europa, um seinen penisolaren krieg ganz neu auszufechten). Oberst Joyce
war für die Sicherheit zuständig und
hatte zugleich alle Forschungsprojekte unter sich. Sowie ein großes Geheimarchiv über die
Extraterrestrier und ihre "Raumschiffe."
Doddlestone schien von außen nichts weiter als ein kleines, verfallenes
Dorf zu sein, sonst gab es nur die
schroffe Felsenküste und die Heide. Das Versuchsgelände war auf einer Landzunge verstreckt, die in
die weite Meeresfläche zwischen der Isle of Skye und der Isle of Lewis hinausragte. Zur Landseite hin war das Gelände durch einen
hohen, mit Stacheldraht gesicherten Drahtzaun abgesperrt, der Zugang von
Schilderhäuschen und Wachen flankiert, und die Küste wurden von Soldatenpatrouillen mit Hunden bewacht. Seewärts gab es nur das
graue Wasser.
Im Amtszimmer der
"Zentrale" saß Oberst Joyce.
Dieser Oberst Joyce sah gelangweilt durch die großen Fenster hinaus auf die
Bucht. "Aufgefrischte
Plagiate" nannte er, was er aus den Archiven auf- und abschrieb, was sich
täglich vor seinen Augen wiederholte, manchmal aber waren es auch erlösende
Durchbrüche, "Erscheinungen", die von den Aufklärungsflugzeugen der
Basis mit Radaraugen gesichtet wurden.
Draußen goß es
noch immer. Joyce sah hinaus auf den Atlantik, der Blick fiel auf eine
Vogelinsel. Gelegentlich ging er, um ungestört sprechen zu können, mit seinen
Assistenten oder lieber noch mit der schönen Agentin Lyssowa auf dem Gelände
durch nasses Gras spazieren, ein Patrouillenboot der Royal Navy war jetzt auf
dem Meer zu sehen. Alles war grün,
Betonwege, zwischen Reihen niedriger bunkerartiger Gebäude, grau und braun;
die Wolken hingen tief über den
Gebäuden, die halb im Boden versenkt waren, und über den Abschußrampen an der Spitze der Halbinsel,
die waren in Nylonhüllen verpackt und aufs Meer hinaus gerichtet war;
abgesehen von regelmäßigen Geräuschen aus dem Versuchsgelände war es sehr
still. Mehrere kleine Raketen ruhten auf schrägen Rampen. Es regnete, als Joyce und Farmer ankamen.
Direktor war der Professor Reinhard im Generalsrang ... Joyce hatte die neue Agentin Lyssowa vom
Bahnhof abholen lassen. Er begrüßte sie. Der große Computer, der den Raum
beherrschte, beeindruckte sie ( und er versuchte sie einzuweihen, zeigte ihr
gleich eine verschlüsselte Botschaft. Sie murmelte: "Unsinn". Er:
"Nana, sie werden sehen!" "Ich heiße von Haus aus Jinny".
"Sie heißen hier Anna Lyssowa und sind Russin!" "Zu Befehl,
vielleicht die Niemandin in der Höhle, Ulyssin oder Fickmadame im
Untergrund?")
»Weiß irgend jemand
sonst warum ich hier bin?« fragte sie später, als ihr Unverständnis wuchs: im
Tonfall von frechen Gören. Joyce antwortete nicht; wechselte das Thema und
führte sie in den anderen Raum, wo er ihr ausführlich die Empfangsapparatur
und die Übertragungseinheiten erklärte:
»Wir sind einfach ein Glied in einer Kette von Observatorien rund um
die Erde, und bestimmt nicht das schwächste.«
Anna Lyssowa sah
aus dem Fenster auf die gewaltige Konstruktion draußen, auf die kahle
Heidefläche und den jetzt purpurfarbenen Himmel.
Sie
hüten sich wirklich zu werden, das wäre
nämlich die eigentlich Revolution hier. Aber der Zeitsprung ist kaum möglich... so sind sie für uns
unwirklich wie Erscheinungen aus der
Zukunft, die noch nicht "fest" werden können.
(...)
IV
Analyss wahrer Name war, wie
wir wissen, freilich nicht Anna Lyssowa, sondern Jinny Black: Anna Lyssowa war
wie in diesem Job üblich nur der Deckname. Sie hatte nun auch den Auftrag, sich
vor allem um Terplan, der eine wichtig Rolle im privaten Kreis des rätselhaften
Gelehrten Lovering (Lov) spielte, zu kümmern. Daß Jinny, bis zu ihrem
Namen, alles so gut verbergen konnte,
war erstaunlich. Sie arbeitete angeblich "irgendwo" in Chester als
Sekretärin. Und Lov kontrollierte sie so wenig, wie Joyce oder Terplan.
Erstaunlich fanden sie nur, daß sie eigentlich wie zwei Personen agierte, mal
sanft und angelisch, mal heftig und zynisch. Sie konnte das, war ja auch
einmal Schauspielerin gewesen! Beide mochten die Sanfte sehr, nannten sie dann
nur Anna, und mochten sie, anders freilich als die Sexbombe Lyss. Die Behörde
hatte diese Madonna-Hure-Konzeption genial den Männerphantasien angepaßt. Wenn
Sex blind macht, macht Liebe auf Dauer blinder. Und damit hatten die
"Stellen" gerechnet. Nur einmal kam es AnnaLyss komisch vor, und sie
vermutete, daß man ihr auf einem Segelboot folgte.
Sie war nach Dienstschluß gegangen. Sie wies ihre Sekretärinnen
an, das Datum ihres nächsten Besuches in ihren Terminkalendern zu notieren.
Wenn sie ihre Arbeit beendet
hatte, machte sie bei stürmischem Frühherbstwetter lange, einsame Spaziergänge
über die Heide. Da sah sie eine weiße Jacht draußen auf dem Meer vor Anker
liegen. Es war eine große, hochseetüchtige Jacht. Vom Versuchsgelände aus war
sie hinter der Insel Thornholm verborgen. Nur wenn man weiter die Küste
hinunterging, konnte man die Jacht erkennen. Jinny entdeckte sie, als sie
eines Nachmittags auf dem Klippenweg spazieren ging.
Am folgenden Nachmittag war die Jacht
noch immer da. Als Jinny den Weg zwischen dem Rand der Klippen und der Heide
entlang ging, glaubte sie, das Blinken einer Signallampe auf der Jacht zu
erkennen. Das allein hätte ihre Neugier noch nicht geweckt, doch plötzlich
hörte sie das Motorgeräusch eines Autos in der Heide. Instinktiv duckte sie
sich hinter einen Ginsterbusch und wartete. Es war ein starker Motor, der im
Leerlauf leise brummte.
Wenige Augenblicke später setzte das
Signalzeichen aus. Und kurz darauf fuhr das Auto an. Sie konnte sehen, wie es
schwankend davonfuhr. Als es weit genug entfernt war, richtete sie sich auf
und ging zum höchsten Punkt des Weges hinauf. An der Spitze der Klippe traf er
mit einem Feldweg zusammen, der sich landeinwärts wand und in einem Tal
zwischen den Hügeln die Hauptstraße erreichte. Ein großes, auffallendes Auto
verschwand um die erste Kurve hinter einem Kieferndickicht. Jinny blickte ihm
nachdenklich nach: irgend etwas kam ihr bekannt vor. Es war wohl Lovs Auto
gewesen. Aber was trieben die Männer hier?
Lyss sagte ihrem Sicherheitsoffizier nichts,
sondern ging am nächsten Tag wieder an die gleiche Stelle. Doch nichts war da
zu sehen. Kreischen der Möwen, sonst lag die Landschaft wie ausgestorben da. Am
folgenden Tag regnete es, und danach hatte sie mit dem Besuch des Ministers,
der die neuen Erkenntnisse über die "Anderen" erfahren wollte, so viel zu tun, daß sie nicht dazu kam, das
Gelände zu verlassen. Am Nachmittag des Tages vor der Berichterstattung war
alles festgelegt. Joyce, ihr Sicherheitsoffizier, der ihre schriftlichen
Berichte oft mit ironischem Grinsen las, jeden Satz zerpflückte, abklopfte,
als wären es Seelenspiegel, lief mürrisch und verschlossen herum; Jinny selbst
hatte Kopfschmerzen und fühlte sich sehr allein. Gegen Abend beschloß sie,
Joyce zu besuchen, um ihn reinzulegen
mit ihren sanften Seelen-Künsten. Sie fragte sich immer wieder, weshalb sie
diesen Job eigentlich angenommen hatte. Und antwortete sich selbst erstaunt:
Weil sie diese "Gläubigen" haßte und zur Aufklärung beitragen
wollte, daß endlich wieder Ruhe sei. Sie hatte sich in Terplan verknallt und
wollte, daß er "normal" werde,
sie zu ihm ziehen konnte? Doch war es ihr klar, daß eben gerade seine Exzentrik
sie so sehr anzog, sein morbides "Geheimnis", und das Haus, die
faulen Gerüche, die dunklen Ecken sie richtig anmachten. Sie zerbrach sich aber
nicht weiter den Kopf, verdrängte ihren schrecklichen Komplex, eines wußte sie
aber: Eine instinktive Abneigung, ja ein gewisser Haß gegen diese
Ufo-"Spinner", wie sie sie nannte, trieb sie an. Doch wenn sie genau
überlegte, war es nackte Angst vor sich selbst. Dies gestand sie sich in; Joyce
vermißte in ihren Berichten solche Bekenntnisse, da sie, wie er wußte, zum Phänomen
der "Fremden" gehöre. Überhaupt war sie überzeugt, daß er selbst,
wohl aufgrund des erdrückenden Datenmaterials ein "Überzeugter"
war, und ihr deshalb vieles durchgehen ließ, ja, die Gruppe Lovs heimlich
deckte!
Joyce lag auf dem
Bett und hörte sich eine Platte von Webern an; gebildet war der auch noch! Er
blickte auf und sah Jinny unter der Tür stehen, blaß und unsicher.
»Welche Überraschung; was kann ich für
dich tun?« Er hatte schon wieder eine halbe Flasche Whisky ausgetrunken.
»Darf ich einen Augenblick bleiben,
ich fühle mich gerade schrecklich elend, und Kopfweh habe ich auch.« Plötzlich
sietzte er sie. Warum? War das ein Trick?
»Tun Sie, was Sie wollen. Und trinken
Sie das da aus.« Er reichte ihr ein volles Glas.
Sie nahm einen Schluck von dem
unverdünnten Whisky und spürte, wie er brennend die Kehle hinunter lief.
Draußen ertönte inmitten der Stille plötzlich ein langgezogenes tiefes Heulen,
und ein Stück Dachrinne klapperte am Bungalow.
»Was war das?«
»Der
Wind«, erwiderte Joyce, lachte, kein kleiner Grauer. Er stand auf und sah sie an.
»Mir
gefällt es hier nicht«, erklärte Jinny.
"Mir auch nicht", sagte er.
Sie
tranken schweigend. Vor dem Fenster war der Himmel fast schwarz, und der Wind
trieb noch schwärzere Wolken vom Meer herüber und heulte um die Gebäude. Jinny
ließ ihr Glas sinken und sah Joyce in die Augen. Der Kopf brummte ihr leicht.
