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Dienstag, 18. Oktober 2011

ALL TAG. Erstaunte Augenblicke. Lyrik-All als Lebensform

Dieter Schlesak


ALL TAG
Erstaunte Augenblicke

Tagebuchgedichte




Lyrik-All als Lebensform





Ein Traum hier aufgezeichnet die
Luftkunst Art. Worte/ in den Wind gehängt
Verse, Sprüche und Gedichte/ auf Leinen gezeichnet
Wort Taten von unten/ zu lesen: fliegende Sprache.

An 4: an 6: an 8 Ecken ist sie auf gespannt
Freude mit Freunden/ geteilt im Flug.

Meißen/ ein Literatur Festival/ schön
Wie weißes Porzellan.

2
Und Meike Baier fragt und leitet
Mich weiter zum Durchpulsen aller Bilder
Zur Baiergasse 49/ ins Gassenhaus/ die junge Mutter
Glücklich als ich den ersten Lichtstrahl sah.

Schrill das Sägegeräusch vom Hof/ gleich
Unter dem Fenster die Kleinbahn.
Ein Morgen erwacht/ der Hahn kräht noch
Nach mir.
28.April 2011





Mein Geburtshaus, das „Baruchhaus“ (18.Jhdt.)
in der Baiergasse 49



Rechts das „Baruchhaus“ (18.Jhdt.)



Und ich überlege, dass das eben erschienene „L´ Uomo senza radici“ (Der Mann ohne Wurzeln. Auf abgeschnittenenen Wur-zeln gehen) ein Mutter Buch ist. Von der Mutter kommen wir her, sie hat uns in die Welt gesetzt. Sie war meine Erzählerin und Weltgeberin. Ihr Tod, der Lebenschock.





IN ALLER HERRGOTTSFRÜH
Traumgedicht

L. sah von Anfang meinen Satz. Und war begeistert. Hoch
Kam darin Vergehen vor
Im Zwischenraum
Der Lebensgesten
Ein Ich wird weggeträumt.

Celan und Pastior nur zwischenheidnisch
Alles geschrieben/ zugleich
Gestrichen. Si et non…
Ein hoch gestrichenes C.
Gesetzt und gelöscht. Wie Leben und Tod.

Der Satz
Die Gefühlstat: Fuge, Refrain?
Wiederholt jede Nacht den Tod.





INTERNETPOESIE UND ABSCHAULYRIK
Besser Orts Poesie zudem , wo ich lebe
Finde ich Camaiore klingend
Mein Tal mit Buonarotti, Shelley, Rilke,
Montale und Carducci

Das Krebslein, das ich eben gegessen
Im Restaurant Dogana… aus seiner Schale geholt
Sieht mich mit winzigen Punktaugen an/ und ich seh
Den langen Hohlgang/ eine Ausstellung:
Gequälte Tiere/ die wir gedankenlos verspisen
Als wär es Nichts.

Was schrieb ich ab/ zum Ort: wie andere
Ihn fühlten?

Montale etwa in Monterosso/ nein glücklich war er/
Nie: Osservare tra frondi il palpitare
lontano di scaglie di mare,
mentre si levano tremoli scricchi
di cicale dai calvi picchi.

E andando nel sole che abbaglia
sentire con triste meraviglia
com'è tutta la vita e il suo travaglio
in questo seguitare una muraglia
che ha in cima cocci aguzzi di bottiglia.
Die armen elenden Kreaturen/ von der Sonne gebrannt.
Oder D´Annunzio/ auf weißem Schimmel in Viareggio
In den Wellen am Strand galoppierend.
Und Shelley ersoffen und dann verbrannt!






D´ Annunzio, der Faschist auch in Fiume.





DANN BRIEF- UND ALLTAGS-GEDICHTE
Und Liebe ist kein Versehen





26.4. 11. Fünf Uhr Früh

Poesie ist wissend
gewusster Sinn, unsichtbar, besser ungeschrieben.
Ist anders als dich
im Satz zu sehen:

Punkt für Punkt geblendete Dauer.

Und ab gesehen vom Tag
Ein schönes Plagiat,
Ist Streichen wichtiger als der Tag.

Ein hoch gestrichenes C.
Reicht Es gestrichen?
Sieh, wie Träume dich richten.

Nur Musik muss sein.
Und Ich zwischen Inter nets Menschheits Geschichte
Und Leben im Apennin.

Abends in den Schluchten des Gran Canyons
Im Film.

Behauen morgens um fünf dann Strukturen.
So schaut dich das Wort
Gefüge an

Wie ein Bildhauer
Von einem Block Marmor
Gerichtet.

Nichts, Nichts
als die Schnecke
Jahrmilliarden im Stein.

Streichend gesehen
auf dem flimmernden Bildschirm
Schwarz auf Weiß im Kommen
Dein Ich gerichtet.

Und heute ein
Anders beginnender Morgen.
Sechs Uhr dreizehn
Auch das schon vergangen vernichtet.
















Wie geht es Dir und die Siebenbürgen-Erinnerungen:/ dort mit Blick auf Braunau/ nur über den Bach. Da hast du den Ort, der uns er-klärt/ warum wir weit im Aus-Land leben… nur über den Bach, so nah können die Orte sein.

Die Toten wollen uns jetzt grüßen
sie haben den Tunnel
durchschwommen

sie haben Kurs auf einen Kreis genommen
aus Licht ein Gesicht
das ihnen
entgegengekommen

Sie kannten sich
und wussten sich schon
da war ein Gedanke
wie Vater und Sohn
es war eine Flamme,
die schlanke

Es war eine Flamme
die hob
sie dann hoch
sie sahn nicht zurück
zurück blieb ein Loch
ein Loch in der Erde.



Aber…

du musst dich wundern/ die Lebenskürze zwingt mich/ auch hier mit Meeresblick/ und ins abgrundtiefe Weiß meiner Schreibtafel/ die auch Boden Los/ keine Grenzen kennt, Schreiben in Sinn zu verwandeln. Nicht nur banale Briefe zu schreiben./ Und das Schreiben an Dich/ hat den Abgrund der Zeit: in sich.

So will ich wie du/ Schreiben mit allem verbinden: jetzt auch in Ge-dichtbriefen/ heute an dich.

Sinnzusammenhänge: wie du sie bietest

Mein Lebensbericht ist magerer/ älter. Unumkehrbarer. Im Garten lau-ter Gras.
Es ist alles DA. Sogar Zürich im Beutel/ Gold aus Büchern: wie SCHÖN.

Drei Länder/ vier Häuser. Und ein schönes/ Segelboot: die Dame Frasquita aus dem Ärmelkanal.
Alles alt. Und mein Leben ist so gar nicht mein GUT.
Die Geliebte in Indien/ und nicht nebenan. Und sehn werde ich sie wohl/
niemals wieder.

Es gibt nichts zu trauern/ weil ich
nichts mehr/ verlieren kann. Vor
lauter Zeitnot/ die Kraft die die Jahre geben: verfloss
im Gottesstrom/ der sie mir gab/ verloren.
Die Zeit drängt
zum einzigen Boden vor dem Tod

Nein nicht die kleine Dea/ die Göttin der Hunde
suchen/ wo die begraben werden kann
und sie täglich Streicheln mit Händen und Sinnen
weil sie schön ist: wie alles im Hier: Azaleen und Magnolien
Zitronen und Orangen/ die Vögel um vier
gekrönt der Wiedehopf/ und der Nachtschmetterling
mitternachts auf dem Papier/ Schusterpupu und Eidechse
auf dem alten Klostertisch/ ein Ja meinem Schreibtisch
für immer. Ach, ich vergaß/ Romeo den Kater/ der mit mir
jeden Morgen um acht meditiert/ und dann beim Schreiben mit hilft
Am besten kann er das Z. Ganze Z-ZEILEN verbunden
mit dem A. / Du ahnst: er schreibt Anfang und Ende.


Nein. Es ist nicht all dies.

Was wäre es sonst
wenn nicht meine eigne Halluzination.
Hier auf der Zeile nochmal verdichtet/ also gerettet
weil ich mich so schön retten kann.
Dem Herrgott des Alphabets sei Dank Der
dies hier zurückließ/ als er verschwand!
Kleines Gnadengeschenk/ für uns Sinnhungrige noch
am Leben./ Mehr noch/ wenn der einfällt/ heute passierte es mir
morgens um vier. Plötzlich wieder die leichte Hand:
wie die wissenden Hebräer/ die in ihrem Alphabet
eine Hand im Kopf als Zeichen erfanden!
Und ich schreibe es Dir auf/ was da heute Nacht HIER ankam:
Traum/ mit Habermas in einem dunklen Gedankenhaus
dass die Gedanken frei sind und fließen müssen

Sein Können unaufhörlich seinem
Anfang zu.
Nichts will er/ sich zumuten/ außer
sich selbst will er gelenkt sein/ zu erzählen
kommt er auf den Hund/ wo der
begraben ist. / Nur wenn du schwimmst
erreichst du/ ein fernes Ufer.

Was aber ist alles begraben/ in uns.
Bevor ich gehe/ soll es ein Schlüssel sein
vom Träumen/ dass wir leben.

Denken an K.
Am 6. und 7., und 10. und 11,12. Juli 2010

Leichte Hand/ Laut Land im Verborgenen. Aber die Phan Ta Sie/ täg-lich zu dir und mit dir. Und jede Nacht auch/ bin ich bei dir/ und auf dem Markt Platz Transsylwahnia/ mit der schlagenden Stundturm Uhr/ zu Hause…/ Ja, weißt du noch/ dort: wollten wir doch durch den Glocken Klang laufen/ aushebeln die Uhr mit KD/ durch die Gassen/ umarmt und heulend. Nein, das war genau vor meinem Geburtshaus: Baiergasse neunundvierzig: das heulende Paar!/ Oh, Wiederfinden zu Hause?/ das Kind in mir erwacht und lacht/ mich Aus/ dein Mutzendorf … Hast du nicht Drei. Ich bin doch pflege leicht. Gibs zu.

So auch dies Leichte Hand Brief Gedicht für dich./ Sogar ohne Adres-se. Und nur in den Äther, ins Blaue gejagt: Du, meine Zwischenschaftlerin n u n/ Mutter-Gelehrte/ Spiel Künstlerin/ mit dei-nen selbst geschaffenen/ vier in der Welt/ erwachenden Augen: Haus Frau der Liebe. Und zwischen allen Kontinenten/ wie ich nun: im Kein Ort Nirgends zu Hause.
Wie gut sich das trifft / Zweimal Null ist unendlich viel/ da fällst du wie im Traum/ in eine Heilige Acht.

So kommt aus der Ferne einer in deine Ferne/ einer, der bietet dir an/ unkündbar
Einen Platz. In seinem stürmisch bewegten Herzen/ das schlägt und schlägt und schlägt den Tod tot/ Nun etwas ruhiger geworden/ doch niemals auch/ als Herztier ganz still/ des Teufels Küche./ Geständnisse und Bekehrungen kamen/ war das in einem Kloster?

Wir ruderten die Moldau hinauf/ den Rhein und vor allem die Mosel
Mit unseren Gesprächen.

Was soll ich von mir noch erzählen./ Dass es hier heiß ist. Dass ich an einem Gedichtband schreibe./ Und einer erscheint, der heißt wie du weißt: Der Tod ist nicht bei Trost./ Und das ist wahr./ Und dass wir mit L. und mit der kleinen Dea/ stammt aus Oahaca/Mexico/ am 18. mit dem Boot/ ins Blaue: nach Elba segeln/ Fest an einer Boje/ für Meertage/ die du doch kennst./ Lang her: Als ich dich anrief/ nachts aus dem Beiboot/ und einmal sogar in voller Fahrt am Bug/ unter einer Plane./ Das war Richtung Capraia vor acht Jahren.
Ach, aber vorher kommt mein Freund Tom hierher in mein Schreib-zimmer/ der übersetzt mit viel Spaß den Roman/ über unsre Heulstadt S. und heißt: Transsylwahnia. Sogar für den großen Garzanti.Milano. Im September geht’s zum Großfest Literatur nach Mantua mit diesem Buch/ und dem Mörder Capesius. Der ja als Buch diesen Anklang fand.

Seine Apotheke „Zur Krone“



Im meine Reisen mit ihm: 2011 Amerika, Brasilia, Jerusalem. Spanien. Argentinien.. Indien ist noch nicht dabei, nehm ich dich mit. Doch warte nur. Dafür die Schweiz, die mich will: Lugano mit meinem kostbarsten Buch, viele Holzschnitte vom Künstler Gabai. Bildgedich-te von mir. Und ein Meister des Buches, der die Opera handgemacht hergestellt hat. Tausend Franken ein Exemplar.
Du siehst: so ists: du mit den Kindern. Ich ganz zum Buch geworden. Viele inzwischen. Die ich wie meine Kinder sehe. Und muss für sie sorgen! Und bevor ich’s vergess: Am 8. November geht’s nach Bucu-resti. Grausliges Forschen: die Securitateakten/ für ein Securitate-Buch./ Wo du freilich/ fragend in Generationsgesprächen/ oft vor-kommst./ Und dann dort/ wo wir heulend durch die Gassen laufen:/ ein Film mit einem wunderbaren Filmteam/ das schon eine Stunde hier in Agliano gedreht hat. Mit Büchern/ der Landschaft hier/ und meinem Gesicht. Ich als Erzähler meines Lebens.

Und hier die Synagoge





Ja, Bach in S-Dur am träumenden Zielort
(Eine Heimatlegende im Abbruch)
(Anfang heraussuchen!)
Augenlos, heißt es sprich: Fülle
schnall dein Ich ab,
auch die Füße und knapp diese Silbe
am Wasser, idyllisch, der Blick
ohne Augen und die Lippen los
aus der Sprache gefallen, dort, fremd
kommen die Leute und sehen dich an,
und sehen durch dich hindurch
wie durch Glas - du bist wie tot
und unter die Geister gegangen.
Fängt jetzt unter dem blühenden Apfelbaum
reif/ es vergeht schon:
zitternd ein neues Jetzt an.
Denn der Punkt - schau in das
schwindelerregende Loch eines ... Ziels
und rivalisiert/ eine ganz kleine Wunde
mit der Sonne.

(18.3.92/ 18.7.95)

1996.DAS IST Bewußtsein
macht doch Feige aus uns allen
Nichts was sonst halten könnte:
nur die Angst
wenn ich hinab in diese Grube sehe
hat dieses Loch zwei Seiten
eine in die Himmelszeit?

Was soll ich mit der Ewigkeit
sie dauert mit mir
nur daß ich werde
doch wär ich nicht
wär sie viel reiner schon
sie hängt an einem Faden

mit einem Groschenmesser
abzuschneiden
hängt alles nur an mir.

Doch schon das Messer
und mein Wille
gehör´n
bevor Bewußtsein zugerechnet wird
nicht mir und wird in tiefster Dunkelheit
nur meinem Auge angetan


MEINE MEERE




Und auch andere Abenteuer/ die muss ich aber mit dem Vers ver sehen/les ich an Bord:/ Fratrasien etwa aus Arras/ 13. Jhdt. Zum 11.11.11 Uhr 11./ Die hätte Ossi/ der das Tod Sein nicht mag/ oder für verrückt hält: gefallen/ dieser Unsinn/ der alles aus ein ander nimmt/ der schöne doch wahre Blödsinn/ Oxymorons: als: scharfsinnig –dumm verschränkt und verschraubt: den Eier Kuchen der Welt/ also kosmisch/ dichtend mit jener Stimme: im Schlaf. Ralph Dutli machts nun bei Ahrendt./ Der mich leider verschmäht.(Vielleicht sollte ich ihm aber meine Tagebuch- und Briefgedichte schicken? Er könnte ja eine Auswahl bringen).
So kenn ich also inzwischen (fast) alle/ sie waren auch in meinem Haus/ wie der vergrimmte Treichel/ der mit schlechten Gedichten ankam/ las/ ich aber „wegschmeißen, wegschmeißen“ rief./ Reich-Ranitzki nahm sie aber auf und so kam der ins An Sehen./ Egget nun großartig über Mascha Kalé-ko in der Zeitung FAZ. Und ich würde es auch gern veräppeln/ ums zu be-denken: was er Liebesernst nahm:
Und schönes Reim-Dich-oder ich fress-dich/ und ich denk an meine Großmutter/ auch wenn Mascha nur so alt ist wie mein Vater: „Als ich zum ersten Male starb/ - ich weiss noch, wie es war./ Ich starb so ganz für mich und still,/ das war zu Hamburg im April,/ und ich war achtzehn Jahr.“ Verliebt also/ Madamachen lieb,/ das ist ja wunderschön./ Du starbst so ganz für dich und still/ und führst uns in´ April./ Warst achtzehn/ Herz am Grill./ Das Reimen ist so schön und blöd/ diktiert uns/ was es will./ Gedanken sind dann/ nicht mehr frei/ verdummen uns im Klang./ Ein bißchen noch ganz ungereimt/ im Zwischenraum geatmet/ Es kann so weitergehn im Slang/ Die Ewigkeit ist lang/ so lang/ und fertig ist ihr Stil/ verkannt,/ banal wird fertig sie/ gereimt, / und alles ist bekannt.


6. August 2010. Die Fülle des Tages, ja/ der Sekunden/ zu groß/ um hier einzugehen. Dazu das Lesen/ dann Mails/ ein großes Tor. Heute Senkows-kis Vortrag über den Zufall. Schon 2002/4, im letzten Heft der Transkom-munikation./ Dort zitierte er mich/ als Motto./ Viele Kommentare. Auch im Hamburger Abendblatt: Pysiker Ernst Senkowski glaubt an ein Überleben des Todes./ Freundschaft mit ihm. „Brüderchen“ nannten wir uns/ über-zeugt, dass wir uns schon aus einem anderen Leben kannten. Als ich ihn zum ersten mal sah/ ein irritierendes Dejà-vu in Mailand./Aber das „Le-ben“/ vor einer Stunde ging E./ Dieses Zimmer/ dieser Schreibtisch. Sie saß auf dem Schreibtisch/ ihre V vor mir/ meine Zunge sprach tifer nd tiefer mit ihr/ und ich schmeckte ihren Lebenssaft./ Sie kniete am Boden dann/ ich auf dem Sessel. Nackt. Und sie sprach mit dem Mund/ zwischen ihren Lippen/ mein Pflanzer./ Das war noch nie/ nur in der Vorstellung. Warum diese enorme Erregung./ Warum diese Abenteuer?/ Es geht ja um die nächste Generation/ in uns. Auch wenn nur Geister Kinder möglich sind. Die Ekstase beleibt. Der Schwere Atem.

7.August 10. Ein Geburtstag ist Erinnerung/ auch der Gegenwart/ verstärkt durch Liebe/ Nachts um zwei aufschrecken/ etwas Mond/ und den Blick auf den klaren Himmel/ über dem Pedone die Kassio-peia/ und am Gabberi hing oder fuhr/ der Große Wagen/ das Meer glänzte nach/ und lichte die Zahl 76. Was bedeutet sie: meine Ge-burtstagszahl/ oder bleibend meine Yogazahl: 1976.

Schlafmittel/ dann Tiefschlaf./ Und um sieben sprang ich aus dem Bett/ der Tag sollte beginnen/ mit Elisa Beth/ um halbacht.

Ja, Waschen, Duschen. Zähneputzen/ zum erstenmal in diesem Neuen Jahr?/ aber ists nicht jeden Tag so: und noch nie gewesen/ auch der Blick in die Bäume und die Reben/ die Anteil nehmen. Ganz gewiss. Im Wort hier jedenfalls. Ob sie es wissen? Oder nicht.

Elisa Beth im Wagen/ unten auf dem Parkplatz mit aufgeblendetem Licht zur Begrüßung. Und ich ging voraus/ parkten: und sie kam/ mit dem Geburtstags Tisch/ zwei Bajariesen/ ein Kerzchen/ und ein runder Kuchen/ wie der Kuss./ meine Glockenblume dazu/ blau läutete sie uns ein.

Mit einem Kuss der Abschied/ und die winkende Hand/ so fuhr sie davon. Wer weiss/ ob je wieder.

Nur im Mich-Verlieren-Können bin ich da/ und Mut dahinter/ wenn sich nichts mehr zeigt/ das was durch mich geht/ im Auge zu Hause/ und hier die Schiffe/ Namen "Va" oder "Morjen" II/ Akroasis und Shelley zu lesen/ die Turm-Uhr Calvis schlägt. / Nichts gilt als jeder Verlust/ der Trübung/ durch mich/ Name/ Adresse/ Beruf. (Glockenläuten)/ als wäre es zu Hause sieben Uhr!) Und ein Warten auf den noch größeren Namen. / Bekanntheitsgrad. / Die verfluchte Seuche/ kein Wiedererkennen ist gut./ Es schließt den Kreis/ der Haut zur Zelle.

*


Ernährst du hier/ zeilenweise "Weltzeit"!/ Sprache opfert dich/ und du machst es nicht/ wieder gut/ da der Baum in deinem Ohr/ das Auge streift/ ihn/ leicht im Menschen: Eins/ Motoren abgestellt/ am anderen Rohr/ der Rahmen dieser Logik/ der sich Formeln antut/ ist zer-brochen.

*
Zur Probe/ dass du wagen kannst/ warfst du den Kunststoffbecher mit Marinezeichen (blau) ins Meer/ ein später Taucher zog in seiner roten Maske/ unter Wasser wie ein großer Fisch vorbei.


25.August 2010.
Und JETZT (immer dieses Jetzt!)/ und nur Schreiben hält mich und Lesen. Wie schnell vergessen auch das Abendessen bei Lorena/ jetzt nur der Blick hinüber/ neben uns das „Wasserschiff“/ ein Militärschiff A5359. Grau. Und heute der 25.August, seit gestern erst hier: die Überseglung hierher. Und gestern ein Glücksabend der Schönheit. Und lese „jetzt“ wieder im Tb 85. Und finde schon dort/ dieses Erstaunen und Zitate aus dem Tagebuch 72/ Süditalienreise da,als und Dezember 85 (4.-7.) auf der Flucht vor dem „Dritten./ Und müsste nur schreiben und schreiben/ aber nicht mit der Hand. Sondern/ in den PC. I-pad? Alles ins Netz stellen? Dass andere gleich mitlesen?/ So viel. Zu viel./ Auch nachts die Träume. Streit mit den Eltern in der BAYERGASSKÜCHE: Hatten 500l Wein Inge geschenkt. Und ich bekam keinen Tropfen. Hatte Durst. Und alles schon 85 als TB-Lyrik. Las ein Gedicht von…/ mein Gott keine Namen mehr/ als Einfall. Nur Kopfleere.
Hartung: Erinnerung an Inger Christensen. Sommervögelsah man die gau-kelten/ über einem heißen Tal/ Sommervögel oder Totenvögel/ Ihr Alphabet ging bis n/ Dann würden die Worte weiterwuchern/ als Zellen oder Zeilen/ ins Weiss das die ewige Fülle ist.



Sonntag, 18. Juli 2010. Viareggio noch immmer / dies Nacht im Hafen. Was lohnt sich zu behalten: diesen Tag/ und jetzt/ wo ich dies schreibe: 18.7. elf Uhr zehn. / Unwichtig, dass ich eben L. vorlas aus diesem Heft/ und auch Platens Kitschgedicht über Palmaria./ Nichts ist zu zitieren da-raus, so platt ist es, sogar die Sehnsucht kindisch. „Ergießungen“, sogar als eine Art Tagebuchlyrik, einer unkritischen und auch unbewussten deut-schen Kulturseele./ Mein Zustand ist Ungenügen. Auch nachts/ mehrfach erwacht. Erschrocken: wie wenig bewusst und gelebt, aus-gelebt den Mo-ment, der nie mehr wiederkehrt! Ungenutzt vergeht. Allein sein Leben wird durch den Verstärker/ Satz ins Ewige, zumindest Poetische gebracht./ Mehrfach gleich auch mit Schnitten und Montagen/ erleichtern das Schuldgefühl/ ja, machen augenblicksweise: glücklich.

Kühler Wind in der Nacht aus Nordost, kühl von den Bergen./ Schließe die Luken./ Morgens mit Dea. Dann Unsägliches, Banales: Die rote Boje von Algen und Muscheln gereinigt. Das Boot gewaschen. Gasflaschen gewechselt, dabei ein Schnitt in das rechte Fingergelenk – Mittelfinger. Fleischwunde. Starke Blutung. Es ist der Schreibfinger. Pflaster. Er wird ja wegen der dauernden Finger- und Schreibbewegung nie heilen. Welch ein Symbol! Hätte ich diese Zusammen-Fügung nicht geschrieben, wäre es eine banale, aber schmerzhafte Wunde geblieben. Und nur ärgerlich.

Seefunk beim Frühstück gehört. Mail „Chiave“ kontrolliert/ immer noch nicht: aktiviert. Ärger. Tutto e sofferto bei dir, sagt L. Dann geht L. mit Dea Fisch kaufen von den eben zurückgekehrten Fischern. Einsamkeitsantrieb des Sommers. Ich suche auf dem Laptop Elisa Beth auf der Schwelle nackt in Berlin, und sie erscheint pikant auf den Display. Nein, sie hat mich ge-sucht. Seltsamer sinnvoller Zufall. Und mit ihr nun in der Kabine der Selbstsex. Er gehört zum Sommerflimmern. Fruchtig. Ein Aufgehn des Sa-mens im Hirn. L. ist genau nach dem Orgasmus wieder da./ Sie ist müde, liest Repubblica neben meinem Schreiben hier. Alte Männer in Segelhosen gehen vorbei. Grüßen./ Ich zeige ihr die Montale-Monografie. Wir fahren ja in seine Gegend: Cinque Terre Monterosso. Auch er hat sich mit Shelley und seinem Seetod beschäftigt. Ich sehe seine Bucht bei Lerici mit der Villa Magnagni und Bayrons Schiff „Don Juan“ vor Anker auf einem Stich in Trewelins Buch. Viele Fotos. Welch ein anderes eben: zwanziger und dreißiger Jahre der Ruhe im Faschismus und mit Hitler – bis….
Entscheide mich, die Komposition dieses Buches von TBlyrik lieber auf dem Papier zusammenzusetzen als Collage.

Bei Paul Austers neuem Roman nachsehen. Auch für Securitate, wenn ich überhaupt noch die Kraft hab, mein Ich distanzieren: auch hier Ich, Du er einsetzen. Die Distanz ist wichtig.






STRAND

Welcher Strand an dem
Denken wäre
aufgelöst zu Tränen.

Im erinnerten Hof. Such dir deinen Hof aus, reit hier im Worthof, nein: Kein Pferd, ein Hologramm, das blieb.

Die Bleibe also für die Nacht?
Herz, so gereimt ein wenig und
zurückgedacht.

Na endlich aus dem Gedanken geschüttelt. Oh,
wie arm ist mir am Abend. Hämmer auf dem Polster,
Steigbügel im Ohr.

Papiere, mit denen wir verschwanden.
Was hier am Strand ist, nicht mehr hier.
Treibholz nature und tote kleine Tiere, Rauschen dazu,
fast ewig; grau. Und auch vier Hunde mit der roten
Zunge flammenähnlich; Pfingsten.

Kein Kreuz mehr, nur die Welle,
das Meer touristisch fein gemacht. Geist sprüht
im Whiskyglas. Das Weiße Rauschen und dazwischen wir.

Im Sand die nackte Puppe Gestern,
verwest. Ohne Hand und Fuß, und ohne Hirn,
sie weiß doch nichts, und ihr Gedächtnis
ist schön stumm.

Erster Juni. Heute. Auch der schon vergangen. An was vergeh auch ich mich. Am Sein durch Nichtsein? Lass die Gedanken fließen. Halt sie an. Wie die Sekunde. Die Stunde. Den Tag. Frühmorgens zwischen vier und sieben/ plan ich den Tag./ Mein Leser, nimm sie dir, wie ich: die Freiheit des Nichtlesens! Ein Aphorismus. Ein sprachgemeisselter Satz. Steht. Al-lein. Für sich. So meißle ich und meißle. Auch hier. Banales. Das rausfällt. Weg zu hauen. Nur Punkte. Punkte. Reichen nie. Aus. Nicht mal ins Nie.





San Fruttuoso

1
Die Stimmung am 1. September,
wenn der Himmel bewölkt ist und
das Meer schwarzblau bewegt ist
fast die gleiche wie vor hundert Jahren.
Ich Schließe die Augen
höre die vielen Phantome der ars alphabetica kaum
ein Motorbootverkehr wie mittags oder Berufsverkehr in Rom
Ich höre das ganz konkrete Wasser schlagen und rauschen.
Der Schatten der die Felsen zudeckt der täglich gefürchtete der uns mordende Tod der einfach
und so dass ich der Sonne nicht mehr verkuppelt bin die Haut abkühlt und der Kopf lässt mich wieder erkennen was Müll und kühler die Sonne verdecken


2
Sicher, es läßt sich heute nicht schreiben
mit Daktylen und Wahlkämpfen
doch das Meer bleibt außer dem Wort/ -
Spiel und all den Genauigkeiten
aus Metaphern Alltagsmittel.

Es bleibt das Zahnfleisch rot
nicht nur weil der Skorbut auch hier bei den Ex-Fischern
von San Fruttuoso abgeschafft wurde ,
die Stimmung am 1. September,
wenn der Himmel bewölkt ist und
das Meer schwarzblau bewegt ist fast die gleiche wie vor hun-dert Jahren. Ich
Schließe die Augen
höre die vielen Phantome der Ars Buchstaben kaum
ein Motorbootverkehr wie mittags bder Berufsbverkehr in Rom ich höre mir das das ganz konkrete Wasser schlagen und rau-schen.

Der Schatten der die Felsen zudeckt, der täglich gefürchtte, der uns mordende Tod, der einfach
und so dass ich der Sonne nicht mehr verkuppelt bin, die Haut abkühlt und der Kopf lässt mich wieder erkennen was Mäll und kühler die Sonne verdecken

Neben mir drei Sonntagstaucher wie Urtiere aus Kunststoff kriechen sie ins verseuchte Meer
Taucher zum Unterwasseejesus und die Taucher zurück in die Gründe mit hochgereckten Armen
Für die Seetoten stehen bitten, dass die Stricke nicht reissen mögen, dass die Netze nicht nachgeben.




1996. LEBENSZEITJAHRE
Cinque Terre
(Und ins Wasser gefallen, das Meer)
Steinweiß nach einer dunklen
Schlaflosigkeit
Nacht der Trennung

wie übt das schreiende Herz
wenn die Jahre vergehen
jetzt die Weite aus
wund

weil das Meer nicht trennbar ist
nur in den Köpfen
wie die Gewohnheit
gefangen

Der Blick unter Agaven
die Wärme die Füße
aber fast schon im Wasser
lesend

Und oben auf der Terrasse
lieben sich zwei unter dem Pelz
wir: als wir jung waren

Horizontweit der Blick
erinnert den Sommer im Boot
und Vernazzas Turm die Sehnsucht
im Hafen du hebst die Erinnerung vom Grund
das alte Herz ist der Anker.


Hannahs Geburtstag. Ich fuhr an diesem Morgen mit ihr nach Cinque Terre, Riomaggiore-Manarola, zur Via dell´ amore, es war ein Spaziergang über der Steilküste, unendliches glitzriges Silbermeer der Sonne zu. Boote, Tanker und Kriegsschiffe im Hafen von La Spezia. In den Buchten Fischerboote. Wir rede-ten wieder über jenen Spaziergang hier vor ein paar Jahren, als wir auf der Terrasse ein Liebespaar gesehen hatten, sie im Pelzmantel, der aufgegangen war, ein Spalt, man sah die große V. des langbeinigen Mädchens, die auf dem jungen schwarzhaarigen Mann saß, man sah seinen beachtlichen Stengel, wenn er ihn zum nächsten Stoß herauszog! Und ich erinnerte mich, daß auch damals schon ein Trennungsgespräch mit Hannah stattgefunden hatte, die wie hypnotisiert auf die beiden starrte; eine schreckliche Nacht, und auch jetzt dieser Schmerz, als wäre alles schon vergangen:

Und oben auf der Terrasse
lieben sich zwei unter dem Pelz
wir: als wir jung waren
Pelz auf Pelz und pelzig der
Heiße Gedanke in ihr

Horizontweit der Blick
erinnert den Sommer im Boot
und Vernazzas Turm die Sehnsucht
im Hafen du hebst die Erinnerung vom Grund
das alte Herz ist der Anker.

Dann Geburtstagsessen in der Piccola Marina, genau wie damals auch. Und plötzlich war auch Luca da, um Hannah zu gratulieren.
Ich machte dann im Auto einige Notizen, um D. zu vertreiben...



Capraia. 5./6. Juli 1985

MEGALITH; MEER. Wo das Sausen Null zum Tönen bringt.
Langer Atem, woher er kam, was mich betrifft, Stil ist der Mensch, woher gelenkt, Sphärenklänge auch in mir, da denkst du an „Akroasis“. Oasen der Töne, Dichte in uns, woher meine Leere, Armut, kein Integral.
Gottes Kreatur mit erschöpften Kräften. Rund um meine Stunde, die abnimmt

*

Die Funken, die mich vergessen haben/ das Meer macht müde, hat einen Stein im Maul, gegenüber die Steilwand.

Die Notiz hält mich nicht mehr wie früher, Zeit Note. Unsinnig geschrieben zu sein, ohne DIE SCHRIFT.

Im Ort das alte Gefängnis, Colonia agricola. Gefängniszone und wir mit unsern Ferien/ auf Segelbooten/ mit Staub überdeckt das Gemäuer. Capraia.

Wunder sind/ die uns umgeben/ durchziehen auch das Wort/ meines, deines/ trägt uns zurück bis zu uns selbst/ Stonehenge oder zu den Menhiren/ die uns ihr Gesicht, tonnenschwer hoch-gehoben/ mit Gedanken/ sie aufhob: die Schwerkraft.

Felsen. Pinien. Sommerhauch. Rauschen des Meeres/ das sind Worte/ doch ein Zustand/ in mir schwingt mit/ ist JA unbe-schreiblich.

Es muss wieder/ aufgenommen werden. Dann wäre ich wieder da/ über den Tod hinaus.

Aufmerken. Das ist Fehlendes/ das schlägt mit Missmut. Wenn Abwarten beginnt/ gestern im Dorf: Alimentari/ ein Hund/ mein Hund/ Brotkauf/ ein Mädchen an der Kasse/ alles hing zusam-men/ und ihre Frische/ da war noch Hoffnung/ Zeit, die sie noch vor sich hatte./ Ich stand nur dabei/ schon abwesend/ müde ein-mal zum Narren/ geliebt vor viel zu viel blinder Kraft.


Saint Florent, Montag 8.7.1985
Was sich zusammenfassen lässt/ hier am Strand eines Besitzers/ Campo di Fiore/ und du denkst an Rom/ Giordano Bruno/ ein Morgen/ blitzendes Feuer/ wie die Sonne. Ich aber gehen zurück/ alte Zeilen/ als ich Rom noch nicht kannte/ nicht Giordano Bruno nicht die Etrusker/ nun bin ich ein Einwohner Etruriens/ Ein Traum in Lucca/ Ritt in der Via dei Fossi / an der Madonna vorbei/ und an der Steilwand der Insel gestern/ steinerne Gespenster/ Gesichter/ auch meines/ und das meines Vaters/ Köpfe , Stein-Kultur/ Hirne winden/ Spiralen bis hinab zur Naht/ die reißt/ Eukalyptus am Ufer/ greifen/ die Hände sind Pinien, rot und weiß, wie die Schechina der Oleander ins Auge getönt./ Fern Windstärke drei von Nord/ alles hier ein topos/ versammelt/ Bücher greifen in mich ein wie Zahnräder/ unendliche Mehrzahl keiner Grammatik/ Technik um dichte exakte Gegenwart fehlt/ nur das Radio VHF bringt lebensnotwendige Wetternachrichten./ Unendlich aber soll es strömen durch mein Hirn/ wie der Golf/ nicht die Sackgasse/ stehend schon sumpfig das Ende./ In die Steine hinein will ich hoffen/ dass mich die Atome noch mögen/ das Licht/ kreisend in meinen Neuronen.

*
Hier bin ich im Paradies/ zart gezeichnet die korsischen Berge aus Dunst/ weiß die Kontur/ und darunter Masten/ kleine schwankende Finger/ die sich selbst, den Himmel anzeigen/ ge-stohlene Lust/ Zikaden und Krähen zum Plätschern des Golfes/ Sommerglut blinkt/ und der Stift schreibt ab/ was ich zu sehen meine/ mich.

Dies die Musik. Ich höre sie mit den Wolken/ noch zwei Schiffe vom Mistral in Streifen geschnitten/ über dem rötlichen Berg. Hier aber anstatt der Musik/ eine Null/ die an mich grenzt/ Nur manchmal Erschrecken/ dass ich das bin.

*

Der Augenblick hat mich wieder/ im Ohr trinkt er die Sonne aus/ gieriges Insekt von jenseits/ kommt hier an/ man weiß: alles ist eine/ unberechenbare Welle/ von weither/ ich in ihren Spiralen gefangen/ ohne Organe/ wie die Leute hier/ die ihre schweren Menhire hoben/ kraft des Vertrauens.

*

Mut sorgt nie aus/ der Schädel aber/ eine hohle Schale/ gefüllt auf Zeit/ die sinkt und abnimmt/ die Last/ Mut zu haben/ hier/ begreifen zu wollen/ was ist.

*

Feen sorgen federweiß für die Schönheit hier/ Berge schweben/ und es ist wie Sonntag. Ja/ Frieden/ Kinder stehen in mir auf und singen/ ernste Lieder/ fröhlich, als wär’s sogar Ostern/ und ein Licht blendet/ aus ihren Augen/ als gäbe es wieder die alte Sonne/ obenauf.

*

Erregt sehe ich um mich/ ein einziger Atem/ zieht durch den Satz/ über die Augen verlängert/ zu mir/ wo die alte Acedia/ saß und Essig austrank zur Neige/ die Öffnung hinüber ersoffen in Gift und Galle/ die Kinder betäubt und hinausgeworfen/ bizarr/ kein Märchen. Spleen von Paris/ als alles anfing/ sich so aufzu-schreiben. Dankbar zu wissen/ nicht allein zu sein.

*

Stöße. Ein ganzes Biest aus Stößen. Auch Kreta erfand den Stier. Hebräisch die Zeugung der Welt. Atem. Pneuma und Moll. Trotz dagegen/ das Labyrinth des Daedalus.

*

Sprung ins Lesen/ und weiter: wie ein körperloses Schweben. Das Alter hat mich längst. Aber der Blitz, wenn sich die zwei Ideen berühren, bringt die Kontur, das Schreiben. Wer diktiert? Singt wie Musik/ ich selbst ganz ohne Widerstand/ unendliches Gebet/ und tönt/ reißt alle mit/ die dachten/ solang ich da bin/ hat der Fuß gefasst/ der sich enthüllt/ als einer im Diktat/ die Sprache springt/ die Meile der Geschichte ab: so kam sie weit/ und geht die Stufen hinab/ unten tönt’s/ als wär Er wirklich hier: Palenque einmal so aufgefahren/ in die Idee/ als Flug gemeint/ der erste Mensch: Kam aus dem Alphabet zum Labyrinth zurück/ Spirale einst/ tief in die Zelle schießt das Wissen in die Formen ein./ So sahst du rot/ von Anfang an/ der Stier hat mir den Kopf gezeugt/ was war/ das ist ein Riesen/ Genital/ ein Ei der Welt/ das sie gewogen hat/ im Keim als Er zur Welt sich brachte/ da wusste Er auch dich.

*

Was flach erzählt/ als wäre es all-gemein/ gut dar-gestellt/ nimmt als Erschöpfung/ des Anfangs zu/ als wäre es nie geschehen/ wir nur selbstverständlich DA/ als wär’s nur Augenschein/ kein Wider und nie Wieder/kehr nur flach, was wir uns nachgezählt/ erzählt. So angepasst/ dies „wirklich“ scheint/ als hätten wir Ihn ausgetrickst. Erzähl nur Nichts/ als Bitte um Gesundung.

Als wär ich abgeschafft, so strömt es wieder, tönt/ auch ziemlich stark durch mich/ was meine Uhr/ am Armband gar nicht meint/ und tickt/ mein Pass am Herzen.

*

Je weiter entfernt vom/ Inhalt, sag es: so genannt/ sieh mich dann an: nun so feiner diese Nähe/ frei benannt zu jenem, was sich zeigen kann, sogar an dir/ und mir „zerstreute Gewissheit/ als eure Begründung/ isoliertes Geschick“ sagt einer (er heißt Char)/ wo ich noch stehen kann/ mit Mut/ wär ich gerettet: ich, abgelegt: meine unbekannte Hoffnung.

*


Saint Florent, 9.7.1985
Atrophie

Doch durch mich geht es wie Nebel/ wie Wasser und beiße hin-ein/ voller Trotz/ weiß/ wie es mich nicht gibt/ dagegen mich auflehnen/ die Dummheit.
Starr/ von Jahr zu Jahr/weniger Bildpunkte und Verbindungen im Geflecht der Beziehungen (Welt)/ und alles: wie groß das Vergessen
Wer soll was/ von mir hier/ später erinnern.

*
Im Noch-Nicht-Geschehenen, ein weises Kind/ des Wachseins wird/ auch ohne mich/ wirft seine Schatten voraus/ bestimmt/ was ich bin/ alles andere ist längst/ oder augen-blicklich gewe-sen.
In der Physik rechnen sie nur noch damit/ wir im Grab/ liegen da: etwas was war.

*
Die Freiheit/ zu denken, dass noch nichts war/ leise dies Tönen des Ungewordenen/ das mich haben könnte/ anstatt der Zange/ die beißt hart zu: jeden Tag.

Die Freiheit/ größer zu sein/ als schreiben/ als wäre dieser Mo-ment völlig „rein“,
unbeschwert von der Angst/ nicht zu überleben/ und dem Plun-der, der am Bein sich sammelt/ es stellt/ Schwein gehabt/ hieße weder zu stehen noch mit zu wachsen/ also Sein.
Namenlos unabhängig vom Begriff Sein.

*
Dazu die sich nicht Ernst nehmende Nation/ die freier ist/ heiligt fast, gereinigt von der mutigen Verzweiflung: In Cioran „Lacrimi şi sfinţi“/ S.22/ 23/ 24 /25/ 34: Fragmente und Apho-rismen./ Das Kreisen um Glaubensfähigkeit/ Etrusker kannten den Ton schon.

*

Einer der ersten römischen Könige/ ein Grieche/ unter Etruskern aufgewachsen/ Frau Samaquil/ also der nicht-anerkannte Kolonist/ war aber versucht/ den Druck nicht als Geschenk anzugeben/ sondern als Alibi/ verfehlt…

*
Die Bücher suchen uns/ wir kommen selten dazu/ verfehlen al-les, was der Augenblick zu bieten hätte/ lesend nicht da/ lesend nur da/ unaufgefordert/ lesend verlieren wir immer/ die Zeit/ sie läuft uns nicht nach/ geht nach /wie wir/ ihre zerbrochene Uhr.

Lesend/ im Zwischenrau fremder Gedankemn, di mich eintönen/ singen in mir/ wer – weiß ich wieder/ ein Gefäß/ gestern aber die Wut/ nicht mehr mit ihnen zu sein/ von allen guten/ von allen bösen Geistern verlassen/ in mir nur ein Fleischberg im Boot/ ich ihm sinnlos zu Diensten.

Ernst bleibt/ Morgenfrühe wie früher fischende Indianerväter aus einem Kinderbuch/ am Fluss, den es mal gab/ und jetzt die Frühe hier/ Nebel über den Wassern/ Krähen./ Ich in der Kabine/ drüben eine Seemeile entfernt/ der grauweiße Turm/ Saint Florents/ Korsika/ der Leuchtturm Richtung Nordwest schließt eben sein grünes Auge/ und ich lese dazu Rilkes Zehnte Elegie./ Auch war Duino im Turm von sechzig Jahren: „Dass von den klar geschlagenen Hämmern des Herzens/ keiner versage an weichen zweifelnden oder/ reißenden Saiten. Dass mich mein strömendes Antlitz glänzender mache…“ Vergehen der Schmerzen?

*

Kommt eine Hälfte deiner Gedanken aus Schlaflosigkeiten
Und ist doch SIE/ Anima vielleicht/ diese Nacht
Und du deckst sie auf/ deine Hälfte ihres Gesichts
Eure rote Blütenform/ essen ihre Wasserscheide aus Fleisch
Denn gestern schliefen wir in einer Megalith-Höhle
Von Figari/ dort, wo die Schwerkraft/ letztes Geheimnis
Der Wissenschaft/ anders hebt als in den Jetztzeit
Topografien: Und sie führte mich ein/ ihr Herz die
Schönste Zeitmaschine der Wünsche nach einem größeren Jahr
Wie ein Scheunentor des Himmels/ alles was war
Und noch da ist: als wäre SIE ein Delta
Der Traum in ihr. wo ich lag/ war viel größer
Und die Miniaturzahl dieser Zeile wie
Zu grob/ ich habe alles vergessen/ nur die Sekunde
Tickt langsam wie eine Krankheit
In neues Vergessen/ nachher und jetzt/ nur ein
Kleiner Blitz/ alter Draht zur Wetterstation
Schlägt abgerissen/ im Mast/ es schaukelt die
Dünung vom offenen Meer/ unser Haus im Seegras
Verankert: ein winziges Boot Der Anker aber/ ähnlich
Einer Pflugschar/ die im Zug des Windes
Zur Seite/ klappt: wie einer/ der schon in dieser
Sekunde/ an den Tod grenzt/ schon hinüber gegangen
Noch da. Wie SIE. Hat mich nicht
Ins Leblose der Tage vergessen/ wie Mineral das
In mir schon wartet/ die Entropien der
Arbeit/ gewissen Los und genau.

Sie aber führte mich weiter/ mit komm jetzt darüber
Hinweg/ schreibend und voll im Betrug/ das
Summen des kranken Augenblick überhol ich
Mit Ihr in Fahrt. Sagt sie: an den Ort des
Königs hier/ Fantasie als ich bei dir wahr/ du
Gespaltener/ der Schwäche eingeheimst/
Sonst nur ein Trottel/ gehörst doch mir.
Dies Schwanken ist kein myein/ leerer
Dein Kopf/ die Spirale anfüllst mit
Schmutzigen Strömen/ Gegenmusik/
Was nicht schwingt/ ist schon fast nicht mehr da.

Auch Mineral ist Kristall/ erste Botschaft
Des Wissens/ wo das Gesetz erst herein treten kann/ wenn
Zueinander die Liebe sich Anzahl schafft und
Verhältnis der Eigenart/ Form wie sie lachend dem
Chaotischen widersteht/ der Vernichtung in allem/
Null, die hinübergeht/ und die Spannung/ die
Deine Qual nicht erkennt/ nur in Trotz und Störung
Verliert/ sich dann aufhebt. Denn Gesetze sind
Endlos im Licht/ du aber willst nur noch schlafen
Im endlosen Nein.

*
Sie aber zog mich auf wie Beatrice/ die Stimme
Wie eine Leiter/ gleichmäßig zerstäubt Milliarden
Bit Auf Schluss/ in Kammern/ Pyramiden
Gespeichert/ ein Teil/ Magna Mater vielleicht
Schechinah/ die Hühle in der wir schlafend
Der Größe zu: Träumen und eingeschlossen/ Seine
Einwohnung/ Blütenblatt/ Same + Frucht
In der Lichtwelt/ schneidet durch den Raum/
Sonde der Ewigkeit/ Heil- Anstalt Gottes nah.



9.7. 85 S. San Florent weiter.
Dann das Zuviel/ übersatt will es gewähren lassen/ was da ist. Die Zikaden im Eukalyptus. Oberfläche des Gehörs. Licht, das ich sehe, die Corona. Unsinn: als Freiheit, sogar Willkür
Jetzt aufzustehen, den Regen zu betrachten: Ein Tropfen rinnt mir nass über die Stirn: Draußen hat es zu regnen begonnen/ wie in der Kindheit./ Und dazu starker Wind.

*

Wieder die Photonen als Tropfen/ besser zu sehen/ Iris/ das Auge hat sich in mir ein/ gestanden/ der Mann nach 40/ abwärts/ aber/ dass er da ist/ mitten im Lichtkeil aus IHM/ sichtbar aus ihm/ Er/ unsichtbar/ weil Er sieht. Groß und überall identisch das Medium ist: Und/ Nichts anderes da sein kann. /Wir aber suchen ihn irgendwo in den Zwischen /räumen/ die er mit anderem nur/ zeigt
Und wir sehen nur/ dieses/ selbst nur ein Zwischending/ und durch uns selbst so gestört.

*

Nur im Gedanken Sprung wie Photonen/ wie spine/ wie Spinner/ oder Quanten zur Musik des Innern einer Atem-Schale/ aus der wir Früchte essen/ die daraus gemacht – komme ich endlich da-zu:
Nobody can translate/ wer will auch Charon sein/ der Physiker/ übersetze ich im Augenblick, um überhaupt alles hier auf der Zeile zu haben: z.B. Megalithe/ diese Felshöhle/ wo/ schon ihre Toten lagen: Ist da ein Gesumme von Stimmen/ ein Nadelöhr zwischen uns nur/ so dünn die Wand bis hinüber/ und gar nicht aus Luft/ sonst könnten sie sprechen..

*
Schmelze alles ein/ Jetzt/ auch Sartorius/ zu recht geschneidert/ wie Brinkmann und Ashbery in diesem Sommer/ Denken/ high-way: dort rastete Handke auch in seinem Roman/ Rote Erde in Monument Valey/ wo ich ein Gedicht schrieb/ das mein Sohn vertonte/ ein Ritt + Galopp – Blende Weiss. Heiß+ bilderlos/ nur noch Phantom/ Photon/ also Engel als Zwischenträger. Diese: Über-Setzer.

*

Hinüber setzen/ Wellen/ leicht gekräuselt an einem Steg/ ein fremdes Anwesen/ ich sitze auf vertrocknetem Seegras: Seine Apokalypse war die Frühe/ an meinem Fuß im Sand/ eine Welle.
1. Durch ein Fenster/ Weiße sickernd/ Licht vom WIPFEL7 Ruhe gibt das Zeichen
Kein Blatt.
2. Wenn durch einen plötzlichen Schrei/ zerrissen wird/ die Allerherrgottsfrühe/ wieder erscheint unser gewohnter Spiegel/ dann ist es/ auch heute so, weil vom Leben vergangen ist/ eine Menschennacht/ Bitte sie vergessen zu dürfen/ während Erschrecken mich packt/ dieses erkennend.
3. Unaufhörlich dich treibender Gedanke, denn/ Herzklopfen ists/ das sie bewegt/ alles verzehrend.
4. Wahrheit/ durchwachsendes Dunkel/ näher zu fliegen/ erhielt sich der Mensch/ und vergrößerte den Bruch.
5. La verità per crescita di buio/ più a volare vicino s´alza l´uomo,
6. Si va facendo da frattura fonda.

*

Überlebende Kindheit/ und heute ist Juli/ vor mir Wasser/ dort am Ufer/ Böschungen/ Geschmack/ fader Geruch/ und du neben mir/ das Polare: die Gestalt/ lesend das Buch im Seegras/ wälzt sich mein kleiner Schwarzer/ der Hund, tief im Seegras vergra-ben/ eingegraben/ mit Ball- reine Freude./ wie sie eingeht/ in meine Augen/ die kleine Kreatur.?

1. Verlassenheit/ die Kehle/ ein Schlucken/ von der Kindheit her/ kein Zeichen mehr.
Zeichen des Unheils (so scheint es/ hier sitzend!) zu glätten/ wie diese Abend-Wellen.
Verlaufende Spuren im Sand.

Geduldige Rufen/ umfasst mich/ doch abgewürgt wird es vom verbissenen Leiden, das
Dem Exilartisten droht.
Noch bleibt mir/ der wirkliche Schuh meiner Kindheit/ neben den Büchern zu Hause
Im Schrank. Mich ihr zu überlassen/ ist ja/ meine Art.
Das Außen nur seis/ vor uns laufend/ greift zur Kehle
Der Atem beengt.

Und die Zikade ganz nah/ erinnert mich wieder./ Damals Nie ge-hört.



11.7. Korsika. Auf dem Segelboot. Eine Woche unterwegs/ und es scheint länger. Heute Geburtstag des Sohnes (15)/ und es scheint alles unwirklich. (Dazu tickt die Borduhr). Traum: Mein Geburtstag wird gefeiert/ mit hoch erhobenen Gläsern/ Tuzzi die liebverrückte Cousine kommt zu spät/ die Gute als wäre sie eine Schlacke des Stils./ Doch nirgends kommt L. vor./ Was zählt ist alles/ oder Nichts/ eine runde Zahl/ da geht der Kopf durch/ wie bei der Geburt/ Labie/wundes Blütenblatt/ geschlossen vor Schmerz/ offen vor Staunen./ Denn in der Jahreszeit des Gottes Schrift/ spürst du ihn/ er zählt den Gewinn aus/ Ernten…/ und hörst zurückgekehrt die Halluzinationen/ das Muhn der Herden aus dem Prudner Weinberg/ und nackte Frauen sind das Grün im Feld/ die Haut ganz Erde/ und kannst die Erde nehmen in dieser Frauenhaut! Der Mütter?


Aber was lenke ich, lenke ich meinen Kairos? Oder er mich. Und was mir einfällt. Ist richtig. Lebenszugehörig? Und im Tb 85 steht: wiederholend: 9.7.85. Und: Ab hier wieder 99. Und heute ist der 2. Juni 2010. Rechnen in Jahrzehnten, als hätten wir nicht nur neun. Alle Neune. Und dann Aus. Sieben ein halb sind schon vorbei. Steht da nur noch einer. Und der Halbe liegt schon mit den andern: ein Haufen der Jahre. Und die Kugel rollt?

Und ich stelle mir vor/ ein Zwiegespräch mit Benjamin Fondane. Daher kann er für immer: Sprechen: Dernn: In jenem grauenhaften Augenblick, über den er nicht mehr Zeugnis ablegen kann, war alles, was er gedacht und geschrieben hatte, bestätigt worden./ Angesichts der Gaskammer gilt kein Glaubens- oder Trostspruch mehr, geschweige denn Literatur. Es war etwas offenbar geworden, was nicht seinesgleichen hatte. Fondane hat das, worüber wir nur nachdenken können, erfahren, und dann ganz konsequent mit dem Leben bezahlt.

( Aber müssen wir im Bauche der Korridore/ oder in ungemachten Betten/ wo etwas Asche
Das am Rand verschmiert/ Geruch nach Fisch dazu/ - um Wie-derholung zu meiden.
Ein Pfaffe – vielleicht Naiba/ der Teiwel/ völlig geprickt von Maisbrai/ aber über den Sarg
Segnend mit ausgestreckten Händen. Und in dieser Kurve/ Parabl vielleicht/ hat sich die Erde ausgedehnt/ blst sich auf/ wächst/ ruft sie zu sich./ Und die Menschheit legt sich in der Drec
k/ ihrer Seele/ bespuckt ihn/ küst ihn/ verflucht ihn./ Verzeiht ihm./ Das Schneballverfahren der Nacht – stürzt auf die Tote.


Vom alten Exodus spricht hier Fondane/ und ist so neu./ „Men-schen der Antipoden/ zu euch
Spreche ich.“/Mit dem Wenigen an Stimme/ die ihm im Halse blieb/ spricht er sich/ uns aus:
„vom Mensch zu Mensch“/ und mit jenen Worten/ die uns noch gemeint haben/ sehr „ wenig an Sinn“ ist in ihnen geblieben. Und bricht hinüber ins Jenseits/ der Hutschnur/ von Augenzeu-gen.

„Und kommen wird ja ein Tag/ sicher ists/ mit gestilltem Diurst/ werden wir auf der anderen Seite des Gedächtnisses stehn/ der Tod wird sein / ganz und gar ein Hasswerk/ und ich ein Verstreuter./ Ich nur in paar Brennesseln von euch mit Füßen getreten.

Wisst ihr, ich hab auch wie ihr/ ein Gsicht( wenn auch verloren)/ inmitten ein Mund/ der im Gebet offen stand./ Wie euch. Und ein örnmchen Staub durchdrang gar ein Traum das Auge/ weinte dies etwa im Satz? Oder wenn ein bösartiger Dorn/ Haut verletzte/ rann langsam daraus mein Blut/ ebenso rot wie eures. Und zählt auf, was er war/ als wäre er schon gestorben. Darin lös ich mich frei/ zu ihm?/ sagt er mir/ „wie ihr war ich grausam/ bedürftig der Zärtlichkeit/ aber auch nach Gold/ Lust und Würde/ …/ Und besoffen von Erfolgen/ schreckte ich hoch in der Stunde des totalen Misslingens.“

Sagt dann/ er habe gelebt/ wie wir, abends gerodete Kartoffeln gezogen, im Fluss gebadet/ und vergebens gesucht/ auf Frauen-bäuchen/ den in jenem Garten verlore steckt noch im Hals/nen Frieden/ wo der Apfel ins Rot/ über den Mund gefahren/ aber in der Mitte jener Baum des Lebens sich noch stark machte/ wie die unsichtbare Weltachse:/ Unser Rücken.


Er habe wie wir/ alle Journale gelesen, Bücher/ und gar nicht verstanden/ was die Welt ist/ oder herausgelesen den Menschen/ wie einmal von mir angemaßt und behauptet. „Und wenn der Tod/ der Tod kam – gab ich vor, ihn zu wissen, doch heute, heute ist die Wahrheit/ in meine Augen/ eingedrungen/ und ich bin nur erstaunte/ wie wenig ich begreife. Ihr, habt ihr denn mehr begriffen als ich?
Ich war ein anderer als ihr/ ich es weiß. (Es steht am Horizont, die Erde versteift sich/ zu zu sein:/ Geboren worden … nicht seid ihr irgendwo/ draußen/ auf allen Wegen/ niemand/ die Kinder hinaus geworfen/ durch dunkle Kanäle/ Kätzchen an Ruten/ offene Augen noch verklebt/ von Stadt zu Stadt/ blind geirrt/ in der Adresse/ Polizei-Wild/ Desaster frühmorgens/ Viehwaggons/ erniedrigt/ das Schlucken, steckt noch im Hal./ Ihr seid nicht angeklagt worden/ eines nie begangenen Verbrechens/ zu existieren/ so wechselnd die Namen wie die Gesichter/ um den Verflüchteten abzulegen/ wie eine gestohlene Brietasche/ umkreist von wem?/Ein Gesicht/ Spucknapf für jeden.“

(Was nie einträgt/ Ruhe irgendeiner Parabel/ und er sagt/ die Zeit werde „kommen“/ wo wir dieses lesen/ unübersetzt/ weder ins Französische/ noch gar ins Sprachlose. Also deutsch./ Seine Zeile fordere nichts. „Vergessen. Vergessen“. Nicht da zu sein./ Nur als einer der schrie./ Kein Subjekt eines Stils bin ich./ der ein Mensch ist/ Gedicht ja (wo und wie) ein. Ob ich Zeit haben werde, dieses zu beenden?
Doch wenn ihr mit Füßen werdet treten wollen/ diese Handvoll Brennesel/ die ich war, wohl in einem anderen Jahrhundert/ in einem Geschichtsbuch/ das, in dem ihr herum grabt/ mit Schau-fel und Hacke+ doch völlig überholt für euch/ lest ihr zum Spaß und zur Beruhigung/ erinnert euch doch/ ich war sicher unschuldig/ der Tote/ und hatte genau wie ihr/ Sterbliche jener unvordenklich/ und nie gewesener Tage/ ein gefurchtes Gesicht./ Empörung, Mitleid/ Freude/ ganz einfach Ja/ ein Menschengesicht.


Juli 85. Calvi.
Trotz. Nicht da sein zu wollen. Ich weiß, der Mensch ist ein Alptraum der Natur./ Tiefer Schacht/ Dumpfheit/ unrein/ als gehöre alles dir/ und müsse dir gehorchen/ ja, parieren. Und wenn das nicht gelingt: - die Wut./ Der Mast klappert/ schon schreist du auf/ verletztes Tier./ und doch ist es Revolte/ die mich treibt. Das Einbezogensein in dieses Tier der Menschenwelt/ nichts als Motoren/ Gummiboote/ Anker/ mal kurz/ mal länger/ eingegraben im Hirn.
Das Selbstgemachte:/ bös vom Daimon/ kein „Primitiver“ nahm von der Natur für sich/ ohne Dank/ und ohne etwas zurückzugeben!./ Wir aber geben ihr zurück/ den Dreck/ und Ausschuss, der wir selber sind./
So spürt ihr nie/ dass ich genau so alt bin/ wie diese Zeit/ zu ge-hen.

*

Man bedenke/ wie sich Zeichen durch mich setzen/ und wieder ist es die Festung von Calvi/ also Jetzt/ im Schnittpunkt meines Blickes/ die Hafen Mole/ einwärts gekehrt/ so in Treffen der zwei schäumenden Spuren eines Beibotes/ sie sprechen durch mich/ Gleichnisse/ sind gemeinsame Herzschläge, „poetik realsens“. Jeffers?

*

Was ich noch zurückgeben kann?/ Ihr der Bestohlenen/ - Sprachopfer/ offen/ und meine Zeit/ hineingebuttert/ wieder zusammen/ bewegt/ blaurotes Zeitopfer/ nicht mehr ein Leben/ doch mit Ihm.
Auch in der Felsenhöhle zurück/ mich selbst aufgeben hier/ in „Felsen-Höhlen“/ so aufgezeichnet/ in dem/ was ich so betrete/ an diesem „Ort“/ gebe ich mich und nehms zurück.

Ein Stahlboot aus Nizza/ ein Bärtiger/ kann nicht ankern./ Ges-tern trafen wir ihn auf der alten Mole/ angediente Seeleute saßen auf der verrosteten Treppe von Ille Rousse/ und drehten sinnlos Garn in den Händen/ oder spannen/ gegenseitig stumm/ einer schönen Blonden wird vom Bärtigen die Hand gereicht/ aufs Trockn/ aus einem Gummiboot gehoben…

*


… war die Schönheit durchgestrahlt/ hat Er die Boten un d die Boten / sagten wie Du es nie sagst/ „poesis“/ zu Samen geführt/ und wir lagen ineinander wie eine Eins/ nachts immer der glei-che Rhythmus vom Meer trug er sich zu/ die heißen Körper sanft und fruchtig./ Und ich legte dir diese Pflanzen-Seite/ wie einen langen dreiteiligen Blütenstengel/ von der Gebär Mutter faltiges Objekt/ zum Kinde so zusammen.

*

Der Baum oder der Fisch sitzt unter meinem Bootsschatten/ im Grün/ wundert sich nicht, dass ich ihn Fisch nennen. Ich erreiche ihn nur/ wenn ich ihn anfasse/ berühre- und er gleiutet glitschig mir aus der Hand/. Selten ist er greifbar/ meist dann aber tot, kein Fiosch mehr, ein „SFisch“/ genau so schnell und nicht fassbar/ wie das „Leben“.

Warum mich die Toten Dinge/ zur Wut reizen/ kein Stein/ oder wer weiß/ Klingen von Wasser/ Ekel nur/ im Machbaren/ das mir entgegensteht. All-Zeit Verlust


Sogar mein Körper ist erträglich/ und fahr ich einmal aus der Haut/ werd ich wissen/ wer mir diesen Fleischberg gebaut hat/ und geschenkt ist. Geschenkt?

*
Schreibhandlung als Lebensopfer/ wohin führt ein "Vaterlands-tag?/ Der Preis des Erzählers/ es fängt auf der Zeile an/ ist hier die Dauer/ und zählt die Kürze/ die nur fahl ein Leben träumt/ aus der zeitgenössischn Innovation/ die die Natur/ schon an ih-rem Schnittpunkt/ in uns also bewegt/ betrügt?

*

Der Preis des Erzählers/ es taugt nur/ aus wessen Hand/ ge-schrieben wird/ in der Nachfolge Scheherezads/ und solange du nicht aufhörst zu schreiben/ bleibt dir der Kopf.

Aus mit dir/ du aber hast ja Angst/ Kopf frei fürs Aus Steiger/ dem im Alter- und Älter Eltern werden/ der Mut ab handen kommt/ so dass er/ kaum mehr da ist/ was er von Anfangan war/ wartet auf ihn die Reinigung/ im Tod/ Schlaf im zeittiefen Mineral.
Nur im Mich-Verlieren-Können bin ich da/ und Mut dahinter/ wenn sich nichts mehr zeigt/ das was durch mich geht/ im Auge zu Hause/ und hier die Schiffe/ Namen "Va" oder "Morjen" II/ Akroasis und Shelley zu lesen/ die Turm-Uhr Calvis schlägt. / Nichts gilt als jeder Verlust/ der Trübung/ durch mich/ Name/ Adresse/ Beruf. (Glockenläuten)/ als wäre es zu Hause sieben Uhr!) Und ein Warten auf den noch größeren Namen. / Be-kanntheitsgrad. / Die verfluchte Seuche/ kein Wiedererkennen ist gut./ Es schließt den Kreis/ der Haut zur Zelle.
*
Ernährst du hier/ zeilenweise "Weltzeit"!/ Sprache opfert dich/ und du machst es nicht/ wieder gut/ da der Baum in deinem Ohr/ das Auge streift/ ihn/ leicht im Menschen: Eins/ Motoren abge-stellt/ am anderen Rohr/ der Rahmen dieser Logik/ der sich For-meln antut/ ist zerbrochen.
*
Zur Probe/ dass du wagen kannst/ warfst du den Kunststoffbe-cher mit Marinezeichen (blau) ins Meer/ ein später Taucher zog in seiner roten Maske/ unter Wasser wie ein großer Fisch vorbei.
(Mit der katastrophalen Stimmung vom 13. Juli 2010 kopiert. Wo die Nachricht kam von unserem Rechtsanwalt, dass der Ha-fenkommandant d`Orca von Marciana Marina, wo uns eine Franzose am 22. Juli 2008, rammte, gebrochene Hand, kaputtes Boot, d´Orca, der von der französischen Versicherung mafiotisch bestochen worden war: in seinem Bericht an den Admiral in Livorno, geschrieben hat, es sei nichts geschehen, keiner verantwortlich, da „höhere Gewalt“! Dass nun die Commisione in Livorno „inchiesta formale“, diesem d´Orca Recht gegeben hat, um die Behörde zu schützen. Sie hat immer Recht! So wir heute so geschädigt, nicht, wie vorgehabt nach Elba segeln, nein, auch das schon zu viel! Sondern hier in Portovenere belieben!)

Verschwender sein/ groß
Zügig nicht achtend/ was sie
In dich gesetzt/ schon früh
Millionen Samenfäden/ dem Zufall zu-
Geschickt/ ihn aufzuhalten
Mit einem Kind.

Sacrificium als/ Erzeugung
Heiliger Dinge/ sich aufgeben. Sich verschwendend



Heroische Nutzlosigkeiten/ der Mut.


So habe ich mich verausgabt/ für Nichts
Das nie da sein wird/ weiter:
Nichts/ als ein Mund
Der vor Wut oder Schmerz/ im Vergeblichen
Aus der Lehm-Grube mir weiter nur noch schreit.
*
Doch immer noch bin ich nicht/ darüber hinaus
Und ginge wieder nach Kreta/ nähme ich
Die beste Doppelaxt/ und erschlüge jenen/ der
Nicht sterben will/ sich auflehnt vor Wut
Vielleicht sogar in jener Höhle des Ida/ wo
Wir vor Jahren einmal hinstiegen/ in
Den alten Lehm (läge er da)
Und ich schlüge zu/ aufgenommen sein
Gesicht/ aus dem Gras/ sähe ich in
Mein eigenes/ und wäre vielleicht endlich
Von diesem Mann/ dieser alten Krankheit
Frei.
*
Herzstottern und große Fürze einer Boening
Störend den Wind/ um Calvi/ und das
Blaue Riesenauge/ opal/ Möwen Züge
Ein Fischschwarm schwarzgebändert/ hören
Ihm nicht zu./ Sein Donnern ist viel zu jung
Unwirklich und kaum zu erkennen/ wie
ein Geist/ der fertiggemacht/ noch alles
Unter sich/ stinkend begräbt.
*
Schnellebig, das geht so fahl dahin
Megalith aber ist dicht/ schwer/ die Zeit
Pocht darin/ so rasend steht die Uhr/ ein
Menihr/ auf dem Feld/ vermessen in Filitosa
Hochschwebt er/ ohne Schwerkraft
Meinen Gedanken zu.

Was war so fahl/ als ich Novize im Okzident
Ankam/ Brot schmeckte nach Pappe
Die Leute saßen hinter Glas/ Auto- und Telefonkabinen/ die
Dörfer zu neu/ und in keiner Mauer Deutschlands
Gab es die Dichte/ mehr als vierzig Jahre ZEIT
Sogar der Rhein plötzlich neu gemacht (zum Verschwinden)
Unser heutiger Fluss nur/ sein Wasser kaum noch zu
Erkennen/ die Wälder durchkreuzt von sauberen
Leehrwegen und Sonntagsspaziergängern/ die Berge
Bebaut mit/ Einfamilienhäusern/ kein Stein
Strahlt/ alles ohne Aura und Überraschung/ das Fremde nur
Neu/ Nichts zu entdecken!/ die Jahrhunderte verschwunden
Wie die Ewigkeit/ Schutt in den Städten
Von Bomben/ was Deutschland war/ unauffindbar/ zerstört.
Wo finden wir es noch/ in alten Büchern und Fotos
In den Herzen der Alten und Toten./ Niemand mehr weiss
Was Deutschland / ein anderes Deutsch/ zu sagen wusste.
Mein Geheimnis und Rätsel Deutschland gab es/ als ich
es noch nicht kannte.
*
Und lese es noch/ bei Cioran nach/ in den Briefen an Kraus.
Beide längst Tote.
Aber Kaurimuscheln wurden in Korsika/ früher
Den Toten auf das Geschlecht gelegt/ Köpfe in
Palästen und Felsengräbern/ mit Gips
das fehlende Fleisch ersetzt/ Gesichter und die
Augen weiße Muschelschlitze/ sahen zu/ das Licht
Nach sechstausend Jahren wieder erkannten
Freilich die Archäologen nicht.
*
Auch hier Erkenntnis ohne Liebe
Elysium/ minus/ oder Wissenschaft/ wie Ulyss´
Untergang in Dantes/ Hölle.
*
Gratia actualis/ gratia sanctificans
Weder Zeitung/ noch Unterseeboot/ ein Segel
Nur noch nature als Dreieck t/ oder Lambda
Des Pythagoras UKU/ und die Nackte auf dem Deck
Des Holzbootes/ hebt das schöne Gestirn beim Ankern
Ein Dreieck/ die verdeckte Seite/ Lust leuchtet
Flimmernd über die Bläue/ Frische des Sommers.
Darüber die Festung von Calvi/ einst Fremdenlegion
Unweit Napoleons Ajaccio/ der einst Europa zerstörte
Und neu auf/ baute. Stalin und Hitler nach ihm Nichts
Als Zerstörung. Wir immer noch hier. / Und mit dem Fern-
Glas seh ich verstohlen hinüber/ zu erkunden wo/ ihr
Seegras wuchert./ Und es atmet immer noch
Schneller in mir. Urgrund der Macht? Sinn der Eroberung?
Das hat weder Zeit/ noch zeugt ES: SIE: alles nur Delta t.


Pythagoras sah es als Klang. Die vordere Seite als Saite.
Nein, als Zweiklang. A= Anfang der Schöpfung / und die
Gestaltbildung der/ Geschöpfe. (Siehe auch Kayser, 193)
Zahl des Raumes: Alpha: A   (Alpha= 1; Delta=4; Lambda=
A= 3 Striche-Anfang der Zahl des Raumes als Tonleiter: Drei-klang.

Calvi, 14. Juli 1985.
Wie „zufällig“ bin ich in Calvi/ die Zitadelle
spiegelt sich im Wasser des Golfes, in dem ich „liege“
Nahe am englischen Katamaran „Two Companys und
Dem Eisenboot „Lys“ aus Nizza./ Vogelschreie und Autogeräu-sche
Von Land. Es ist sechs Uhr früh. Letzte Straßenlichter
Verlöschen/ Nicht mal zweihundert Jahre ist es her seit
Der Erstürmung der Bastille./ Und außer dieser Zeile
Weiß niemand/ wie es weitergeht./ Wir
Aber haben es gut/ wie Millionäre, sagte Jann gestern
In der Taverne Du Port/ ein tagebuchschreibendes
Einsames Mädchen/ sah herüber zum Fremdenlegionär
Mit dem geschorenen Kopf/ was verteidigt er/ und das
Tagebuch? A   / was sagt schon der Rahmen/ der vorgegeben
In unserer Sondergeschichte, die sich davon rasant schnell ent-fernt.
Eine Ankerkette rasselt/ eine Yacht zischt ab/ Spiegelglatt/ in die Sonne ein
Zipfel rotglühend hinter den korsischen Bergen/ Feuerball/ blendet am Anfang
Noch nicht/ und du darfst in sie reinschaun 6h12./ In meinen Augen enstehen Ringe
Wie zarte Heiligenkronen/ der beginnenden Blindheit/ blutrot wird der Golf/ a-d-m- Adam, adm. Schweigen/ Gleichen.

Nachts dieser Traum/ gegenüber darin ein balkonartiger Aufbau voller Menschen/ Detonationen
In der Luft/ Bombardements/ das Haus neigt sich langsam/ stürzt ein./ Dann kam unseres dran/ doch ich sah hinter ihm den Feuerpilz/ lief und lief/ drückte mein Gesicht in die Erde/ Augen geschlossen./ Wie viele Schwalben stnitten gestern um die Zitadelle/ die Luft/ Zeichen/ nun hat die Sonne eine blendende Korona/ ich lief und lief/ in mir ein Zerren/ Hitze/ mein verschmierter Bart/ Wangen/ Nase und Augen/ die Stirn mit dem ursprünglichen rötlichen Ton/ von unserer neuen Sonne gebacken.
*
Kayser lesen, das Orphikon. Delta/ Daleth, die vier und das Ein-gehen/ Delta nach oben
Ist der Stengel Baum/ mit dem man Menschen pflanzt/ und:  der Erde zu: das schwarze Dreieck/ die Scham aus der wir ka-men/ tief eingehn wollen/ steck den Pflanzer hinein/ die Frau/ türenbreit/ die Beine offen. Das Köstlichste der Scham sind ihre gleitenden Labien/ und das Gekräusel/ das Haar/ die Zeichen des Tiers/ ein Türspalt breit/ zum flimmernden Raum/ der außen kleiner und kleiner wird./ Dort/ wo wir ankommen. Das Auge des Herrn sieht nicht zu/ ist Aller=Hand/ Heilige Drei Einigkeit/ die bisher di Welt sich erzählen ließ/ die übergeht zur Vier. Und das Mondsgesicht hinten/ die Furche lacht sich ins Fäustchen/ diese Nacht/ als die Hitze kam da/ steckte er ( ) drin/ und während ich ankam/ wusch Er die Welt einmal/ und dann zweimal und überschwemmte mich mit reiner Gier/ Sie aber wurde haarnass
Zwischen den Beinen/ doch gewaschen hat er uns beide/ und wir fielen auseinander wieder in zwei halbe Teile/ wimmernd.
*Gläserklingen in Bars /beleuchtet/ keine Mandolinen/ ob es der blinde Tiresis sieht/ ein Tanzbein schwingt bis hinab nach Theben./ Wir aber streben nach Tunis/ zu Phlebas dem Phönizi-er./ Eine Tiefseeströmung vor La Galite wartet auf uns/ dann die Unterwasseerstadt: Karthago/ um den arabischen Qanon zu hören/ überall ist Pönichen/ historische Gegend von/ Grundseen vermessen im Überschlag. / Und wie Eliot durch die Zeilen fahr ich/ nicht auf See/ mein Sloop mit Bleikieil wider das Kentern ist echt/ und Strahlenschutz/ mein Herz so schwer gewesen/ Kühle mit den Fischen nur zu Hause/ mein flüchtiger Schatten/ zittert verkrüppelt. Stößt nie auf Grund.
*
Wir sind also ein X/ in Platons Höhle gesperrt/ nur wenn Er drin ist (
Kurz ganz und verbunden/ sonst ein X für ein U(hier unbe-kannt). X das Geherimzeichen des Pythagoras/ und sein Lehr-satz/ mit den drei Seiten/ Ägypten das Henkelkreuz ist Leben/ (Mensch) die Rinne  Urne/ der unzerstörbare Wurm/ von oben nach unten: das Kreuz/ wie eine Note und die V der Sehnsucht/ fortzudauern./ Schon jetzt geht das Kommende mit unsdurch/ versetzt den Fleischberg/ der Pflanzer steht als einziger hoch in der Landschaft/ Tropfen ein Augen/ hieß lacrimae christi/ Adieu Maddalena/ auf Nie/ bis bald.
=
Aber was klingt da/ im 19. Psalm/ qâw ist Klingen/ Messschnur/ vermisst die „unhörbare Stimme“/ die Saite Eins “Werk seiner Hände“/ ein Tag, der sagt es den andern/ es reißt nie ab/ dies Gesetz/ Ein doppeltes Tönen im Dreieck/ das Wasser schlägt an die Bordwand/ wir alle im Schiff/ der Herzschlag macht so den Qânon sehr Nahe mit/ was er erzählt/ erzählt er in Intervallen/ hörst du Distanz jetzt/ tritt aus der Luke/ sieh den Golf wie er im Glanz des Lichtes ist/ allem Sein Auge/ das schwingt. -
Und es ist Sonntag/ von der Stadt her die Glocken/ in der Kirche eingesperrt/ sitzen sie.
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Was aber der Welten- oder Lebens-Baum/ ist von dem wir gefallen/ weiter weg als jeder Apfel/ auch in zwei Hälften geschnitten wir Nichts/ bei Adam und Eva/ schönes Märchen.

Er aber ist / wie Jamblichus schon sagte/ zur Arithmetik des Nichomachus/ dass die Pythagoräer von der Monas der Einheit sagte, sie sei „ die Grenzscheide von Grenzzahl und Mehzahl/ weil von ihr aus/ aie aus einem Samen und unvergänglichen Wurzel: nach beiden Seiten hin/ die Gesetze der Wiederv ergeltung ist. / Es schlägt wieder die Turm-Uhr. Und ein Surren/ alles geht ja zu weit/ ins unzählige Blau/ so brummt das Privatfluzeug auch am Himmel/ neuer der Abfall…?/ Gesetz der Wiedervergeltung/ diese Inflation vermehrt wird/ bis wir ersti-cken im Missklang des Neuesten/ ins Unendliche die Teilung/ die immer kleinere Weite ( Delta t) ….
Wund in uns verborgen/ immer noch das größte Geheimnis/ al er verschwand/ trennten wir unsere Kraft/ und wurden Mann und Frau?
Wie das Zen-Bogenschießen.
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Vor neun Jahren begonnen/ alles IHN machen zu lassen/ und hab sogar meinen Namen vergessen/ Beherrscher der zehn Vayus: Dasharath.
Am wichtigsten wäre (auch heute am 18.7.2010) gegen das Un-heil des Alters/ wiedxer dahin zurück.
Den Zustand der Langsamkeit/ und den Lebensbaum in mir/ di Schlange zum Erklingen bringen/ nicht mehr mich leben wollen/ sondern Ihn/ Dasharath sein, nicht D./ Herauszutreten aus dem Gwohnheitssystem.

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Lesen im Tagebuch von 1984/ 12.9. Portovenere/ Ligurien: Ein Hörbild zu schreiben/ Auch die Odyssee spricht von Musik und von der Zauberin Kirke. Nachleswen und aufnehmen? S. 51-. Gedichte nach Montle 56/57./ Juniabschied 63./ Die Tagebuch-form geschichtet und in Schnitten.


Calvi, 15.Juli 1985
Wieder Montale. Schon Vernazza ist unberechenbar/ wehe du meinst/ zeilenwweise: es hier herausbrechen zu können, so abzulegen das Hier: Es geht weiter, sogar am 12.9. 1984, am 15.7. 85 oder heute am 23. 9. 2009, jetzt, wo ich schreibe./ Und ich lade dich ein/ lass alle Pläne fallen/ die rechnen mit dem Kalender. / Der aber ist immer wieder/ ungültig. Ins Nichts gefallen/ der 12.9.84, der 15.7.85/ wäre diese Schrift mit verfallen/ mit der ich jetzt lebe: sie IST. Und ich erwecke mich von den Toten./ Tauch hier zur Weite/ blau schäumts. Und im Montale (auch er längst tot/ und doch wieder hier:) heißt es doch in der Ekloge S. 3a: bis zu Vergil/ von der „missglückten Stunde“ (ora fallita) ist die Rede/ weil sie unterbrochen wird/ durch das Rollen eines Zuges. Und ein Vogelschuss zerschellt im Kopf des glasigen Äther. Ein Vogelschwarm rauscht auf wie ein Wolkengruss/ ja, wie ein Wolkenbruch. So steigt nun doch auf das Idyll/ und kann sich erneuern.
16. 7./ 17.7. (S. 60).Fahrt nach Girolata/ rote Riffe. Grobe See.och wieder das Paradies/ Bucht umgeben von Bergen/ lauter Klischees tragenen mich rum/ und Augen glänzen wie bei einem Kind/Tatsächlich der Bucegi! Spiegelt sich/ bein Fisch darüber hinweg.ine Berührung findet nie
statt. Unsere Forme gleiten wie andere Grenzen an uns vor-bei.Am Strand aber/ wie in Matalla/ ein Nest verkommener Wandervögel/
Nackt die Frauen/ viele Dreiecke sahen herüber./ Nachts dies Weiche/ eine Frauenhaut um mich/ ihre Arme um mich.
Als ich erwachte/ wusste ich: die Außenwelt will mich nicht mehr annehmen. Die Schöne gab es nicht mehr.
Mach jetzt ein Jahr/ ungeschehen. Vernazza, lass alte Pläne aus/ rudere mich hinüber zu den nackten Frauen am Strand/ weiß das Blatt, das Haar./ Denn die Ausgangs lage ist anders fürs Schreiben: schmerzlich die Entbehrung von Wirklichkeit/ die Wirklichkeit des Mangels an Lebensgefühl, spür hier/ wie blass es geworden./ Nur weiterer Mangel sinnlose Askese steigert es/ sinnvoll solls sein: / als gäbe es Gebete/ Rauch au den Zeilen springen bis weit hinab zum Beginn der Hieroglyphen:/ Zeitphasen produktiver Trauer/ so verschwindest du/ wirst wie das rötliche Gestein/ das das nackte Mondgewächs brennt./ Schamhaar verglimmt in diesen Satz meiner Zunge/ begehrlich ins Verb:/ Spur der Vor-Schrift wird wirklich: logoi spermaticoi des Enthüllten/ das nur im Dreieck gleich ist/ nun das Geheimnis erkennen zu können ¥ : als wäre es ein X oder die Sanduhr/ wie sie mir die Sekunden zählt/ die gelebten. Vertrauen über dem Grund/ schaukelnd. Auch dieses ein „Juliabschied“. Ich kenne das Datum: Jedes Jahr. Heute ist der 24. Juli 2010./ und ich muss keine Zukunft erfinden: Sie ist da.
Nur wenn ich es so sehe/ durch die Zeitung hindurch/ tönt es; zerreisst das Papier und mich/ was darauf stand/ wird wieder wahr/ die Schmerzen stehn still. Was noch sein wird: ist längst geschehen. Und sucht seine Schuld. Wir werden nie mehr sehen können. Die Tat war unaufhaltsam/ verborgen und etwas fließt schon lange durch mich hindurch/ als wäre ichs nicht, und träu-me, was ich sehe. Notwendig bleibt nur/ was weit entfernt ist/ aber nicht aufhört/ sich einzuschreiben. Wir wissen nicht/ wem wir gehören/ so taumelnd/ uns gehören wir nicht.

Doch verblasst / der sich nähernde Tod weitet die Ringe/ das Wachträumen wir stärker/ das Ich fast ein Urvieh der Großväter. Daraus endstanden wie im Schlafwandelm schuldlos die Morde./ Ich mein, ich bin dem Steine nah/ und das Erstaunen der Distanz nimmt zwanglos ab. Und träume/ was ich sehe. Bin manchmal nur verwundert. Doch es ist nun Zeit bald heimzugehn ins Nie des traumlosen Nacht./ Kein Schlaf/ kein Wort/ kein Niemalsmehrwieder/ ruhst ausgelöscht im Nichts.
Sieben Uhr Läuten. Der Vater zur Nacht. Und einer schließt die Zeitung./ Das alles ist/ solang man wacht. Dann ist es unbe-schreiblich. Und auch das Unbeschreibliche nichts als Nichts/ das nicht mehr ist./ Und keine Leere/ keine Engel gar/ der Herr-gott bleibt sich unerkannt/ du bist dann nicht bei ihm/ weil du dann gar nicht bist!

*
Aber jetzt noch ein Ja. Einfach hinüberschwimmen / an den Strand zu den Frauen, eine auffordern zu kommen.“Komm mit“./ Und sie wird kommen. Ganz bestimmt wird sie kommen. Weil ich es will Und sie lieben/ im Wasser. Im Sand. Und sie will es auch. Und macht g ganz herrlich mit:/ Dies will ich: lieben/ mein Herausgestelltes Sein aus der Natur vergessen/ einen Augenblick eine Nacht/ eine Nacht aus einem Augenblick lang/ sich ganz zu vergessen.

Abends wenn die Bucht das Kastell sieht/ die Einsamkeit alles zu/ das vertane Leben/ zu zweit/ kein übriges. Was bleibt wird aufgezogen/ ein kleiner Hund. Scharf die Kontur großer/ Verlassenheit. Die Nacht auf glänzendem Wasser des y/ greift ein./ So geht es weiter/ und die Müdigkeit wächst sich aus/ ins Sinnlose./ Schönheit tut weh/ einsam.


Girolata 18.7. 19.7. 85
Kaum Mut. Alles schlägt nieder./ Natur/ die nur in mir einsam ist./ Im „Spiegel“ gleichalt Gorbatschow. Nachts die vergessenenen Träume viel bunter als der Tag. / Am Tiefpunkt des Willens/ lege ich an.

Dänische Frauen/ nackt am Strand/ ein Wanken. Aber der Tod setzt in mir seine Zeichen . Geblieben ist nichts als diese Zeile, die sich manchmal noch erinnern kann. Der Moment: rötlich schroff/ korsisch karge – ein Greisengesicht/ eine einsame Frau mit einem Hund in einer Blechhütte wartet auf ihre Liebe, als wär er Natur/ kein Echo der Auflehnung oder der Gleichnisse mehr von weit her in mir/ sehe ich zu/ glasklare Kinderwelle an den Strand zu den Dänen. Unter Wasser ein verschwimmendes Mädchengesicht Helsingörs 1 Idiome schwirren in der Luft/ Ba-byfriedlichkeit aller Fahnen./ Im Radio wird die Beerdigung Bölls angekündigt. (Katholisch).

Es muss uns geben / auch im schwankenden Endpunkt. Erst der Tod wirft uns aus/ als müsste wir durch unser Nichtseins wieder ein Recht erhalten, das wir längst hatten/ manchmal hoch halten/ die Auflehnung von diesen Gedanken / der verschüttet war. /Immer länger die Leine, bis man sie nicht mehr sieht.
*
Was mir bliebe/ eine Biografie meiner Heimatstadt/ Punkt des Vergessens in mir dieser Anfang, der alles versprach. Ganz wie bei allen/ ein Beispiel also/ diese Peripherie., die sich wundert in mir dies Zentrum zu sein. Und so weit Gefühle steigen/ ists als ginge es wirklich auf Fahrt „nach Hause“.




20.7. 85.
Morgen Ajaccio. Noch Ausflug zu Robinsons Badebucht mit Kühen, einsames Haus.

21.7. Sonntag. gestern völlig falsche Entspannung. M. Durras La m…. de la Mort gelesen.

Diese letzte Entspannung/ heißt es doch das letzte Aufleuchten, eine Frau im Bett. Suchst sie aus, Zählst gar. Das Meer, sie, ist schwarz. Der Tod hat gebrannt. Müde die Augenlider.

Geliebt und getrunken. Mit einem livornesischen Lampenher-steller
Nachbarboot. Der Livorneser sieht maurisch aus.

Unlust der Müdigkeit.
Zu keinen Verbindungen mehr fähig.


22.-25. Juli.
Reise über Ajaccio und Porto Pollo nach Bonifacio. Von dort über Lavezzi, Cavallo in den Golfo dela Manza. Gestern gegen 13h angekommen. Dann nach Rondinara gesegelt. Der erste richtige Ferientag, entspannt trotz der gefährlichen Ecke.

26. Juli
Rondinara. Das langsame Wiedererkennen. Hier ist die Schrift nicht mehr nötig, um das Leben zu rechtfertigen, sie ist auch so zu sehen, die größere Schrift, die dort am schwarzen Felsen steht, an nackten Frauenkörpern, dem blaugrünen Kristallwasser/ dem Aale im kleinen Stagnos/ Aale, der an der Angel hängt. Die Schrift: sich leben lassen/ ohne Anstrengung sein/ getragen (von Wem?). Manchmal nur zuckt mir der leise Schmerz auf, der Riss wird wieder spürbar, die Angst klingt/ ab., die mir di Kehle zusammenschnürt, atemlos, die Zeit mehr als halbiert, jetzt ist sie vereinfacht, in mgestern völlig faklsche Entspannung. M. Durras La einer Bewusstlosigkeit strömt die Welt ein. Tiere liegen um mich, Bergkuppen.

*
Beim Lesen von Ciorans Lacrimi ṣi sfinţi. Diese Unfähigkeit, dem Augenblick zu begegnen ist die Folge der Dauerexstase durch Schreiben, eine Droge, ein Gottersatz, aus zweiter Hand, was die Heiligen aus erster Hand hatten, das Leben entschwindet vor einer anderen Größe, die die Sammlung ist, und uns absent sein lässt, was Genuss genannt wird, Sinnesfreunde wird vertrieben. Askese also als Exstase?

Dieses Bedauern: Überzeugung und Gefühl, einen kleinen schwarzen Käfer in Moor, wo zehn schwarze Kühe mir zusahen, in eine Lehmkugel eingepackt/ er hatte sich tot gestellt. Ich wollte ihn als Köder beim Fischen verwenden. Als hätte ich plötzlich alles verloren, was mich vom großen Mordtier Mensch unterscheidet. Und dann spießte ich ihn auch noch auf eine Angel, sah, dass er transparente zarte Flügel hatte.
Dieses unbewusste Leben ist keine außerhalb stehende Anstrengungen mehr, verführt, darin zu versinken. Wenn ich den Punkt außerhalb dabei hätte, wäre es Meditation.

Erinnere mich, noch vor einem Jahr in der Buch St. Cyprienne, die Hoffnung auf Liebe… Als hätte ich es aufgegeben, danach zu suchen in diesem Jahr. Je kleiner die Erwartung, umso kleiner auch der Zustand des Krankseins, als wäre alles aus. Früher meinte man, das Alter beginne oder man sei von allen guten Geistern verlassen.
Lese: Über die Ermordung der zwei Millionen Armenier 1915 durch die Türken..

26./ 27. Juli 1985 Rondinara.
Das Syrinx-Ufer von Jean-Pierre, dem Malerfreund und Noch-Frasquita-Besitzer. Dort habe ich die Figuren seines Zyklus wiedererkannt.
Die Steinfiguren: Ein Eselskönig.. Neben ihm ein Mottenwesen als Frau./ Ein Mondskalb in der Spalte. Bode. Bode.
Ob die Rätsel nahe kommen./ Wieder bei der Masse dess Ur-laubsproletariats. Camper überall. Und das Meer verwickelt sich in Plastik Fast ist es manchmal wie in der Tüte klein gemacht.

Nachts Träume. Dass der Papst, in Weiss gewickelt/ wie ein Säugling/ starb. Ich hielt ihn in meinen Armen. Rettete ihn.

*

Dann Beitritt mit Hem zu einer Räuberbande. Die gestohlenen Trauben und Äpfel räumte ich auf einen kalten Sack. Ich wusste nicht, wie ich aufräumen sollte und hatte Angst.

Unangenehme Brandung/ wir sagen „rissacca“. Kein Schlaf./ Folge des Ostwindes. Aus dem Radio dann morgens, mittags u. abends/ die Nachrichten von „draußen“. Im „Spiegel“ ein ganzer Titel über Reagens Krebserkrankung./ Geht er?

Diffus und abstrakt/ diese Botschaften. Als kämen sie verrückt gewordenen fremden Planeten von einem verrückt gewordenen fernen Planeten/ doch was ist wirklich/ dieser ferne Sand mor-gens, das Geträumte – oder das Gekräusel der Wellen. Um vier Uhr der Sternhimmel/ im Norden die Cassiopeia/ ganz hell und groß auch der Hund/ wie auf meiner Sternkarte/ als wäre noch etwas da/ gewesenen Menschheitsfrühe/ und meine Kindheit Jetzt.

*
Das „Numinose“ ist das, was von „damals“ blieb.(van der Leuuw). Auch Yeats hic visione.
Ich aber bin taub geworden. Der Unglaube erschlägt.
„ Glaubt nicht Schicksal sei mehr als das Dichte der Kindheit.“ (7.Elegie). Doch getrennt seither.
Doch allein von mir/ ist die Schuld abgesegnet/ nein, sie ist um mich geästet/ als wärs die Meeresküste schon/ der Ekel schlägt dich/ fern/ wird der Menschen Kindheit/ abgeschlagen/ wie das Wasser .- Ists Diktat der Stimme durch die Sprache./ Und plötz-lich höre ich vom Strand die vielen Kinder/ ein Wunder / wie aus Sand.. Was noch durch mich geht/ sei ein Leben./ Das Gedicht aber/ hat noch immer ein Gefühl/ allein für sich./ Wie wärs/ erstickt in dir/ das Atemlose/ blaut nicht/ denn / es sei die Tote/ um dich/ die du nicht lieben konntest./ Wie hat diese Enge anders zugeschlagen/ gedreht/ kein Wind/ die Spindel/ die die 3 Nornen/ in ihrer Hand zerschnitten/ das ist der Faden/ doch du trennst.
Gedacht/ kommt es/ von wem gedacht/ von dir?/ Als du am Strand warst/ wie in Kinder Hand/ dies Schriftbild weit von dir/ ein anderes sprach/ und jetzt geht’s langsam oben auf der Zeile, der Marktzeile?/ Alles, was du gelebt, kommt jetzt hier wieder an./Und draußen geht der Wind/ du sprichst vielleicht im Traum von Ihm/ morgen auf der Zeile.

Obs „Geister“ gibt?/ die Toten leben?/ Wer ist umgeben hier von wem?/ Und das Bewusstsein kann nicht langen/ kann nicht reichen./
Doch stößt mir viel zu wenig zu/ von dieser Art./ Dass ich ge-fangen sei/ in dem, was sich mir sagen lässt/ ich Unheil/ Un-glück/ weil die Zeit sich so und / reinen Wein verengt/ nichts traut / sich in mir vor, was schon der Duft der Macchia ist/ und die blaue Welle im Ohr. Zikaden schlagen ja/ ganz sicher aus dieser kleinen Art./ Und im Verlassen von „elemental things that go/ About my table to and fro.“ ( Wie bei Yeats Frau/ der automatischen Schrift / von Anderswo.

Aber die Wiederkehr/ solls Sein?/ Gulliver/ ganz klein/ oder zu groß/ als wär ich eine Ameise/ dann wieder ihr Gott/ zu Fuß bin ich/ da stechen alle spitzen Steine/ die Haut zu dünn/ schon wieder einmal Oedipus/ der Unordnung/ und Trauer der acedia/ zurück bis Le Fleurs du Mal./ Todkrank seit hundert Jahren./ Die Leere hat nichts Heiliges/ doch zieht sie nach/ ein schwarzer Wirbel ists./

Ja, Delphin waren wir vor Jahren/ Omphalos, das Loch der Er-de/ Wo ist die Mitte/ wenn nicht hier/ wo das Wort steht/ mitten in mir am 27. Juli 1985. Und heute am 25. