Dieter Schlesak
DUINESER ELEGIEN 2010
Triest/ Duino 21./22.
März 2010
III
(Ecli.41,1-4) J.Brahms
O Tod, wie
bitter bist du,
Wenn an dich
gedenket ein Mensch,
Der gute Tage
und genug hat
Und ohne Sorge
lebet;
Und dem es
wohl geht in allen Dingen
Und noch wohl
essen mag!
O Tod, wie
bitter bist du.
O Tod, tust du
dem Dürftigen,
Der da schwach
und alt ist,
Der in allen
Sorgen steckt,
Und nichts
Besseres zu hoffen,
Noch zu
erwarten hat!
O Tod, wie
wohl tust du!
DUINO 2010
1.
Aus der Engel
Ordnungen? Nähme mich einer
Der hörte, was in mir stumm schlief,
Schrecken, der vergessen wird,
Um zu leben, käm ich dir nahe.
Ist es das Schöne mit dem Schwarzen Licht Schein
Von „Drüben“, wo einmal jeder von uns
Mit verzerrtem Gesicht oder gerade
Lichtüberflutet erwacht,
Im Sterben?
Hinter der Wand der Augen wohnt
Die ewige Nacht und die Angst Nein
Das Grauen vor dem Tod, dem tief
Sinkenden Grab Stein so lebendig
Begraben im dunkeln Schluchzen, alles dann
Aus dem Namen gefallen nackt
Im Lichtfinstern fallenden Abgrund
Gott.
2.
Kein Wunder, halbverrückt schien es, so dass der alte Carlo
Kopfschüttelnd und staunend sah: wie Serafico
Stundenlang auf und ab ging seine Verse
Mit wilden Gesten begleitend einsam
Für sich ins Da-Sein skandierte.
Wehte die Bora stärker, weil sie dich sah,
Auch mit den Augen des Baumes am Abhang?
Denn du gingst auf karstigem Fels diese Küste entlang,
ein Gehen zwischen den Bastionen, um den
leidigen Geschäftsbrief zu vergessen: „das Meer
leuchtete blau wie mit Silber übersponnen“.
Und aus dem Brausen des Sturmes kam die Stimme:
„Wer, wenn ich schriee, hörte mich denn
aus der Engel Ordnungen?“ Und trugst
diesen Ruf im Notizblock hinauf in dein Zimmer.
So wird durch dich Gehen/ sehend zum Gedicht
Als käme der Weltraum/offen mit diesem Wind.
Das alte Zeitschloss: Raum im Blick des Fühlens!
Es stimmt! Mit den Möwen kams: das schwache Vertrauen
der Tiere in unsere gedeutete Welt. Der Vogelflug ja,
der schreibt die andere Sprache über dem Meer
in den Himmel. Und welche Gewohnheit kann
da schon folgen: jetzt, wenn ich zurück seh zu dir.
Hundert Jahre und ein Tag später
Erinnerter Blick nur der Augen im Zug
Und die fliehende Landschaft im Nebel
Triest-Venedig, mein Leben größer als sonst..
3
Beständiges Unwohlsein zwischen Bora und
Scirocco.
Dottor Serafico passt nur ins Einsamsein: und
Nichts in dieser Welt ist er. Wie in der
Erde:
ein Schlafwachsein, das Niemand träumt.
Die Toten, die jungen Toten, waren immer mit
ihm.
In Duino die Frühverstorbenen: Theresina,
die fünfzehnjährige Polyxène, ihr Tod
geborgen.
In Versen des Vicenzo Foscarini, der sie
liebte?
Und die zwanzigjährige Raymondine,
Schwestern der Mutter jener Fürstin von Thurn und Taxis
Rilkes Mäzenin und mütterlicher Freundin
1910 und 1912
und bis zu seinem Tod im Jahre 1926:
„Nur wer mit Toten den Mohn/ aß, von den
ihren,/
Wird nicht den leisen Ton/wieder verlieren.“
Die schöne Raymondine. Das blasse Gesicht.
Die feingebogene Nase. Die groß blauen Augen.
Die prachtvollen schwarzen Zöpfe. Alles war
da.
Darf nicht für immer im Niemals mehr Wieder
Verschwinden. Erscheinen, auferstehn und DA
Sein.
Und fand sie nah am dichtbewaldeten fallenden
Abhang: rücklings am alten Ölbaum, einem
Besondern: gelehnt,
den Kopf aufgestützt gegen die Äste: ihre
Arme von damals.
Die Präsenzen nah, berührt um ihn:
wiedergekehrt
Aus dem Nie dieses fühlende Einst. Er wagte
auch
Nicht mehr den Baum Aufzusuchen,
Jenen mit ihnen, die ihn bestürmten, leben
Zu dürfen: denn er wußte nicht, ob er selbst
dann
Je „wieder kehren würde “, aus dem so
Heimgeleuchteten Sein im „Uralten Wehn vom
Meer…“
Aura vibrierend gefühlt wie ein Hauch, doch
so nah
ist in diesem Staub der alten Gemächer
Der Atem von anderswo, ein tieferer Blick:
das Gewesene: siehst du wie es heute blind
wird
in uns allen - neu stirbt und so klein ist: um
wegzugehen für immer.
Kaum mehr nachfühlbar jenes Erlebnis mit einer
kleinen Amélie.
Ein friulisches Landhaus, Rilkes Sommer als
Kind mit seiner Mutter.
Und das Spiel mit Amélie in den offenen
Arkaden. Wenn sie
Nicht kommen konnte, lag irgendwo ein kleines
Blumensträußchen.
Er aber schenkte ihr einen Ring. Dann der
Abschied unter Tränen für
Immer . Und jetzt? Er kam mit der
Fürstin. Verwachsene schmale Wege.
Menschenleerer Garten. Doch er suchte etwas
mit dem Blick. Große Augen.
Unter Akazien ein Pavillon. Auf einem
wackligen Holztisch lag
Schön zusammengebunden ein Veilchenbouquet.
Und er nahm es
Ging auch fort für immer. Die Erinnerung aber
trat auf ihn zu:
Einmal krank im Lazarett war sie ihm
erschienen und hatte ihm
Etwas zugeworfen: es war der Ring. Denn sie
ging ins Kloster.
4
Venedig, das er liebte. Abends meist auf dem
Markusplatz
Mit der Fürstin. Und einmal wie in Toledo ein
glänzender
Meteor über ihnen und San Marco. Welch ein Zeichen!
Nun auch wir im Heute: jetzt, am ersten Tag
des Frühlings 2010.
Ein Hier nach fast hundert Jahren. Doch zehrt
kein Weltraum
Mit diesem Meerwind an meinem Gesicht. Und
ich
„Warte (vergebens) auf die Nacht, einzelnes
Herz“, taub, nicht
enttäuscht. Schlaflos nur in den Laken mich
wälzend, die doch
Sonst bei einiger Größe den Toten gehören.
Oder den längst Versagten in doppeltem Sinne
der Schuld
den Neu Geborenen, die immer in uns schreien.
Liebende, ach, wohin denk ich: Strahl, der
mich trifft. Kaum
Leichter wird so die Nacht, wenn wir wirklich
einander „verdecken
Das Los, ungesehenen geworfen hierher und
verworfen/ von wem?
Der „gedeutete Raum“, in dem wir bis zum
burnout noch leben,
elektronisch gewordenes Herz, ein blinder
Schein, ein Syndrom.
5
So einfach soll es sein? Aus den Armen
Werfen die Leere/als Herztiere auch von der
Zeit
Gepackt. verpackt auch die Sprache
Hundert Jahre danach. Aber ich
weiß es längst.
Schmalspurbahn der Seele auch in
mir. Die Leere
Hinzutun. Damit die Fülle im
Altern lerne mit uns?
Hier, wo die Vögel Weite uns zutragen. Da siehst du
sie fühlend im Jetzt zurück
gesehnt im Zug und eng
im Rauschen des Abteils: Siehst du einen anderen Flug?
Ich weiß auf dem Segel Boot das
andere Rauschen.
Und es entgiftet schon nach nur zwei
atmenden Stunden.
Doch hier freilich wars nur dein
Blick ins Weite. Im Frühling.
Wenn die Sterne reifen im Gefühl
der milderen Luft von längst
vergangenen Fernen träumen. Dir
zumuten: sie im Staunen
kühler zu fühlen. Von Wogen, die sich vergangen erheben.
Umspült vom dauernden Fels.
Geritzte Haut
eines blutenden Fußes eines Hauswanderers. Der Geigen
hört aus einem geöffneten
Fenster. Dies gab es nur noch
in der Kindheits Burg .
Vergessene Rührung. Idylle.
Ja, ich weiß es schon, Rilke,
mein Toter, weil ich dein Alter
Überstand. Und dass es „Auftrag“
bleibt auch heute.
Doch wie geht es zu so ohrlos. mundlos.
Und mundtod.
Nur mit angegebenen „Herztieren“.
Hinter her Winde
In Westberlin. Und Leipzig. Und
im Babel New York.
Wo die Sau unverdient englische
Buchstaben frisst.
Aus Fälle Größe. Die sogar im Tod
nichts vergisst.
Nein, sogar die Erwartung nährend Geliebter
Macht nicht mehr froh. Und ist
„verstreuter“. Die
Frauen sind mir „undeutlich“
geworden und
Nur noch Ge-Wesen. Oder gar
„Helden“? Die Herztiere“
wollen
es anmaßend sein. Anmaßend
In einer öffentlichen Lache.
7
„Liebende“? Glaube ich noch an sie?
Außer dem dicht behaarten Eingang zur Welt?
Und
Das andere Geheimnis: dass es blitzen kann.
Rein im Kopf das Gewitter. Körperlos. Nicht
Diese schwitzenden Laken? Erschöpft die Natur
weil wir sie töten? Kannst du, Verliebter gar sie
im heutigen stinkenden Schund heraus retten?
In der häutenden Umarmung mit der Welt
sie waschen? Oder wenn dich das Unglück
trifft
(manche nennen es „Glück“), dass du brennst
gebranntes Kind, immer wieder, bei ihr aber
der Ofen aus ist? Leid gegen Erschöpfung
Natur in dir/ durch dich neu aufersteht ?
Oh, heiliger Bimbam mit dem Wunder?
Gaspara Stampa auch nach dem Liebes-
Experiment im Rauch von Auschwitz?
8
Ohja, schön sagst du das, Rainer, dass wir
Es nehmend befreit haben / mehr zu sein als
du und ich,
Als die Liebenden auch / im Absprung zu sein
In der wartenden Todeszone! Denn Bleiben
Ist nirgends / und Nie im Eingang und Kuss.
Natur stellt dich ruhig / wenn du stirbst.
Welch eine Inschrift, die ich nicht las
In Santa Maria Formosa / aus dem Fenster zu
sehen
Im „Scandinavia“- Hotel, das wir zwei Tage
Mit Blicken bewohnten? / Von Rom und Neapel
Und den
Knienden in jenem Ruf zu hören:
Die innere Stimme aus Stille, die in Venedig
Im lärmlosen Menschenmaß ist / und Gott uns
Zu Fuß erreicht / wenn wir ihn bilden können
Aus Toten in uns? Nicht nur aus jungen,
Denn die Zeit hier fehlte, die Er ihnen nahm,
Als wäre es gescheiter frühzeitig zu gehen.
Das nutzlose Wachstum zu überspringen!
Denn ist es nicht Unsinn und Wahn, dass
Wir uns hier brauchen, um dort dann besser
Und gehäutet im Kreis von Schwebenden
Zu sein?
Woher weiß er, was ist? Dass sie nicht mehr
Unsere Gewohnheiten üben / auch
Tieferen Sinn etwa der Rosen nicht sehen
Können als Zukunft auch, die für sie
Nichts mehr ist. Und jene, der damals
Geborenen
Als du dem und uns schriebst?
Rainer Maria Rilke,
DUINESER ELEGIEN
Die erste Elegie
Wer, wenn
ich schriee, hörte mich denn aus der Engel
Ordnungen? und gesetzt selbst, es nähme
einer mich plötzlich ans Herz: ich verginge von seinem
stärkeren Dasein. Denn das Schöne ist nichts
als des Schrecklichen Anfang, den wir noch grade ertragen,
und wir bewundern es so, weil es gelassen verschmäht,
uns zu zerstören. Ein jeder Engel ist schrecklich.
Und so verhalt ich mich denn und verschlucke den Lockruf
dunkelen Schluchzens. Ach, wen vermögen
wir denn zu brauchen? Engel nicht, Menschen nicht,
und die findigen Tiere merken es schon,
dass wir nicht sehr verlässlich zu Haus sind
in der gedeuteten Welt. Es bleibt uns vielleicht
irgend ein Baum an dem Abhang, dass wir ihn täglich
wiedersähen; es bleibt uns die Straße von gestern
und das verzogene Treusein einer Gewohnheit,
der es bei uns gefiel, und so blieb sie und ging nicht.
O und die Nacht, die Nacht, wenn der Wind voller Weltraum
uns am Angesicht zehrt –, wem bliebe sie nicht, die ersehnte,
sanft enttäuschende, welche dem einzelnen Herzen
mühsam bevorsteht. Ist sie den Liebenden leichter?
Ach, sie verdecken sich nur mit einander ihr Los.
Weißt du's noch nicht? Wirf aus den Armen die Leere
zu den
Räumen hinzu, die wir atmen; vielleicht dass die Vögel
die erweiterte Luft fühlen mit innigerm Flug.
Ja, die Frühlinge brauchten dich wohl. Es muteten manche
Sterne dir zu, dass du sie spürtest. Es hob
sich eine Woge heran im Vergangenen, oder
da du vorüberkamst am geöffneten Fenster,
gab eine Geige sich hin. Das alles war Auftrag.
Aber bewältigtest du's? Warst du nicht immer
noch von Erwartung zerstreut, als kündigte alles
eine Geliebte dir an? (Wo willst du sie bergen,
da doch die großen fremden Gedanken bei dir
aus und ein gehn und öfters bleiben bei Nacht.)
Sehnt es dich aber, so singe die Liebenden; lange
noch nicht unsterblich genug ist ihr berühmtes Gefühl.
Jene, du neidest sie fast, Verlassenen, die du
so viel liebender fandst als die Gestillten. Beginn
immer von neuem die nie zu erreichende Preisung;
denk: es erhält sich der Held, selbst der Untergang war ihm
nur ein Vorwand, zu sein: seine letzte Geburt.
Aber die Liebenden nimmt die erschöpfte Natur
in sich zurück, als wären nicht zweimal die Kräfte,
dieses zu leisten. Hast du der Gaspara Stampa
denn genügend gedacht, dass irgend ein Mädchen,
dem der Geliebte entging, am gesteigerten Beispiel
dieser Liebenden fühlt: dass ich würde wie sie?
Sollen
nicht endlich uns diese ältesten Schmerzen
fruchtbarer werden? Ist es nicht Zeit, dass wir liebend
uns vom Geliebten befrein und es bebend bestehn:
wie der Pfeil die Sehne besteht, um gesammelt im Absprung
mehr zu sein
als er selbst. Denn Bleiben ist nirgends.
Stimmen, Stimmen. Höre, mein Herz, wie sonst nur
Heilige hörten: dass sie der riesige Ruf
aufhob vom Boden; sie aber knieten,
Unmögliche, weiter und achtetens nicht:
So waren sie
hörend. Nicht, dass du Gottes ertrügest
die Stimme, bei weitem. Aber das Wehende höre,
die ununterbrochene Nachricht, die aus Stille sich bildet.
Es rauscht jetzt von jenen jungen Toten zu dir.
Wo immer du eintratst, redete nicht in Kirchen
zu Rom und Neapel ruhig ihr Schicksal dich an?
Oder es trug eine Inschrift sich erhaben dir auf,
wie neulich die Tafel in Santa Maria Formosa.
Was sie mir wollen? leise soll ich des Unrechts
Anschein abtun, der ihrer Geister
reine Bewegung manchmal ein wenig behindert.
Freilich ist es seltsam, die Erde nicht mehr zu bewohnen,
kaum erlernte Gebräuche nicht mehr zu üben,
Rosen, und andern eigens versprechenden Dingen
nicht die Bedeutung menschlicher Zukunft zu geben;
[688] das, was man war in unendlich
ängstlichen Händen,
nicht mehr zu sein, und selbst den eigenen Namen
wegzulassen wie ein zerbrochenes Spielzeug.
Seltsam, die Wünsche nicht weiter zu wünschen. Seltsam,
alles, was sich bezog, so lose im Raume
flattern zu sehen. Und das Totsein ist mühsam
und voller Nachholn, dass man allmählich ein wenig
Ewigkeit spürt. – Aber Lebendige machen
alle den Fehler, dass sie zu stark unterscheiden.
Engel (sagt man) wüßten oft nicht, ob sie unter
Lebenden gehn oder Toten. Die ewige Strömung
reißt durch beide Bereiche alle Alter
immer mit sich und übertönt sie in beiden.
Schließlich brauchen sie uns nicht mehr, die Früheentrückten,
man entwöhnt sich des Irdischen sanft, wie man den Brüsten
milde der Mutter entwächst. Aber wir, die so große
Geheimnisse brauchen, denen aus Trauer so oft
seliger Fortschritt entspringt –: könnten wir sein ohne sie?
Ist die Sage umsonst, dass einst in der Klage um Linos
wagende erste Musik dürre Erstarrung durchdrang;
dass erst im erschrockenen Raum, dem ein beinah göttlicher Jüngling
plötzlich für immer enttrat, das Leere in jene
Schwingung geriet, die uns jetzt hinreißt und tröstet und hilft.
CODA
Und es war schon so,
dass Rilke im kleinen Schloss Berg
Am Irchel keine
Bücher und vergilbte Familienschriften fand
So musste er sich welche erfinden. Sein
Inneres arbeitete heftig
In Richtung der wartenden Geister: und sie kamen aus
seinem
Zwischenreich auch
Und berührten ihn ungesehen mit ihren
Immaterialien und Lichthänden.
Er aber nahm es als wär das alltäglich, er
fürchtete sich nicht
Was denn waren die zehn diktierten Gedichte
/vom Grafen C.W.
Der 1862 und nach Palermo verwiesen , gelebt hatte?
Aber
es gab ja keine Zeit mehr, und jener, der dort am Tisch
Vor Rainer saß, in der Hand vergilbte Blätter,
die rauschten
In seinem Klang: las vor und der Dichter
schrieb, was ich jetzt
Lese und nicht begreife:
Toten Gedichte und der Tote, der durch Rilke
aufstand und
Aufwachte: da Sein konnte, da er spürte wie
im dichteren Herzen
Schwingend ein Tor sich auftat und mit allem
im Raum sang.
Zehn Wort Laute, die nicht von
Rilke sind.
Er nahm dies Todgeglaubte nicht in seine
Werke auf:
Der Graf sprach sie ihm nachts ins Ohr. Und
vermischt
Ihn mit dem Rätsel des Außen, reine Natur
seines Innern
Dann zur Musik geworden bei Rihm in neuen:
Sonnen und doch für den
Gekommenen so alt
„Gefühl
des Ermattens“ vermischt mit hingegebenen Freuden
Des
Jung Seins Neu Geboren; doch ihn ergreift beim
Schreibenden
Sehen noch mehr „die Unschuld des neuen
Schattens“.
Und ist doch in allem, was lebt:
„Schatten
des frühesten Laubes, das du durchhellst,
Schatten
der Blüten –: wie klar!
Wie
du dich, wahr seiend, nirgends verstellst,
Offenes
Jahr.
Unser
Dunkel sogar wird davon zarter,
Genau
so rein war vielleicht sein Ursprung.
Und
einmal war das alte Schwarz aller Marter
so
jung.“[1]
Jung wie der Todesblick zurück ins Jetzt, wo wir
uns
befinden, er, der nun auch tot ist, sich befand,
und
wir, gewiss, uns einmal befinden werden – im
Ursprung?
Auch dieses Moments, wo ich jetzt die
Lichtletter
schreibe, verflogen schon, ja, dorthin, wo
Wir
münden: im kommenden Ursprung:
„Dies
überstanden haben, auch das Glück“
Und:
„Dies überstanden haben, auch das Glück
(…)wer
schaute nicht verwundert her zurück.“ Wo
wir
jetzt noch sind: im Vorläufigen ganz gefangen,
wo
Zeit, wenn wir uns umsehn, vergangen ist,
Nichts
bleibt, klar: „Gekonnt hat es keiner;
denn
das
Leben währt/ weil es keiner konnte. Aber
Die
Versuche Unendlichkeit! Das neue
Grün
der Buche – sind unendlich - und
ist
nicht so neu wie das uns widerfährt.“
Unter
andern Umständen im Tod Sein: Ewigkeitskönnen
Das
Heilige Kind in uns zur Himmelwelt bringen.
Ordinäre
Schande nur Fleischwelt sein. Stimmt es doch:
„Weils
keiner es meistert, bleibt das Leben rein?“
Ists
nicht verlegne Kraft wenn ich am Morgen turne?
Und
von der Kraft, die war, wie leise spricht der Stein.
Und
auf dem leisen Stein wie fruchthaft schließt die Urne.“
Um das zu wissen, muss man Tod
sein wie der Graf C. W.
Altes Palermo auferstanden. Doch
über den Lebenden, Rainer,
Kommt schon wieder das
Nochnichttodseinkönnen an:
„Ich
habe nichts, die Waage auszugleichen,
Gewichte
nehmen drüben überhand;
unschuldig
steht im Himmel noch das Zeichen
und
weiß noch nicht von meinem Unbestand.
Denn
wie das Licht von manchen Sternen lange
im
Weltraum geht, bis es uns endlich trifft,
erscheint
erst lang nach unserm Untergange
vor
unserm Stern seine entstellte Schrift.“
So
sind wir todesunreif bis das Licht in jenem Unterwegsein
Uns
erreicht. Was dann? Wir wissen nicht
Bescheid.
Wir können es nur ahnen, indem
wir der Gestalt von DORT vertrauen,
uns in sie eingeben und tief in
ein Nichtwissendes dann schauen.
Mit Rilke, dem längst Toten, der
an der weißen Krankheit
In Valmont fast lautlos in sein
Nie ging, unwissend so auch er
Welch Wunder in den uns tief
verschlossnen Dingen (noch im Leben) sind:
„Oft in dem Glasdach der verdeckten Beete
erscheint
ein andrer Raum als Spiegelung
wie
jener, der uns hier entgegenwehte:
ein
künftiger, der an Erinnerung
sich
fortgibt, ohne uns gewährt zu sein.
Wie
eingeschränkt ist alles uns Verliehne!
Wer
sagt den Inhalt einer Apfelsine?
Wer
liest bei jenem Licht im Edelstein?
Musik,
Musik, gesteh, ob du vermagst
ihn
zu vollziehen den unerhöhten Hymnen?
Ach,
du auch weißt am Ende nur zu rühmen,
gekrönte
Luft, was du uns schön versagst.
Rainer Maria Rilke: Nummer III, VI, X und XI
aus der "Zweiten Reihe" des
"Gedichtskreises: Aus dem Nachlass des Grafen C. W." (1921)[1]
III
Neue
Sonne, Gefühl des Ermattens
vermischt
mit hingegebenen Freuen;
aber
noch mehr fast ergreift mich die Unschuld des neuen
Schattens
Schatten
des frühesten Laubes, das du durchhellst,
Schatten
der Blüten –: wie klar!
Wie
du dich, wahres, nirgends verstellst,
offenes
Jahr.
Unser
Dunkel sogar wird davon zarter,
genau
so rein war vielleicht sein Ursprung.
Und
einmal war das alte Schwarz aller Marter
so
jung.
VI
Dies
überstanden haben, auch das Glück
ganz
überstanden haben, still und gründlich, –
bald
war die Prüfung stumm, bald war sie mündlich,
wer
schaute nicht verwundert her zurück.
Gekonnt
hats keiner; denn das Leben währt
weils
keiner konnte. Aber der Versuche
Unendlichkeit!
Das neue Grün der Buche
ist
nicht so neu wie das uns widerfährt.
Weils
keiner meistert, bleibt das Leben rein.
Ists
nicht verlegne Kraft wenn ich am Morgen turne?
Und
von der Kraft, die war, wie leise spricht der Stein.
Und
auf dem leisen Stein wie fruchthaft schließt die Urne.
X
Ich
ging; ich wars, der das Verhängnis säte,
nun
wächst es glücklich auf, verschwenderisch.
Im
Halse des Erstickten ist die Gräte
so
einig mit sich selber wie im Fisch.
Ich
habe nichts, die Waage auszugleichen,
Gewichte
nehmen drüben überhand;
unschuldig
steht im Himmel noch das Zeichen
und
weiß noch nicht von meinem Unbestand.
Denn
wie das Licht von manchen Sternen lange
im
Weltraum geht, bis es uns endlich trifft,
erscheint
erst lang nach unserm Untergange
vor
unserm Stern seine entstellte Schrift.
XI
Oft
in dem Glasdach der verdeckten Beete
erscheint
ein andrer Raum als Spiegelung
wie
jener, der uns hier entgegenwehte:
ein
künftiger, der an Erinnerung
sich
fortgibt, ohne uns gewährt zu sein.
Wie
eingeschränkt ist alles uns Verliehne!
Wer
sagt den Inhalt einer Apfelsine?
Wer
liest bei jenem Licht im Edelstein?
Musik,
Musik, gesteh, ob du vermagst
ihn
zu vollziehn den unerhöhten Hymnen?
Ach,
du auch weißt am Ende nur zu rühmen,
gekrönte
Luft, was du uns schön versagst.
Vier
Rilke-Lieder für Tenor und Orchester
Wie Felix
Mendelssohn in der Hebridenouvertüre war auch der Dichter Rainer Maria Rilke in
seiner Lyrik stärker an der Beschreibung von Zuständen und weniger an der
Schilderung konkreter Handlungen interessiert: Eindeutige „Stimmungen“ wollte er
schaffen, die aber nie wortwörtlich ausgesprochen werden und deren Auslöser für
den Leser meist im Verborgenen bleiben und allenfalls vermutet werden können.
Charaktere spielen bei ihm eine untergeordnete Rolle.
Die
„Zweite Reihe“ der Gedichte, die unter dem Titel «Aus dem Nachlass des Grafen
C. W.» erstmals 1950 herausgegeben wurden, schrieb Rilke zwischen Anfang März
und Mitte April 1921 in einem Schloss in Berg am Irchel in der Nähe von Zürich.
Äusserer Anlass für Rilkes Umzug in die Schweiz ist die Einladung eines
Lesezirkels zu einer Vortragsreise. Rilke nutzte diese Gelegenheit, um nach den
Wirren des Ersten Weltkrieges einen neuen Anfang zu machen. Wahrscheinlich
wurde einem Dichter der Weg zu idealen Bedingungen für die Arbeit selten so
geebnet: Für jede Einzelheit des täglichen Lebens wurde gesorgt, als er am 12.
Januar in der selbst gewählten Abgeschiedenheit eintraf. Fünf Jahre waren
vergangen, seit seine Einberufung in den Ersten Weltkrieg die Arbeit an den
«Duineser Elegien» aufgehalten hat. Da er sich jedoch für die Arbeit an dem
geplanten Hauptwerk zunächst noch nicht reif fühlte, war die Abfassung der
Gedichte «Aus dem Nachlass des Grafen C. W. » für ihn in jeder Hinsicht eine
willkommene Ablenkung.
Was aber
steckt hinter der Figur des Grafen C. W.? Am Kamin im Sessel gegenüber sei ihm,
schreibt Rilke, ein Mann in Kleidern des achtzehnten Jahrhunderts erschienen,
der aus einer alten, verblichenen Handschrift eine Reihe von Gedichten gelesen
habe. Zu diesen Gedichten gehörten auch die Verse, die Rilke aufzeichnete. Er
behauptete stets, dass die Gedichte nicht sein eigenes Werk seien und schrieb
später über die Entstehung: «Sonderbar ging es mir übrigens. Ich bildete mir
ganz oberflächlich eine Figur ein. Zu eigener Produktion noch nicht eigentlich
fähig und aufgelegt, mußte ich mir, scheints, eine Figur gewissermaßen
„vorwändig“ machen, die das, was sich etwa doch schon, auf dieser höchst
unzulänglichen Stufe der Concentration formen ließ, auf sich nahm: das war Graf
C. W. »
Die
subtile Uneindeutigkeit der poetischen Sprache Rilkes kommt der Musikkonzeption
Wolfgang Rihms sehr entgegen, der die vier Gedichte in einer äussert sensiblen
und leiseste dynamische Bereiche auslotenden Weise vertont hat. Rihm, der neben
Rilke Texte von so herausragenden Autoren wie Nietzsche, Celan, Rimbaud oder
Heiner Müller vertont hat, tendiert in den letzten Jahren dazu, eine einmal
formulierte Komposition aus unterschiedlichen Perspektiven neu zu illustrieren.
Bei den Rilke-Liedern handelt es sich um eine Orchestration von Klavierliedern,
die im Jahr 2002 von Christoph Prégardien und Siegfried Mauser, denen die Lieder
auch gewidmet sind, uraufgeführt wurden. Die konventionelle Orchesterbehandlung
überschreitet bei Rihm selten den Bedarf an Instrumenten der Zweiten Wiener
Schule oder Bela Bartoks. In den Rilke-Liedern ist die Besetzung an Sibelius'
Sinfonie orientiert, dessen Orchestermusik den Komponisten Rihm schon immer
sehr stark beeinflusst hat.
«Für mich
ist Sibelius genuiner Orchesterkomponist. Er erfindet aus der Farb- und
Klangrealität des großen Orchesters. Die Orchesterwerke stehen zentral, unter
diesen die Symphonien im Mittelpunkt. »
Wolfgang
Rihm
UND DIE „NEUN ELEGIEN“
Was da auf uns
zukommt/ parallele Universen
Flug- Körper plötzlich sichtbar
als könnten unsere sterblichen Augen
in diesem Licht "sehen" und gehören
anderen Ordnungen an/ treiben
unsere Gewohnheit auf die Spitze
die bricht ab
Dass sie sich trotzdem sehen lassen
kann/ wohin wohin Freund Tod
mit diesem sich zeigenden unsterblichen
Teil der Welt/ gewoben aus dem Stoff
und zwischen den Fixsternen unserer Astral
Körper:
Durchgebrochen aus
der ganzen Klaviatur
kosmischer Musik kurz in die Enge
einiger Töne unserer Sinne: Hier!
Verwirrt seh ich zu:
der chaotische Bereich des Todes
zuerst vielleicht ohne
Licht und jene Engel die als schrecklich bezeichnet
anfangs unsichtbar wie auch Jetzt
"da" sind: vibrierend wohin und
ganz verloren,
ohnehin mit unserer winzigen Erinnerung
die nicht ausreicht:
Welch hässliche Namen wer sie begreift
übersetzt:
Photonenstrahlen Laser Geodätik
Plasmaenergien
oder gar Gravitonen der Superphysik.
HEBRÄISCHER BLOCK kommt näher. Fels nach dem
Ende. Kein
fließen
mehr. Nach
dem
Fall I Jahrtausendespät versteinert das Hirn
Erschüttert,
aus
dem Mund
kein
Gott, Gebrochenes Hier.
EIGNES VERBLICHENES
EPITAPH FÜR EINE VATERSTADT
Gott erhalt dech
Scheszbrich. Dichtgedrängt am Friedhof
sitzen die Gespenster
auf ihren nicht mehr Bänken.
Die Toten singen aus
allen Löchern
pfeift der Wind/ zu
kalt geworden.
Kalte Winde wehn von
Norden.
Acht Ammen schwellen/
noch zergehn
mir auf den Lippen.
Blauweiße Milch es rinnt
und rauscht das
Brünnlein in den Kannen
ein Reindlbild ist im
Gedankengang und schwankend
die Gestalten.
Kristallklar Schnaps im Hirn.
Herzberge häufen
Elegien dazwischen wir
Herbst Blätter Briefe
aus dem Tod geschrieben:
Und im Großkokler
Boten schwarzumrändert fallen sie.
Als weinte Tränen in
ertränkter Sintflut, Welt ist Nie.
Ein Zischen aber. Sie
werden hier/ geboren. Ein Ohr
vernimmt die Laute an
der Grenze die dich mitnimmt
Verhör Sekunde das
Gericht jauchzende Röte frisch
Allerherrgottsfrüh.
Ich aber geh dort
draußen in München frei
durch einen
Großstadtverkehr. Dein Reich ist gekommen.
Jetzt sind wir im
Jenseits reich. Wie arm waren doch auf der Erde: Fettflecken Fibel Stunden
Türme Kutschen und die
Eselsohren alles ist
längst verzogen
schreiend der letzte
Knoten
im Hals ein gelbes
tickendes Eis.
Heute noch heute,
da bin ich schön,
morgen, ach
morgen
muß alles vergehn.
So sang meine Oma.
Jetzt ist es geschehn.
Die denndörfer
scheszbricher Flüge
und die Züge in den
Donbas winken zwar von der Erde
immer noch
Russenblusen sind gebleicht bei Sander
in meinem Kindskopf
die Wehrmacht schön
ist sie und auf der
Heide diese Erika mit Pferden
Heil und ein Seil die
Schlinge der Budaren
und wir die Hunde
unsere Pfoten rein
der Kont noch klein
die Uniform
die gelben Finger in
der Zigarette
Heimat in der Heimat
hier
dies Lid schließt
seine Augen ist
kein Wiedersehn mit
ihr.
Rilke
Die neunte Elegie
[717] Warum, wenn es angeht, also die Frist
des Daseins
hinzubringen, als Lorbeer, ein wenig dunkler als alles
andere Grün, mit kleinen Wellen an jedem
Blattrand (wie eines Windes Lächeln) –: warum dann
Menschliches müssen – und, Schicksal vermeidend,
sich sehnen nach Schicksal?...
Oh, nicht, weil Glück ist,
dieser voreilige Vorteil eines nahen Verlusts.
Nicht aus Neugier, oder zur Übung des Herzens,
das auch im Lorbeer wäre.....
Aber weil Hiersein viel ist, und weil uns scheinbar
alles das Hiesige braucht, dieses Schwindende, das
seltsam uns angeht. Uns, die Schwindendsten. Ein Mal
jedes, nur ein Mal. Ein Mal und nicht mehr. Und wir auch
ein Mal. Nie
wieder. Aber dieses
ein Mal
gewesen zu sein, wenn auch nur ein Mal:
irdisch gewesen
zu sein, scheint nicht widerrufbar.
Und so drängen wir uns und wollen es leisten,
wollens enthalten in unsern einfachen Händen,
im überfüllteren Blick und im sprachlosen Herzen.
Wollen es werden. – Wem es geben? Am liebsten
alles behalten für immer... Ach, in den andern Bezug,
[718] wehe, was nimmt man hinüber? Nicht das
Anschaun, das hier
langsam erlernte, und kein hier Ereignetes. Keins.
Also die Schmerzen. Also vor allem das Schwersein,
also der Liebe lange Erfahrung, – also
lauter Unsägliches. Aber später,
unter den Sternen, was solls: die sind besser unsäglich.
Bringt doch der Wanderer auch vom Hange des Bergrands
nicht eine Hand voll Erde ins Tal, die Allen unsägliche, sondern
ein erworbenes Wort, reines, den gelben und blaun
Enzian. Sind wir vielleicht hier, um zu sagen: Haus,
Brücke, Brunnen, Tor, Krug, Obstbaum, Fenster, –
höchstens: Säule, Turm.... aber zu sagen, verstehs,
oh zu sagen so, wie selber die Dinge niemals
innig meinten zu sein. Ist nicht die heimliche List
dieser verschwiegenen Erde, wenn sie die Liebenden drängt,
dass sich in ihrem Gefühl jedes und jedes entzückt?
Schwelle: was ists für zwei
Liebende, dass sie die eigne ältere Schwelle der Tür
ein wenig verbrauchen, auch sie, nach den vielen vorher
und vor den Künftigen ...., leicht.
Hier ist des Säglichen Zeit, hier seine Heimat.
Sprich und bekenn. Mehr als je
fallen die Dinge dahin, die erlebbaren, denn,
was sie verdrängend ersetzt, ist ein Tun ohne Bild.
[719] Tun unter Krusten, die willig
zerspringen, sobald
innen das Handeln entwächst und sich anders begrenzt.
Zwischen den Hämmern besteht
unser Herz, wie die Zunge
zwischen den Zähnen, die doch,
dennoch, die preisende bleibt.
Preise dem Engel die Welt, nicht die unsägliche, ihm
kannst du nicht großtun mit herrlich Erfühltem; im Weltall,
wo er fühlender fühlt, bist du ein Neuling. Drum zeig
ihm das Einfache, das, von Geschlecht zu Geschlechtern gestaltet,
als ein Unsriges lebt, neben der Hand und im Blick.
Sag ihm die Dinge. Er wird staunender stehn; wie du standest
bei dem Seiler in Rom, oder beim Töpfer am Nil.
Zeig ihm, wie glücklich ein Ding sein kann, wie schuldlos und
unser,
wie selbst das klagende Leid rein zur Gestalt sich entschließt,
dient als ein Ding, oder stirbt in ein Ding –, und jenseits
selig der Geige entgeht. – Und diese, von Hingang
lebenden Dinge verstehn, dass du sie rühmst; vergänglich,
traun sie ein Rettendes uns, den Vergänglichsten, zu.
Wollen, wir sollen sie ganz im unsichtbarn Herzen verwandeln
in – o unendlich – in uns! Wer wir am Ende auch seien.
[720] Erde, ist es nicht dies, was du
willst: unsichtbar
in uns erstehn? – Ist es dein Traum nicht,
einmal unsichtbar zu sein? – Erde! unsichtbar!
Was, wenn Verwandlung nicht, ist dein drängender Auftrag?
Erde, du liebe, ich will. Oh glaub, es bedürfte
nicht deiner Frühlinge mehr, mich dir zu gewinnen –, einer,
ach, ein einziger ist schon dem Blute zu viel.
Namenlos bin ich zu dir entschlossen, von weit her.
Immer warst du im Recht, und dein heiliger Einfall
ist der vertrauliche Tod.
Siehe, ich lebe. Woraus? Weder Kindheit noch Zukunft
werden weniger ....... Überzähliges Dasein
entspringt mir im Herzen.
Quelle:
Rainer Maria Rilke: Sämtliche
Werke. Band 1–6, Band 1, Wiesbaden und Frankfurt a.M. 1955–1966, S. 717-721.
ORPHEUS. TAGEBUCHGEDICHTE
Wer geht in mir hier
um, wenn ich mein Leben
Anvertraue diesem
Schrift Zug hier, der vorfährt
Und mich mitnimmt mit dem innern Ruhe Pfeifen:
Die unhörbare Stimme,
woher ruft die denn und
Dann nach wem?
Drückt auf den Knopf
von gstern, ist kein Notsignal,
Nein, eher Freude an
der raschen Rückfahrt des Verlornen.
Doch: Nichts, Nichts
ist verloren, wie du weisst! Es singt:
Als gäbe es Orpheus wieder
(XIII) Sei allem
Abschied voran...
Sei allem Abschied
voran, als wäre er hinter
dir, wie der Winter, der eben geht.
Denn unter Wintern ist einer so endlos Winter,
dass, überwinternd, dein Herz überhaupt übersteht.
dir, wie der Winter, der eben geht.
Denn unter Wintern ist einer so endlos Winter,
dass, überwinternd, dein Herz überhaupt übersteht.
Sei immer tot in
Eurydike -, singender steige,
preisender steige zurück in den reinen Bezug.
Hier, unter Schwindenden, sei, im Reiche der Neige,
sei ein klingendes Glas, das sich im Klang schon zerschlug.
preisender steige zurück in den reinen Bezug.
Hier, unter Schwindenden, sei, im Reiche der Neige,
sei ein klingendes Glas, das sich im Klang schon zerschlug.
Sei - und wisse
zugleich des Nicht-Seins Bedingung,
den unendlichen Grund deiner innigen
den unendlichen Grund deiner innigen
(Rilke aus: Die
Sonette an Orpheus)
1
Auch bin ich
aufgewacht, und weiß,
Und bin nun schlaflos
jede Nacht,
Der Vogel singt / ich
bin ganz im Gehör
Am Baum der diesen
Winter uns erfror
Und weiß, dass ich
wie dich auch ihn
Zu wenig hier umgeben
und geschützt.
Es kommt nun einer, der den Baum nicht kennt
Doch der den armen
Platz nun für sich selber nützt
Und dieses Blatt das
nicht mehr ist
Doch brennt
MEIN Vogel der aus
deinem wehen Herzen singt
Der das Vergangene
Leben wieder bringt
Als wärt er allem
Abschied hier voran
Als es uns gab / nun in mir selber klingt.
2
Und dann frage ich
dich / mein Lieber Gott wie
Alt / sind unsere
Gefühle / doch
Und wie neu ist /
diese Welt - wo wir
Hineingestellt sind /
das Atom in uns
Wie in anderen Dingen
Tieren, Pflanzen hier
Aus Elementen sind
auch wir
Und Schluss ach
Schluss
Trotz Radar
Und trotz Trotz:
haben wir uns
So weit gebracht?
3
Erweckung
Orpheus und Eurydike
/ so erweckt
An wem / an was
An einen bärtigen
Ulyss?
Auch er Atom, na und
wohin
Mein Freund / tauch
tief in dein
Inferno / wo die Schatten blühn.
Und alles ist
Nichts als Kontur.
UND fragen, ob du
hier nicht bestehn musst
Ihr Gesicht / das
abfällt / und sich einem Dritten
Zu neigt
Und du warst ja so
weit
Und stehst nun vor
ihr wie ein Schatten / wie ihrer
Der einmal auch vor
dir stand.
Schattengleich.
Schattenzeichen. Nun bist du bei ihr
Und einer ist in dir
/ der weint / bitter ein Kind
Das noch viel Zukunft
hat, hier
Du aber weißt / und
spaltest dich
Und gehst / lässt sie
los
Bist erst im Los /
für immer mit ihr.
Oh ja, Orpheus, der
Thraker, sinkt er in mir? Ist er
Der Zufall der Tiere?
Oder Valery in “Cimitère maritime”,
Lesen nicht nur, sondern
Leben, denn ich komme vom Meer.
Sprach namenlos mein
Köärper, nicht ich?
Umbuscht, umflort im
Wagen. Warum denn Flor/ Es geht
Doch nicht um
Schwarz, es geht um Kirschwqeiss, das Leben!
Und Hinterdenmberg,
dem ich zu fahre geschüttelt
von dieser Land
Straße.
Und las am Meere
Rilkes Meer und Valery von ihm zu mir
Gebracht: Das
Meer,das Meer, ein immer neues Schenken!
Oh, die Belohnung,
nach dem langen Denken
Ein langes Hinschaun
auf der Götter Ruhn.
Und weiss jetzt hier,
wovon er spricht. Und weiss auch
Wie es heute Morgen
war:
Was für ein Leib mich
zieht ins träge Ende,
Zu welcher Stirn ich
mich nach abwärts wende?
Ein Funken drin denkt
die, die nicht mehr sind.
Er war erst
einundvierzig! Genau dies ist es aber,
was ihn und mich bei
Valery ergriff:
... das Leben weiß,
dass es in Blumen soll!
Wo sind die Worte,
die den Toten fehlen,
Wo ihre Künste, die
besondren Seelen?
Die Larve spinnt, wo
einst die Träne quoll.
Gestern Pisa. Lass es
bunt sein und (Wahn?)
überstimme die Zeit.
Voran schreite mit ihr im Wort.
Ist es Zufall, was
dir zu kommt? Was ist Zufall?
Ein Schnitt durch den
Weltaugenblick? Ich warte
Hier auf meinen Tod.
Ist es der Verurteilte, der
Hier Ich heißt. Wer
bin ich sonst: ganz ohne Namen?
Grausamer Zeno, Zeno,
deine Worte!
Ob mich am Ende jener
Pfeil durchbohrte,
Der schwirrt und
fliegt und doch nicht fliegt zuletzt?
Der Ton gebiert -,
der Pfeil will mich bestatten!
Ach, Sonne, ach! Und
da... Schildkrötenschatten,
Achilleus,
unbeweglich und gehetzt!
DIE UNZERSCHNITTENEN DINGE MÜSSEN AUS
IHREM NAMEN FALLEN
„…das Totenscheinen, dein Gesicht,
will
fort, der Herr der Welt bedrängt mich
arg,
will aus dem Namen, der den Kopf
mir unentwegt beengt, doch was der
Sprache
fehlt, gehört zu ihr, das Fehlen, DU,
und
ICH entferne mich aus dem Kontext,
dies
mein Gedicht das Fahrzeug JETZT euch
zu erreichen.
Druck Seiten schwarze kleine Augen,
nicht du, da liegt der Fehler, nicht
des
Fehlens, das antreibt wie das Herz.
So schrei ich nachts den Namen, meinen
deinen an die leere Wand, schief hängt
daran dein Bild und Seines …
(Gedicht über Petrarca, ins Jahr 1350)
Wahr werden also die Dinge erst
unzerschnitten, wenn sie aus ihrem Namen fallen? Dieses ist in unserer
gespaltenen Welt insoweit ein "Regressus", als es ein
Bewusstsein der Einheit tatsächlich
einmal gegeben hatte, das heute unmöglich scheint, verspottet wird, aber im
"zeitlosen" Unbewussten bei allen Lebenden auch heute noch vorhanden
ist. Daraus entsteht die typische Bewusstseinsspaltung, die Freud einmal
"Urteilsstreit" genannt hatte!
Alltagswissen - dieser flache
Umgang mit dem Leben, wird als wichtigste
und ernsteste Sache der Welt von allen akzeptiert (Kafka hatte noch etwas von diesem
furchtbaren Missverständnis geahnt!), das Resultat: Dass jeder anstatt Sekunden
der wahren Empfindung und der Dichte, des Glücks zu leben, dieses täglich bis
zum Tode versäumt. So wird jeder Moment,
der uns selbst und jenem Zwischenraum, der schon an jenes Tor der
anderen Zone reicht, gehören müsste, versäumt. Und der uns umgebende Reichtum
der Welt kann kaum wahrgenommen werden, erstickt in Müll und Banalität
sinnloser Tagesaufgaben!
"Dass
er sich hinzieht ein Tag in den andern .../ Die Zeit aber ein Trost/ als käme etwas
nach/ und es käme an/ was uns fehlte// Doch wenn sich einmal das Blatt/ wendet
und sich vielleicht/ unser Blick/ verändert/ hat uns die Trösterin Zeit/ längst
erschlagen// was immer schon fehlte/ hat uns erreicht"
Der Phantomcharakter alles auf der Erde Lebenden wird nicht erkannt,
sondern jeder Schein als das Wesentliche wahrgenommen. Die alte Weisheit aber
bis hin zur Quantenphysik heute, weiß vom phantomatischen Charakter der
Körperwelt, wie in Rilkes großem Gedicht:
"Torsischer Apollo": "Du musst dein Leben ändern..."
+
Für Rainer Maria Rilke war das
Universum ein Ganzes, es umfasste im ”Weltinnenraum” Lebende und Tote, vor allem in seinen späten großen Gedichten, wie in den
”Duineser Elegien” und in den „Sonetten
an Orpheus“ brachte er diesen, die
Grenze sprengenden „Weltinnenraum“ ins Gedicht:
„Ist er ein Hiesiger? Nein, aus beiden/ Reichen erwuchs seine weite Natur.“
Der übersensible Dichter, der
einen sechsten Sinn besaß, war sich bewusst, dass er sich auf eine mutige Grenzüberschreitung
einlässt, wenn er die Toten anspricht, ihnen Existenz in seinem Gedicht
einräumt. In seinem „Brief an einen jungen Dichter“ heißt es: „Das ist im Grund
genommen der einzige Mut, den man von uns verlangt: mutig zu sein zu dem
Seltsamsten, Wunderlichsten und Unaufgeklärtesten, das uns begegnen kann. Dass
die Menschen in diesem Sinne feige waren, hat dem Leben unendlichen Schaden
getan: die Erlebnisse, die man ´Erscheinungen` nennt, die ganze so genannte
`Geisterwelt`, der Tod, alle diese uns so anverwandten Dinge, sind durch die
tägliche Abwehr aus dem Leben so sehr hinausgedrängt worden, dass die Sinne,
mit denen wir sie fassen können, verkümmert sind. Von Gott gar nicht zu reden“.
Für den Umgang mit dieser gefährlichen
Grenze hat die Literaturwissenschaft, ähnlich wie die Psychiatrie, besondere
Methoden und Techniken entwickelt, um das Übernatürliche, das wesentlich für weite
Teile der Weltliteratur ist, abzuschieben. Es scheint eine Art Filter und ”Sperre“ zu geben, Carl Friedrich
von Weizsäcker nannte sie „kulturbedingte Blickbeschränkung“, die heilsam sein
könne, heute jedoch dringend einer Verschiebung und Öffnung bedürfe.
Aber es war nie ungefährlich, diese
Grenze zu überschreiten. Früher drohte der Feuertod. Viele galten als
„verrückt“ wie Friedrich Hölderlin, der ein „excentrisches Reich der Todten“
kannte, und in der Nervenklinik unter
Foltern” geheilt” werden sollte.
Im Rahmen des geltenden Wirklichkeitsverständnisses
darf jene andere Zone Erfindung, Phantasie, jedoch nicht selbsterlebt und
wirklich sein. Nach diesem Verständnis gibt es auch heute eben nichts als
„Schicksalskräfte“, „Romantische
Phantasie“, die „Nachtseite der Natur“, vor allem sind es durchgängig „alte
Menschheitsmythen“, die in den dichterischen
Werken auftreten, wenn es um jenes Gespräch mit den Toten geht. Und die Verbindung mit der Totenwelt
erscheint dann mit Vorliebe antik verbrämt als „Unterweltsbesuch“ und Orpheusmotiv.
Im bekannten Nachschlagewerk „Motive der
Weltliteratur“ von Elisabeth Frenzel ...
ist... „nur Halbgöttern oder besonders begnadeten Menschen in den Mythen eine
solche Reise vorbehalten.“
Die Beziehung mit den Abgeschiedenen darf also
nur „in den Mythen!“ möglich sein.
Und diese ereignen sich dann als
sogenannte Hades- oder „Unterweltsfahrten“. Sie sind natürlich ...“ „... ohne
jeden realen Anhalt allein aus dem Wunschdenken geschaffen ...“ die berühmte „Nekya“
der Odyssee, Virgils „Aeneis“ - alles
nur „allegorische Traumdichtungen“. Und der Höhepunkt dieser klassischen „Traumdichtungen“ ist dann Dantes „Divina Commedia“.
Die psychologische Forschung hat jedoch
inzwischen herausgefunden, dass diese „Traumdichtungen“ künstlerisch
verdichtete Schilderungen von sogenannten „Nahtoderlebnissen“ sein könnten.
Bekannt ist, dass Dantes Jenseits-Reise auf einem realen Geschehen beruht. Es
war während eines tagelangen Komas im Jahre 1300, als Dante, dem Tode nahe,
eine Art Astralreise erlebte, ähnlich wie sie heute Ärzte und Thanatologen nach
Zeugenberichten klinisch Toter aufgezeichnet haben. Doch erlebt wird nicht nur
die große Einsamkeit unter lauter
Schatten und unberührbaren Gespenstern, sondern auch die Begegnung mit Lichtgestalten,
mit einer universalen Liebe und unerschöpflichen Kraft.
Auch Dante begegnete in jener Sphäre seiner
unsterblich Geliebten, der „toten“ und dennoch weiterlebenden Beatrice, die ihn
zu einer höheren Selbsterkenntnis in unendlicher Spiegelung weiterführt:
„Und wie vom Lichtstrahl, der im
Spiegel endet,
ein zweiter zurückspringt wieder in
den Raum,
dem Pilger ähnlich, der sich heimwärts
wendet,
so ging aus ihrem Tun, durch meine
Augen
in mir zum Bild gebrochen, meins
hervor ...“
Auch das Orpheus-Motiv, kann nicht einfach ins ”Symbolische” oder ”Mythische”
abgeschoben werden, wie es in der offiziellen, leider allzu vieles
verdrängenden Literaturgeschichte, und nicht nur im erwähnten Handbuch von
Elisabeth Frenzel, oft genug geschieht. Am wenigsten ist dieses möglich beim Dichter der „Sonette an Orpheus“, bei
Rainer Maria Rilke. Die Fürstin von Thurn und Taxis, Rilkes Freundin und Besitzerin des Schlosses von Duino, wo die
„Duineser Elegien“ entstanden, schrieb in ihren „Erinnerungen:“
„Und wirklich scheint es mir, dass
Rilke in Duino unter Schatten gelebt hat. Nicht nur fühlte er die Anwesenheit
Theresinas - auch zwei andere Gestalten - Schwestern meiner Mutter - waren ihm
so gegenwärtig, als ob die Zeit stillgestanden wäre: Raymondine, die, kaum
verheiratet, zwanzigjährig gestorben, und Polyxène, die nur fünfzehn Jahre alt
geworden war...
Rilke erzählte mir oft, dass er trotz
der großen Stille und (die) durch nichts gestörte Ruhe niemals das Gefühl
gehabt habe, wirklich allein zu sein. ...
Rilke war, wenn er von dieser so
plötzlich auftauchenden wie entschwundenen Erscheinung sprach, äußerst
erregt.“
Und in den „Sonetten an Orpheus“
schrieb er:
„Nur wer die Leier schon hob / auch
unter Schatten, / darf das unendliche Lob / ahnend erstatten. / Nur wer mit
Toten vom Mohn/ aß, von dem ihren, / wird nicht den leisesten Ton / wieder
verlieren.“
Es wird auch gerne verschwiegen, dass Rilke
ebenfalls seine „Tote“ hatte. Es war
eine Art „Führerin“, wie Dantes Beatrice oder Novalis` Sophie, wenn sie von ihm in rätselhaften Einflüsterungen verlangte, er
solle nach Toledo reisen. Sein gesteigertes
Fühlvermögen, das jede Alltagserfahrung und Wahrnehmung überstieg, sah mehr, hörte mehr als die
Menschen seiner Umgebung. So wurde ihm
im Schloss Berg am Irchel ein ganzer Gedichtzyklus, samt Titel: „Aus dem Nachlass des Grafen C.W.“ von einer
„Stimme“ diktiert. Über deren Entstehung erfuhr die Fürstin von Thurn und
Taxis von Rilke; sie schrieb in einem Brief darüber:
„... dass sogar die Initialen C.W. und
das Datum Palermo 1862 ihm diktiert worden wären... (Rilke) hatte während des
Schreibens das Gefühl, dieser
geheimnisvolle C.W. sitze ihm gegenüber an der andern Seite des Kamins.“[2]
Und als wäre der Sänger Orpheus sein, Rilkes,
Selbstporträt, heißt es in den Sonetten:
„Ist er ein Hiesiger? Nein, aus beiden
/ Reichen erwuchs seine weite Natur.../ Geht ihr zu Bette, so lasst auf dem
Tische / Brot nicht und Milch nicht; die Toten ziehts -. Aber er, der
Beschwörende, mische unter der Milde des Augenlids // Ihre Erscheinung in alles Geschaute ...“
Ist die Welt also eine Mischform aus ihren und unseren Blicken,
wie bei Dante schon?
Berühmte Geister wie Kant und Lessing,
Humboldt, später Bergson und Jung hielten
diese Verbindung und das Überleben des Todes für eine - schon ethisch
notwendige - Selbstverständlichkeit. Ähnlich wie Kant äußerte sich auch Wilhelm
von Humboldt in seinen „Briefen an eine Freundin” sehr offen: „Es mag aber auch bei dem, der etwas sehen
soll, eine Empfänglichkeit notwendig sein, die Geistergegenwart zu vernehmen,
ohne es zu wissen oder zu ahnen ... Diese mochten die Menschen in jener Zeit
mehr haben, wo sie weniger weltlich zerstreut lebten, ihr Gemüt innerlich
gesammelt, frommer und ernster auf ein Wesenreich außerhalb der irdischen Welt
gerichtet war... Ich halte also diese Erscheinungen für etwas Wirkliches, durch
eine überirdische Macht Hervorgebrachtes.“
Dabei gibt es ein ungeheuer
schwieriges Übersetzerproblem, um den Abgrund zu überbrücken.
„Aber das Totsein ist mühsam / und
voller Nachholen, dass man allmählich ein wenig/ Ewigkeit spürt. Aber
Lebendige machen / alle den Fehler, dass sie zu stark unterscheiden. / Engel
(sagt man) wüssten oft nicht, ob sie unter
/ Lebenden gehen oder Toten. Die ewige Strömung / reißt durch beide Bereiche
aller Alter / immer mit sich übertönt sie in beiden.“
So Rilke. Doch die Verbindung überwindet eine Wand,
Sterben gehört zum
Lebenlernen. Und auch für die andere Seite gelte: Die Erinnerung an das Leben
sei nötig zum Wachstum nach dem Tod; dies schrieb schon Immanuel Kant in seinen
„Träumen eines Geistersehers“, Lessing war ähnlicher Meinung. Und Rilke:
„Aber wir, die so große / Geheimnisse brauchen, denen aus Trauer so oft
seliger Fortschritt entspringt -: könnten
wir sein / ohne sie?“
„Sterbebegleitung“[3] ist
wichtig! Um den vielen, den meisten wohl heute in dieser blind-gelebten
Welt des kruden Un-glaubens, die meinen, Sterben sei wohl nicht einfach,
doch im Tod sei dann alles einmal aus und für immer vorbei mit der Wahrheit,
Hilfe zu leisten. „Wissend“ aber, und „eingeweiht“ Hilfe leisten, wenn sie
im Sterbeprozess, den wichtigsten Momenten ihres Lebens angekommen sind, ein
Kreuzweg für das, was als „Zukunftsraum“ kommen wird, und schon im Leben
vorbereitet werden muss, völlig allein und dem Ignorierten und Unbekannten ausgeliefert
sind!
Rilke
hat hier in Viareggio im April 1903 geschrieben:
O Herr, gib jedem seinen eignen Tod
Das Sterben, das aus jenem Leben geht,
darin er Liebe hatte, Sinn und Not.
Nur sich einlassen können
in dieses Glitzern, jetzt
das lange, vertane Zeit aber ist
gewonnen.
Das Unglück des Zeitunglesens
Das nützliche Lesen - es
spiegelt diese Welt.
Sich vertiefen können,
ist anders,
und war längst schon gewesen
eine andere Hirnspur.
Und du siehst wieder den Engel
hinter dem Papier deiner Augen.
Andere Verbindungen, andere Wege
und Augenkünste
als die
schlagenden.
Aber der Blick jetzt in das Meer
ganz nahe am Rande der Reling,
gibt gegen die Zeit
Gewissheit.
Er erlebt den befreiten innern Sinn
Kants als kaum ausdrückbaren Bewußtseins-Lebensprozeß, das von der Einbildungskraft oder dem reinen
Selbstbezug des Ich vorausentworfene "Zugleichsein" , das insoweit
vielleicht ein
"Regressus" ist, als es dieses
Bewußtsein der Einheit tatsächlich ( bis zu Dantes Zeit) einmal gegeben hat,
aber im "zeitlosen" Unbewußten bei allen Lebenden auch heute noch
vorhanden ist.
Rainer Maria Rilke
Duineser Elegien
Titel der
Erstausgabe der Duineser
Elegien im Insel-Verlag
(1923)
Duineser Elegien ist der Titel einer Sammlung von zehn Elegien des
Dichters Rainer Maria Rilke,
die1912 begonnen
und 1922 abgeschlossen wurde.
Rilke war 1912 zu Besuch auf Schloss Duino bei Triest, wo er Gast der Gräfin Marie von Thurn und
Taxis-Hohenlohe war. Als er an einer Stelle an den Klippen vorbeiging,
soll er angeblich eine Stimme gehört haben, die die Worte "Wer, wenn ich schriee, hörte
mich denn aus der Engel Ordnungen?" rief.
Von diesem Ereignis inspiriert, begann er seine Erste Elegie mit eben diesen Worten. Die Fertigstellung
der zehn Elegien zog sich durch Rilkes Kampf mit der Depression und
seinem Leiden an den Ereignissen des Ersten Weltkriegs über zehn Jahre hin, sodass sie erst
bei seinem Aufenthalt imRhônetal 1922 vollendet wurden. Obwohl nur zwei
der zehn Elegien auf Schloss Duino entstanden, hat der Dichter aus Dankbarkeit
zu seiner Gastgeberin später den gesamten Zyklus danach benannt.
Aufgrund ihrer Reichhaltigkeit und Komplexität sind die Duineser
Elegien einer raschen Lektüre kaum zugänglich. Hilfreich bei der Lektüre sind
in jedem Fall eine gute Kenntnis der Motive von Rilkes Dichtung und die unter
den Literaturangaben genannten Interpretationen.
Die erste Elegie Am 21. Januar 1912 aus Duino an Marie Taxis gesandt, wohl unmittelbar
nach der Entstehung
(Alle Entstehungsdaten nach der Werkausgabe von Ernst Zinn.)
Die erste Elegie schlägt zahlreiche Themen an, die in den folgenden
Elegien ausgesponnen werden. Die Engel (vgl. dazu besonders den Anfang der
zweiten Elegie) und die Tiere (vgl. dazu besonders die achte Elegie) werden
genannt. Vor dem Hintergrund dieser beiden Gegenbilder entwickeln die Elegien
ihre Deutung der condition humaine.
Das lyrische Ich beklagt die Gefangenschaft des Menschen in der
„gedeuteten Welt“, es wird die Nacht gepriesen, dann die Liebenden und der Held
(dem die ganze sechste Elegie gewidmet ist). Die Liebenden und der Held
verwirklichen äußerste Möglichkeiten des menschlichen Daseins.
Die zweite Hälfte der ersten Elegie spricht von den „jungen
Toten“, die ebenfalls Idealbilder des Menschlichen sind. Die letzten Verse
exemplifizieren schließlich die in den Elegien wichtige Figur eines
„Umschlags“, bei dem sich Leere plötzlich und unerwartet in Fülle verwandelt.
Die zweite Elegie
Duino, Ende Januar / Anfang Februar 1912
Die ersten drei Strophen der zweiten Elegie kontrastieren Engel
und Mensch. Dabei wird die Distanz zwischen den Menschen und den Engeln bis ins
Unüberbrückbare gesteigert. Auf die ekstatische Preisung der Engel in der
zweiten Strophe folgt die Klage über die Vergänglichkeit und Vergeblichkeit
aller menschlichen Versuche in der dritten Strophe. Ist eine Vermittlung
zwischen Engel und Mensch möglich? Diese Frage wird verneint.
Die vierte und die fünfte Strophe sind den Liebenden gewidmet. Sie
entgehen fast dem Vergehen der Zeit und den Schranken der „gedeuteten Welt“, an
denen die Menschen so leiden. Aber, wie der Schluss der fünften Strophe zeigt,
scheitern letztlich auch sie.
Den Abschluss bildet (in der sechsten und siebten Strophe) eine
Idealisierung des griechischen Altertums und die Hoffnung auf einen „Streifen
Fruchtlands“, auf dem das Menschliche wie in der Antike gedeihen kann.
ZWISCHEN TOD UND
UNENDLICHKEIT
Rilke
in Duino / Von Paul Niehaus
Wo das
Massiv des Karst steil und mit einer Landzunge ins Meer hinausspringt, liegt
hoch oben ein Felsennest, das Schloß Duino, zwischen Tod und Unendlichkeit —
Thema der „Duineser Elegien" Rainer Maria Rilkes. Das Schloß — es hat im
Wappen Turm und Lilie — ist uralter Besitz der Fürsten von Thurn und Taxis. Die
Fürstin Maria lernte den Dichter im Dezember 1909 in Paris kennen, als er für
die Comtesse de Noailles schwärmte, sich aber schon von ihr löste, denn wenn
ich sie öfters sehen würde, so wäre das das Ende meines Ich. Ich würde ihr
Sklave werden und könnte nur noch ihr Leben leben ..." In dieser Krise
traf ihn die Einladung nach Duino -wie eine Erlösung. Er kam am 20. April 1910
im „Schloß am Meer" an. Die Schloßherrin war gerade mit Geheimrat Bode und
Rudolf Kassner auf einem Ausflug ' nach Cividale unterwegs, aber der Dichter
genoß die Einsamkeit, die ihm über alles ging, in vollen Zügen. Er hat den
ganzen strahlenden Frühjahrsnachmittag auf dem Balkon des Schlosses gestanden
und war glücklich über die große Stille. Sein Eckzimmer — zwischen
Schloßkapelle und Speisesaal — hatte Fenster nach drei Seiten. Links sah er in
der Ferne Triest, das Habsburgerschloß Miramare und die istrischen Berge,
rechts . den bizarr sich ins Meer hinausstreckenden „Dante-Felsen" und das
Felsmassiv mit der alten Burgruine.
Die
Fürstin schildert den Dichter als ein Kind, „in dieser weiten Welt ein wenig
verlassen, der Erde und den Sternen viel näher als den Menschen, vor denen er
sich zu fürchten schien". Seine Schweigsamkeit brach er zum ersten Male
auf einem Ausflug nach Capodistria, einem istrischen Hafenstädtchen im
Venezianer-Stil, wo er bei einem Frühstück in einer Trattoria plötzlich lebhaft
mit seiner weichen, ein wenig singenden Stimme von Rußland zu erzählen begann,
von seinen legendenhaften Begegnungen mit urweltlich traurigen Menschen und
Melodien. Von einer tiefen Verzagtheit und Melancholie war Rilke damals
erfüllt. Er sprach oft davon, dass es unmöglich sei, nach dem „Malte Laurids
Brigge", den er gerade vollendet hatte, noch etwas zu schreiben; es sei
alles gesagt. Er wolle das Dichten aufgeben und Arzt werden.
Zwischen den verschiedenen
Aufenthalten in Duino, die nun bis 1913 folgten, lagen mehrmonatige Besuche in
Lautschien (Böhmen), dem anderen Besitz der Thurn und Taxis, Reisen nach
Spanien und Nordafrika, viele Studienfahrten nach Venedig, Fahrten nach Paris,
nach Wien. Die Fürstin erinnert sich im besonderen eines Einkaufs in Weimar, wo
der Dichter bei einem Antiquar ein kleines Büchlein erstand aus dem Jahre 1801,
in einem türkisblauen Einband mit Louis-Seize-Ornamenten. Es sollte später die
Urschrift der „Duineser Elegien" aufnehmen. Der Pol, zu dem Rilke immer
wieder zurückkehrte, war nun Duino geworden. „Duino ist die Wolke meines Wesens,
fort, fort und in der Ent- ', rückung wohnen, nicht wahr, Sie fühlen, wie mir's
not tut?" Besonders der Spätherbst 1911 muß für alle Beteiligten
bezaubernd gewesen sein. Die Fürstin schreibt darüber: „Rilke war besonders
glücklich über Kassners Anwesenheit. Frühmorgens machten sie große
Spaziergänge, • besonders im Tiergarten, den der Dichter sehr. liebte. (Das war
ein dichter Steineichenwald, der. von einer hohen Mauer umgeben war. Er dürfte
- einstmals ein „heiliger Hain" gewesen sein. Eine ! unheimliche Stille,
vor der die Leute im Dorf . sich fürchteten, herrschte dort.) Und da sah ich -
. oft von der Schloßterrasse aus die beiden ganz vertieft in ihr Gespräch
zurückkommen, Kassner mit seinen glänzenden, beherrschenden Augen, mit heftigen
Gesten, laut sprechend, daneben, der zarte Serafico, etwas vorgebeugt, Kassner
zugewandt, ihm ernsthaft zuhörend, zuweilen lächelnd, dann wieder Schrecken in
den Augen, wenn Kassner die ganze Welt in Grund und Boden verdammt hatte. Meist
kam Rilke dann zu mir und erzählte atemlos, halb lachend, halb erschrocken.
Während dieser Zeit kam oft das „Quartetto Triestino" zu uns. Sie blieben
den ganzen Tag, und da wurde. herrlich gespielt. Wie klangen Beethoven und
Mozart auf der großen Terrasse! Wie tönten sie weit übers Meer! Die Terrasse
hatte eine ausgezeichnete Akustik, das Schloß hob sich darüber in mächtiger
Breite und wirkte wie ein guter Resonanzboden. Die Saiteninstrumente gewannen dadurch
eine unglaubliche Stärke und wurden bis weit hinaus gehört. Oft erschienen
Fischerbarken vom Horizont her und näherten sich lauschend unserem Felsen. Die
Terrasse bildete die Plattform , eines der Befestigungstürme gegen das Meer —
ein viereckiger Platz mit steinerner Brüstung, auf dem eine verwirrende Fülle
von Blumen aller Art wuchs, dazwischen üppig wuchernd dichter, uralter Efeu. In
der Mitte stand ein rosafarbener Marmorbrunnen aus Venedig mit einem großen
Strauch immerblühender Monatsrosen, den ich zu Ehren D'Annunzios bei einem
seiner Besuche hatte pflanzen lassen. — Herrlich waren die Mondscheinnächte auf
der Terrasse, wenn es ganz still war und nur die Nachtigallen sich hören
ließen."
Rilke lebte damals in
mystischer Vereinigung mit den „großen Liebenden": Mademoiselle de
Lespinasse, der portugiesischen Nonne, Louize Labe, Gaspara Stampa. In Duino
hatte eine Freundin der Fürstin-Mutter, Teresina R., gelebt, deren Beichte
ihrer großen ■unglücklichen Liebe einen überwältigenden Eindruck auf Rilke
machte. Auch erfuhr er von zwei Tanten der Fürstin, Raymondine und Polyxene,
die sehr jung gestorben waren und deren Schicksal ihn gefangennahm.
Als er einmal zur „Riviera"
hinunterstieg — so nennt man den bewaldeten Abhang zwischen Schloß und Meer, wo
Zypressen, Lorbeer, Oliven und Feigen wuchern —, befand er sich plötzlich vor einem
riesigen, sehr alten Ölbaum, den er noch nie-gesehen hatte. Die Fürstin.
erzählt: „Als er sich, auf den knorrigen Wurzeln stehend, an seinen Stamm
lehnte, überkam ihn ein ganz eigenes Gefühl: Ihm war, als stünde er in einem
anderen Leben, in einer längst vergangenen Zeit — alles, was je hier gelebt,
geliebt und gelitten hatte, kam zu ihm, wollte von neuem in ihm aufleben. Da
war keine Zeit mehr, kein Unterschied zwischen dem wiedergekehrten Einst und
dem gestaltlosdüsteren Jetzt. Teresina, Raymondine, Polyxene — umgaben sie den
Dichter, fühlte er ihre Gegenwart und vielleicht noch die Nähe anderer
ruheloser, entschwundener, einst glücklicher und geliebter Gestalten? — Er '
hat sich nie getraut, an diese versteckte Stelle zurückzukehren und den Baum
auch nur zu berühren. ,Ich wußte nicht, ob ich dann zurückkehren würde', sagte
er leise." Man muß solche Gemütszustände des immer dem Tode verbrüderten
Dichters kennen, um die „Elegien" ganz zu verstehen. Wie ein Blitz schlug
die erste Erleuchtung im Januar 1912 in ihn ein: „Wer, wenn ich schrie, hörte
mich denn aus der Engel Ordnungen?" Seine ganze Lebensnot und
Lebensseligkeit macht sich hier eruptiv Luft. Die erste und die zweite Elegie
entstanden, dazu die Versanfänge aller übrigen.
DER RAND ALS
ABGRUND
Literarischen
Enklaven, Prag zum Beispiel, haben wir neue Erfahrungen, große Namen wie Kafka
oder Rilke zu verdanken. Vom Rand kamen auch Canetti und Celan, oder Edmund Jabès; sie verschoben
Sprachfähigkeit ins Unbekannte, hinaus
bis an die Grenzen des Schweigens.
Warum
dieser Stil der Enklaven (und der Emigration) gegen das Zentrum vor allem nach
45 so wichtig wurde, hängt mit den deutschen Brüchen und Höllen zusammen, die
dieser Stil in einem neuen Sprachbewußtsein spiegelt: der Bruch mit dem Pathos und der Feierlichkeit, der Sprachlüge
des Gefühls im historischen Vakuum des Zentrums. Klaus Manns
"Mephisto" wäre dazu zu lesen; Gründgens und Hitler gehören zusammen.
Zu
diesem Aufstand wider das kaputte Höllen-Zentrum gehören freilich auch die
"Enklaven" Wien und das Helvetische (beginnend mit Frisch und Dürrenmatt)
in ihrem reflektierten Sprach- Bewußtsein; wobei nicht zu vergessen ist, dass
Österreich seit Hofmannsthals "Chandos-Brief", Nestroys Wortspielen, seit Fritz Mauthner, Karl Kraus, Wittgensteins "Tractatus" lange schon
Mittelpunkt der Sprachskepsis und Kritik war. Da auch hier, ähnlich wie in den
Minderheitsliteraturen, in einer "geborgten" Hochsprache, deutsch,
gedacht werden mußte, wuchsen Kritik
und Verletzlichkeit, besonders bei jüdischen
Denkern wuchsen sie aus der abgründigen Differenz und Haßliebe, die eine enorme
Sprachintensität und Hellhörigkeit
hervorbrachte; Paul Celans Gedichte sind geschrieben in der Sprache der Mörder
seiner Mutter. Das Intimste, die Kindheitserinnerungen werden bei ihm davon angegriffen, sogar
korrigiert. Dieses aber geschieht auch bei jenen, deren Eltern, wie bei den
Rumäniendeutschen, mit den Mördern mitmarschiert waren, im Einzelfall selbst
Mörder gewesen waren.
Dazu
kommt die verdorbene eigene Provinz- und Familiensprache, die im Gefühligen,
Begriffslosen darniederlag, und in ihrer Wehrlosigkeit mitschuld am Desaster
war, derer man sich aber schon in der eigenen Intimität schämt, und die
ebenfalls die Erinnerung ins Unartikulierte niederdrücken, zum Haß auf diese
Herkunft Anlaß geben.
Schon bei den Pragern Kafka oder Rilke werden Kindheitserinnerungen und
Herkunft verworfen aus dem Wissen von der Misere "verdorbener
Sprachabfälle" (Rilke) einer Niederung geistloser Mündlichkeit:
"Kein Wort im Gedicht, ich meine hier jedes 'und` oder `der', `die,
``das`) ist identisch mit den gleichlautenden Gebrauchs- und Konversations-Worten",
schreibt Rilke am 17. März 1922, einen Monat nach Vollendung der "Duineser
Elegien".[4] In Karl Kraus` oder Wittgensteins Sprachtheorie ist ebenfalls ein
Abgrund zwischen mündlicher Alltagssprache und SCHRIFT wider die Erfahrung
sprachlich-sozialer Deprivation; und aus dieser bewußt gewordenen Sprachnot gelingt der
Sprung über den Abgrund in ein vom
Alltag verdecktes geistiges Niemandsland.[5].
Fremdsprache Deutsch, ein Paradox als "Herzwerk" und Sein; aus
dieser Dissoziation wird ein atemberaubender
Grenzgang ins Nochniegewesene möglich.
Bei den Rumäniendeutschen war dies
ähnlich, ja noch extremer. Freilich geschieht Schreiben jetzt schon post
festum: Im Ausnahmezustand ist das Einfachste
paradox, wie schon dieser Titel; auch nach der Übersiedlung nach
Deutschland nimmt das Absurde nicht ab. Man negiert, wovon man literarisch
lebt, legt den Namen ab, der den ersten großen Erfolg der rumäniendeutschen
Literatur im "Mutterland" gebracht hat; dieses Syndrom spiegelt nur
den heillosen Zwischenzustand im Niemandsland von Vaterland und Muttersprache,
in dem diese Autoren leben und schreiben mußten, und noch leben müssen; abgründige Intensitäten im
Stil, der diesen Bruch spiegelt, Aufsehen erregt hat, und jene Autoren, denen
dieser Spiegel nicht gelang, in der Vergessenheit zurückließ. Freilich geht diese legitime
Ungerechtigkeit oft zu weit, vor allem ältere Autoren wurden von den Erfolgreichen
verdrängt.
Ähnlich
wie Paul Celan, der Auschwitz, Hiroshima und den
Gulag, anders als seine älteren Bukowiner Kollegen, auch stilistisch übersetzte,
und so weltbekannt wurde, gelang dieses
zwei Generationen moderner siebenbürgischer und banater Lyrikern seit
ca. 1965 von Oskar Pastior bis zu den
Jüngsten Und brachte durch Herta Müller den Nobelpreis dieser Randliteratur
des Abgrundes.. Es ist ein feinstilisiertes, weil
posthumes Wortleben unter Druck, das im Destillat überlebt, "einen Verlust
zu orten, der jenseits des geographischen einen geistigen Ort betrifft: die
Verflüchtigung der Realität zur Abstraktion." Und diese Verflüchtigung,
die Todesgefühle mit sich bringt, ist die im Wort aufgehobene Krankheit eines
verlorenen Lebens.[6]
ALS AUCH DER TOD GETÖTET
WURDE
NACH RILKE. WIE / FORT FAHREN
GASTOD:
DER DICHTER BENJAMIN FONDANE- FUNDOIANU
I
DIE NEUNTE ELEGIE
Paraphrase
Für Fondane
WARUM, wenn es angeht, also die Frist
des Daseins
hinzubringen, als Lorbeer, ein wenig
dunkler als alles
andere Grün, mit kleinen Wellen an
jedem
Blattrand (wie eines Windes Lächeln)
-: warum dann
Menschliches müssen - und, Schicksal
vermeidend,
sich sehnen nach Schicksal?
Oh, nicht, weil Glück ist,
dieser voreilige Vorteil eines nahen
Verlusts.
Nicht aus Neugier, oder zur Übung des
Herzens,
das auch im Lorbeer wäre . . .
Aber weil Hiersein viel ist, und weil
uns scheinbar
alles das Hiesige braucht, dieses
Schwindende, das
seltsam uns angeht. Uns, die
Schwindendsten. Ein Mal
jedes, nur ein Mal. Ein Mal und
nichtmehr. Und wir auch
ein Mal. Nie wieder. Aber dieses
ein Mal gewesen zu sein, wenn auch nur
ein Mal:
irdisch gewesen zu sein, scheint nicht
widerrufbar.
QUERSCHLAG
ABENDS.
Ich nehme rumänische und französische Bücher von Benjamin Fondane, E.M. Cioran, George Bacovia aus dem Regal. Und lese bei Fondane folgenden Gedanken:
Gottes Abwesenheit führt über Ersatzhandlungen zum unausweichlichen und
selbstverschuldeten Ende. Es ist jene verborgene Fatalität, die von weither
kommt, jeder einzelne trägt sie als Erbe in sich, ja inzwischen ist jeder
Stein, jede Blume, jedes Tier, die Erde davon infiziert. ("Man muß sich
fragen, von Geschwindigkeit geweckt,/ was rast da übermächtig aus der Energie,/
was sonst im Stillstand dieses Tags versteckt,/ sich schattengroß nun losreißt
aus dem Nie." (Benjamin Fondane.) Unser Jahrhundert geht mit der
Unvorstellbarkeit des Grauens um , wie schon
1916, 1943 oder 1945 Hiroshima,
Koreakrieg, Vietnam, Budapest 1956 oder Bukarest 1989. Dann das Grauen in Jugoslawien.
Der Golfkrieg. Die Erde im Rauch und Blitz von Bomben und Menschenasche.
II
Und so drängen wir uns und wollen es
leisten,
wollens enthalten in unsern einfachen
Händen,
im überfüllteren Blick und im
sprachlosen Herzen.
Wollen es werden. - Wem es geben? Am
liebsten
alles behalten für immer . . . Ach, in
den andern Bezug,
wehe, was nimmt man hinüber? Nicht das
Anschaun, das hier
langsam erlernte, und kein hier
Ereignetes. Keins.
Also die Schmerzen. Also vor allem das
Schwersein,
also der Liebe lange Erfahrung, - also
lauter Unsagbares. Aber später,
unter den Sternen, was solls: die sind
besser unsagbar.
Bringt doch der Wanderer auch vom
Hange des Bergrands
nicht eine Hand voll Erde ins Tal, die
Allen unsagbare, sondern
ein erworbenes Wort, reines, den
gelben und blauen
Enzian. Sind wir vielleicht hier, um
zu sagen: Haus,
Brücke, Brunnen, Tor, Krug, Obstbaum,
Fenster, -
höchstens: Säule, Turm . . . aber zu
sagen, verstehs,
oh zu sagen so, wie selber die Dinge
niemals
innig meinten zu sein. Ist nicht die
heimliche List
dieser verschwiegenen Erde, wenn sie
die Liebenden drängt,
dass sich in ihrem Gefühl jedes und
jedes entzückt?
Schwelle: was ists für zwei
Liebende, dass sie die eigne ältere
Schwelle der Tür
ein wenig verbrauchen, auch sie, nach
den vielen vorher
und vor den Künftigen . . .leicht.
QUERSCHLAG
Epoché. Der Feind ist der
"Fortschritt", der die Toten auf dem Gewissen hat, seine Systeme,
seine Ideologien, ja, seine Sprache gehören dazu. Ein Mitmachen darin ist ein Überlaufen zum
Feind. Auch die Sprache, die Kunst sind längst eine Mitmache: "Das Kunstwerk
trat in die Welt, als der Glaube schwand", schrieb Benjamin Fondane,
jener jüdisch-französisch-rumänischer Poet, der an der Endstation dieser
Zivilisation sein Ende fand. - Der
Augen Zeuge sah, bevor es begann. Und
ich schrieb über ihn, den
letzten, den allerletzten Dichter, im Hof vor der Baracke sei es gewesen
im Oktober, am 12. Oktober 1944. Hochgeschlagen
sein Mantelkragen, da es im Lagerhof
von Auschwitz regnete, als wäre der Mond noch da zu sehn, Schlafdreck,
Traumdreck im Auge, da kamen die Lastwägen,
die Welt, fahl das Morgenlicht: noch gestern, jetzt Regen, er aber, der letzte Dichter aufrecht und fast ungerührt da; ging, stieg
hinauf, Arme streckten sich ihm von oben entgegen, helfend, wozu, auf den
Lastwagen, da oben, fahrend, abfahrend, abgefahren ist, was noch bisher zu sein
schien, er hatte ja vorher schon alles zu Ende geschrieben, dachte es, im
Bewußtsein war alles getan, als ginge er dort im Hof auf der letzten Zeile, der
wußte, dachte, er wisse das Nichtgeschehen, und kann nicht mehr sagen, was ich
nicht weiß und er, was blieb: ist es. Umkreist, er spricht nicht, er hat es
erlebt zum Ende gebracht, zu allem, für jeden, für Nichts. Und hat jedes letzte JETZT, auch unseres, erlebt. Voller Verachtung und Todesverachtung
kam Fondane an ihrem infernalen Grenzort an, wo alles, was diese Geschichte hervorgebracht hatte, ad
absurdum geführt wurde. Auch die Sprache, und gerade sie! Mit seinem Tod
erlebte Fondane ihren Tod. In jenem grauenhaften Augenblick, über den er nicht
mehr Zeugnis ablegen kann, war alles, was er gedacht und geschrieben hatte,
bestätigt worden. Angesichts der Gaskammer gilt kein Glaubens- oder Trostspruch
mehr, geschweige denn Literatur. Es war etwas offenbar geworden, was nicht
seinesgleichen hatte. Fondane hat das, worüber wir nur nachdenken können,
erfahren, und dann ganz konsequent mit dem Leben bezahlt.
III
Hier ist des Sagbaren Zeit, hier seine
Heimat.
Sprich und bekenn. Mehr als je
fallen die Dinge dahin, die
erlebbaren, denn,
was sie verdrängend ersetzt, ist ein
Tun ohne Bild.
Tun unter Krusten, die willig
zerspringen, sobald
innen das Handeln entwächst und sich
anders begrenzt.
Zwischen den Hämmern besteht
unser Herz, wie die Zunge
zwischen den Zähnen, die doch,
dennoch, die preisende bleibt.
Preise dem Engel die Welt, nicht die
unsagbare, ihm
kannst du nicht großtun mit herrlich
Erfühltem; im Weltall,
wo er fühlender fühlt, bist du ein
Neuling. Drum zeig
ihm das Einfache, das von Geschlecht
zu Geschlechtern gestaltet,
als ein Unsriges lebt, neben der Hand
und im Blick.
Sag ihm die Dinge. Er wird staunender
stehn; wie du standest
bei dem Seiler in Rom, oder beim
Töpfer am Nil.
Zeig ihm, wie glücklich ein Ding sein
kann, wie schuldlos und unser,
wie selbst das klagende Leid rein zur
Gestalt sich entschließt,
dient als ein Ding, oder stirbt in ein
Ding -, und jenseits
selig der Geige entgeht. - Und diese,
von Hingang
lebenden Dinge verstehn, dass du sie
rühmst; vergänglich,
traun sie ein Rettendes uns, den
Vergänglichsten, zu.
Wollen, wir sollen sie ganz im
unsichtbaren Herzen verwandeln
in - o unendlich - in uns! Wer wir am
Ende auch seien.
Erde, ist es nicht dies, was du
willst: unsichtbar
in uns erstehn? - Ist es dein Traum
nicht,
einmal unsichtbar zu sein? - Erde!
unsichtbar!
Was, wenn Verwandlung nicht, ist dein
drängender Auftrag?
Erde, du liebe, ich will. Oh glaub, es
bedürfte
nicht deiner Frühlinge mehr, mich dir
zu gewinnen -, einer,
ach, ein einziger ist schon dem Blute
zu viel.
Namenlos bin ich zu dir entschlossen,
von weit her.
Immer warst du im Recht, und dein
heiliger Einfall
ist der vertrauliche Tod.
Siehe, ich lebe. Woraus? Weder
Kindheit noch Zukunft
werden weniger . . . . . Überzähliges
Dasein
entspringt mir im Herzen.
QUERSCHLAG
Da
war doch damals eine gewöhnliche Scheune, zuerst, das ging primitiv zu,
anfangs, weiß gestrichen wie ein Lazarett, darin zuerst, wenige Menschen,
hineingeführt wie Kinder. Später vier große Blöcke. Menschen fließen dahin wie
Wasser, unter blutarmen Bäumchen, angesichts eines verqualmten Waldes, schwere
Lastwagen bringen die Menschen, niemand lehnt sich auf, alle ziehen sich brav
aus, legen ordentlich ihre Kleider auf einen Haufen, merken sich die Nummer,
gehn zur Tür. Kinder spielen, ein
Mädchen nimmt die Stoffpuppe mit. Hier, dieses ist ein Nachbild, ja, eine Seite
Papier, nicht angesengt, keine Asche wie bei Zigarettenpapier, der Wulst Asche,
Lippe grau, dünnstes Papier, manche schrieben darauf ihre Botschaften, anstatt
weißen Rauch...
Es
gab auch einen Block, mit einem Puff. Und einen, wo früher getötet wurde, jetzt
ein Gong, während die Nackten im "Waschraum" sind, fertig für den
Himmel. Sogar ein Dichter ist mit dabei, Fondane ist mit dabei, er wundert sich, dass er nicht
friert, keine Scham empfindet, bei sovielen Frauen, die ihn sehn. Im Waschraum
boxen sie. Richtige Boxkämpfe. Und Konzerte, nebenan. Und wenn sie einen normal
töten, ihn aufhängen, das ist ein Luxus, da spielt die kleine Kapelle auf.
Neben
dem weißen Haus die dünne Hecke. Grün. Die Schrift: darauf "Bad" in
Lettern, ganz gewöhnlich, man kann es lesen, es beruhigt. LESEN, wie sonst:
Bad. Baden ist schön. Wie in Turnhallen. Auch die Kleiderhaken, lange Bänke, wie
in Turnhallen zu Hause. Körperübungen, Körperkultur. Körper. Er sah die
Nackten, weiß schimmerte das Fleisch, glänzte matt, die Härchen, der Flaum an
der eigenen Hand, der Schreibhand, das hatte er immer angesehen, bei einer
Denkpause, Schreibpause, zwischendurch, wenn er aufwachte aus dem Wegsein in
Gedanken, schreibend. Und Pfeifen, und Befehle, Kommandos. Mit einem Lied auf
den Lippen, man marschiert eine Runde. Er war vom Turnen befreit gewesen, immer
ein wenig schwächlich. Er hatte immer nur gelesen. Bücher beruhigten, hoben
alles, hoben auf. Er wußte jetzt genau, wo er war. Ob er daran glauben sollte,
dass er einmal berichten müßte, Zeile für Zeile, alles, was am Ende geschehen
wird, wenn es einmal gewesen sein wird, in der nächsten Minute gewesen, nachher:
er ein Zeuge, dass es nicht vergessen
werden wird, was geschehen und gewesen war ...Auch wenn er es gewollt
haben würde, SEHEND SCHREIBEN ZU EINER BESCHÄFTIGUNG gemacht zu haben, während
es geschah, von dem alle wußten, dass es
einmal kommen mußte, nicht so für alle, schon öffnete sich die Türe, er ging,
es erleben zu müssen, was hier, wenn der Satz weiter geht, unmöglich ist...
AGLIANO MIT FONDANE
Nun nicht nur Diktat/ beim Frühstück waren wir eins im
Schmerz/ ein Tod der reinigte das Gespräch bei Marmelade Kaffe und Butter/ der
Anruf des Vaters als Ersatz/ Du mußt Zeit haben/ die Spuren zu legen/ damit
nichts vergeht/ im Nichts verschwindet.
Halt dich fest/ hier am Vers/ damit
auch du nicht schon tot bist/ vergehst/ ohne es zu merken. Furchtbar der Käs/
dieses Leben.
Nachts immer die Ängste/ dass du ein
Drahtgeflecht bist/ dass du Odradreck bist/ du allein bist schuld du allein
leidest an dir läßt deine Liebe neben dir leiden du bist der Verbrecher der
nicht umgehen kann mit dem Stoff deines Lebens der dir geschenkt wird du allein
bist allein/ und betest/ tröstlich allein neben dir eine warme Hundeschnauze
die Kreatur die dir das verstörte Gesicht ableckt/ Höllengefühle/ die Angst
dass der Engel dich verläßt dass du nichts mehr bist als ein Stück Fleisch dass
nichts mehr funkt du nichts mehr denkst nichts mehr "ein-fällt" du
nicht mehr angeschlossen bist und das was du erreichen willst was du warst was
du anstrebst dir verschlossen sein wird/ und du wirst nur böse. Eifersucht.
Geiz. Und kannst nichts mehr schenken. Und um dich der Reichtum./ Nahmst dir
vor/ wieder sanft zu sein/ kalvidan
salvidan Brahma. Und ich grüße den Gott in dir.
Nur einer vom Kommando hat es im Kopf,
ein Prager, als wäre es ihm bekannt, er sah es täglich, blieb aber freilich ,
mußte vor der Tür bleiben, eine Eisentür, innen voller Kratzer und Blutspuren,
ohne Klinke. Und jetzt sind sie alle im Bad, die Türen werden verschlossen,
dachte er nur im Bild, ganz ohne jeden Satz. Sie fürchteten hier etwas
auszusprechen, was wirklich war, nur Trösten und Tätscheln und die Notlügen
gingen in die Sätze ein, hinein ins Weinen und Wimmern, ein Schrei, wenn das Bewußtsein
von einem plötzlich alles davon durchbrach, schrecklich hell wurde, dann sagten
sie, man solle sich die Kleidernummern merken, um die Kleider wieder zu finden.
Das
kleine Mädchen durfte ein Märchenbuch und seine Puppe mitnehmen ins Bad, eine
Geschichte von Brüderchen und Schwesterchen, seine Oma von Tränen erstickt,
tapfer im Lesen die Stimme überwunden, erstickt lesend.
Einer sah
von oben durch die Luke;
"unser" Apotheker, sein Auge im Glas, die Brille, hatte Baruch
den Brillenschleifer, früher schon, im Auge, keine geschliffene Träne, nein,
ein Splitter im Auge, der da sah, als wäre es, als geschähe es; und nicht schon
einer der Posthumen, der nicht ist, es beschreibt; der Kragenspiegel, da war
jener, wir wissen es, mehr nicht, er wußte nichts, er sah durch die Luke
Nackte, Erde aus Haut, jetzt schon, Gesichter aus dem Gewesenen; der Schrei
bleibt, er bleibt, zu hören ist nichts, ein großer Berg, Leiber; wo ist er, den
ich kannte, er blieb unten, und wußte wie immer, dass es vergeht, die Augen,
und schloß, dass es sein muß, was geschieht, naja, Gott, was es soll, die
Pyramide wuchs, oben die Stärksten, auch im Himmel, er, mit den Frauen und
Kindern, die Kleinsten trugen die Pyramide; Tränen, lehmige kotige Körper,
anfangs noch Worte, die sangen, und es könnten SCHRIFT Zeilen gewesen sein, am Mund, die zogen
hinauf; er staunte zuerst, dass er zitterte, Zittern? - immer gewußt, und jetzt
nichts mehr, anders, ist es, anders, die Kreatur ist anders, als ER, was dort
geschah; aus Filmen, wir hier auf der Zeile, wir lesen, Scham, nein, wie jener
an der Luke, auch wir haben Kragenspiegel, er wäre entsetzt, dass wir da sind,
nicht dort, nachher noch soviel Zeit, vergeht, und weiter; sah durch die Luke
noch immer, wir aber hier, er aber und ER, nicht mehr und doch wir hier, auf
der Zeile, keine geschliffene Träne, nein Splitter, wer setzt die Augen wieder
zusammen, dort lehmig den Arm, darunter ein Bein, der Kopf, die Achsel heraus, eine Brust, der Schrei
bleibt, da stehts, eine Kammer, rissig Beton, grau, Blut an der Mauer, gebaut,
nur Haut, sie bricht, nicht, das Auge, dann ein Summen, Hirn alle Sterne,
erstickt, das steht im Kreis, dreht sich hinein in den Tunnel und steht,
Stille. Das Liegen hinab. Ein Glas oben, das Auge.
Am Morgen gab ich L. die Mandelblüte.
Deckte den Tisch. Mozart ein Bogenstrich der Zeit um uns. Und ich sagte/ deine
Tote die Mutter ist weit/ laß sie
ziehen/ ein Nebelstreif/ du mußt ihr
einen Platz anweisen/ sag es nur: wie als Kind: im Himmel/ und es ist nicht
falsch/ es ist richtig und gut. Sie ist nicht unten in einem Loch/ zwei Meter
tief erstickt unter der Erde/ sie ist hoch oben und leicht und sie fliegt/ such
sie dort, wo du sein wirst.
Die Liebe allein/ sie ist es jetzt/
und läßt dich und mich und sie leben.
Und schrieb gleich die Paraphrase zu
Mandelstam, passend für uns, dachte ans Alter/ und Philemon, ja, das
Widmungsgedicht: unser Leben:
"Die stille Freude:
atmen dürfen leben/ Wem sei der Dank dafür gegeben?/ Ich soll der Gärtner soll
die Blume sein./ Im Kerker Welt bin ich so nie allein./ Das Glas der Ewigkeit -
behaucht:/ mein Atem meine Wärme drauf./ Die Zeichnung auf dem Glas die
Schrift:/ du liest sie nicht erkennst sie nicht./ Die Trübung mag sie bald
vergehn/ es bleibt die zarte Zeichnung stehn."
Was
war, das geschah, jetzt nicht, obwohl im Bild. Nie. Die Zeit. Fließt. Nicht.
Nur abwesend war etwas möglich geworden: zu sehn. Ich bin nicht. Der Augen
Zeuge sah, bevor es begann. Und schrieb über ihn, den letzten, den allerletzten Dichter, im Hof vor
der Baracke sei es gewesen im Oktober, am 12. Oktober 1944. Hochgeschlagen sei
sein Mantelkragen gewesen, da es regnete im Hof, als wäre der Mond noch da zu
sehn, denn da war sie noch verschlafen, Schlafdreck, Traumdreck im Auge, die
Welt, fahl das Morgenlicht: noch gestern, jetzt
Regen, er aber, der letzte Dichter
aufrecht und fast ungerührt da; ging, stieg hinauf, Arme streckten sich
ihm von oben entgegen, helfend, wozu, auf den Lastwagen, da oben, fahrend,
abfahrend, abgefahren ist, was noch bisher zu sein schien, er hatte ja vorher
schon alles zu Ende geschrieben, dachte es, im Bewußtsein alles getan, als
ginge er dort im Hof auf der letzten Zeile, der wußte, dachte, er wisse das
Nichtgeschehen, und kann nicht mehr sagen, was ich nicht weiß und er, was
blieb: ist es. Umkreist, er spricht nicht, er hat es erlebt zum Ende, zu allem,
für jeden, für Nichts. Was ihn traf, ist noch immer, er wüßte, gäbe es das, was
wir ahnen, geprüft durch jenen Augenblick, er vergeht nicht; mehr; also die
Zeit , sie liest auch jetzt, hier, wen, doch nicht dich, die so aufhört zu
sein, das Auge gebrochen, schreibt es: ihres genau so, und summt in uns
außerhalb weiter.
Kreisrund
war ja bisher die Mündung, Mund fast noch, kalt unter dem Mond nur, und das
Sterben noch achtsam. Kreisrund aber winzig die Löcher seither, Siebe,
geweitet, Loch, größer und Größer, auch die Erde so rund, drehte sich langsam
hinein, nur die Kammer eckig, spitz, Risse, sie bleibt, sie steht. Oben die
Luke, Glas, immer noch der Voyeur, wir am Wort, als sähe der Blick, Siebe, das
fällt ja durch, die Luft, das atmet nicht mehr, schöne Luft, wie Reden, und
Rhythmus damit, wer atmet, der lebt ja, und es heißt, dass da einer noch lebt,
liest hier, geht auf die Zeile, der Posthume, geschrieben, geschrien als der
aber schrieb, war die Zeile noch ganz, und nicht mehr, viel später darüber, hat
nichts mehr; der Fall.
Ist es nicht schön/ dass diese Gegend
die Poeten liebt/ dass sie verewigt einfließt hier ins Wort/ bei mir auch sie/
denk ich an Shelley/ der den Ariel hört im Westwind/ so hört er doch auch
Buonarrotis Phantasie im Stein/ die Vezza rauschen/ Figur Sonett und Schmerz im
Marmor weiß versenkt/ und dann herausgehoben./ Und Dante im Exil hoch oben dort
im Schloß/ der schöne Name Malaspina/ sah im Tal Inferno. Das ist nicht alles:
denk an jenen der auf weißem Zelter in Forte runterritt das Ufer/ wo sich
schaumig jene Lippe zeigt und für ihn spricht/ für uns./ Die Pietsche knallte
dort/ wie Mario mit dem Naphta stritt/ und unterlag. Langher/ als wäre Dante
näher/ Montale wars mit seinen Freunden/ in Monterosso schrieb er diesen Vers
über die Punta Mesco/ als Kind in ihm noch erinnert/ mit Proust Suche/ kam er
jedes HJahr nach Cinqueterre/ und schrieb auf/ was er damals erlebte: So einen
Vogel voller Blei der Jäger/ der fiel in ihren garten/ eine Katze ließ nur die
Federn/ ein Zeichne/ der Flug ist unvernichtbar/ Passion und Opfer auch für den
Vogel/ jaja der Vogel im Kopf.
Und traf sich 1909/ da war er
doch dreizehn/ als Mandelstam "Man
gab mir einen Körper" schrieb. Es war noch lange vor den Schauprozessen im
Winter.
Und der kleine Benjamin war gerade elf
Jahre alt.
METAMORPHOSEN.
METAMORFOSI
Für
Hans, bei diesem Abschied
heute
GRENZEN
LOS. NOTTURNO
Der Übergang als wärs
Notturno jedes Leben.
die Welt, verzittert
wie unter Wasser Jetzt ist alles, was
du sahst verschwunden, hier und
dunkelt schon
der Übergang in blasser Schattenfarbe.
Hörst du Musik, du wachtest,
schliefst seit vielen Jahren deinen
Tod,
jetzt ruhst du hinter jeder Form,
und Schatten/ löst der Schein
verliert aus sich den Traum, den jedes
Ding
in sich verschwingt und selber ist
berührt in mir
den Innenraum, der fließt, das
Draußen hat so ausgedient
im Duft der Transzendenz
NEIN, nicht das Hiersein üben,
was
außerhalb geschieht, bist du!
So schüttel ab
den Hirngedanken, das weiße Haar,
streif ab den Lebensschuh,
und nimm die unsichtbaren Flügel.
GOTT ist der Tod.
Die Zukunft ist das Ende.
Verschwiegen ist, was kommt.
Was kommen wird, ein Schlaf.
Dann wird es wirklich
Licht.
Und jene, die im anderen Leben leben
sind nach dem Schlaf des Todes
Geister Glück. Ist ganz gewiß.
ALLE
Schlachtfelder üben
das Lachen. Die Toten
befreien sich aus ihren Leibern.
Und kommen
hier
zu Hause an.
Laß
die, die ich liebe, mir nachsehn,
was
ich hervorgebracht. Pound, Canto CXX
WAS BLEIBT NOCH VON MIR
nichts
als ein Satz/ gut beziffert
hier/
aus-geschrieben von einer Hand
wie
deiner
Sie
ist bald Asche
und
wohltuend verbrannt
Schmerz ohne Erde
ein
Hall/ ohne Laut
der
Mund ohne Lippen
Kein Fall mehr
für
hier/
wie
es gelesen von dir/ und von mir
ohne
Augen.
Nur was ich schreibe ist da
Die Feder hat mir weh getan
und
rollt sich ein
die
Welt ganz ungerührt
geht
immer weiter.
DER
AUGENBLICK HAT MICH WIEDER/ im Ohr trinkt er
die
Sinne aus/ gieriges Insekt aus dem Jenseits/
kommt
es hier an/ einer wie: alles ist eine
unberechenbare
Welle/ von weither/ ich in ihren
Spiralen
gefangen/ ohne Organe/ wie die Laute
hier/
die ihre dichten Menhire holen
kraft
des Vertrauens
Mut
sorgt nie aus/ der Schädel aber/ eine
hohle
Schale gefüllt auf Zeit/ die sinkt
und
abnimmt/ die Last/ Mut zu haben/ hier
begreifen
zu wollen was ist
Feen
sorgen federweiß für die Schönheit hier
Berge
schweben/ und es ist Sonntag
Ja
Frieden. Kinder stehen in mir auf und singen
ernste
Lieder/ fröhlich als wäre es sogar Ostern heut
und
ein Licht blendet aus ihren Augen die noch
Zeit
haben/ als gäbe es wieder die alte Sonne obenauf
Erregt
sehe ich um mich/ ein einziger Atem
zieht
durch den Satz/ der die Augen verlängert (mir zu) wo die alte acedia brennt/
saß und Essig austrank zur Neige/ die Öffnung hinüber ersoffen
in
Gift und Galle/ die Kinder betäubt
und
hinausgeworfen aus mir.
DIE TOTEN DICHTER
NOCH HIER IM VERS
UND IN UNSEREM HYPNOTISCHEN
SYSTEM
Ich
bin nicht ich.
Ich
bin jener,
der
mich begleitet und den ich nicht sehe,
den
ich manchmal besuche
und
den ich dann wieder vergesse;
der gelassen bleibt und still ist während ich
rede,
und
der mir sanft vergibt wenn ich hasse;
der
sich aufmacht und wandert, wenn ich innen bleibe; der wenn ich sterbe am Leben bleibt.
(Juan Ramon Jimenez)
I miei morti che prego perché preghino/
per me...
(Eugenio Montale)
Mein
Freund, wie liest du hier noch mein Gedicht
Ich schreibe jedes Wort mit einer
Wunder Lampe Aladins
der Bildschirm strahlt mir jeden Reim
schon ins Gesicht
die Augen sehen grob die Worte, doch
krank die Zellen,
die vom N vom E vom M vom O vom V:
Wort Los getroffen sind.
Sie zählen nicht die Jahre,
verkürzen sich mit jedem Blick real.
Gefährlich setzen wir das
Leben ein
für unsere Botschaft,/ die wir nicht
wissen,
denn diese Diktatur
ist nichts als Explosion aus einer
Tiefe
und trifft die Silbe,
die es sagen will,
mit dem Geheimnis, dass wir sind
global und tödlich.
Für
Giuseppe Ungaretti, den Toten
Luccheser
Emigranten
auf
dem Campo Santo in Pisa
Der
Tod könnte nun innerhalb mächtig und groß sein
und wir auch im Leben längst die
Seinen
unwissend im Wachen doch andauernd mit ihm
im Gespräch mit ihnen
die näher zu ihm/ lebend hier fort-
gegangen: das Gegenteil
freilich von unserem
"vergangen".
Denn
"Nichts ist stummer als die seltsame Straße
wo das Blatt weder aufkommt noch fällt
oder wintert
wo keinerlei Ding sich abmüht oder
gefällt
wo kein Wechselspiel ist von Schlafen
und Wachen."
Er hat
überschritten die
Grenze ist
neu wie eine stehende Welle
Dort wartet
er schon
der Unsterbliche schläft ja
in jedem.
Auszureißen
jetzt/ den menschlichen Sinn
das menschliche Auge
die Welt
als zu großes Versprechen.
(2/96)
Klein
bleibt auch Baudelaires Grab in Paris
eine Grube wie ein Tor türgroß nur wie ein
neues Kind und kinderleicht mit dem
letzten Atemzug
entkommen wer nur das Loch sieht
von der Seite des Blickes vergißt
jeden Ausgang
den die Opfer doch alle genommen
Einer zitierte
Charles in der Kammer noch
wie ein letztes Gebet auf den Lippen
schon Rauch.
Uns aber bleibt nur verspätet widerstehen:
die Armut sie gräbt sich nach innen
nur sie erreicht noch den Ausgang
im letzten Verzicht fest zu schließen
die gierigen Lippen
Erinnert
den SinnTod von damals
AMERIKA
1
Schlaflose Nacht
an Georg Trakl gedacht
das braune Auge vom Herbst
keine Sinne und nur noch laufend
der gelbe Zitronenmund
über Port-au-Prince
Schwärze und Wahnsinn
abgelegen und wie verkauft
auch die Nacht
Freiheit ist erreicht
und ungebunden an nichts
Leben dem Tode zu wie die Natur
jetzt das braune Auge vom Herbst
Grodek als es sich neigte
schon von Columbus entdeckt
und nach Europa gebracht
Zu tausendfach unter dem Deck
das Menschenfleisch und das Gold
aus dem unsre Freiheit erwuchs
ein Baum der uns langsam erschlägt
Baum des Lebens/ Baum der Erkenntnis
wer weiß, eher ein Blutbaum: Rakete
ein Phallus der sich erhob gegen Juden
Neger Frauen
2
Amerika ist wieder vorn
denk ich am Ufer von Cinqueterre
Schönheit von gestern und in mir
noch viel älteres Gift meines Lebens
Duft der weiten Welt:
Weitwinkelobjektiv
aufgelöst wäre sie wäre
diese Cyberspace-Erdsimulation
der Andern: endlich erkannt
Transmutation
bisher in Mythen und Träumen
neu
ist die Entdeckung Amerikas X-files
Columbus
geplatzt die Eierschale
sprachloser Jetzt
fliegt aus dem Schlafzimmer Erde
auf
Ein neuer Kepler wartet auf
uns
irgendwo in einer Heilanstalt
wartet die nähere Wahrheit
irre wie neu
die ältesten Besucher des Alls sind
Mischphänomene und eine Sonde
zwischen ihnen und uns: zeugt
ein riesiges Auge
Transwesen hinter den Masken aufgelöst
die "Welt"
AKUT
Gedichte und Aphorismen
ERWACHEN
Und
allein ist alles, das Ich wie es stirbt:
Du
verlässt mich in jeder Sekunde
Neu/
und ich bin dann wie ein Gefühl
Und
flüssiger Stein.
Allein
ist allein und mit dir
Wie
ein Sterben
Du
die mein Ich ist
Zu
zweit.
*
Was
plätschert da um mich
Geeignet
glücklich zu sein?
Das
Meer ist so still
Wie
der sonnige Tag
Als
wär nichts geschehn
Oh
das Wasser
Aus
dem wir bestehn
Überflutet
mich
Nur
einmal im Leben
Wenn
das Wasser zu
Wasser
wird Erde zu Erde
Element
und nichts anderes
Mehr
wird.
Darüberhinaus, verschwiegen, bin ich
hier,
wie der Baum sich wundert, dass er
Baum heißt und blüht
unverständlicherweise ganz wortlos,
denn das Losungswort,
das er weiß, kennt den andern
Namen, nämlich sein blühendes
Programm.
Und wir sind seine Waise.
Doch
das Bild nah, dein Kopf gefesselt, auch
da: Glaube Inbegriff
jeder Vernunft, sie redeten mir ein,
den Kopfverband, und sagten:
Genosse, die Überzeugung, nicht Glaube
gilt, Nie der Gewißheit,
wir retten dich, das Ganze in letzten
Sätzen, die gelten. Das christliche
Gleichnis der Liebe, dass ich nicht
lache. Hinab in den Bunker, Kopf:
wehe du weichst von der Linie ab, ein
Feind der in dir sitzt, der unserer ist!
Ach ja, der Punkt, die Linie, fast Delta t, sie aber schlugen
zu!
Lieblos
und leer, daraus schöpfe ich
Mut
Sowieso bald tot, und ein Wundern,
dass ich bin, das klein geschriebene ich, wartend
ausgefüllt meine Zeit mit diesem Satz,
eine Straße die stimmt und endet
gleich hier,
solange ich gehe - am Leben..
Und es scheint doch zu sein, dass Schlafen
ein Kunststück bleibt, die Augen
verklebt auch
von der Blindheit, ist es ein
Geständnis,dass
der verwöhnte Körper hier ablegt: Blei
wie
ein Schuß, die Lider drücken und
schmerzen. Abgelgen
abgehangen und/ im Feder Bett, weißer
Körper,
langer Krückstock, der jetzt in das
Sterben fliegt.
Endlich löst sie, was dir blieb,
Auflösung
und nichts mehr gilt, der Kopf dröhnt,
packt
mich ein, das Denken: der Motor
Verzweiflung.
Wachsein war einmal gut. Wo ist sie,
wo,
die Zeitdienststelle fürs Leben, fürs
Himmeln,
einem, es ist lang her, wars unangenehm,
nicht auf dem Kopf
gehen zu können, den Abgrund, wie
bekannt: als Himmel
gespannt tiefgrau über sich. Als sähe
ich den Armen von oben.
WAS
DIESES dünne Blut nicht
weiß,
überall
hinterlasse
ich
falsche
Hoffnungen,
auch mich
habe
ich betrogen, liegen
gelassen
durch Gefühllosigkeit,
ein
Ort der Welt, wo
niemand
ist/ auch ich nicht -
Bin
ein Rauch,
starker
Geruch in einem
Himmel,
der sich verflüchtigt.
Als
wäre ich schon gestorben, so müd.
Und
es hätte auch zu Hause sein können, sagt er: Doch frei sind wir nur hier oben.
Und dieses Oben gab es auch dort. In der Kindheit sogar besser, noch
bevor mit dir alles geschah.
Wo saßen wir jetzt, wo wars, ein Holztisch
vielleicht, nein, ein besonderer Stoff, da drehten sich die Atome fast sichtbar
in einem Weltmodell, um den Mund, als wäre er mit einem Eisen verbrannt
worden, sprangen die Gedanken, lautlos, wortlos, und alles schien, als wäre es
ein anderes Jahrtausend. Die Schönheit, die wir spüren, das Blenden des
Lichts, Natur innen bewegt. Unten im Hof aber gurgelt Wasser, der Gang
hängt völlig in der Luft und die Treppe ist verschwunden ... Und von dort
unten ist die Internationale zu hören. "Siehst du", sagt Großvater,
der aus dem tierärztlichen Instrumentenschrank ein kunstvoll zusammengelegtes
Hanfsseil holt und daraus eine Strickleiter knüpft, die er in die dunkle Tiefe
hinbläßt, "siehst du, und war es denn vielleicht besser, als die
Roten kamen, die alles umkrempeln wollten Die Internationale und die russische
Hymne erklangen - auf unserem
Marktplatz?!
ES
GIBT STARKES UND SCHWACHES PAPIER nur gedulde ihm
die
wichtigsten Zeichen sind ungeschrieben, jedes wenn es
auftaucht
in der Flut der Tage trägt zum Wahn bei, dem
Tiefschlag,
als gäbe es mehr.
Starkes
Papier und schwache Zeichen. Todesurteile in Havanna,
in
Peking, heimlich in Bukarest. Oh, süße Heimat,
das
waren noch Zeiten des Verlustes des Lebens, der Freiheit
aber
dienlich der Sicherheit.
DER
KLEINE TOD
Einmal gab es noch Ferne und kein
Gestotter:
das bin ich, der arme Satz,
der
war ich bin müd nun. Auch das Dreieck
zur
Zukunft und weiter, ein Loch
der
Metaphysik ist in mir lustlos
dürr
geworden.
Und
schrieb gestern in die "Akzente" mit Bleistift:
Schluß
jetzt, Schluß, es ist genug!
Dabei
wartet doch dieses Rätsel, das nur mit Schleiern mich
täglich
ärgert, schlaf , mein Junge, schlaf, und träum, sagt eine,
die
ich mal liebte, sagt jetzt, sagt nie.
Und
ich war hier im Wort meine Einsamkeit los.
Träum
nur, träum: nur so kommt er zu dir, auch wenn zwischen ihm
und
deinem Ich ein uraltes Schweigen begann.
Weißt
du noch, Snagov, so fad
der
See, und eine gläubige Geliebte,
im
Kahn mit Seerosen: vom Lieben Gott, sagte sie: so weiß wie ein
Brautkleid.
Und der See war dunkler und gekräuselt
wie
Schamhaar. Und kniete, 64, Ilse, ein Fischmund,
SO
KÜSST SIE DAS DAMALS.
Von
der Ferne wußte ich nicht viel und
glaubte
an Marx. Und später an mein Fernweh:
Heute
weiß ich, die Ferne ist in mir
vielleicht
gestorben; noch nicht aber die Lust.
Und
schreiben - warum hetzt du die Sätze,
anstatt
ein bißchen zu leben.
Die
einzige Chance - zu überleben.
Du über uns
außerhalb aller syntax
bist du länger da
als ich
und länger da als wir
du hast die straße nach sesam
genommen:
die öffnung ein spalt zwischen
silbe und dir -
unausdenkbar alle tage
die springflut
alle zehn finger gespreizt
die beine
deine scham denkt über uns nach
*
Da wär Grasgrün
dann der Gegenlöns
vielleicht auch "Marine",
das Seestück und märkisch
die
brabbelnde Erde.
Wer hält die Zeit auf
diese Toten nie/ erst
nach ihnen sind sie
aus dem Stand gefallen: Er -
zählbar geworden.
Die schillernde Wunde -
ein Tor.
Aber gab es so etwas wie eine Rettung
nach altem Maß der Erde, fiktiv wie früher - die Literatur, gegen die ich viel
einzuwenden habe, loszusagen von ihr, wäre an der Zeit über Gebühr, um das, was
sie nur sagen und träumen konnte: wirklich zu leben, es wäre so eine Probe:
nach dem Tode: das eigentliche Leben, weil sie die Oberfläche durchbricht,
schon "dahinterkommt", so eine Grenze fühlbar wird, zwischen dem,
was wir sehen können und dem, was wir erhoffen, ja, im Eindruck sprachlos ahnen, doch in uns liegen
bleibt wie Fotonegative, die erst vom Bewußtsein entwickelt werden müssen,
um uns zu bleiben, sonst gehen sie
verloren; es ist also mit den Sinnen, der Wahrnehmung aufgenommene Nuance, wie
sie in Gedichten mitgeteilt werden kann durch ihre Mittel der sich selbst durchdringenden
Grenzlinien und Differenzen des Vergleiches, so dieses Gefühl der Hitze in
dieser Bucht, der flimmernden Luft, der Agaven:
Cinque terre
Alltagswissen, diesen ganzen flachen Umgang
setzen, so dass wir anstatt Sekunden der wahren Empfindung der Dichte und
Undurchdringlichkeit
zu leben, diese täglich bis zum Tode
versäumen, jeden Moment uns selbst und jenem Zwischenraum, der schon an jenes
Tor in die andere Zone reicht, entfremden, konventionelle
Mißmutes und des Haßes, meilenweit
vom uns umgebenden Reichtum entfernt.
Nur sich einlassen können
in dieses Glitzern, jetzt
das lange, vertane Zeit aber ist
gewonnen.
Das Unglück des Zeitunglesens
Das nützliche Lesen - es
spiegelt diese Welt.
Sich vertiefen können,
ist anders,
und war längst schon gewesen
eine andere Hirnspur.
Und du siehst wieder den Engel
hinter dem Papier deiner Augen.
Andere Verbindungen, andere Wege
und Augenkünste
als die
schlagenden.
Aber der Blick jetzt in das Meer
ganz nahe am Rande der Reling,
gibt gegen die Zeit
Gewissheit.
Er
erlebt den befreiten innern Sinn Kants als kaum ausdrückbaren Bewußtseins-Lebensprozeß,
das von der Einbildungskraft oder dem
reinen Selbstbezug des Ich vorausentworfene "Zugleichsein" , das
insoweit vielleicht ein
"Regressus" ist, als es dieses
Bewußtsein der Einheit tatsächlich ( bis zu Dantes Zeit) einmal gegeben hat,
aber im "zeitlosen" Unbewußten bei allen Lebenden auch heute noch
vorhanden ist.
POIESIS
Ein
toskanisch-transsylvanisches Projekt
RÜCKFAHRT
für
Dich
Schnee
setzt sich an
drüben an Herzwänden noch ein Turm,
dahinter Entfernung.
Du, an der Grenze
wie ein Gepäckstück am Zoll:
wenn die Fahrt nur eine, die Richtung
zum Tod ist. Kein Maß
kennt die Rückfahrt -
denn die Karte, auf die ich alles gesetzt,
die Karte am Rande, wo niemand mehr
ist,
bist du.
1969/1996
Agliano, Lucca, 30. Mai. Eine Stunde
später waren wir "zu Hause" in unserer Fremde; das Grün und Weiß auf
den Feldern, die blaue Luftkugel des Südens über mir, Kirschen blühn, Knospen
platzen, überall dicker Samengeruch in der Luft; Weiße, weißer Fleck, das
Unbetretene, das nicht besetzt werden darf; alles nur ein Zeichen. Sie feiern
auch hier, was zu erwarten war, den
längst schon geschehenen Einbruch: Pfingsten; auch für mich ist es kein Fest
mehr, und doch Sonntag. Auf den Feldern Feuer und Rauchgeruch.Draußen vor dem
Fenster ein Ave Maria und Vogelgezwitscher;
wie einst im Mai. Die zu Ton und Form gewordenen Gefühle zeigen noch einen Weg. Im Auge viel Grün:
italienische Kastanien; und die Zeilen
hier wie die Reihen der Reben.
ICH SEH IM FENSTER diese Landschaft
Berg und Tal das Meer die Bäume
rauschen
vergehen auf der Taste
im schwarzen Hintergrund stürz ich hinein.
Ein Laut aus der Idylle Glocken talwärts
frischer Morgen Autohupen Bellen
aufgedreht der Schirm
Stille hinter dem Tal es fiel mir auf
dass jener den ich denke fehlt
Einsetzender Sturm in den Geräuschen
Abwesenheit und denke ihn in mir gefangen
nichts als ein Echo der Gedanke er
ohne den
das Tal nicht ist im Auge nur der
Schein
zurück geblieben
Was ist sein Grund im Blätterrascheln
den Sonnenflecken dort im Wald als
Kind:
die Morgenschrift
auf einer Blauen Tasse Nußbaum im Sand
mit nackten Füßen stieß ich an
das Taugras
eine
Nuß.
Der Ausschnitt ist in mir im
Wirklichen
vergangen
Hast du hab ich
dich aus dem Grund dem Feld verlassen
dich oder mich so gehen lassen als
Reim gelegt
als letztes Zeichen noch die Strafe
Hochmut
und alles neu zu sehn zu machen
was so ist wie es war
du Herz der Katastrophe rotes Wehr
SAGT EIN CHINESE der
ich nicht Bein genug hab
die Distanz von neuem
zu schaffen
Kruder schreibt ihr was ist
auf Bruder im Geiste schon himmelnd
"Memento Saecuritate" einer
der den Leu hat nicht Niembsch
ein Nein jetzt nachher: Banal Banat
wie du ausharrst geschlagener
Bruder und lebst ganz
verändert
aber noch DA
Und was vor dreißg Jahren schon
einmal Es war so
roher Beginn der Märchen
den Kopf aller kosten
kann.
MEER-UND
TAGEBUCHGEDICHTE:
Viareggio7.9./8.9.
2009
Der Sonnen Aufgang ist hier wie der erste Morgen /der
ohne mich war / wiederholt nun zum unendlichen Mal den Anfang./ Und es wird mir
gesagt, dass ich bewusst diese Strahlen des Anfangs aufnehmen soll / zulassen
das was IST./ Und nur so leben kann. Als
Krücke das Schreiben, um es zu
können.Zwei Fischer wie Monster und Marsmenschen / gehen nach Hause
und reden die Menschensprache. Die Kutter und Boote
kehren heim vom Nachtfang. Mototrengeräusche und das milde Wasser um mich. Ich
sitze am Bug der Frasquita und lass mir sagen / während kleine Fische am
Ankerseil knabbern, ihren weissen Bauch blitzend zeigen, ich dauernd an eine
Kollegin, die grossen Erfolg hat, denken muss / und vor mir der schöne Scherenschnitt
der Alpi Apuane sind in ganzer Pracht Länge und sich hinzieht / auch unser
Pedona Berg / darunter Agliano /
unsichtbar hier / so fern wie mein Leben - / es wird mir also gesagt / in Fünfjahrestakten vergeht / dein Leben /
immer schneller / und jetzt vielleicht noch zwei Mal der Jahrestakt. / Ich zog nämlich die gelbe Wetterjacke an / ein
Geschenk zum Siebzigsten / eben war: / Fünfundiebzig / und bald geht die Sonne
nicht mehr auf / diese Schreibhand ist nichts / als Asche.
8.09.09 auf dem Boot in Palmaria.
9.09. Und dann genießt man auch / den Morgen. Die
Welt, den Wind, den Möwenschrei.
Das Ufer/ Vertrauen, die Erde / auch wenn sie einmal
hart dunkel und tief mit lauter Wurzeln und Würmern / sein wird. / Alles Illusion, was ich sehe?
Das Schöne?/ Oder ist es Gottes Rücklicht, / bevor er sich wieder aus dem Staub
und zu Staub / gemacht hat?
Scham.
Worte sind nicht da / für diesen Wind, diese kleinen
Wellen, gekräuselt/ kommen sie auf das Boot / sanft zu. / Nicht ist es / ein
Nichts / gehn sie
das Wort "Welle" "klein" oder
" sanft" an / außer dass sie durch mich gegangen mein Auge sie sah /
ein Wesen / bald Nichts / doch jetzt noch dieses Bild:/ Portovenere wie ein
Seeräubernest / der Berg über ihm wie ein grosses liegendes Tier /die Boote /eines
blau neben mir / und nah das Land.
Doch sinnlos sind diese Sätze / nur was ich jetzt an
Sehglück empfinde zählt /
9.09. Weiter abgeschrieben Tb.
Verloren abgeschr. 7.07.09
Immer wieder die Entscheidung / von hier weg zuziehen
/ nur noch Zeile! / Alles-Eins leben / Traum-Regression (Delta) / Toleranz wo
alles hoch kommt / Worte sprudeln den Jungbrunnen / alt an.
29.09. Für Natascha:
Kindernachmittag ( nach
Benn)
Kindermittag das Summen / Bach Libellen / und der
Hahn. / Der Hang schräg / seine Blume in
das Licht, mein Mittag. Der mit Heuduft kitzelt / Und keine Zeit vergeht / in
den Gedichen von Albert / in die Kokel getaucht / draussen im Flimmern vom
Mühlnham./ Was noch ist / heisser Stein
/ beim Barfussgehn / als wärs dem Jud schon längst geschehn / und ich in
ihm / nur noch den Tod geortet.
Und höre / dass an jenem Tag / in
Alisch wir den roten / Ikarus mit Roth in einen Kinderhimmel fliegen
liessen. / Lauro de Boris liess zu gleicher Zeit /vom Himmel seine Blätter
regnen auf Rom. / Und suchte mit seiner Maschine den Tod / einfach durch Schrift. Ewige Stadt / so gegen zwölf Uhr
Mittags.
Und Flug um Flug
entthront die Wand / und Grenze ruft / die Zeilen fest geschlossen. /
Regress ist Freitod / stürz in die Erinnerung / das Heu bin ich / Sein Duft ist
meine Nase.
Was aber ist die blöde Kunst / die nicht berührt /
Herr Benn.
La vita non mi è più / Arrestata in fondo alla gola /
Che mia roccia di gridi. / Ungaretti der Luccheser.
Tarahumara von Michaux / von Artaud,. / Und Hin fahren / wie hin richten / “Wir aber wehn /
Agartisch ist die Flut.”
Und Auferstehung hier / morgen ist wieder Ostern : Und
gestern Gesu morto / C. hat das Öl im Wasser gezündet / Badia. Und heute ist
Nebel.
Wir warten im Assozieren / auf eine lebensverändern / Visison. / Thyrhenisches
Meer. Ein frevelhaftes Blau. / Was ist das Horizontale / Gewerbe / und Gewebe
im Onienschlingenwald / Torre die Lago / ungotisch, ja. Latein (+ wie Amerika)
und gar nicht in der Schule. / Festa und KPI im Tanz und Dröhnen / dort am neuen Hafen / doch Ohr-
Pfeifen / weil ich ein Deutcher bin
Und Wasser hebräisch hiesse: MEM, wie würzig.
Meer / Meer noch mehr / und Immer-Meer / Vision am Wasser / waschen / weiß
wie Linnen / Waschblau am Trog / das wars / noch klein
/ und nach gezogen
der Hof / Erinnerung ans Regenfass / nass der
Kindersommen. Als käme er wieder ./ Und immer sei es.
31.0.3. 86.
Dichternebel. In Sassi zu Rudolf Borchhardts Hütte.
Parks und Häuser mit Balkonen, eine lange gewundene
Strasse. Und die zwei Verrückten in einer Bar / Trattoria. Und die Kapelle
Ariosts. Doch heute anstatt Dichter /
Dichtr Nebel. (Titel: Dichternebel) Und du suchst mir die Praxisfrau / die dir
alles abscneidet. Eine sogenannte Blöde
Kuh./ Die dich lächerlichmacht und
reizt bis ufs Blut./ Auch wenn du mehr
weisst, warum wir da sind!
Ariost / der sich verstecken wollte / Im Buch / mit
der Fiktion / idyllischer Sohn / ti me
piace abitar la mia contrada. Questa mi
basta. / War in Ferrara in die
Garfagnana zu Fuß gekommen / vom Hofe der D´Este. Und Kardinal Hyppolyt.
Schrieb den Orlando Furioso zehn
Jahre lang von 1431-41
Und korrigierte daran / ein ganzes Leben lang. Ging in
Hausschuhen fast bis nach Modena / in Gedanken versunken /eben. Und merkte dieses erst auf halbm Weg. / Mit
ihm endet die Remnaissance / er wird Samncheo Pansa. E ist nicht mhr der Edle
Rtter. /Er ist nichts mehr. /Er ist di Indifferenz. / bEr ist die innere
Zerrissenheit / dann die Wirklichkeit / War zu mnichts mehr gut / wie ich /
damals auch. / Nur noch die Zeile galt.
9.4. Tod von Helmuth Hoffmann. (27.28.3.)
Er hat sein Lebenswerk /über Nostradamus bendet/
sollte am 14.2. nach Deutschland fahren, es verlegen. Dann wurde er krank. Das
Lebenswerk / blieb liegen / denn am 28.
März starb er.
Tuschka / seine
Bremer Frundin aber starb schon 1978.
Was ich da erinnern kann / auch den Kriegsblindebn
Freund. In ihrem Garten. Ihre medialen Stimmen / aufgenommen. Viele Kassetten.
Nun sind sie ein halbes Jahrhundert tot.
Seit Schmitts und Nataschas Besuch (März) Immer wieder
das neue Projekt Keine Tausendundeine Nacht. Gespräcsrunde wie im Bocaccio.
Frasquita-Reise mit JP. 3. Juli. Abfahrt
Livorno-Bastia. Dann Bus bis Porto Vecchio. Muffig. Will gar nich da sein. Wut
auf J. Und das Boot gar nicht haben und
bezahlen wollen.
4.Juli. Campoloro, Solenzara. Segelnd.
6./7, (.
Rondinara.
Rein Kommen wieder. Sanftheit des Stranbdes
/rücklüufig die Lagune aus Kufrassspuren / Duft / Ein Kalb das vor Schreck da
durchwatet / und Geister schaun zu / Ein
Jahr ist vergangen / und ir sind
schwächer geworden.
Und komme noicht rein. Kin Funken mehr. So verpufft
die Tagesenergei, verpufft der in mir angesammelte sanfte Morgen. Nicjhts in
mir.
Plötzlich gepackt von Benn-Lektpre. Als habe er diese
Stimmen ganz ordinär lyrisch verarebietet.
Ein Ort / p. Kein durchlöchertes
Auge.articipation mystique / aber zu
nahe mnicht animistisches Gewisper / sonst bst du un bestimmt / verpasst den
Anschluss Iim Reinen Blatt / mer Liebe / und das Smaragd s Wassers nur fad /wie
geist-los. / Und die Hitze brenneder Sand / an derFußsohle / im Sand / suchst
du vergeblich seinen Sinn./ In dir die Ferne Hand könnte beschädigt sein. /
Doch das Boot enthält ihn, jenen / hier gebliebenen niederen Herrebh allein
Ziet umrundet dein Leben / musst sie ihm geben / dann kommst du hinein! /
Saugst aus der Spröde des Unglaubwürduigen ein / das Lachhafte sogar: in
dieser Magina, es tröstet / und Gott
blitzt.
Gelbe Blume am Strand / seh es nicht mehr
DAS VERGEHEN, IST SEIN VERGEHEN, VERGEHEN DES
HERREN
Auch ein Klaglied zu
sein im Mund der Geliebten, ist herrlich,
Denn das Gemeine geht klanglos zum Orkus hinab, kann das Gedicht
Denn das Gemeine geht klanglos zum Orkus hinab, kann das Gedicht
sogar Tun
/was geschieht, nicht nur hier zu überleben / durstig nach dem Einen / bist
du das „Gemeine“ nie, es muss HIERSEIN und klingen / das Netz Indras, König
der Götter endlos in alle Richtungen /Fischer Netz Gottes gar / und in jedem
Knoten ein funkelnder Edelstein / sich gegenseitig spiegelnd, Meer mehr
Meerestropfen Meer unendlich ist ein Ja:
Varuna Wassergott. / Jeder
Teil des Ganzen ist das Ganze, Leibnizmonade,
kosmische Holographie, Inter-Net / durstig und Turstig sags / sich
grenzenlos überlagern / interconnected.
Freunde, fangt es mir /im Kunst Netz /
als Netzkunst ein. / Wenn wir Glück
haben / wird Er dabei sein. Mit Sinn in den Sinnen:
WENN DANN Entfernungen
zusammenbrechen
Summen der Bienen
wie Menschenstimmen
die Worte endlich sich
entkleiden
berührt die Nähe fern
entfernter war es noch nie
Das Maß setzt
nach dem Herzschlag
dein Wächter
du warst es schon immer steh auf
und geh - in der letzten
Entfernung dort wo
geheim dein Herz ist
Und das Gesetz das du kennst
laß hier getrost zurück
so bleibt die Zeile
scharf die du heimlich
gedacht
verwandelt in eine Blume
innen gewachsen
hinaus über den Schein
der das Leben ist
und kehrst getrost noch
heim und zurück.
Wer
allein ist, liest, liest eher, ist konzentriert. "Lesen, was nie geschrieben
wurde". Oder etwas, was mir schon
lange im Kopf herum-geht, mich bedrängt: "Nur die Zukunft hat Entwickler zur Verfügung, die stark genug
sind, um das Bild mit allen Details zum Vorschein kommen zu lassen."
(Walter Benjamin). Herausstellen, was durch Geschichtsschreibung und
Mündlichkeit verdeckt wurde. Wie kurz
vor dem Erwachen. Wie zwischen Leben
und Tod, Heraufkommen von BILDERN. Denn während die Beziehung der Gegenwart
zur Vergangenheit eine rein zeitliche ist, ist die des Gewesenen zum Jetzt
nicht zeitlicher, sondern bildlicher Natur. Gewesen- Verwesen, also den Zerfall
und den Abschied sehen können, das aber wäre die reine Unmöglichkeit... Wir
erfahren sie täglich. Ich lese weiter in mehreren Büchern gleichzeitig, die vor
mir aufgeschlagen liegen: "Das Staunen
darüber, dass die Dinge die wir erleben, im zwanzigsten Jahrhundert
`noch`möglich sind, ist kein philosophisches," heißt es bei Walter
Benjamin:" Es steht nicht am Anfang einer Erkenntnis, es sei denn der,
dass die Vorstellung von Geschichte, aus der er stammt, nicht zu halten
ist."
GESICHTER DER GESICHTER
Zoran Musics Selbstporträt ( in Dachau)
Gesichter der Gesichter
sind ein Fenster aus dem Nichts
die vielen Toten haben sich verwandelt
sie sind hineingehauen hier ins
Fleisch
als wäre es Christus der schon schwarz
in einem Rahmen steht
Was habt ihr mir gesungen Herz
die Totenopfer die nicht sterben
können
sie haben wieder Mut:
sie stehn hier auf in neuem Grau
die Asche leuchtet rot im Licht
die innere Glut sie schlägt
darunter Kohle
das Gesicht- Kontur.
6./23. Januar 95
Die Ferne geholt
und zur Nähe gemacht:
und Music klingt
die Kindheit, verstört,.
und angemacht.
WIR ABER SIND NICHT DIE LETZTEN
Music`
Dachau-Zeichnung in meinem Haus
Wie es da wüchse
das
Gras
wie schön wäre Gras wie gut
und sanft wäre Gras
wüchse es aus seiner Brust
Kein Schrei. Nein es ist
ein Mundvoll Ersticken
verboten von ihnen das Recht
auch nur Atem zu holen
Er atmet noch einmal röchelt
den letzten Rest Welt ein
zum Schrei schon zu schwach
richtet der Schmerz ihn noch auf
hintenüber als fiele er
in den stolzen aufrechten Gang.
Geh nicht fort geh schau ihn dir an
kein Kreuz ist zu sehn doch der Mord
und unsichtbar der Mensch diese Bestie
Wir leben im Irrsinn wir
leben noch, atmen
Wie jeder unserer Schritte und
Sekunden ins Nimmer Meer geht, so ist auch sie aufgebrochen in eine
Ungewissheit, die alles offen läßt, die Gewissheit, müßte mich verlassen, dass
alles so gewesen ist, wie es tatsächlich war, ich lese es und es läßt mich
bestürzt zurück, doch nirgends gibt es einen völlig unbetretener Boden, alles
was ich schreibe ist schon ein beschriebenes Blatt. "Mir bleibt nur noch,
mich rückwärts zu wenden, denn gestern/ war ich noch hier."
ABSENZ
UND NIE
DAS EBENBILDLICHE
NACH AUSCHWITZ AM RAND
Für Edmund Jabès
„Erinnerung an Paul Celan
An jenem Tag. Dem letzten. Paul Celan bei mir. Sitzend an dem
Platz, den nun meine Augen lang festhalten.
Worte, aus der Nähe gewechselt. Seine Stimme? Sanft, die meiste Zeit. Und gleichwohl ist es, heute, nicht sie, die ich vernehme, sondern das Schweigen. Nicht ihn sehe ich, sondern die Leere, dies vielleicht deshalb, weil wir beide an jenem Tag, ohne es zu wissen, grausam in uns selbst zugang waren.
Worte, aus der Nähe gewechselt. Seine Stimme? Sanft, die meiste Zeit. Und gleichwohl ist es, heute, nicht sie, die ich vernehme, sondern das Schweigen. Nicht ihn sehe ich, sondern die Leere, dies vielleicht deshalb, weil wir beide an jenem Tag, ohne es zu wissen, grausam in uns selbst zugang waren.
Quelle: Edmond Jabès, Dans la double
dépendance du dit (Le Livre des marges, II), Editions Fata Morgana, Montpellier
1984.
« Alle Dichter sind Juden » ( Marina Zwetajewa)
Jabès Prinzip der
Ähnlichkeit, der Wahlverwandtschaft, des
Ebenbildlichseins, es Ist das nicht gestört. Zerstört worden durch die Todesfabrik des
Gleichmachens, der Nummern, des Ab-Falls? Es ist sein Ausgangspunkt der
„Absenz“ und Leere. War nicht jetzt erst Körper und Zeit in ihrer Zerstörungskraft
tief beunruhigend in die Geschichte getreten!
Wurde Kant mitvergast?
Bei ihm war noch fast alles zeremoniell geregelt. Denn schon bei ihm diese
tiefe Angst vor der ZEIT.Die Zeit als Phänomen hatte für Kant etwas Beunruhigendes,
Gespenstisches, da er seinen Geist von einem anderen Reich her, aber als Gefangener,
bestimmt sah. Er sah sich fremd hinter
einer Wand der Sinne steht, und der Art, wie er und alle Menschen
gezwungenermaßen sehen müssen, ausgesetzt.
Er war einerseits ein Kind seiner Zeit,
so dass er an die "Kontinuität", also auch an den Zwang der Uhrzeit
glaubte, andererseits aber gab es für ihn viel Wichtigeres, so: "die
Bestimmung seines Daseins nur in der Form des inneren Sinnes": "Das
Bewusstsein seiner selbst und die Identität der Person beruht auf dem innern
Sinn. Der innere Sinn aber bleibt doch auch noch ohne den Körper, weil der
Körper kein Princip des Lebens ist, also auch die Persönlichkeit." Fremd,
weil der Mensch nach Kant eine Art Ebenbild
des "höchsten Gutes", des "Einen" sei. Dieser
"innere Sinn" aber gehe über die Alltagswelt der Sinne weit hinaus,
da schon wegen des Voranrückens von Zeit in den Außeneindrücken eine Erfahrung
überhaupt nur möglich sei, wenn
"Zusammenhang" oder "Einheit" unseres Bewusstseins
als "Gewusste" und zugleich Wissende, also Verstehen da ist.[7] "Einheit der Apperzeption (oder des
Bewusstseins)." "Einheit der Synthesis in der Mannigfaltigkeit"
nannte Kant diesen Kernpunkt seiner Philosophie. Wir sind sozusagen "Gewusste"
und zugleich Wissende. Diese "Selbstunterscheidung" ist nach Kant
aber "schlechterdings unmöglich zu erklären, obwohl ... ein unbezweifelbares
Faktum ... (sie) zeigt ... ein über alle Sinnenanschauung ... weit erhabenes
Vermögen an ... den Grund der Möglichkeit eines Verstandes."[8] Das
Zauberwort dieses Vermögens heißt "synthetische Urteile" oder die
berühmte "Einheit der Synthesis in
der Mannigfaltigkeit", was am besten die Mathematik, die Zahl leiste, aber auch ein Begriff. Nun ist die Zahl das Substrat oder Subjekt der
nicht wahrnehmbaren Zeit, die zur Unendlichkeit gehört, also zu einer undurchschaubaren
Einheit eben jenes Einen und höchsten Gutes, dessen Spiegel auch der Mensch ist.
Es geht eigentlich nur um die erwähnte Teil-Habe am "Einen", um das
Gottesebenbildliche in uns, das jedoch nicht zum Zuge kommen kann, weil wir
uns selbst fremd sind, genau wie die Dinge uns
fremd bleiben, als in den Körper Gefallene unbekannt bleiben müssen,
solange wir nur getrennte Körper sehen, eine Art Sündenfall, weil wir im
Körper und unseren Sinnen gefangen sind. Carl Friedrich von Weizsäcker hat
das sehr schön am Beispiel der heutigen Theorie der Physik, der Quantentheorie
gedeutet, die von Kants Denken gelernt hat: Die von uns sinnlich wahrgenommene
Vielheit der Dinge - so Carl Friedrich von Weizsäcker - sei "letztlich
nicht wahr." Isolierte Objekte bedeuten nur "mangelnde Kenntnis der
Kohärenz ...der Wirklichkeit. Wenn es
überhaupt eine letzte Wirklichkeit gibt, so ist sie Einheit. Vom Standpunkt
dieser Einheit aus gesehen ... sind die Objekte nur Objekte für endliche
Subjekte (d.h. für Subjekte, denen gewisses mögliches Wissen fehlt)... (d.h.
sie sind individuelle Seelen unter den Bedingungen der Körperlichkeit)."[9]
Die
Weisse Gegend also, und die Heimkehr ist stets ein Weisses Blatt. Absenz:
Jabès: „Das Werk ist niemals vollendet. Es belässt uns in dem Unvollendeten,
worin wir sterben. Dieser weiße Anteil ist es, den wir nicht belehnen, sondern
anzunehmen haben. Wo wir heimisch werden müssen. Anzuerkennen: die Leere, das
Nichts, die Weiße. Was wir auch schaffen, es liegt hinter uns. Heute bin ich -
erneut - in dieser Weiße, ohne Worte, ohne Wörter, ohne Gesten. Was noch zu vollenden
bleibt, ist stets nur das, was sich gern vollendet gibt: die Wüste, in die
unsre Ohnmacht uns zurückweichen läßt. Sich einreden, dass das Ende - der
gesuchte Schluß unmöglich ist. Trost für die meisten unter uns, gewiß. Not
jener Irrgänger, die vom Unbekannten behext sind.
Grenzen, überschritten in ihren Grenzen: unsere Alltäglichkeit.
Die äußersten Enden werden uns stets verborgen bleiben.”
[Edmond Jabès, Das kleine unverdächtige Buch der
Subversion]
Edmund
Jabès
Nahe Ferne
“Ein Wort, mit all seinem Grün, geht in sich,
verpflanzt sich, folg ihm.”
Paul Celan (Schneepart)
Paul Celan (Schneepart)
Und wenn die Entfernung ihre Stufen hätte; die Nähe ihre Grenzen?
Es gibt in Sachen Literatur zwei Arten von Entdeckungen zu machen: das fertige Werk in seiner ganzen Unfertigkeit - vorgetrieben, kraft seiner Unfertigkeit, bis in sein unausweichliches Extrem, sowie das Werk, das seine immer wieder aufgeschobne Fertigstellung nur halbwegs erreicht hat: beide haben sie mein Interesse; das eine wegen des von ihm zurückgelegten Wegs, das andre wegen des von ihm zurückzulegenden Wegs.
So manche Zitate von Autoren, mit denen ich Umgang hatte, so manche von Tag zu Tag verfasste Notizen ruhen in meinen Schachteln.
Es gibt die paar wenigen Schriftsteller, Denker, Träumer, Dichter, die mir die Augen geöffnet haben, und es gibt, im Nachgang zu ihnen, jene, die es mir ermöglichten, die Augen offenzuhalten. Es gibt solche, die ich unentwegt begierig lese, und andre, die ich nur bei Gelegenheit vornehme. Junge Wortkünstler, denen ich mich angenähert habe in den letzten Jahren, oder ältere Autoren, von denen ich allmählich abgerückt bin.
Das geteilte Wort ist immer neu.
“Unser Blut als Belag für diesen Spiegel: schreiben.”
Jacques Dupin (Dehors)
“Linien und Linien, weiss, die Weite nahm die Augen ein.”
Emmanuel Hocquard (Album d’images de la villa Harris)
“Die Stimme hinter dieser Maske müsste man nachahmen... Und das Gesicht eines andern müsste man bändigen.”
Gérard Macé (Leçon de chinois)
“So ist nun der Augenblick für mein Selbstbildnis gekommen.”
Jacques Roubaud
“Es gibt nichts Geschriebnes
das die Zeit nicht verunklärt.”
Jean Laude (Le dict de Cassandre)
Blick des Buchs: Blick unsrer geschlossnen Augen.
TODTNAUBERG
Für
Paul Celan
Aus ihm lesen Augen
Wimpern im Wasser unter der Haut
die Zeile lang wie das Samentelegramm
in
uns und entzogen die Vor-Schrift
gelesen vom Baum der wie ein Schatten
entstand.
Wortlos gehaucht
mein Haus.
Aber es verbindet sich ja nun die Zeit
in einem einzigen Punkt, alles fliesst zusammen, und manchmal glaub ich,
verrückt zu werden. Begann jetzt nicht das Schönste, ich mit der Karte auf den
Knien, die Linke in deiner Rechten, ab nach Todtnauberg. Und leitet dich über
Breisach, Freiburg, Kirchenzarten. Und diese Landschaft des Südschwarzwaldes um
uns, eine Himmelslandschaft mit Almen, Tannenwäldern. Nebel. Regen, nur manchmal
kam die Sonne durch und beleuchtete fast geisterhaft-ausserweltlich die Höhen.
Und ich erzählte dir die Geschichte von Celan und Heidegger und ihrem gescheiterten
Treffen in Todnauberg.
Mit einem Geschenk, einer Art
Saunabürste verließen wir das gastliche Haus „Enzian“. Für immer? Stiegen ins
Auto und fuhren zur Heideggerhütte. Du hattest dich erkundigt, bis nach O.
braucht man nur eine Stunde und zehn Minuten. Es war neun, halb elf mussten wir
abfahren. Also anderthalb Stunden Heidegger. Auf dem großen Parkplatz stellten
wir das Auto ab, gingen zu Fuß weiter auf dem beschilderten Heideggerweg. Eine
herrliche Aussicht über Wolken und Berge hin bis zu den Vogesen. Der Pfad war
unser Liebespfad, Hand in Hand immer, und der Abschied drängte uns zusammen,
als könnten wir ineinander eintauchen, immer wieder blieben wir stehen, um uns
zu streicheln und zu küssen.
Und dann juckte uns der Hafer als wir
an einer Bank und einem Hinweisschild mit Heideggerbild und ein Bild seiner
Elfriede vorbeikamen. Ich hinterließ mit deinem Lippenstift die denkwürdige Inschrift auf dem Heideggerhinweisschild:
„Du schreibst – wir leben das Sein!“
Und lachten, lachten, lachten. Mokierten
uns über ihn, der da stand mit komischem Hut, auf den Wanderstab gestützt,
visionär weit in die Ferne blickend! Und treu seine Gattin mit ähnlichem Blick
daneben.
Und dazu sein Gedicht über das Land
hier:
Wälder lagern
Bäche stürzen
Felsen dauern
Regen rinnt.
Fluren warten
Brunnen
quellen
Winde wohnen
Segen sinnt.
Wir gingen zu weit auf diesem Pfad,
eine Art via dell amore! Suchten überall die Hütte, in jedem
Transformatorenhäuschen, jeder Heuhütte, Almenhüttchen. Ich filmte mit
persiflierendem lachendem und rufendem Kommentar alles. Und wir fanden dann die
umgestürzte Tafel, das Hinweisschild zur echten Heideggerhütte, der legendären.
Ja, da war sie. Mein Gott, ein popeliger armseliger Schuppen, ein
Jägerhüttchen war das mit geschmacklosen
grünen Farben, einem winzigen Vorplatz mit Bäumchen, naja wenigstens der
Schwengelbrunnen mit fließendem Gebirgsquellwasser war urig und echt, an dem
sich auch der Meister mit unnachahmlicher Pose hatte fotografieren lassen. Und
hier also soll der größte Teil seines großen Werkes entstanden sein? Hier
sollte man vor Ehrfurcht niederknien? War auch
der pathetische Celan hier vor Ehrfurcht gestorben, nein, der eben
nicht, und hatte sich nur im Hüttenbuch, wo sich ja große Namen verewigt
hatten, eben auch Nazis, eingetragen,
woraus dann sein Gedicht „Todtnauberg“ entstanden war. Und am Brunnen fielen
mir seine Zeile ein: „Arnika, Augentrost, der/ Trunk aus dem Brunnen mit dem
Sternwürfel drauf.// In der Hütte..“
Celan war 1967 hier gewesen und dieser
Besuch hatte seine Spuren auch in uns hinterlassen… Es hieß ja, dass Celans
Gedicht „Todtnauberg – das Gedicht einer epochalen Begegnung, das Beschwören
einer Hoffnung, ein Bekenntnis, welches einen Welthorizont aufreißt …“ sei, so
der Augenzeuge und Celan-Freund Gerhart Baumann: „Dieses Gedicht, eine
unbedingte Forderung, ein unerhörter Anspruch … Stimme zu einem benennbaren Du…
musste auf ein ´ungesäumt kommendes´ Wort pochen, auf das Geständnis eines
unsühnbaren Irrtums, einer Schuld …“
Und hätte ich jetzt mein Gedicht, den beiden
Kontrahenten, dem Juden und dem ehemaligen Nazirektor gewidmet, vorlesen
sollen? Ich dachte nicht daran, ich hatte es aber mit dabei. Und eigentlich
fehlte jetzt etwas hier, nämlich der Heidegger-Celan-Spaziergang im nahen Hochmoor von Horbach.
Und ich hatte mir vorgestellt, dass
unsere Liebe, unser Liebesflüstern hier wie ein Blitz alles reinigen könnte,
vor allem die Sprache. War ich
größenwahnsinnig oder fühlte ich diese Reinigung so stark, weil unsere Liebe bis in den Himmel reichte?
Und ich hatte das Gedicht DIR gewidmet. Und das ging so:
1
Hol
dich ein in der Hütte mit dem Dichter/ und dem Denker
der
stumm Nichts wissen wollte vom Unheil
Der
Dichter aber
Ein
Jude war so spät
unterwegs
zur Sprache geworden …
Von
der ermordeten Mutter
Und
forderte auf den Deutschen
in
der Hütte: Bekenne was wahr ist!
Braun
das verwelkende Laub des Vergangenen
Herbst/
Herbstzeitlosen fehlende Jahre/ Jahrtausende
Nass
die Sekunde
Und
wo endet die Tiefe des stehenden Wassers
Auf
der anderen Seite der Erde?
Welch
ein Boden und Grund will jetzt noch ein Zuhause
Rund
und nie gespalten in eine Antwort?
„Heimruf
gefangener Sehnsucht
uns:
Wohnen und Wandern“?
So
sagte der Denker schweigend betroffen
Im
Nie gibt es kein Blut.
Langher
und gesammelte Rede des Rektors
Zeit
seit Sein und Zeit
Vom
„kommenden Wort“?
Dachten
wir beide hier auch an ein Nachhausekommen? Ja, wir wussten es, zusammen sind
wir zu Hause.
Und
sagten es uns immer wieder, immer wieder, dass es ein Heimkommen ist!
2
Ja
sie trafen sich spät in der Hütte
Jede
Begegnung ist/ zu Verlass/ DA
Und
welch eine Verschränkung JETZT
Lässigkeit/
Ja
Zuverlässigkeit
und ewig das
Unberechenbare in EINEM
Langher
und heute: Du lebst und ich lebe
Aufgebrochen
Sind
alle Generationen Liebste
in
uns.
Jede
Begegnung bricht auf
Das
Gesicht zur Rede die Worte zu
Den
Augen/ der Dichter mochte den Fernsprecher nicht.
Und
uns die wir bisher nur unsere Stimmen kannten
trifft
der Blitz von jetzt und von immer die Liebe
wenn
wir uns in die Augen schauen.
Oh
Geliebte dieses Runde Verwelkte
Das
Hochmoor von je – Nie
Wären
wir uns so spät begegnet …
Nie.
Wären die Mörder nicht tätig gewesen.
Sollen
wir ihnen danken denn alles
Enthält
ja auch uns: Dank und Grauen
Und
wir nun anstatt des Nie
Auf
der Welt.
Die
beiden wissen wovon sie sprechen
Der
Heimatlose und der Heimatbesessene
Sie
sprachen vom Abgrund.
Ich
aber gehöre zum einen von ihnen
Ich
gehöre zum LOS:
So
fanden wir Liebste: uns
Auch
wir beide
Und
so unerklärlich sind uns die Gründe
wie
jene Zeit uns erschuf.
3
Hütte
das Frohe/ und wie geborgen
gesammelt
Kamine
im Nacken (denk an sie nicht!)
Die
Fremde gelöscht in der Warmen Glut?
(…)
Mein
Herz ist ja wieder zu Hause
im
Reinen -
Du
mein Kind Du mein Weib und Frau Liebe
Für
immer hier/ unter der Haut
In
deinem Auge erwacht
Mein
Gedächtnis
Und
mein Ich ist
hinter
deine Augen gefallen!
Du
mit dem Gesicht im duftenden Moos:
Erde
du meine Mutter
Zwischen
den Beinen feucht das gekräuselte
Gras/
der Duft meiner Geburt
Komm
jetzt zu mir
In
meine offenen Arme
Die
Brust ist die Wiege
Und
was wir sind
Hält
Wort.
Die
Lust des Anfangs
In
uns
So
sind wir reich
Nackt
Gleitend
in dir die
Liebesglut
Wort.
Lippe
auf Lippe
Gesprochen
Gehaucht
und getrunken
In
alle Zungen versenkt
So
rot und so warm
Geküsst
und geliebt.
Doch
immer wieder
„die
halb-
beschrittenen Knüppel-
pfade
im Hochmoor/ Feuchtes
viel“,
worüber wir sprachen.
Als
wären wir plötzlich nicht mehr
Geliebte
und Geliebter nein
Behütet
im Abgrund:
Vater
und Tochter
5
Oh
welch eine Erwartung
Ein
Hoffen Liebste mit dir
Wir
sinken hinab an den Anfang
des/
unfertigen BeisammenSeins:
Mein
DU und ein Wir
Von
uns nun geboren
Sollten
wir endlich vom Warten genesen
Das
all die Zeit in sich hat seit die
Welt
mit dem Kriege verging
Gewartet
dass es einmal geschehe
Und
verschmilzt was gebrochen im Sein
Das
Rätsel des Wachseins?
Hast
du auf mich gewartet
Und
wusstest du dass es
Geschehen
wird - einmal
Und
gar nicht so bald?
Hab
ich auf dich gewartet
Und
wusste es nicht
Dass
es einmal geschieht
dass es geheiltes Leben gibt?
Da
öffnet sich uns
im
Herzen der Himmel
Geliebte
wir haben
das
Ziel des Lebens erreicht
War
ich auch krank und zu Ende gebracht
Du
warfst mir eine Sonne voraus
Die
mir auch den Tod
zum
Liebesbett macht
oh
DU meine Frau
meine
Sonne!
6
Mein
Fest mit dir/ dort weit
Wo
der Dichter mit dem Denker
Stritt/
In der Hütte
Das
weiter Todt-nAu-Berg heißt.
Und
wir Liebste
Tief
durch die Sprache
Ineinander
versessen
Frau
Sprache
von
Ewigkeit her
uns
versprochen
Und
so wohnen wir wund jetzt
Nahe
bei ihnen
Den
Toten!
Unsere
Liebe
Zwischen
den Generationen
So
spät
Als
hätten wir mit dem Denker
Vergessen
Dass
auch die Sprache
Einst winterschwarz tot war.
Und
wir ein Ja du und ich
Wir
mit unserer Liebe im Reinen
Können
wir sie früh am Morgen schön waschen die Sprache
Und
liebend erwecken?
Hier:
kann sie mit uns auferstehn!?
„Haus
des Seins?“
Jedes
Komma jedes Und
Hat
der Mörder gespalten
gespalten
die Zunge
und
im Befehl vernichtet
vor
den Opfern was war!
Blut
klebt an ihrem Hauch
An
jedem Laut.
Dort
auch aus der Stadt woher
Ich kam aus allen Städten
Mit
unseren Lauten
Ist
für immer eine Blutspur
Zu
uns gelegt!
Wer
sind wir heute Geliebte
Generationen
in uns
zwischen
uns/ und der Unterschied
von
Krieg und Frieden/ und DU mein
überfälliges
Leben/ das dich spät
fand/
dazwischen?
Lass
uns die Zeiten vermischen
Wie
unsere Glut die in uns zittert
Lass
uns die Worte oben mischen
Mit
denen die Mörder das Töten befahlen
Lass
uns sie waschen im Liebesgeflüster
Lass
sie uns jung in die Lippen tauchen
In
Küssen so zur Welt
Gebracht/
sie und uns
Liebste
zu einer neuen Geschichte.
Du
sprachst von deinem Weltvertrauen
Sag
wie retten wir meines?
Wie
reiten wir aus ins Hochmoor heute
Auf
Seinem Leichenfeld liegt die Zeit
Wie
reinigen wir wenn wir uns Liebe erklären
Und
unsere Blicke im Auge ertrinken
„die
Schliere im Auge der Sprache“?
Oh,
Liebste, komm begleit mich zu ihnen
Da
ist keine „Stiftung des Bleibenden“ weiter
Dort
ist der Ort wo wir vergingen
Im
Kindheitsglück der Untergang.
Gebär
mich von neuem
Mach
mich zum Kind!
Das
der Welt vertraut
Lehr
mich die Heimkehr
Zu
dir!
Oh
du meine Frau meine Tochter
Du
Weib und Kind Geliebte
Nimm
mir den Tod aus den Knochen
Und
schenk mir den Anfang der Welt.
Die
schuldigen Toten
Siehst
du sie im Haus der Sprache
Schreien/
und ein jeder bringt seine Opfer mit
Sie
haben sich aus gesprochen
Im
Himmel
Doch
weiß keiner mehr wo die Erde ist!
Wir
stehen in der Hütte von Todtnauberg heute
Ohne
sie und ohne Begleiter
Wir
stehen und stehen nun wortlos/ du heiter
So
unbeschwert leben und weiter weiter
Die
Liebe wartet bis auch sie vergeht
Ein
Vergehen doch
Die
Himmelsleitern/ bestehen ja weiter
Und
was in Liebe geblieben
Zusammengelegen
Hier
ein WortKind gezeugt
Dieser
Baum unsres Lebens
Und
eingebracht wie in Scheunen die Ernten
Vergeht
nie
Bleibt
im Himmel bestehen …
Umarmten und küssten wir uns hier?
Nein, wir fassten uns nicht einmal an den Händen?! Schlechtschlecht! Die Realität war nicht so
hochfliegend, ja, war sogar recht enttäuschend. Warum küssten wir uns ausgerechnet hier nicht? War die Aura hier, der genius
loci nicht danach? Gabs etwas stark
Zerreissendes hier, einen Widerspruch, der fühlbar wurde? Vielleicht das
ausgesprochen Antiethische in seinem Denken,
das ihn auch daran hinderte, irgend eine Schuld einzusehen? Wars vielleicht tatsächlich so, dass es keine
Verantwortung gab, weil etwas unsere Taten bestimmte, gegen das kein Kraut gewachsen war? Oder war es die Anwesenheit
Paul Celans hier? Wir schufen uns wohl etwas Luft, es gab ein Ventil, das
„Lästern“: Und küssten wir uns so nicht,
weil wir wieder viel zu lästern hatten! Du filmtest mich lachend mit
Heideggerpose am Brunnen. Und ich filmte
das Hüttchen plus die Nähe des Dorfes. Kaum fünf Minuten vom Dorfrand entfernt
lag diese „Welteinsamkeit“ des Denkers. In fünf Minuten konnte man wohl den
Bäcker erreichen. Und auch Hotel
„Enzian“ war zu sehen, wir hätten es zu Fuß in zehn Minuten erreichen können!
Eine Art Leichtigkeit erlaubten wir uns.
Und erst später kamen wieder die schweren Gedanken, die dieses Zweischneidige
hier, auch das Unreine, das Aufgeblasene, das Unnatürliche, das sich im
„Natürlichen“ versteckte, unerträglich intensiv empfand, wohlgemerkt, bei
beiden, die Anmaßung auch bei
Celan, das Hochfahrende, gleichzeitig
mit der Bewunderung, was da alles in diesem Hüttchen in einem Menschenhirn vorgegangen
war!
Doch das Unbehagen des
Hochstilisierten, dieses kindisch-tödliche Ernstsnehmen der eigenen Person, das
Hochgstochene der Heidegger, aber auch der Celan-Sprache, was sie wohl verband,
der unbescheidene Pathos, diese Wortfetische, dieses akademische Zitatologie
auch bei Celan, die wichtiger zu sein scheint als das Leben, die Geschichte,
ja, sich anmasst, Geschichte zu SEIN. Nicht auch den Opfern gegenüber Blasphemie? Und ich erinnerte mich an die Wut von Moses
Rosenkranz, wnen er über Celan sprach.
Das Wort LiteratHURE fiel mir ein. Wo
auch anstatt der wirklichen transzendentalen ekstatischen Ergriffenheit wie
etwa bei den Chassidim, nur wortkonstrukte daraus bleiben.
Spät für Celan
Nichts
ist das Insichkreisen Worte Worte
auch du nur auf dem Trocknen wie ein
zappelnder Fisch
anstatt übers Wasser zu gehen
und im Netz von Ihm gefangen
getragen wieder nur Melodien
und die Halbheit des Ufers: das Sehn
Griffel gegriffen Staubfäden auf der
Haut
vergessen aber der Schmerz die Öffnung
ist da
nah und niemals in Namen getränkt
Verkünstelte Eitelkeit Spiegel
Dunkelspiegel laß ihn kommen den Boten
Boten-Selbst hohe Röte Scham der Wangen
die Tore/ kaum noch Jerusalem
Zelem in jedem verschüttet
komm dass wir warten
Denk an Mea Sherim und die Steine
weil der Rock zu kurz war/ und so
so ist nun auch dein Gedicht
Ich aber warte auf
den verkleideten "Engel" und lese Johanna
anders/ spiel mit der Hure
Literatur verpaß ihr den erquickenden Schweif
des Strahlenden/ denk an Marie
Ja, anstatt Selbstmord begeh
diese Fremde und warte entführt auf sie
Denn läßt sich das Leben nie mehr
um-schreiben
dieser Irtum im hellsten Schein des Getäuschtseins
-
so schreib doch den Rohstoff
Poesie ... um!
Der Dreivokal, dass ich nicht lache,
wie er mich
trietzt und engt vor dem stotternden
Altar
dieser Wand vor Ihm/ eingesperrt in
den Kirchen
ein Lallen von je
das in mir liegt schwer im Magen dies
Verdorbene
Abend Mahl nippst vom Symbol wie vom
faden Papier
einer Losung /vorbei zu gehen am
Wasser des Lebens -
diese Verbrecher an Gott.
Nimm die wirkliche Nuß: deinen Kopf
das wäre die Bilanz deines Lebens
unverloren wie das Verlöschen
alles Erhofften:
Schlag sie auf einen Dreivokal lang
De
los nombres de Cristo
täglich einen doppelten Hauch:
Zu Hause das Herzensgebet
So nimm ihn ernster
als Ernst nur kein Wort mehr!
Erbarme
dich meiner!
Die Erinnerung bliebe ein Blitz.
Mein Gott, diese drei Personen
in mir in dir in uns allen gespalten
immer noch eingetaucht
ins Leben diesen Traum/ wenn wir
wirklich
noch da sind
Der Vater mit dem Sohn
der ritt mich
zuschanden/ nicht mehr im Fieber, mein
Kind
Nein nein, du Herr der Permutationen
sprich Stimme sags mir weck mich auf
vor dem Tod noch: Hier sein!
Dunkelspiegel Leuchtspiegel
plötzlich ein Mensch nein
keiner im Satz nur/ so laß sie doch
endlich
wirklich werden, erscheinen
springen wie ein Junges: Engelkücken
strebend hinauf im Rücken nun gut am Morgen
kein Blitz nur der uns den Schädel
zurechtnäht
Nein auf der Brücke die Hand
mit dem Kopf der Brust dem Körper halb
schon über der Brüstung
das Wasser wird eisig sein die
schäumende Erde
da fällst du nicht hart
die Hand die Stimme und alles
wird so zu einer Gestalt und die Worte
endlich wirklich geworden
(wie hier nicht, nur nach- und so zu getragen,
doch erinnert im Blitz): ist es dies
"Halt! Nicht! Komm zurück! Du
wirst noch gebraucht!" Diese
Stimme!
Das Sieb der Worte nun doch
ein Wehr. Unsichbar über dem Wasser
fließend ist das Ersticken
Blitzworte rettend
Sieh da: Nichts/ stockt.
Wie soll ich Euch nennen Tote wohl
nicht
Engel oder ganze Scharen
Bewohner
anderer himmlischer Frequenzen?
Und doch mit Schrecken zu sehen
dass
wir unvergleichbar sind
Stimmen, Stimmen von je
Du weißt es gebogene Kurve die Welt
hinab
wenn sie kommen
hallt
es:
Opfer von heute von immer von je
Und mähst du das Bild wär es Umkehr
Gras nicht mehr sirrend die letzte
Sekunde
Schaufelts unendlich und kehlig
am Hallweg entlang auch du
bist nun dort
und
weißt es:
Celan
der Niemandslanddichter
Komm mit komm mit in den Tunnel
wenn die Wunde der Welt: was wir sehen
ein Schlitz in einer Pupille
langsam
entschwindet.
Und dann mussten wir los. Ein Drang
überfiel mich aber plötzlich wieder,
ausgerechnet jetzt; wars eine unbewusste starke Erregung? Vielleicht gehörte
das jetzt als die natürlichste
Blasphemie der Welt dazu. Und so
praktisch wie du auch in vitalen und
organischen Dingen bist, sagtest du ganz einfach: „setzt dich doch da unter die
große Tanne, ich geh weiter.“ Und so tat ich’s mit heruntergelassenen Hosen und
Tempotaschentüchern von dir mit Blick auf die wichtigste Philosophenhütte
Deutschlands in diesem Jahrhundert…
Du wartetest auf der Heideggerbank mit
unserer Inschrift, die ja jetzt da bleibt; wir aber mussten dem Abschied
entgegen fahren, stiegen ins Auto, hatten noch genau anderthalb stunden
zusammen-Sein.
Blicke, Blicke, Blicke. Die wir
zurückließen hier. Stumm zuerst. Nur die
Hände vereint, die Herzen, die Worte konnten nichts mehr.
LIEBER CELAN denk so oft
kommt es in frage ich lust am himmel
verschließ und vergib nie: das gift
diese strafen
Schlaf dich jetzt weiter der herr
gibt´s
den liebsten im schlaf so
träum heiter
pausen gefallen entschlüsseln
welten
taktüberschuß verheerend genaue
zeiten
habt geduld mit mir ist theorien
gerecht
die wahrheit oder
verhält sie ihren atem um verrückt
zu sein wahn verfall der zeit: nie
einmal nur hast du gefährlich bunt
gedacht
nie stark genug der logik einsamkeiten
ausgekostet so stell dich tot und
bleibe
hier bei uns kreis nicht zu viel
um mich mit diesen mauerstücken
du wartest schweißdurchnäßt
der gimpel überschäumt die mücke
leicht
Celanparaphrasen
"Mit allen
Gedanken ging ich
hinaus aus der Welt"
Mein Wissen verloren, vergessen:
"alles hob an
als uns das Auge brach"
alles begann.
Die Sonne groß geschwommen
ein Ja kam doch an
stand Seele an Seele hell die
Freudenflüge der Flüsterengel entgegen
gebieterisch vorgeschrieben
neu die Bahn
Ein Hauch geboren im Äther
der neue Schoß war der Tod
und wölkte sich hoch dieser
Silberstreif
die Gestalt von uns her
Der Name
er blieb
zurück
auf der Erde.
Edmund Jabès
“Halte dich an dein Buch.”
Franz Kafka (Tagebuch)
Franz Kafka (Tagebuch)
Der Punkt
“Ich ende. Die leichte Luft meiner
Endlichkeit schwellt bei jedem Atemzug meine Lungen. Meine Beziehung zum
Unendlichen durchläuft jede dieser Etappen, jede dieser Fälligkeiten.
Ich lebe von meiner angebornen Fähigkeit, ohne Unterlass zu
sterben”, sagte er.
Die Hebräer verglichen die Gegenwart mit einem Punkt; sahen in ihm
das Ende der Vergangenheit und den Beginn der Zukunft.
Als den allerkleinsten Kreis - ein neues Zentrum - habe ich, im Buch der Fragen, den Punkt definiert. Punkt zum Vor- und zum Endspiel; doch zu welchem Ende? Zweifellos zu dem, das hinter ihm gelassen wurde von jeglichem Beginn; ein Haufen angekohlter Steine von einem abgebrannten Bau.
Die Schrift kennt nicht die Gegenwart. Das erste Wort bricht mit der Vergangenheit, um jungfräulich der fordernden Zukunft entgegenzutreten.
Mit frischer Tinte getränkt.
Als den allerkleinsten Kreis - ein neues Zentrum - habe ich, im Buch der Fragen, den Punkt definiert. Punkt zum Vor- und zum Endspiel; doch zu welchem Ende? Zweifellos zu dem, das hinter ihm gelassen wurde von jeglichem Beginn; ein Haufen angekohlter Steine von einem abgebrannten Bau.
Die Schrift kennt nicht die Gegenwart. Das erste Wort bricht mit der Vergangenheit, um jungfräulich der fordernden Zukunft entgegenzutreten.
Mit frischer Tinte getränkt.
Jegliches Werden gründet in einem Unbekannten, das, sobald
bekannt, erneut zum uranfänglichen Mysterium wird.
Die Zukunft wäre bloss die Unkenntnis einer noch zu entdeckenden Vergangenheit. Diese Unkenntnis ist das wahre Wissen, das in der Nacht, zwischen den Sternen, seine Königswege bahnt.
Bleibt nur, diese Nacht zu erreichen.
Die Zukunft wäre bloss die Unkenntnis einer noch zu entdeckenden Vergangenheit. Diese Unkenntnis ist das wahre Wissen, das in der Nacht, zwischen den Sternen, seine Königswege bahnt.
Bleibt nur, diese Nacht zu erreichen.
Der Widerspruch, den die Befragung nährt, mündet nicht in das
Nichts, sondern in ein Unsagbares, das wir in Worte zu fassen hätten.
“Es gibt einen Wortsinn, der zu einem andern Sinn hinführt, der wiederum zu einem dritten Sinn führt, der uns einsichtig macht, dass wir noch auf der Schwelle zum Wort sind.
Alle Wortbedeutungen in einem einzigen Sinn zu erschöpfen, das ist die Aufgabe des Schriftstellers”, sagte er.
Im Ganzen ist auch der Zerfall des Ganzen, so wie im Sein auch der schicksalhafte Schwund des Seins ist. Welche Zukunft gibt’s dafür? Ja, was ist es, das letztlich fortdauert?
“Es gibt einen Wortsinn, der zu einem andern Sinn hinführt, der wiederum zu einem dritten Sinn führt, der uns einsichtig macht, dass wir noch auf der Schwelle zum Wort sind.
Alle Wortbedeutungen in einem einzigen Sinn zu erschöpfen, das ist die Aufgabe des Schriftstellers”, sagte er.
Im Ganzen ist auch der Zerfall des Ganzen, so wie im Sein auch der schicksalhafte Schwund des Seins ist. Welche Zukunft gibt’s dafür? Ja, was ist es, das letztlich fortdauert?
(“Die Praxis der Unbeständigkeit
ist gebunden an die Praxis des Fragens: sie wird ausgeübt im Heraustreten aus
sich; im Verzicht auf jegliche referentielle und denotative Endbestimmung, die
dem Imaginären zugehört; in der Demut ihrer eignen, auf sie beschränkten Notwendigkeit;
in der Erfindung eines Tods, Adolfo Fernandez Zoïla)
(Das Wort ist nicht der Beginn, es ist das
Letzte. Es ist der vorherige Endpunkt, der Aufgang zur fatalen Gefahr, die zu
laufen der Mensch bereit sein wird.
Beginn und Ende des Geschriebnen sind nur störende
Wortbesessenheit,
sind des Worts
falsche Mobilität.)
sind des Worts
falsche Mobilität.)
Vielleicht habe ich in meinen Büchern auch nur versucht, das
bedrängende “Ich” loszuwerden zugunsten des beinah anonymen “Wir”.
Schreiben hiesse demnach bloss, allmählich dieser Anonymität sich anzunähern.
Schreiben hiesse demnach bloss, allmählich dieser Anonymität sich anzunähern.
Vielleicht habe ich in meinen Büchern auch nur versucht, das
bedrängende “Ich” loszuwerden zugunsten des beinah anonymen “Wir”.
Schreiben hiesse demnach bloss, allmählich dieser Anonymität sich anzunähern.
Der Andre sein und diesem zu erlauben, er selbst zu sein: dunkle Bahn der Anonymität.
“Immer wird es, um dem Henker Widerstand zu leisten, ein zerknülltes Blatt Papier geben, über dem ein feuchtes Wort, gleich einer späten Träne, vergossen ward.
Ich bin die Durchsichtigkeit dieses Worts”, hatte er geschrieben.
“Pflanz einen Baum in die fruchtbare Erde deines Bluts. Auch die Seele braucht Schatten”, sagte er.
“Die Anziehung, die das Gute auf das Gute ausübt, ist gleich der, die das Böse auf das Böse ausübt: eine endlose Anziehung”, sagte er noch.
“Das Buch”, so hatte er notiert, “öffnet sich nicht von links nach rechts und auch nicht von rechts nach links, sondern von oben nach unten: eine Seite im Himmel, eine Seite im Staub.”
Das Gute ist, in den Augen des Bessern, Enttäuschung des Guten.
“Mein Bett war der platte Stein meines Wegs.
Findest du, das sei gerecht?”
“Dies ist gerecht, denn um des nachts die Ruhe zu geniessen, hat’s dir nie an Stein gefehlt.”
Wunder gibt es nur für die Armen.
“Welche Bleibe soll man dem anbieten, der keinen Frieden gekannt hat?” pflegte er zu sagen.
Ihm wurde geantwortet: “Solang die Nacht der Nacht sich entsinnt und der Tag des Tags, wird es für sie kein Rasten geben.”
Schreiben hiesse demnach bloss, allmählich dieser Anonymität sich anzunähern.
Der Andre sein und diesem zu erlauben, er selbst zu sein: dunkle Bahn der Anonymität.
“Immer wird es, um dem Henker Widerstand zu leisten, ein zerknülltes Blatt Papier geben, über dem ein feuchtes Wort, gleich einer späten Träne, vergossen ward.
Ich bin die Durchsichtigkeit dieses Worts”, hatte er geschrieben.
“Pflanz einen Baum in die fruchtbare Erde deines Bluts. Auch die Seele braucht Schatten”, sagte er.
“Die Anziehung, die das Gute auf das Gute ausübt, ist gleich der, die das Böse auf das Böse ausübt: eine endlose Anziehung”, sagte er noch.
“Das Buch”, so hatte er notiert, “öffnet sich nicht von links nach rechts und auch nicht von rechts nach links, sondern von oben nach unten: eine Seite im Himmel, eine Seite im Staub.”
Das Gute ist, in den Augen des Bessern, Enttäuschung des Guten.
“Mein Bett war der platte Stein meines Wegs.
Findest du, das sei gerecht?”
“Dies ist gerecht, denn um des nachts die Ruhe zu geniessen, hat’s dir nie an Stein gefehlt.”
Wunder gibt es nur für die Armen.
“Welche Bleibe soll man dem anbieten, der keinen Frieden gekannt hat?” pflegte er zu sagen.
Ihm wurde geantwortet: “Solang die Nacht der Nacht sich entsinnt und der Tag des Tags, wird es für sie kein Rasten geben.”
(Übersetzt von Felix Philip Ingold)
WEIHNACHTSKOMPLEX
für Gerhard Möckel
STERNENLIEDER KLANG IKONEN
HIMMELHOCH DA KOMM ICH HER.
SCHNEEDUFT KÄLTE UNTER LAMPEN
WAR EINMAL. ERZÄHLT
NIE MEHR.
HINTER DEM BERG HEULTEN DIE WÖLFE
UND STROHFEUER IN DIE SÄCHSISCHE NACHT
DIE SILBERGLOCKEN TAUCHTEN
UND EINE BANK MIT VOGELSPUREN, JA
LEISE RIESELT DER SCHNEE.
SCHNEEWEISSCHEN
STAND IM MÄRCHENBUCH. FERN
IN EINER POLNISCHEN ORTSCHAFT
STANDEN SIE BARFUSS IM SCHNEE
UND OBEN AN DEN TANNENSPITZEN
SAHEN WIR KLEINE LICHTLEIN BLITZEN.
SOGAR DIE STEINE SCHLAFEN IN UNS
DIE AUGEN UNERWACHT
UND NUR DER UNGEBORNE SPRICHT
DRAUSSEN VOR DER WELT BIN ICH
DIE KINDER IM SCHNEE SIND VERBRANNT
DIE ASCHE ZUM ENGEL GEWORDEN
O DU FRÖHLICHE
UND LEGST IN DIESER STARRE
SCHNEEWITTCHEN HINTER GLAS
dann taut es tropft von allen dächern
o winter ade das
lied taut tropft erwacht darin
und lebt mein müdes herz
wie hiess
es doch: die zeit nicht nur
steht still der tod
im leibe lacht...
NUR DAS WORT
(DIESE HEIMKEHR)
Nur das Wort
blieb im Stern
den du siehst
ist vergangen.
Die Könige
wandern voll Sehnsucht
dem Lichtjahr
der Kindheit entgegen.
Du hast noch immer
die Krippe
unter dem Arm.
Die Stirn
die Bahn am Himmel
ein Warten
als kämen wir noch an.
Wir wissen es immer: wir müssen unser
Leben ändern. Nur wie? Das Zum -innern-Ort-kommen, wo etwas einbricht, das uns
erlöst, liegt nicht in unserer Hand, und schon gar nicht im Kopf. Das
ganze VII. Kapitel ist diesem
Unplanbaren, Undenkbaren gewidmet. Und dem Totengespräch jenseits des
Fassbaren. "Vergessen der Namen,/ ein Dunkel, ein Platz,/ wo sie
waren." (Für Ion Caraion). Das Vertrauen freilich, dass das Unfassbare
jeden Augenblick einbrechen kann, jene Berührung und phantastische Öffnung sich
gerade dann einstellt, wenn wir am wenigsten darauf hoffen, wir völlig
deprimiert, zerstört sind, gehört zum Abwesenheitsglauben, einer Art
anarchischen Mystik des Negativen, wie sie in der Nachfolge Sabbatai Zwis und
Jakob Franks auch in chassidischen Kreisen kultiviert wurde. Dieser mystische
Nihilismus ist heute hochaktuell. Und zwar bis in die Sprach- konsequenzen
hinein. ( "Löschte das Augenlicht, also/ die Landschaften und Städte aus,
trog/ nicht mehr, Nein trank/ die Welt täglich aus./ Es gab keinen andern Weg
mehr/ als Jahre: gingen hinüber,/ wo ein anderes schwereres Warten war/ das
Weinen das Lachen und jeder Erfolg Ja/ die Frauen nur etwas Trauer// Als hätte
ich alles überlebt./ Ein Anfang klopfte/ ganz ohne Tür bei mir an." Zeitpunkt.) Selbsterlösung (die ganze
Zivilisationsgeschichte ist dafür ein Beispiel): - Ungeduld führt in tieferes
Elend, es ist ein Ertrinken in der Zeit; in der Vergötzung des Fassbaren wird
der Sündenfall täglich wiederholt. "Der/ Himmel, nein, er kennt kein
Grab./ Und weiß und schneid ihn ab, damit er/ nicht vergeht. Was bleibt./ Ein
weißes Blatt. Gewebe/ Muster. Der Tod spricht nicht." (Es gibt kein
gestern.) Das "Nichts", wo
alles, was fassbar ist, gar das "Glück" abwesend sein muß, ist
ähnlich dem Todesgefühl, ("Sinne? Woher genommen, mundlos// gesagt, Worte
durch die Trennwand/ gedacht; dort bist du dich los./ Und die alte Wunde tickt
leise." (Blumen, dort nichts). Wo
das EINE ist, sind wir nicht, weil "Es" dort ist, - und doch
verwandelt es uns im Blitz einer Zusammenführung mehr als alles andere.
"Ein Loch im Fundament öffnete den Einblick.../ Noch einsamer als der Herr
ist Niemand." (Das versteinte Buch). "...durchstreicht/ das Nichts/
jeden Blick, der/ festgegraben
war/ im Schein."
Im Poetischen
ist es wie im Leben, die
Untätigkeit, das Lernen der Langsamkeit ist ein höheres Gut: Die vergessne Pause der Sinne wahrzunehmen,
um jenem Einbruch eine Chance zu geben: sich zurücktreten lassen bis hin ins
Gedächtnis eines Grashalms, eines Vogelgesangs, der zerklüfteten Steine oder
des Meeresgrundes, den wir voller Schrecken manchmal sehn, indem wir den Atem
anhalten und fast ersticken beim Tauchen, und beim Sehen des Grundes, der
Ungesehene in Gedanken, der mich freilich einmal verschlingen wird. So läßt das
Ungesehene sich auch in den Wörtern finden, wenn man nicht gewaltsam
eingreift. ("Du/ redest dir ein, dass
du bist. Rede/ du schwerstes Nein." Hieronymus in der Zelle).
aus der
"Zweiten Reihe" des "Gedichtskreises: Aus dem Nachlass des
Grafen C. W." (1921)[1]
[2] Vgl. dazu auch „Kleine Schriften. Erlebnis“, Rainer
Maria Rilke: „Werke“, Band III.2. Pro sa.
S.522-527.
[3] Ebda. Ziele: Ziele und Aufgaben Der Arbeitskreis
stellt ein Forum dar, vor dem medizinpsychologische Fragen zum Erleben und
Verhalten gegenüber Sterben, Tod und Verlust sowie mit Blick auf Suizidalität
erörtert und entsprechende Forschungsergebnisse und berufliche Erfahrungen
ausgetauscht werden können. Zum Beispiel: Gibt es tatsächlich regelhafte
Abläufe des Sterbeprozesses? Wenn ja, wie sehen sie aus? Welche Persönlichkeitsmerkmale
sind hauptsächlich daran beteiligt, dass eine Person viel oder wenig Angst vor
ihrem eigenen Tod empfindet? Worin bestehen im einzelnen die psychischen
Belastungen, denen das medizinische Personal bei der Betreuung Sterbender
ausgesetzt ist? Was sind die Merkmale einer "guten" Betreuung Sterbender?
Welche Merkmale sind gute Prädikatoren für den Verlauf und das
"Ergebnis" des Trauerprozesses? Der Arbeitskreis ist offen sowohl für
Ergebnisse der Grundlagenforschung als auch für anwendungsbezogene Arbeiten;
erwünscht sind Berichte über empirische Untersuchungen (einschließlich
Kasuistiken) ebenso wie konzeptionelle und historische Beiträge. Der
Arbeitskreis trifft sich in der Regel einmal jährlich auf der Tagung bzw. dem
Kongress der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Psychologie zu einer Sitzung
mit Referaten; alternativ dazu kann eine vorbereitete Diskussionsrunde
stattfinden. Beiträge von interessierten Kolleginnen und Kollegen können jederzeit
formlos beim Leiter des Arbeitskreises angemeldet werden. Von dort kann auch
eine Liste der Interessenten und Interessentinnen am Arbeitskreis angefordert
werden. Der Arbeitskreis "Sterben, Tod und Trauer(n)" steht personell
und inhaltlich in enger Beziehung zur Deutschen Gesellschaft für Psychothanatologie
e.V. http://www.ruhen-und-tun.de/tod-aufklaerung.htm
[4] Vgl. Reiner Maria Rilke. Ausgewählte
Gedichte. Vorwort und Auswahl von Dieter Schlesak.. Bukarest 1968.
[5] Vgl. dazu J.P. Stern:, Worte sind Taten,
Bemerkungen zum österreichischen Sprachbewusstsein. In: Merkur. Zeitschrift für Europäisches Denken.
Heft 8. 1989.
[6] Es gibt einige treffende Analysen dazu: Nachruf auf die rumäniendutsche Literatur.
Hrsg. Wilhelm Solms. Marburg 1990. René
Kegelmann: An den Grenzen des Nichts dieser Sprache…Zur Situation der
rumäniendeutschen Literatur der achtziger Jahre in der Bundesrepublik
Deutschland., Bielefeld 1995. Oder
Olivia Spiridon: Untersuchungen zur
rumäniendeutschen Erzählliteratur der Nachkriegszeit, 2002. Oliver
Sill: ´Reisen wegwohin´- Prosa-Literatur rumäniendeutscher Autoren zum Thema
Migration: Richard Wagner, Herta Müller, Dieter Schlesak… Wiesbaden 2002; Alina
Oancea: ´Die Heimkehr ist ein weißes Blatt´. Rumäniendeutsche Gegenwartsliteratur
am Beispiel von Dieter Schlesaks Prosawerk, Udine 2004 (Diss.).
[7] Vgl. dazu die tiefgründige Analyse C.F. von
Weizsäckers, wo er nachweist, dass die heutige Physik ohne Kant nicht zu
verstehen ist, in: Im Garten des Menschen, München 1977, S.181ff.
[8] Kant, Preisschrift über d Fortschritte der Metaphysik,
Akademie-Ausgabe XX, S. 270.
[9] C.F. von Weizsäcker, Im Garten des Menschlichen,
S.185.
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