»Tut mir leid, daß
ich so hereingeplatzt bin.«
«Unsinn!« Er zerwühlte ihr schon
wirres Haar. "Ich kann ein bißchen Gesellschaft gebrauchen in dieser
Bude. Besonders, wenn es ein nettes Mädchen ist.«
«Ich bin überhaupt nicht nett.«
"Oh!«
"Ich bin nicht gern, was ich
bin.« Jinny sah vor ihm weg, wieder in ihr Glas. "Ich tue nicht gerne,
was ich tue.«
»Das geht uns beiden so.« Joyce sah
über ihren Kopf hinweg zum Fenster. »Ich bin auch nicht glücklich über das,
was ich als Beauftragter der CIA hier tun muß.«
"Ich dachte, Sie gingen darin
völlig auf?«
»Das war einmal, aber jetzt ist es
aus damit, ich weiß auch nicht warum. Ich habe versucht, mich damit zu
identifizieren, aber ich kann es nicht.« Verwirrt blickte er auf sie hinunter.
"Vielleicht sind Sie es, was
ich brauche, Ed."
«Was?«
«Haben Sie bitte nicht zu viel Vertrauen
zu mir.«
Joyce grinste. »Sind Sie an irgend
etwas Zweifelhaftem beteiligt, machen sie gar mit dem Lovering-Kreis gemeinsame
Sache?«
«O nein, gewiß nicht," log sie.
"Es hat jedenfalls nichts mit Ihnen zu tun.«
«Ich bin froh, daß Sie das sagen.« Er
hob ihr Kinn. »Sie haben ein ehrliches Gesicht.«
Er küßte sie leicht auf die Stirn, wie
im Scherz.
»Nein.« Sie drehte den Kopf weg. Er ließ die Hand sinken und wandte sich
ab, als wäre er auf etwas anderes aufmerksam geworden. Der Wind heulte
wieder. Sie schauderte trotz allem. Und
fühlte sich sehr elend, bei diesem doppelten Verrat.
»Wenn Sie Männer beeinflussen wollen,
müssen Sie etwas aus sich machen.« Er sagte das wieder in halbironischem Ton,
alles schien so doppelbödig, sie konnte es nicht glauben, daß er plötzlich so
einfach daher quatschte, er kontrollierte sonst jedes Wort. Oder war es der
Whisky. Sie hatte ihn beim Schreiben ertappt. Sie stand regungslos da. Er hob
eine Hand und strich ihr das Haar aus dem Gesicht. »Sie sollten Ihr Haar
aufstecken, dann könnten wir sehen, wie hübsch Sie eigentlich sind.«
Sie wich von ihm zurück, so daß ihr
Haar wieder ins Gesicht fiel; ihre Augen aber blieben auf ihn gerichtet,
verwirrt und gespannt.
"Oder Sie müßten ein anderes
Parfüm benutzen, Jinny."
»Ist es das, was so riecht?«
Er nickte. »Kein schweres, aber
Lavendel oder so etwas, nur raffinierter im Duft.«
»Ich verstehe Sie nicht." Eine
kleine Falte zeigte sich auf ihrer glatten Stirn: »Hübsch - häßlich. Gut -
schlecht. Das ist doch keine logische Unterscheidung.«
»Wir leben durch unsere Sinne. Sie
bestimmen unsere Vorstellungen von Gut und Schlecht - unsere ästhetischen und
moralischen Urteile. Ohne diese hätten wir uns wahrscheinlich schon längst
gegenseitig vernichtet.«
»Sie geben sich die größte Mühe,
nicht wahr?« Mit einem verächtlichen Lächeln blickte sie auf die Papiere in
ihrer Hand. »Sie sind wie Kinder mit Ihren Ufos und Radars..."
"Und Sie mit Ihrem Haß. Ihre
Berichte sind solange nichts wert, solange sie nicht auch Ihren Gemütszustand
dabei mitliefern, der sehr real dazu
gehört. Das wird hier in unserem Gewerbe verlangt, das keines mehr ist; es ist
eines, das mit der Zukunft arbeitet. Ich will Ihnen mal was verraten..."
»Bei diesen Männerspielchen
dürfen Sie nicht mit mir rechnen, ich
hasse diese schale öde Technik und die real gewordene Science-fiction hier!
Nein, das tue ich nicht.« Nachdenklich sah sie ihn an. »Trotzdem werde ich sie
retten. Im Grunde ist es sehr einfach.« Mit einer kleinen Handbewegung deutete
sie auf die Papiere, die auf dem Tisch lagen, es waren die Geheimberichte und
die ganzen Antriebsbeschreibungen der fremden Raumschiffe.
"Sie haben wenig
verstanden, meine Liebe," sagte Joyce ganz langsam und beherrscht,
plötzlich sehr ernst geworden, und dann so, als verrate er ihr ein verbotenes
Geheimnis, das ihr dann so schien, als habe sie es schon irgendwo in der
Pflichtleküre der Geheimdienstler gelesen; war es nicht ein Buch von Dr.
Lammer? Oder vielleicht hatte sie es auch schon von Lov gehört, Joyce aber
formulierte behutsam und schön, und sie hörte ihm gern zu:
"Es geht jetzt nicht einmal mehr nur
um den Dienst, sondern ich sage es Ihnen außerhalb unseres Dienstverhältnisses
und ganz in Freundschaft, weil es Sie direkt angeht, jeden angeht heute: Sie müßten wissen, was ich meine, Lyss, und
Sie werden es auch bald erfahren, da Sie es noch gar nicht selbst wissen, was
zur Schuld heute gehört; doch mehr noch fürchten Sie mit einer abergläubischen
Angst irgendeinen Bruch im Ablauf der menschlichen Erfahrung, in Ihrer
Erfahrung, daß sie dann nicht mehr zurückkönnen, ich weiß, deshalb sind Sie ja
paradoxerweise zu uns geraten; jaja, tun
Sie nur nicht so, Sie sind nicht besser als die anderen. Furcht also vor der
Unordnung, der Willkür, der Ungemütlichkeit. Und die festen Mauern werden
jetzt immer durchsichtiger für Sie, und die Dielen hier könnten unter Ihren Füßen bald wie Treibsand nachgeben,
Chaos, wie die alltäglichen Zufälle, die Sie hier lesen müssen, um durchzukommen,
und da versagen Sie, Lyss. Ich habe aber den Auftrag, Ihnen zu sagen, daß
Sie morgen wieder gehen dürften, falls Sie es wollen."
"Nein," sagte sie trotzig,
"das will ich natürlich
nicht!"
"Nun gut, also dies habe ich auch so
erwartet. So kann ich ihnen nun folgendes
im Vertrauen sagen: Die extraterrestrische
Hypothese unserer Regierungsstellen und offiziellen Wissenschaftler, Sie
kennen dies ja, wonach tatsächlich fortwährend Raumschiffe von Alpha Centauri
bei uns eintreffen, war und ist nicht in der Lage, die Komplexität des
UFO-Phänomens zu erklären. Ebensowenig sind es andere Hypothesen: gleich, ob
man UFOs als mehrdimensionale Fahrzeuge, als Fahrzeuge aus Parallelwelten
oder aus zukünftigen Zeiten ansieht oder ob man sich auf die ziemlich simple
»psychosoziale« Hypothese zurückzieht, die alles nur und ausschließlich im
Menschen begründet sehen möchte. Mit den zahlreichen Facetten des
Gesamtphänomens kommen sie nicht zurecht und können Sie nicht zurechtkommen.
UFO-Erscheinungen, Marien-Erscheinungen, Bigfoot Erscheinungen, Luftschiffe,
die sich auflösen, Raumschiffe, die abstürzen, »außerirdische« Leichen, die
geborgen, und »halbirdische« Föten, die aus den Bäuchen schwangerer Frauen
entfernt werden: all das ist weder »real« noch »irreal« wie unsere gesamte Wirklichkeit. Es sind künstlich
erzeugte Verknotungen der Raumzeit, so wie Materie schlechthin heute als »natürliche«
Raumzeit-Verknotung aufgefaßt wird: quasimaterielle Erscheinungen, Projektionen,
die eine fremde Intelligenz, die Anderen in unsere
Welt delegierten, die aber weder außen noch innen sind, doch nur in uns selbst
gespiegelt werden müssen, nur mit dem Auge allein sind sie nicht sichtbar, wir
müßten sie ja wiedererkennen.
Eigentlich wundert es mich, daß Sie uns
diese frappierenden Berichte über Lovering bringen, selbst aber nicht daran
glauben. Es scheint so, als fehlte Ihnen ein Organ dafür, und vielleicht sind
Sie gerade durch diesen allgemein verbreiteten Irrglauben, es gäbe die
Phänomene nicht, so gut geeignet, uns zu dienen; wir sind längst davon
überzeugt, nein, wir haben die Fakten, an denen nicht zu rütteln ist, und es
ist klar, daß die Andern da sind! Daher brauchen wir Sie ja auch, denn die
Bevölkerung darf es auf keinen Fall wissen, auch nur ahnen! Nur, was sind sie
wirklich!? Es ist sozusagen genau der umgekehrte Fall wie bei den verflossenen
Diensten im Osten, dort wußten die SSDs, daß die Realität eine miserable ist,
und glaubten nicht an die Verrücktheiten der Oberen. Das durfte das Volk auf
keinen Fall "rauslassen", jeder wußte es, vor allem die Geheimdienste
wußten es. Hier kennt die Mehrheit die Realität, nämlich jenes Zwischenreich,
nicht, und es soll ihnen prophylaktisch vorgemacht werden, alles, was damit zusammenhängt,
sei Nichts, sei nichts als Täuschung. Aber auch hier: Das eigentliche Wissen der Menschen um die Existenz einer anderen,
übergeordneten Welt stammt nicht aus
verstaubten Texten oder hohlen Phrasen, nicht aus der Verkündigung
dogmatisierten Unsinns oder entstellter Historie - es stammt aus der
unmittelbaren Erfahrung des Menschen mit dieser anderen Welt. Eine solche Erfahrung
kann auf vielerlei Weise erlebt werden: mystisch, religiös, mit christlichem
oder buddhistischem, schamanistischem oder hinduistischem Hintergrund. Es kann
sich aber auch ganz einfach in einer Begegnung äußern, in einer Begegnung mit
den Anderen, die uns seit Anbeginn
der Geschichte begleiten.
Wer aber sind "sie" nun wirklich? Ich stimme da meinem
Freund Vallée vollkommen zu, er ist es auch, der mir die Augen geöffnet hat,
er sagte mir, es sei höchste Zeit, die Tatsache zu akzeptieren, daß das
UFO-Phänomen auf das menschliche Bewußtsein einwirkt, wie es schon Doktor
Jung längst erkannt hatte, daß es Gedanken und Bilder entstehen läßt, die den
Schilderungen jener Menschen nahekommen, die dem Tod nahe waren oder
außerkörperliche Erfahrungen gemacht haben. Und ihre Eindrücke erinnern sogar
an die Berichte mittelalterlicher Zeugen, die von Dämonen und Elfen besucht
wurden. Er hat recht, ich weiß es ja aus
unserem Dienst, Sie wissen es ja selbst: unsere Archive sind vollgestopft mit
entsprechendem geheimem Material, daß sich auch unsere UFO-Forschung hier, entsprechend
den gängigen Vorurteilen in unserem gesamten Lebensbereich, und den soll ja
unser Dienst auch verteidigen, sich auf die wörtliche Interpretation von nahen
Begegnungen und Entführungen versteift, sie ist dabei in eine Sackgasse
geraten; ich habe versucht und ich werde weiter versuchen , es zu ändern, denn
ich glaube daran, daß auch die CIA zu etwas gut sein kann, sie hätte die Macht
dazu; die östlichen Geheimdienste haben auch ganz radikal zum Jahr 89
beigetragen; und ich bin nun mal "verdorben", nennen Sie mich, wenn
Sie wollen "einen alten Idealisten". Die Fülle von Informationen
über psychische Realitäten, die im Tod oder unter gewissen veränderten
Bewußtseinszuständen auftreten, wurde in diesem Zusammenhang kaum eines
Blickes gewürdigt. Doch diese psychischen Realitäten sind ebenso real wie die
Realität des Forschers, der auf eine fliegende Untertasse wartet, bei der er
»mal den Reifendruck messen« will, wie es ein Ufologe aus San Francisco, der
sehr praktisch vorgeht, einmal treffend sagte.
Die nächsten beiden Fälle, die
wir zu untersuchen haben auch mit Hilfe psychologischer Tests und Hypnose,
sollen dazu dienen, diesen Punkt zu erhellen. Ich habe es allerdings
aufgegeben, den UFO-Enthusiasten erklären zu wollen, daß so etwas wie eine
psychische Realität existiert, die nicht im Widerspruch zur physischen Welt
stehen muß. Andererseits gibt es heute noch viele Menschen, die die Tatsache nicht akzeptieren können, daß Licht zugleich
Welle und Partikel ist.
Es ist eins der Wunder unseres Lebens,
daß ein Mensch ein langes Leben glücklich leben kann, ohne sich auch nur einmal
über die Realität des Bewußtseins und seine Fähigkeit, die rein physische
Ebene zu überwinden, Gedanken zu machen. Wird die Zeit ihre Herrschaft im
Augenblick des Todes lange genug aufgeben, damit auch diese Menschen sehen, was
sie verpaßt haben?
Jedes aktive Handeln, das
auf Interaktion mit dem UFO-Phänomen zielt, muß berücksichtigen, daß dieses
Phänomen in der Lage ist, die Wahrnehmung der Zeugen zu kontrollieren und
deren psychische Realität zu verändern."
Eddy, der Oberst
und Chef, warf ihr nie vor, irgend etwas erdichtet zu haben, obwohl sie doch
wußte, daß er ihr den Ablauf im Prinzip eingetrichtert hatte und es im Grunde
immer die gleiche Geschichte war.
Sie selbst
schrieb dazu: "Und dies konnte ja nicht ausbleiben: denn vom ersten Augenblick an, hatte es
zwischen uns gefunkt, klar! Als er meinen Rock oben hatte (den schwarzen, und
ich hatte die weißen Stiefel an) und seine Hose unten, konnte ich Eddys
Gürtelschnalle klappern hören, als er sich aus der Jeans schälte. Beiläufig
fragte ich mich, als er zu mir ins Bett glitt, ob die Stellung, die ich
beschrieb, physisch durchführbar wäre, aber ich erzählte weiter von den
Anderen, wie deren Sex sei, und es tat
sich ja auch schon was bei Eddy. Ich vergaß nicht, das wichtigste
Mittelchen einzuflechten, zu erzählen, wie ich früher mit den Zuhältern
fickte, wie weh es tat, als der große Kerl, Allan hieß der, ihn reinstieß, obwohl ich echt
feucht war. Ich flocht ein, wie der mich an den Handgelenken hielt, obwohl ich
mittlerweile den Überblick verloren hatte, was wo war, außer daß ich gefällig
den Arsch in die Höhe reckte. Eddy befummelte mich inzwischen, streichelte
mich an Busen und Bauch, so daß ich von der improvisierten Brutalität, mit der
der Kerl sich in mir bewegte, zu den Empfindungen überging, die ich bei ihm
verspüren sollte. Denn was ich dabei
verspüren sollte, das hatte ich noch nicht gespürt." Lyss wußte ja, daß
man an einen Punkt kommen konnte, wo es ein bißchen weh tat, aber noch schön
war, doch das war's ja nicht. Was Eddy hören wollte, war, daß es sehr weh tat
und deprimierend war, ihr aber trotzdem gefiel. Worauf sich Jinny, ja, sie war
plötzlich wieder Jinny und nicht mehr Lyss, keinen Reim machen konnte; dennoch
hatte sie gelernt, es so zu erzählen, wie er es von ihr wollte.
Denn immerhin klappte es so, und dann
wälzte sich Eddy auf sie und glitt, die Decke über den Rücken gezogen,
zwischen ihre Beine. Sie vermutete, daß es in seinem Kopf wie in einem Comic
ablief, was sie ihm erzählte, und daß er zugleich der anonyme, starke, rammelnde
Kerl wurde. Er hatte jetzt seine Hände über ihrem Kopf und klammerte sie fest,
wie er es gern tat. Und als er fertig war und sich umdrehte und schlief, lag
sie wach im muffigen, dunklen Raum und wendete ihn hin und her, den
strahlenden, wunderbaren Traum vom Gehen. Und bitte laß ihn wahr werden. So
wurde sie Lyss.
Wozu aber das
Ganze (blasphemische Frage, fand Joyce) Für die beste Hure des Geheimdienstes
(noch blasphemischer fand Joyce die Motivierung: ernstscherzhaft: wiederholt
ewig die Eva!) gab es eine Sonderprämie (zwei kleine goldene Bäume! auch als
Ohrring zu tragen, einer allein wäre ein Nasenring!) Als Joyce nach dem Akt
wieder atmen konnte, gab sie ihm ein (für sie) rätselhaftes Papier zu lesen,
das sie Lov entwendet hatte, Lyss hatte Lov angegeben, daß sie ganz heiß auf
Ufonachrichten sei. Und als Lov mal Pinkeln mußte, konnte sie es ganz schnell ablichten, nachdem
ihr Lov großzügig ein Dokument überlassen hatte, das er nur aus dem Archiv oder
von "ihnen" direkt haben
konnte. Ob Morris gar ein Doppelagent war?
Lyss, das wußte
Joyce, war ja entführt worden.
Lyss aber, wenn ich jetzt ihr Tagebuch nehme, das sie mir
überließ, weil ich es ja doch herausbekommen hätte, über Terplan oder über
Joyce, der sie ja beobachten ließ, schrieb, was ich auch sonst von ihr gehört
hatte, und eigentlich verwunderlich bleibt, daß sie schizophren sei: dabei
schien Lyss doch Lust daran zu haben, und doch war sie auch da in mehrere
Personen gespalten, beim Vögeln immer die "Anonyme":
"Und
diesmal war Morris, der Schüchterne dran. Ich hatte nur ein wenig die V unterm
Rock aufblitzen lassen beim Gespräch, und auf dem Nachhauseweg sagte ich
auftragsgemäß: Darf ich zu dir kommen? Und sah angestrengt geradeaus. Er
stotterte nach einer Schweigeminute: Ja. Auto fuhr noch. Endloser Weg zu ihm.
Schüchtern und herzlich. Kopf voller Formeln, sonst kein Körper anscheinend.
Doch das sind dann die Wildesten, da kommt alles raus. Gesichtszüge erstarrt.
Jetzt. Komisch, nicht nur Auftrag, auch Neugierde. Immer die Neugierde, wenn
man die Scham gemeinsam erledigt. Neu. Im Fahrstuhl."
Sollte bei Bataille nachlesen. Oder bei Miller? Lyss ist
besser:" Helles Licht. Und doch er kommt, schüchtern, wie eine
Brücke über unendliche Entfernungen, nimmt meinen Kopf in beide Hände, Ein Kuß.
Kennen uns nicht. Wissen nichts einer vom andern. Waren doch vorher in der Bar.
Da ausgelassen. Im Gemenge geschützt. Jetzt alleingelassen, sich stellen. Sex
ist wie eine unsichtbare Kraft und Vorfahrenreihe, all die Toten, die auf uns
zukommen, von uns Besitz ergreifen, wir als Person sind ausgelöscht. Und
ausgelöscht auch durch den Auftrag. Wem diene ich? Der Kuß täuscht. Keine
Brücke. Uns ausziehen, nebeneinander nackt im Bett. Alles beginnt automatisch
zu werden. Seine Hand an meinem Nippel. Lächle hoch. Arm um mich. Schmiege mich
an. Dabei bin ich weit entfernt. Ein Ruck. In
meiner Wohnung. Er darf wissen,
ist ja Kollege. In der Küche. Kühlschrank. Die Tür. Knacken. Wenn
"sie" kommen? Unsinn, bin schon infiziert. Schnaps. Komm. Mustern uns
im Neonlicht. Nichts, keine Gemeinsamkeit innen. Nur die Körper sind erregt.
Beide schon gerötet im Gesicht. Wir wissen, bald wird’s sein. Zum erstenmal.
Geh auf ihn zu. Er angezogen da auf dem Bett. Sieht mich an. Als erwarte er
alles von mir. Hab ihn doch eingeladen. Gebe mir einen Ruck, leg die Bluse ab,
Mach mich frei. Sein Blick verändert sich. Nebel über die bisherige
intelligente Klarheit. Aus mit der Mathematik. Ja, die schweren harten Brüste,
die Aufgerichteten tun immer ihre Wirkung. Lasse den Rock fallen. Hatte nichts
darunter. Die Starkbehaarte ganz nah vor ihm, ich: steh vor seinen Augen, für
die ist dieser Lippen-Eingang die ganze Welt, die verschwindet.. Hätte er nicht
erwartet. Atmet schwer, greift nach mir, blitzschnell liegen seine Lippen an
der Hairy. Jetzt ists sinnlos noch innen auf ihn zuzugehn, nimmt seinen Lauf,
was die V fordert, ich zieh ihm die Hose runter, den Slip, sein Penis ist ein
kleiner Baum, aufgerichtet, fast schmerzend denk ich, hat der heftig reagiert
und zuckt. Da wird keine Lustverzögerung um Luststeigerungswillen möglich. Ich
beuge mich über ihn und umschließe den Stengel mit meinen Lippen , falle so auf
ihn, daß er die Hairy und meinen hochgehaltenen mondigen Hintern direkt vor
sich hat, er scheint vor Gier durchzudrehn. Das hat er nicht erwartet von der
Kollegin. Ist überschwemmt. Plötzlich brichts auch aus anderen Personen, als
die wir ihn nicht kennen, doch durch: Schwarze Löcher sind gefährlich. Und doch
vermutlich Antigravitation. Auch Mozart
hatte eine Passion fürs Scatologische und für die schweinische Sprache,
Verbalsex und dies Engelszimmer wo die Engelsmusik entstand war ein
Schweinestall... Nigredo... Albedo.. Jaja hauchte ich steck mir deinen Finger
in den Arsch, komm, komm... und leck ihn leck, die beste Mathematik... dann
müßte es ein Kind sein, schrie er... untersteh dich... kein Sinn mehr, sich auf
ihn einzustellen, es sind mindestens vier Personen im Raum... wichtig, die
beiden Intellektuellen hier rauszuschmeißen, die uns zusehen. Jetzt gilt das
Ritual ..Sau rauslassen Signalstellen arbeiten, Arme, Beine, Rumpf bewegen
sich. Genau bekannt. Wollen die Gesten überhaupt noch Personen? Wir bemühen uns
nicht mal mehr, uns etwas Glück vorzumachen ... was ist das überhaupt, weit
weg.. was wir waren. Fremd sind wir uns. Aber das steigert die Lust, nur dies,
das Anonyme. Sich Vergessen. Hebt sogar die Spaltung auf. Und sind gar nicht
da. Er meine Fata Morgana, ich seine. Gespenster. Objekte der Natur. P+V, V+P,
einzige Gleichung. Und vereinigt alles Zerrissene? Nur Ersatz? Ach, nein,
tiefer Ursprung, Geheimnis. Lassen wir
uns deshalb immer wieder auf diese Schweinerei ein, weil es keine ist.
Wunderbar in seiner Unschuld doch, hinab, wo unser Ururahnen, Klümpchen Amöbe,
Samentierchen, wir Flagelationieren, wir Cunilinguieren, wir beißen ins
Schwanz- ins Votzhaar, fast vergehend, ohnmächtig, ausgelöscht, nur um den
Ursprung der Schöpfung wieder herzustellen? Nein, keine ... nur Ersatzeinheit,
Platons Mythos von der Gespaltenheit (der ganze Mensch, nach hinten blickend
die Frau, nach vorn der Mann. Rund: Rücken an Rücken, ein Wesen wurde
zerteilt!) wird aufgehoben: W/M oder au M/M, W/W wird gewaltsam im Orgasmus
wieder zusammengefügt, die Vielheit erlischt. Sein Schwanz im Anus Mundi, in
der Vagina mundi, der Urpenis, der Baum des Lebens, ja, glitt geräuschlos in
die V, kein Zögern, Stoßen wie beim
Aleph, der Eins, des Einen, Alpha zu Omega. Und so blöde Gedanken, sein Schwanz
ist nicht lang, kein Schmerz am Eierstock, wenn er an den Muttermund stößt. Bewegt
sich in der Votze, der Möse, der Schwanz, der Penis, der Rammler... und dazu
üppig Wald an Wald. Buschig, Haar an Haar weich und fast das Beste:
Nervenberührung auch des Bauches, der Brüste, der Münder Verschmelzung, ich
umklammere seinen Hals, er hat die Hände unten um meinen Arsch, hebt ihn sich
zu... Mehr, mehr, jajajajaja, stöhnt die andere aus mir... wie sie am Schluß
auch schreit, die Andere... wer ist das, wer ist er? Morris, Lyss? Blöd die
Assoziation: Gefühl ist alles, Name ist Schall und Rauch, hör ich dauernd von
Lov. Angekommen, ohne daß ich bei Morris, er bei Lyss angekommen wäre...
kommen... kommen... Ihr sollt ein Fleisch sein!?? Er hatte sie erkannt? Unsinn,
als wäre sowas Alles. Ist Nichts. Doch aus dem Nichts kam die Welt. Schreib ich
jetzt nachträglich. Dort nur bewußtlos Augen von Dunkelheit erfüllt.
Eingeschlafen nicht mal zu zweit, Arm in Arm nebeneinander aufwachen? Er
schlief erschöpft, ich nahm seine Tasche, prall gefüllt mit seinen
Berechnungen, während er hinüber war, bei ihnen? Lichtete ich das ganze Bündel
ab, ich hatte Neugierde gemimt, und er hatte tatsächlich alles mitgebracht, der
Doppelspion? Und beim Kaffee am nächsten Morgen, der "Spuk"
verflogen, er, genial im Kopf so hell, daß es mir weh tat. Gottseidank, daß ich
nicht mit ihm leben, mich von ihm zerstören lassen muß. Es werden Monate
vergehen, bis wir dies wiederholen (müssen)? Komisch ist, daß ich den Eindruck
habe, als wäre diese Ficknacht auch noch
ein Tabubrechen gewesen? Keiner erfährt was, außer Joyce, der immer wieder auch
komisch eifersüchtig ist, obwohl er mich zu diesen Hurendiensten schickt. Und
verlangt, daß ich am nächsten Abend zu ihm komme. ER meint wohl, mit seinem
Schwanz könnte er die vergangene Nacht "auslöschen". Irgendwie
stimmts ja auch. Aber alle sind wir doch polygam. Das andere, die
"Treue" wurde in uns reingesetzt. Lov schwadroniert da von der
Hofmannsthalschen Treuekonzeption, Treue sei Treue zum Einen, grinst dann
Joyce. An das jeder denkt! Wüßte gern, wie diese beiden "Einen"
zusammenhängen! In der Kabbala scheint einiges darüber zu stehen. Muß mir von
Lov das mal ausleihen, der ist mit dem Zeugs vollgestopft im Kopf und in der
Bibliothek!"
Nun ja, wäre Lyss auch hier in Italien würde ich ihr den
Guido Ceronetti empfehlen: Il silenzio del corpo. Mit Lust las ich auch das
Erfolgsbuch der Carmen Covito
"Single", wo eine Doktorin Doktoranden die Doktorarbeit (für ein
angemessenes Honorar) schreibt, und mit jedem der viel Jüngeren ins Bett geht,
im Preis inbegriffen! L. hats übersetzt.
Und Sollers: "Femmes", das
aber im Manuskript geblieben ist! Die einsame Doktorin, häßlich und Anfang
vierzig, entdeckt, wie sexy man sein kann, wenn man seinem Wunderwerk Körper
vertraut. Meine Mutter sagt, ein Mann kann nie häßlich genug sein, anscheinend
gilt das auch für Frauen, wenn nur ihre V spricht, der Rest der Person ist dann
nur V-Anhängsel, auch das Gesicht, gar das Alter werden Nebensache. Ein Freund meinte, naja, da leg ich eben der
Mina ein Polster aufs Gesicht, denn unten da ist sie fabelhaft! Und unlängst
hier am Strand in V. im heißen Sand und Meeresrauschen, Füße nicht im Feuer,
sondern im Meer, lagen zwei deutsche Frauen im Sand, die eine lag auf dem
Bauch, Sonne auf dem Rücken, dessen Verlängerung, appetitlich genug, feste
Arschbacken, und in Gedanken zog ich sie aus, gespreizt die Beine etwas, und
sah von hinten ihr Wundergewächs. Gute Figur, als sie aufstand, lange schöne
Beine. Entsetzen, als sie mir dann das Gesicht zuwendete: es war von einer
teuflischen Häßlichkeit! Doch ihr Gang entsprach nicht dem Gesicht, sondern war
stark selbstbewußt und wiegend, als sie ins Meer stieg, entsprach diesem gut
gebauten Frauenkörper. Bei Lyss allerdings gibt’s das nicht, sie strahlt
unschuldig bis an die Ränder ihrer Aura, vor allem aber im ersten Gesicht, denn
das zweite ist ihre wirklich sehr schöne V (Lov hat mal ihr Kunstfoto mit einem
Mühlrad als Kopfkissen beschrieben, verrückte Idee!) Ist sie auch noch eine
Ficktheoretikerin? Ihr Lieblingsautor freilich Bataille, auch De Sade,
"Justine". Und Miller.
"Also die
Tabus, wenn wir an die Morrisnacht denken, gebrochen. Ja. Er bleibt trotzdem
ein schüchterner Junge. Das reizte mich auch besonders. Als wär da ein
unsichtbares Jungfernhäutchen zu durchstoßen gewesen. Doch auch bei ihm zeigte
es sich: Die Tabuüberschreitung,
Brechung der Scham, schafft jene Mystik, Ekstase, die zu `ihnen` führt. Ich
vergaß zu sagen, daß wir beide während des Orgasmus das Klingen und Singen
hörten... Und Stimmen. Ob sie dann da sind, uns beobachten? Doch ich bin auch
überzeugt, daß wir dann den Körper verlassen (OOBE), und daß arme Enttäuschte,
die wir runterholen sollten, zusehen, warten, und wenn dann der Samen auf den
Bauch oder in den Mund geht, enttäuscht sich abwenden, gar Schaden nehmen.
Außersichsein, Person ablegen - ähnelt ja der Mystik. Freilich, die Sinne sind
nicht abgeschnürt, sondern im Gegenteil ganz heftig entflammt! Das ist der
Unterschied, also die Wand aufgebaut - auch zu ihnen?"
Doch das schlechte Gewissen vermischt sich doch andauernd
mit der Lust bei Lyss: "War ich eine Hetäre, Geheimdiensthure.
Fick-Spitzel?" Aber viel war da auch
nicht rausgekommen. Sexundpolitik? Sexundbetriebsgeheimnis? Heimlich,
verheimlicht, tabu, verboten. Ach, die Scham und das Sichverstecken ist im Sex
das Beste, aus der Kindheit noch. Beim "Betrieb" ists schändlich,
ists erst das Verbrechen: "Komisch, denk an Mata Haris Erschießung.
Mal nachgelesen, und gestern dieser Film von
Sch. Eine baltische
Schloßbesitzerin, russische Spionin, die von ihrem Geliebten, einem deutschen
Offizier, standrechtlich erschossen wird, weil sie, nur um ihn auszuforschen,
mit ihm ins Bett gegangen war. Die hatte wenigsten noch Ideale. Und ich? Ja,
ich will nur rausbekommen, was mit den Extraterrestriern los ist: in uns, außer
uns. Und wir im Außersichsein bei ihnen sind? Auch der Orgasmus letztlich
ekstatisch ein Weg sein kann?. Die Tantriker meinen es."
(...)
VI
Hier ein Bericht, der in
diesen Tagen beim Obersten Joyce über die nächsten Fälle eingegangen war, und
den er Lyss/Jinny zu lesen gab:
"Innerhalb einer Spanne von nur drei
Wochen gab es im September in Venado Tuerto, einer drei Autostunden südlich von
Rosario gelegenen argentinischen Kleinstadt, vier dramatische UFO-Fälle. Im
ersten Fall sah ein junger Tischler namens Alberto sieben Objekte und zwei
Wesen auf dem Boden. Im zweiten Fall sah der zwölfjährige Oscar drei Objekte
und betrat eines von ihnen, um mit einem sehr großen Mann und einem Roboter zu
sprechen. Im dritten Fall, als der Transformator des Ortes ausgefallen war,
spürte der sechzehnjährige Bäcker Francisco eine starke Hitze, die von einem
leuchtenden Objekt ausging. Im vierten Fall wurde ein dreiundfünfzigjähriger
Mann, der nachts mit dem Auto unterwegs war, über sechs Kilometer
»teleportiert« und mußte wegen Brustbeschwerden ins örtliche Krankenhaus eingewiesen
werden.
Als ich im April nach Venado
Tuerto fuhr, sah ich eine ländliche Gegend, ein sehr ebenes Gebiet mit
einigen modernen An-wesen, vielen Sümpfen und Lagunen. Wir trafen uns mit mehreren
Angehörigen der DC, einer argentinischen Forschergruppe, die uns zusammen mit
Fabio Zerpa und dessen Frau zu der Stelle führten, an welcher der Junge das
Phänomen gesehen hatte...".
Als Jinny gegangen war, nahm
Joyce sich seinen Dr. ETA Hoffmann und lud bei ihm seine Emotionen ab. Und als
sein Mitarbeiter Lewis mit einer dicken Mappe von Fällen erschien,
und auch mit einer Unterschriftenmappe, konnte er sich vom Satz nicht trennen:
"Ist man sich darüber nicht einig, Lewis, wir sind ja hier an der
Quelle: daß die wirklichen Erscheinungen
im Leben oft viel wunderbarer sind, als alles, was die regste Phantasie zu
erfinden trachtet. Ich meine," sprach Joyce, "daß die Geschichte
davon hinlänglichen Beweis gibt und daß eben deshalb unsere UFO-Geschichten
alle sogenannten historischen Romane übertreffen, Romane, mit ihren
Kindereien, deren Taten sich den ewigen, im Universum wartenden Macht einfach
entziehen wollen, sie "vergessen", obwohl sie davon bestimmt werden! Der arme Marx.- Es ist die tiefe Wahrheit der
unerforschlichen Geheimnisse, von denen wir umgeben sind, welche uns mit einer
Gewalt ergreift, an der wir den über uns herrschenden, uns selbst bedingenden
Geist erkennen. -
Ende Mai. Lange habe ich keine
Aufzeichnungen mehr gemacht, ich war vom Schreiben des Buches völlig in Anspruch genommen. Doch
nun muß ich doch, wenn auch unvermittelt, preisgeben, was mit der Lyssowa
eigentlich los ist und warum sie überhaupt zu diesem Dienst gekommen ist. Letztlich
haben alle, die in diesem gemeinsamen unsichtbaren "Irrenhaus" leben,
etwas mit der anderen Ebene oder gar mit den Entführungen zu tun. Bei Lyss ist
es, ja, ich übertreibe nicht - eine
Entführungsgeschichte, die mit ihren beiden gescheiterten Ehen zusammenhängt,
und die sie ausgerechnet auf diese Weise zu verdrängen und zu vergessen sucht.
Indem sie meint, zur Entlarvung dieser "Lügengeschichten" so
beizutragen, schont und beschwichtigt sie ihr eigenes Unterbewußtsein. Es ist
sicherlich nicht verfehlt, wenn wir diese außerordentliche Frau als ein äußerst
begabtes Flucht-nach-vorn - Genie bezeichnen. Merkwürdigerweise scheint hier
keiner von den Professionellen diesem Geheimnis auf der Spur zu sein, obwohl
gerade Lyss nun mit einer ganzen Menge von Selbsterlebtem, "Material"
also, zur Entschlüsselung des Rätsels beitragen könnte. Und dies erinnert mich
an einen Neurologieprofessor, Chefarzt eines bedeutenden Krankenhauses im
Westen Deutschlands, der mir
gelegentlich eines Besuches bei ihm zu Hause, als die Rede auf die vielen
Todesfälle in seiner Klinik kamen, auf die Frage, wie sie denn mit den
Sterbenden umgehen, nichts darüber sagen konnte, ich von "Thanatologie"
sprach, er verwundert fragte, was das denn sei. Ich ihm mögliche Erlebnisse der
klinisch Toten beschrieb, also das Über-dem-Körper-Schweben, da rief er verwundert aus: "Aber das,
genau das habe ich doch auch bei einem schweren Autounfall vor vielen Jahren
erlebt. Und mehrfach in der Kindheit!"
28. Mai. Zu Lyss also: Lyss ist ja aber nur der
Dienstname unserer Agentin, der eigentliche Name lautete Jinny, die eine ganz
normale Hausfrau gewesen war und nach ihrem "Erlebnis" jahrelang
Tagebuch geführt hatte, sie enthielten Details der Entführungsgeschichte,
Gedichte und viele Reflexionen, denn es ist bekannt, daß solch ein Kontakt mit
"ihnen" das Bewußtsein erweitern, die Intelligenz steigern kann und
oft schmerzhaft auch die Sinne! Lyss aber hatte ihre Aufzeichnungen aus Angst
vor Entdeckung in einem Safe deponiert. Und nach Eintritt in den Geheimdienst
nie mehr geschrieben.
Sie war als zweites von vier
Kindern in einem Molkereibetrieb auf dem Lande aufgewachsen, die Familie galt
als "verrückt", weil auch ihr Bruder Ken in der Kindheit
ungewöhnliche Erlebnisse gehabt hatte, weiße und blaue Lichter vor seinem Fenster
sah, und "Alpträume" von "jemandem" gehabt hatte, der
nachts in sein Zimmer gekommen war. Und der jüngste Bruder wurde mit Lyss
zusammen entführt. Es war eine ziemlich kaputte Familie, als Jinny acht war,
ließen sich die Eltern scheiden. Die Mutter blieb mit den Kindern in Georgia,
der Vater verschwand. Jinny war eine kleine Pferdenärrin, "verliebte"
sich in ein Pferd, und hatte bis zu ihrem fünfzehnten Lebensjahr fast keine
Kinderfreunde. Auch die Schule hatte sie verlassen. Hatte Jobs als Kassierin
und wurde einige Jahre Edelhure. Erst spät studierte sie. Doch schon früh hatte
sie in ihrem Tagebuch ein Wissen ausgebreitet, dessen Herkunft rätselhaft
schien. Wörter deren Bedeutung sie gar nicht kannte, kamen ihr in den Sinn. Und
wenn sie nachschlug, paßten sie genau in den eben ablaufenden Gedankenzusammenhang.
Sie heiratete
mit neunzehn Jim, den Vater ihrer ersten Tochter. Den sie dann sexueller Spiele bis hin zu oralem Sex mit Mary, dem Kind, verdächtigte. Doch das
schien ihr später eine Ausrede zu sein. Ihr zweiter Mann war Tischler. Sie
liebte ihn. Doch vor Sex hatte sie weiter Angst. In ihrem Tagebuch steht, sie
habe Angst vor jenen Schmerzen, die ihr
bei der Entführung zugefügt worden waren. Sie trank aus Angst vor Sex. Auch
ihre Tochter wurde in die Entführung
mitverwickelt. Als kleines Kind fürchtete sie sich vor den Puppen der
"Sesamstraße", weil diese ihr von den Andern am Fenster
"vorgezeigt" worden waren, behauptet sie. Einmal lag sie ganz erschöpft
auf der Bettdecke, das Nachthemd hochgeschoben, die Unterwäsche fehlte. Ein
andermal kam ein außerirdisches Mädchen, das keine Haare hatte, dafür eine rote
Schleife am Kopf, und wollte mit ihr spielen. Dann wieder fehlte ihr eine
Stunde, sie hatte bei ihren Hausaufgaben gesessen, gerade auf die Uhr gesehen,
es war 16,o5, als sie beim "zweiten
Blick" wieder aufs Zifferblatt sah, zeigte dieses 16,58.
Jinny war zum erstenmal mit
sieben Jahren entführt worden. Schon früher hatte sie ihre
"Spielgefährten" gehabt, die vor dem Fenster standen und sie
herausriefen. Mit dreizehn wurde sie entführt. Man hatte etwas
"Fremdartiges" mit ihr gemacht.
Als sie Jahre später ihrem ersten Freund erlaubte, sie an der Scheide zu
berühren, gar zu küssen, und er mit seiner Zunge hineinleckte, rastete sie aus,
wurde steif wie ein Brett, bekam einen Panikanfall. "Ich schwitzte ,
zitterte am ganzen Körper, und mein Herz raste. Ich schaute auf meine Hand, und
ganz plötzlich begann sie zusammenzuschrumpfen und runzlig zu werden. Sie
verfärbte sich allmählich ins Graue. Ich war wie versteinert," beschrieb
sie die Szene.
Die meisten dieser
Entführungen liefen ähnlich ab, wie die meisten Opfer hatte sie eine
Hypnosetherapie hinter sich: Darin hatte sie sich in ihrem Schlafzimmer mit den
rosa Wänden gesehen, wie sie mit ihrem langen Flanellnachthemd mitten im Zimmer
stand. Ein merkwürdiges Gefühl von Angst. Der Drang auf den Flur zu gehen. Dann
das blendendhelle Licht im Raum. Sie ging in den Flur, ins Wohnzimmer, dann ins
Freie. Dort sah sie die zwanzig-dreißig kleinen Wesen. Lief zurück. Im
Schlafzimmer konnte sie sich nicht mehr rühren.
Drei kamen mitten durch die Wand ins Zimmer. Sie saß zusammengekauert
auf dem Fußboden. Die Wesen nahmen sie durchs Fenster mit. Schnell aufwärts.
Unten das Dach, die Bäume und Hauser. Ein "großes Etwas" vor ihr, da
wurde sie hineingebracht. Und hatte an allem Teil, als bewege es sie sehr. Sah,
daß auch ihr Bruder, noch ein Baby "heraufgeschwebt" wurde. Alles
eine qualvolle Vibration. Im runden Innenraum des UFOS. Zuerst wars dunkel.
Dann alles weiß, kuppelförmig. Geländer. Verschiedene Ebenen. "Sie"
ganz oben. Zwei gebogene Tische unten. Da draufgelegt wurde sie. Oben ein
dunkles Wesen am Geländer, es beobachtete sie. Neben ihr ein blonder "Anführer",
wie ein Chefarzt. Strähnige gelblich-weiße Haare. Das Gesicht schön, aber
"fältig und zusammengezogen" der Gesichtsausdruck "als ob er
ständig lächeln würde". Goldfarbener Overall. Hände "lang und
knochig." Und kannte Jinny gut, sprach sie mit ihrem Namen an. "Das war
besonders erschreckend." Dann der "extreme" Eingriff.
Todesangst. Einführen von etwas "Scharfem", einer "Nadel"
in den Kopf. Sie war in Schweiß gebadet. Schrie. Von einem "hohen
Vorsprung herab" drang ein Instrument in ihren Hals ein. Da tropfte etwas aus
dem Instrument raus, Blut, Speichel, Sekrete? Früher schon war eine winzige
Sonde, eine Art Wanze in sie eingeführt
worden! So konnte Jinny von ihnen immer beobachtet werden. Als der Chef
gegangen war, sah sie rote und gelbe Lichtblitze und Flecken. Immer wieder
geschah es, sie wurde abgeholt, kam in
den "blöden" runden Raum. Einmal wurde sie nackt ausgezogen. Sie
genierte sich vor den Schlitzäugigen. Der Blonde legte ihr die Hand über die
Augen, preßte ein Rohr oberhalb des Nabels in die Bauchdecke. Ein anderer hielt
einen hufeisenförmigen Leuchtgegenstand über sie. Dann ein Druck im Innern. Und
etwas sei in sie eingepflanzt worden.
Und dann ein winziges Baby. Wurde in ein durchsichtiges Gefäß gelegt. An den Wänden
viele rechteckige Gefäße. Brutkästen mit Föten? Dürr und langgliedrig wie
Fohlen.
Jinny glaubt, es seien
Hybriden, eine neue Rasse. Zuerst die Befruchtung. Dann die Veränderung des
Embryos mit dem Keimmaterial der Außerirdischen, dann wieder eingepflanzt in
den weiblichen Körper. Sie erinnert nur, daß sie ihr die Beine auseinanderspreizten
wie beim Gynäkologen. Dann stießen sie ein langes Rohr in die Vagina. Ein
" Zwicken" war spürbar. So wurde der Fötus eingesetzt. Beim Entfernen
des Embryos empfand sie krampfartige
Schmerzen.
Eine kleine runde gezackte
Narbe in der Bauchdecke blieb. Und das zerstörte Sexualleben, Sex assozierte
sie mit Schmerz. Und den grauenhaften Erlebnissen. "Sie berührten mich
überall. Ich denke daran, wenn mein Mann mich berührt, egal wo. Ich stoße ihn
immer weg..."
Auch folgende Therapie, die
ein Eheberater vorgeschlagen hatte, half nichts: ... daß die Initiative beim
Vorspiel und beim Vögeln von ihr ausgehen sollte. Seine Berührungen von ihr gelenkt werden. Und
vor allem die Brüste und Brustwarzen berührt werden, weil das die
Außerirdischen nie tun. Die hatten nur an der Vagina Interesse, das haarige
Wesen, des Ein- und Ausgangs der Welt. Und dann sollte John, so hieß der
Ehemann, einen sanften Penis setzen als Gegensatz zur Nadel auf dem weißen
Operationstisch. Und sie sollte aktiv
werden, ja, hart, vorher Schwanz und Eier scharf massieren, bis er erigiert
war. Und die fast schmerzhaften Vögel-Bewegungen sollte sie ausführen, nicht
er.
Es half nichts, Jinny ließ
sich scheiden. Konnte einen Mann nur ertragen, wenn sie das Kommando übernahm
und selbst die Aktive wurde, als Hure hatte sie das geübt, und es war ihr auf
ziemlich gewalttätige Weise gelungen, ihre Komplexe einigermaßen zu
verarbeiten; nicht aber die lauernde Erinnerung, dazu mußte sie in diesen
Dienst eintreten, als schütze sie das
Ausspionieren der UFOS vor den
Grauen, dem eigenen Grauen in den Erinnerungen des eigenen Körpers.
Solche Privatheiten, wie
sich Joyce ausdrückte, nachdem ihm Lys dann doch gestanden hatte, sich auf die
Couch gelegt zu haben (anstatt geheimdienstlich notwendigen Sex zu treiben!),
"können wir uns nicht leisten; aber es ist wunderbar", sagte Joyce
ganz überraschend, daß Sie das eingefädelt haben, denn beide, sowohl Terplan
als auch Lovering sind ganz gewiß Entführungsopfer mit einer posthypnotischen Amnesie.
Sehn Sie zu. Lyss, daß Sie das rausbekommen;
wir geben Ihnen auch noch den Dr. Albert mit, Sie wissen ja, daß er zu
uns gehört, als Therapiehilfe mit, er soll mit untersuchen, und er genießt ja
das Vertrauen von Lovering und auch von Terplan in hohem Maße; wie Sie das
einfädeln und plausibel machen, ist Ihrem gewitzten Köpfchen wohl zuzutrauen.
Es ist eine Aufgabe von hohem Wichtigkeitsgrad, sagen wir Stufe 1. Wir wissen
es, von einem UFO geholt zu werden, ist für die Betroffenen gar nicht so leicht
zu verarbeiten, und meist wird es "vergessen", wie jeder Schrecken,
bricht aber dann langsam durch. Wir sehen es ja auch jetzt bei Lovering und
Terplan: Sie suchen häufig
professionelle Hilfe bei einem Therapeuten oder werden Mitglieder in
Selbsthilfegruppen (in den USA, Sie wissen es ja auch, Lyss, existieren schon
entsprechende Einrichtungen). Am schlimmsten ergeht es aber Menschen, die
durch ihre Erfahrungen ernsthaft traumatisiert wurden, wie Terplan auch, der
zusätzlich zum alten Kulturschock der Ost-West-Erfahrung, nun noch diesen größeren
transzendentalen Kulturschock verarbeiten muß; doch dieser steht wahrscheinlich
in den nächsten Jahrzehnten allen bevor! Die
"Entführten" haben durch ihre Erlebnisse psychische Probleme
bekommen (und nicht umgekehrt, wie
die ahnungslosen Psychiater meinen!) Doch Sie kennen ja meine Meinung zur
Faktizität der Sache, es ist nicht `real` in unserem Sinne, sondern ebenfalls
ein Mischphänomen projektiver Art. Gerade deshalb bedürfen die so zu Patienten
gewordenen in den meisten Fällen psychotherapeutischer Behandlung, freilich
anderer Art, als das unsere gewöhnlichen Therapeuten vermögen! Die Symptome an
denen sie leiden, wurden erstmals an Patienten aus den beiden Weltkriegen beobachtet,
das wissen Sie so gut wie ich, Annalyss: Soldaten, die in lebensbedrohende
Situationen gekommen waren oder schwere Verletzungen davongetragen hatten,
bekamen Schlafprobleme, hatten unbegründete panikartige Zustände oder litten
an unangenehmen, wiederkehrenden Träumen. Die gleichen Symptome stellte man
später auch an Opfern von Naturkatastrophen und Verkehrsunfällen fest, also
wieder an Personen, die persönliche Erfahrungen mit lebensgefährlichen Situationen
hatten. Am schlimmsten war es bei KZ-Opfern, wo sich die Realität ähnlich wie
im Transzendenzbereich in Alpträume verwandelt. Man gab der Krankheit die
Bezeichnung Posttraumatisches Streßsyndrom (PTSS), bis heute stellt sie nichts
Außergewöhnliches im klinischen Alltag dar und kann von jedem geschulten
Therapeuten behandelt werden. Das Wesentliche am PTSS war bisher immer; daß
ein externes physisches Ereignis stattgefunden haben mußte, um es überhaupt
auslösen zu können. Das heißt, ohne triftigen Grund (durch Einbildung, Träume,
Phantasien) ist es nicht möglich, daß ein PTSS induziert wird; ich referiere
Ihnen jetzt hier mehr oder weniger den Stand der Veröffentlichungen, vor allem
die von ..., ach, der Name tut nichts zur Sache, und scheue mich nicht, wörtlich
hier zu zitieren in Anbetracht der Wichtigkeit der Sache, meiner Meinung nach
völlig legitim. Sie können dann nachher die Bibliographie in unserem Archiv
nachlesen und studieren, holen Sie eben einfach wieder Jinny aus sich raus; wir
sahen, wie es bei normalem Schock vor sich ging, nun gab es aber eine Reihe von Psychotherapeuten,
die Patienten mit einem PTSS zu behandeln hatten, denen ein offensichtlicher
Auslöser für die Symptome fehlte. Rima Laibow, eine Psychiatrin aus New York,
konnte sich diese Tatsache zuerst nicht erklären, nichtsdestotrotz erhielt sie
immer wieder Patienten mit einer Krankheit (PTSS ohne Auslöser), die es nach
gängiger Lehrmeinung nicht geben durfte. Laibow versuchte also zuerst festzustellen,
ob die Betroffenen vielleicht schlicht und einfach geistig krank,
unzurechnungsfähig, waren. Dies um so mehr, weil die Geschichten, die sie von
diesen Leuten zu hören bekam, völlig phantastisch und psychotisch klangen. So
stieß Rima Laibow während ihrer alltäglichen klinischen Praxis auf Patienten,
die angeblich von fremden Wesen entführt worden seien; und das macht sie nun
für uns besonders interessant; wir haben natürlich längst Kontakt mit ihr
aufgenommen und sie arbeitet mit. Denn nachdem sie also etwas entdeckt hatte,
das in offenem Widerspruch zu gängigen Theorien stand, intensivierte sie ihre
Bemühungen, das Rätsel zu lösen. Sie versuchte vorsichtig (um nicht ihren Ruf
als seriöse Psychiatrin zu verlieren), einige Berufskollegen zu gewinnen - und
tatsächlich, auch einige andere Therapeuten hatten sich schon den Kopf über
ähnliche Fälle zerbrochen. Man war sich damals und auch heute noch nicht
darüber im klaren, ob sich die Ereignisse, von denen die Patienten sprechen -
von denen sie aber jedenfalls gezeichnet sind - wirklich auf der Ebene der
physikalischen Wirklichkeit abspielen. Im Laufe der Zeit bürgerte sich für die
Erlebnisse der Patienten der Name Erlebtes
Ungewöhnliches Trauma (EUT) ein. Damit war es möglich, allen
interessierten Kollegen die Gelegenheit zu geben, offen über dic Problematik
diskutieren zu können. Denn auch heute noch ist es praktisch unmöglich für die
meisten Naturwissenschaftler, über UFOs, Parapsychologie oder sogenannte
übernatürliche Phänomene zu sprechen, ohne Gefahr zu laufen, die eigene Reputation
zu verlieren. In einem sind sich die Experten, die Rima Laibow im Laufe der
Jahre um sich gesammelt hat, sicher: Das Problem mag physikalischer Natur sein
oder nicht, EUT ist auf jeden Fall ein psychiatrisches und psychologisches
Ereignis von großer wissenschaftlicher Bedeutung. Rima Laibow organisierte im
Mai 1989 ein Treffen aller interessierten Kollegen, insgesamt erschienen 43
Fachleute, um sich über Möglichkeiten zur Behandlung und Erforschung von EUT
ein Wochenende lang intensiv zu unterhalten. Laibow gab dieser ersten
Konferenz der Namen TREAT, Treatment and Research of Experienced Anomabus
Trauma (Behandlung und Erforschung des erlebten ungewöhnlichen Traumas). Die
Abkürzung ist das englische Wort für Behandlung, es drückt das wesentliche
Anliegen der New Yorker Psychiaterin und ihrer Kollegen aus: an erster Stelle
ist es notwendig, daß den betroffenen Personen geholfen wird. Ausgegangen wird
von den Bedingungen; dem Ort und der Zeit der Beobachtung und Diensträngen der
beobachtenden Personen. Im Punkt 8 werden die physikalischen Hinweise
behandelt."
Als Anna Lyssowa nachher ins Archiv ging,
recht neugierig geworden, da es sie ja nun sehr persönlich auch anging, fand
sie dort folgende streng geheime Anweisungen des Luftwaffenministeriums, schön
bürokratisch geordnet und aufgeschlüsselt; vor allem Punkt 8 interessierte sie:
8. Hinweise: Physikalische
Hinweise (Photographien oder Material) werden unverzüglich weitergeleitet.
a) Photographien: (1)
Optisch: Die Negative und zwei Abzüge werden weitergegeben; alle Originalfilme
beinhalten wenn möglich beide Abzüge und Negative und werden mit einem Titel
oder anderswertig mit Ort, Zeit und Datum des Zwischenfalls versehen (siehe
Nachrichtensammlungsbestimmungen (ICI), Juni 1954). (2) Radar: Es werden zwei
Kopien von jedem Bild weitergegeben. Abzüge von Radarschirmphotographien
werden in Übereinstimmung mit AFR 95-7 betitelt und gemäß AFR 95-6
weitergeleitet." Und unter h:
h) Material: Echte oder
vermutlich echte Materialteile, die in den Besitz irgendeiner
Luftwaffenabteilung kommen, werden sofort sichergestellt. Die Sicherstellung
erfolgt in der Art, daß Beschädigungen oder Veränderungen, die die
Untersuchungen beeinträchtigen könnten, verhindert werden.«
Und sie dachte an Joyce´s ketzerische, weil sachgerechtere Meinung,
die sie nun plötzlich hier fehl am Platze fand, fast so, wie sie bei Lovering
und Terplan als Verräterin da stand, und dennoch weiterhalf. Die Militärs
waren die reaktionärsten Typen, die man sich vorstellen konnte, sie übersetzten
die offizielle, unheimlich zurückgebliebene Auffassung von der Welt, als wäre
alles solide und festgefroren, nun auch auf die Phänomene, die deutlich diese
Auffassung entlarvten: Die U.S.-Luftwaffe, die CIA und andere Stellen schienen
überzeugt zu sein, daß das UFO-Phänomen etwas Reales ist. Besonders interessant
war der Punkt 8 h), der von einer sofortigen Sicherstellung von möglichen
Materialteilen spricht. Die amerikanische Luftwaffe bemühte sich, unter allen
Umständen in den Besitz dieser hochwertigen Technologie zu gelangen. Punkt 9
klärt das Verhalten gegenüber der Öffentlichkeit:
»Veröffentlichung von Fakten: Das
Hauptquartier der amerikanischen Luftwaffe wird mit einer Zusammenfassung der
ausgewerteten Daten die Öffentlichkeit informieren. Als Antwort auf lokale
Nachfragen ist es zulässig, den Nachrichtendienst in Sachen UFOs nur dann zu
informieren, wenn es sich um ein bekanntes Objekt handelt (siehe Paragraph 2
b), ausgenommen, daß die folgenden Datentypen Schutz garantieren und nicht
enthüllt werden dürfen. Dazu gehören Namen von Beteiligten, Aufklärungs- und
Untersuchungsmethoden, sowie klassifizierte Radardaten. Wegen der großen
Anzahl der Objekte, die man nicht erklären kann, sollte nur darauf hingewiesen
werden, daß AT. die Daten analysieren wird.«
Anna Lyssowa wußte von Joyce, daß UFO-Sichtungen nur dann der
Öffentlichkeit mitgeteilt wurden, wenn man mit Sicherheit wußte, daß es sich
bei dem Objekt um einen Ballon, astronomische Körper; Vögel usw. handelte.
Gab es aber bei einer spektakulären Sichtung viele Zeugen, verwandelte die
Spezialabteilung der Gegeninformation jede unerklärbare Sichtung in eine
erklärbare. Die tatsächlich interessanten Daten aber blieben streng geheim und
wurden von Spezialisten der CIA, OSI, und möglicherweise von Majestic-12
oder andern Stellen ausgewertet.
Nun, es war genau jenes Enthüllungspapier über die Gegeninformation
des CIA. Es kann auch sein daß Morris
das Papier Lovering zugespielt und dieser es Dr. Lammla gegeben hatte. Es würde
einen Skandal geben. Das Erstaunliche,
Joyce hatte gar nichts unternommen, ja, er hatte das Papier überhaupt nicht ins
Archiv weitergeben, auch der Professor wußte nichts davon. Jinny rätselte, ob
dahinter der Gewissens-Zwiespalt und Joyce´ Liebe zu ihr stand? War es Liebe,
eine Bettgeschichte. Oder?
x
Ich
bin davon überzeugt, daß Lovering bestens informiert ist. Nur seine Mitarbeiter
scheinen einem paranoiden Syndrom verfallen zu sein, die Mirarbeiter haben ja
eher mediale Aufgaben, daher müssen sie
auch so verrückt wirken, sowohl Terplan, als auch Morris, "spinnen",
ja, sie müssen spinnen, um ihre Aufgabe erfüllen zu können (Morris freilich in
unserem Auftrag, er ist ein ausgezeichneter Schauspieler!); wir dürfen da nicht
mit alter psychiatrischer Nosologie arbeiten. Eher sollte ihre paranoide
Komplottheorie genauer untersucht und auf reale Ursachen und Motive abgeklopft
werden!"
"Und was ist das für ein Komplott,
der ihrer Ansicht nach die Welt im Netz gefangenhält?" Wollte ein
Mitarbeiter gestern wissen.
"Nun, die Antwort war leicht: Jetzt
scheinen die Ufogläubigen hier alle in ihrer so raffinierten Art einen inneren
Höhepunkt der Paranoia erreicht zu haben. Die Begegnung der Freunde des
Loveringkreises ist jetzt geprägt von Mißtrauen, denn sie wissen, mit was für
einer gefährlichen Materie an der Grenze unserer Vorstellung sie umgehen, die nicht nur die staatliche Sicherheit
gefährdet, sondern unser ganzes Zivilisationssytem. Und sie ahnen, daß sie
überwacht werden. Die Gefahr ist sehr alt; nur mit Mühe konnte sie im Laufe der
Geschichte kaschiert, die Besuche und andauernden massiven Einwirkungen bis
hin in die Träume als reine Phantasieprodukte, Märchen, Sagen, unhaltbare
Gerüchte, Spinnereien, im Mittelalter auch als Dämonenwesen, Teufelszeug usw.
usw. verharmlost oder, mit Feuer und
Schwert bekämpft werden - Millionen von Menschen wurden verbrannt, verfolgt Die
Wahrheit, durfte auf keinen Fall
durchdringen!"
Analyss war mit dem Kollegen Farmer im Archiv allein gewesen, und
hatte dort ihr neues Material sortiert und unter GZ eingeordnet. Dann kam der
Professor, der aber kurze Zeit später
wieder ging, der wies Joyce an: »Vielleicht setzen Sie sie im
>White< ab, wenn Sie nach Doddlestone zurückfahren; sie wohnt dort.«
Annalyss begleitete den
alten Mann bis zur Treppe. Als er abgefahren war, sagte sie: »Er hat eine
besondere Ausstrahlung: als wüßte er viel mehr als er uns sagt.«
Joyce brummte: »Das sagen Sie. Er glaubt
wirklich, daß diese Nachrichten von andern Sternen kommen und daß es greifbare
Ufos gibt, die in unsere Wirklichkeit einfahren. Haha. Er ist ziemlich stur und vertritt mit Vehmenz
das Regierungsprogramm..«
Joyce zog eine Reiseflasche aus der
Hosentasche, als müßte er seine Erregung dämpfen, und trank daraus. Dann
reichte er sie ihr. Als sie ablehnte, nahm er einen weiteren Zug. Und
plötzlich schien von ihm seine vorherige Gleichgültigkeit ihr gegenüber abzufallen; vielleicht, weil er etwas getrunken hatte.
Komisch, daß dieser intelligente Mann überhaupt trank. Doch konnte er seine
"Berichte", vor allem die vielen Kommetare dazu, die er niemandem
zeigte, nur mit Strömen von Whiskey schreiben. So ungeniert offen aber trank
er immer nur, wenn er dem Professor begegnen mußte. Eine Spannung war zwischen
den beiden Männern spürbar, dicke Luft.
»Kegeln Sie? Unten in Doddlestone gibt es nicht nur
Computerkontakte mit ìhnen`, sondern auch eine irdische Bahn... Haha, Lande-
und Laufbahn... Kommen Sie und beteiligen Sie sich an unserem so irdischen
Sport, mit dem es, da bin ich überzeugt, bald aus sein wird! Wir müssen die
Zeit nützen, all die kleinen Dinge im Sichtbereich und Hörbereich tun, als
wären sie wirklich ... und auch den übrigen armen Körper mit Lust etwas begeistern«
Er sprach hastig,und fast wie ein Automat, als wäre er plötzlich ganz leer, nur
sein Blick erfaßte sie und zog sie aus. Sie wußte von seinem
"Verzweiflungssex" - generelle Torschlußpanik, die nichts mehr mit
Alter zu tun hat.
Sie zögerte. Und mußte leise lachen bei dieser Symbolk: Kegeln,
Kugeln, letzte Holzeier, na dann! Panerotik überall in dieser Behörde.
»Na, was denn? Ich lasse Sie nicht in den Händen dieser verrückten
Astronomen, gar dem Professor ausgeliefert." Sein Ton klang seltsam besorgt,
als habe er sie durchschaut, und es gäbe etwas, das nur auf einsamen Inseln
passieren könnte. Als wäre er aber noch allein auf diesr Insel, sie aber schon
irgendwie im Kommen, doch noch nicht ganz da!
»Sie sind kein Astronom!?«
»Was glauben Sie! Vielleicht eher Astrologe. Und im
Rückwärtsgang bis hin zur alten Alchemie? Na dann! Tieftemperaturen, Computer,
Chiffrieren, Dechiffrieren, Berichte auswerten, Planen, was nicht gewußt
werden darf, Spionage eben: das ist eigentlich meine Sache, nicht dieses verrückte
In-die-Luft-Schauen, als wäre das alles `wirklich` Dieser Kitsch der Frensehufonauten
und Filme. Und jetzt die neuen Internauten
vom Müllplatz Internet«
Sie sah ihn lange an, er hielt dem Blik stand. Und plötzlich
zündete da etwas. Sie verstand mit ihrer weiblichen Intuition mehr als sie
jetzt schon wissen konnte. Instinktiv berührte er mit mehr Wissen ihre
Ablehnung. Ja, hatte den Nerv ihrer Argumente, warum sie überhaupt hier
mitmachte, getroffen!
Sie gingen zu der schmalen Betonfläche hinüber, auf der sein
Wagen stand. Als sie das Auto erreicht hatten, blickte Joyce auf.
»Ich habe den Eindruck«, begann er, und seine Stimme klang
ruhiger, freundlich und nicht mehr aggressiv. »Ich habe den Eindruck, daß wir
in der Naturwissenschaft in eine revolutionäre Phase eingetreten sind, wo es
ohne Paraphysik und die Transdinge der Parapsychologen nicht mehr geht. An
einem bestimmten Punkt, irgendwo an der Grenze unseres Wissens werden wir
-krach! - einfach durchbrechen. Jetzt gehts also los: Mitten hinein in Neuland,
und vielleicht geschieht es hier, mit diesem Kram da.« Er knöpfte die Schutzdecke von seinem
Sportwagen ab und legte sie hinter seinen Sitz. »Philosophie ist niedergeschrieben
in einem großen Buch, das ewig vor unseren Augen aufgeschlagen liegt. Ich will
sagen, im Universum! Wer hat das gesagt?«
»Heisenberg?«
»Nein!« Er lachte. »Galilei! >Die Natur ist geschrieben in
der lingua mattematica< Brauchbar für eine Presseverlautbarung?«
Sie sah ihn an, unsicher, wie sie reagieren sollte. Er hielt ihr
die Tür auf; sie stieg ein. Joyce fuhr schnell und brummte ärgerlich: »Die
gehen mir langsam auf die Nerven, auch der Professor, der ist doch General....
Zum Teufel mit der Eröffnung für den Herrn Minister! Im Grunde ist es nichts
weiter als ein Stück Laboratoriumseinrichtung. Weil es groß ist - und sauteuer
-, wird es öffentliches Eigentum. Ich mache dem Alten keinen Vorwurf. Er hat
sich dafür verbürgt und muß Ergebnisse vorweisen.«
»Und, kann er das nicht?« »Keine Ahnung.«
»Ich dachte, Sie hätten es entwickelt?« »Ich und .....«
»Wo ist Doktor Farmer?«
»Unten auf der Kegelbahn. Er erwartet uns und hat hoffentlich
eine Bahn reserviert und eine Flasche.«
Während sie die dunkle und kurvenreiche Straße hinunterfuhren,
erzählte er ihr von Farmer und sich selbst. Beide hatten an der Universität
Birmingham studiert und waren Forschungsassistenten in Cavendish gewesen.
Joyce war Theoretiker, Farmer Phantast und Praktiker, Entwicklungsmathematiker
und Techniker. Farmer war auf seine wissenschaftliche Karriere bedacht; er
wollte soviel wie möglich aus seinem Spezialgebiet herausholen. Joyce war ein
reiner Forschertyp, dem alles außer rein wissenschaftlichen Tatsachen gleichgültig
war. Aber beide verachteten das akademische System, in dem sie ausgebildet
worden waren, und so blieben sie zusammen.
Der Professor hatte sie vor einigen Jahren entdeckt und als Mitarbeiter
für sein neues "Forschungszentrum" gewonnen. Da er als der wohl
bekannteste und angesehenste Astrophysiker der westlichen Welt galt, hatten
sie ohne Zögern angenommen, ohne zu wissen, worauf sie sich da einließen! Und
er hatte sie unterstützt, ermutigt und betreut während der langen und mühsamen
Entwicklungsarbeit.
An der Art, wie Joyce
sprach, war unschwer zu erkennen, wie groß das Vertrauen war, das ihn mit dem
älteren Mann verband, trotz seiner Grobheit. Farmer dagegen war gelangweilt
und unruhig. Seine Aufgabe war erledigt. Und, wie Joyce ohne jede Bescheidenheit
oder Übertreibung sagte, sie hatten dem Alten die besten Apparate der Welt
gebaut.
"Aber auch das beste
Spitzelsystem der Welt", sagte Lyss leise.
Die Kegelbahn war ein
ehemaliges Kino, das sich mit einer Flut von Neon- und Scheinwerferlicht gegen
die dunkle alte Weberstadt abhob. Sie fanden Farmer an einer Bahn. Er war ein
kleiner, nervöser Mann in Farmers Alter, und er schien ein wenig verlegen. Sein
Gesicht war frühzeitig gealtert und wirkte abgespannt. Zurückhaltend
schüttelte er seiner Kollegin Anna Lyssowa die Hand, da er sie hier nicht
erwartet hatte.
x
"Bei
der Preisverleihung im Auditorium Maximum der Uni Bern, an Lammer und Sidla,
Erforscher der TW´s und ihrer "Landungen" und Kommunikationen mit
uns, und an Sarah W. Estep für "Epipsychologie": Psychologie des nachtodlichen
Bewußtseins, kam Lovering mit ihnen ins
Gespräch. Sie bestätigten ihm, daß es eine Art Mafia gebe, die alle
Forschungsergebnisse hintertreibe und lächerlich mache.
Lovering erfuhr hier auch zum erstenmal von
der Härte dieser Angriffe.
Daß
es aber eine "Verschwörung des Schweigens" und der Diskriminierung durch die Öffentlichkeit und die Verantwortlichen gibt, aus Angst, daß ihr Realitätssystem, ihr
way of live, aus den Fugen geraten
könnte, das ist sicher. In seinem Vortrag wiederholte Dr. Lammer genau die
Daten, die Lyss später in Loverings Archiv gelesen und kopiert hatte, und fügte
dann hinzu:
"... Nur zwölf Tage nach der Anhörung im Kongreß kam es
wieder zu einem spektakulären UFO-Zwischenfall, in den mehrere Polizisten
verwickelt waren.
Funkstreifenwagen der Polizei verfolgten ein leuchtendes Flugobjekt mit
einem Durchmesser von 10 Metern über 135 Kilometer weit. Vier Polizisten beobachten
das Objekt, als es höher stieg, und sahen, daß es rechts an einer Passagiermaschine
vorbeiflog. Die Polizisten richteten eine Anfrage an den Tower des Flughafens
von Pittsburgh, ob die Besatzung der Maschine nach dem rätselhaften Objekt
Ausschau halten könnte. Der Beamte, der dort anrief, teilte den Polizeibeamten
mit, daß das UFO auf den Radarschirmen im Flughafenbereich aufgetaucht sei.
Diese Aussage wurde später aber demetiert. Im selben Augenblick schoß das
Flugobjekt mit sehr hoher Geschwindigkeit senkrecht nach oben und verschwand.
Ein anderer Polizeibeamter berichtete, daß er zwei Düsenjäger gesehen habe,
die von einem eiförmigen Objekt verfolgt wurden.
Dieser Vorfall war damals Tagesgespräch in
Amerika. Die Luftwaffe hatte sofort eine Erklärung bereit. In der
Luftwaffenverlautbarung hieß es, daß die vier Polizisten zuerst einen
Nachrichtensatelliten und dann den Planeten Venus verfolgt hätten. Dieser
Bericht löste in der Öffentlichkeit Empörung aus, und ein ehemaliger Kongreßabgeordneter
fand ihn so lächerlich, daß er sagte: "Die Luftwaffe hat in unserer Stadt
sehr viel an Ansehen eingebüßt."
Der Kongreßabgeordnete William Stanton aus Ohio meinte: "Wenn Leute,
denen das Wohl der Öffentlichkeit anvertraut ist, nicht mehr glauben können,
daß die Bevölkerung die Wahrheit verträgt, dann kann die Bevölkerung
ihrerseits der Regierung nicht mehr vertrauen." Bemühungen des Kongreßabgeordneten
Stanton und anderer, die Luftwaffe dazu zu bringen, in ihrer Erklärung Satellit und Venus in Unbestimmtes abzuändern,
blieben erfolglos. Mehrere Monate nach dem Vorfall gab der bekannte
Astronom Dr. J. Allen Hynek öffentlich
bekannt, daß er mit der offiziellen Erklärung der Luftwaffe ebenfalls nicht
einverstanden sei. Aber die Polizisten mußten ihren Dienst quittieren und
standen vor der Öffentlichkeit als Narren da.
Da auch auf die Regierung Druck ausgeübt wurde, kündigte die
Luftwaffe einen Monat nach der UFO-Verfolgungsjagd an, sie werde nun doch bei
einer amerikanischen Universität eine UFO-Untersuchung in Auftrag geben. Die
beteiligten Wissenschaftler sollten Zugang zu den Unterlagen des Projekts Litte Book bekommen und völlig
unbehindert recherchieren können. Fünf Monate später erklärte die Universität
von Colorado, daß sie das Projekt übernehmen und daß der Physikprofessor Dr^.
Edward U. Condon mit der Leitung der Forschungsgruppe betraut werde. Dr Condon
hatte Ende der zwanziger Jahre an der Universität von Kalifornien promoviert
und hatte zwei Jahre in Deutschland mit einigen der führenden Physiker der Welt
gearbeitet. Später war er in Princeton und an der Universität von Minnesota
tätig. Während des Zweiten Weltkrieges hatte er sich ein hohes Ansehen durch
seine Beiträge zur Entwicklung des Radars und der Atombombe erworben. Dem
Condon-Ausschuß unterstanden zwölf Wissenschaftler; die auch mit der zivilen
UFO-Forschungsorganisation NICAP unter Major Keyhoe zusammenarbeiteten.
Die Erwartungen, die man in diesen Ausschuß setzte, wurden von
Dr. Condon selbst zunichte gemacht. Er äußerte sich extrem skeptisch gegenüber
dem UFO-Phänomen, daß sogar seine an dem Ausschuß beteiligten Kollegen
irritiert waren. Nach Condons Bemerkungen kam eine Aktennotiz an die
Öffentlichkeit, die verfaßt wurde, als die Universität von Colorado den
Luftwaffenvorschlag zur Untersuchung des UFO-Phänomens überprüfte. In diesem
Memorandum erörterte Robert Low, ein Dekan der Universität, der Projektleiter
des Condon-Ausschusses werden sollte, die Frage, ob die Universität den
Auftrag annehmen könne, ohne ihrem Ruf in der akademischen Welt zu schaden. Low
sagte damals:
»Der Trick würde meiner
Meinung nach darin bestehen, daß wir das Projekt vor der Öffentlichkeit als
eine absolut objektive Untersuchung darstellen, uns der Wissenschaft jedoch
als vernichtende Skeptiker präsentieren, die sich um Objektivität bemühen, aber
so gut wie keine Hoffnung haben, jemals eine fliegende Untertasse zu Gesicht zu bekommen, da es sie nicht gibt!«
Und so ist es, diese Meinung bestimmt bis
heute die Öffentlichkeit.
Joyce schritt im Zimmer auf und ab <setzte sich dann neben
Jinny und legte den Arm um ihre Schultern.
»Ich tue alles, was Du willst", sagte Lyss. »Wenn Du willst,
kannst Du mich vors Kriegsgericht stellen.«
"Schon gut.« Er nahm den Arm von ihrer Schulter. «Du kannst
mir Vertrauen, Lyss. Ich weiß, daß es sie gibt!«
Exposé zum Roman
ENGELSZUNGEN
"Engelszungen" ist ein
literarischer UFO-Krimi und Agentenroman: Die CIA bespitzelt eine Gruppe von
Forschern, die unter der Leitung eines deutschen Physikers die Unbekannten
Flugobjekte untersucht, wobei ihnen durch besondere mediale Techniken auch eine
Kontaktaufnahme mit deren Besatzungen gelingt.
Durch Transkontakte versucht diese Forschergruppe, die Wahrheit an den
Tag zu bringen. Doch alles bleibt ein schwebendes Verfahren, weil sich die
Unbekannten wie Träume immer wieder entziehen, niemals festlegen lassen, so daß
schließlich diese rätselhaften Flugobjekte, sowie ihre "Landungen"
und "Entführungen" von
Menschen, wie eine gigantische irreale Projektion erscheinen, was sie nach
Loverings Theorie auch tatsächlich sind. Doch auch die Realität erscheint
schließlich nach neueren Untersuchungsmethoden der Physik als nichts anders
denn als kollektiver Wahn! Welcher Wahn
also gilt dann und ist glaubwürdiger?
Die Öffnung, die Grenzüberschreitung, die
Bewußtseinserweiterung ist bei Lov Folge eines Schocks; der Physiker und
Psychonaut, der sich noch während des
Zweiten Weltkrieges unter dem Pseudonym
"Lovering" nach Lareggstone, einer walisischen Stadt, geflüchtet hat,
ist seelisch belastet und traumatisiert durch
ein Schockerlebnis aus dem Jahre 1945, als er wegen Befehlsverweigerung
und Desertion zum Tode verurteilt, in letzter Minute (schon vor dem
Erschießungskommando), während eines Luftangriffes doch noch entkommen konnte.
Die brisanten Entdeckungen Lovs und
seiner Gruppe, zu denen Morris, ein junger Quantenphysiker und der medial
begabte Transsylvanier Terplan gehören, drohen, das amerikanische System und
seinen way of live in Frage zu stellen. Am Schluß müssen alle aus dem Kreis
dran glauben, sie kommen durch
"Unfälle",
"Krankheiten" um, oder sie verschwinden spurlos auf
Nimmerwiedersehen.
Im Zentrum der Handlung steht neben Lov,
eine schöne, raffinierte und intelligente Agentin und Edelhure, die über
Bettgeschichten ihre brisanten Informationen aus der Gruppe erhält; meist
wachsen sich diese Affären zu heißen und tragischen Liebesgeschichten aus.
Die zweite Hauptfigur auf der Agentenseite
ist Joyce, ein dichtender CIA-Oberst;
beide, die schöne Agentin und der Oberst (sie, natürlich auch seine Geliebte), erfahren schließlich selbst die
Wahrheit, und werden so zu Doppelagenten. Deshalb müssen auch sie am Schluß
verschwinden!
"Engelszungen"
ist kein Heftchenroman, sondern literarische Science-fiction: Grenzgang des
Bewußtseins, wie in alten Häresien
zwischen Zweifel und Gewißheit bei einer neu zu erarbeitenden Weltsicht, wo die
alte Sicht das Phänomen falsch anpackt und
falsch, nämlich zu "empirisch", deutet, und ihre falschen Überzeugungen,
wie seinerzeit die Inquisition mit perfiden und gängigen Öffentlichkeits- und
Medienmitteln: Gegeninformation, Falschmeldungen, Manipulation, dann mit der
Seelenpolizei Psychiatrie, bis zu mörderischen Techniken und Mord
verteidigt. Im Zentrum steht eine neue Sprache und Hermeneutik, oder
auch neue Grundmuster der Deutung jener Nachrichten über und von
"Aliens", den "Fremden", "Toten" und ermordeten
"Opfern" der abendländischen Geschichte; es sind neue
psychotechnische Möglichkeiten der Sprache, des induzierten Schweigens, der
Medialität und des Traumes, der Phantasie, der Traditionserforschung und
Deutung, und schließlich aller Formen der Bewußtseinserweiterung vom
Liebesfieber, der Meditation, Rückführungstechniken bis zur
Hypnose, um überhaupt mit den sich jedem bisherigen
Wirklichkeitsbegriff entziehenden Parallelwelten, die es immer neben unserer
gegeben hat, kommunizieren zu können.
Dieter Schlesak
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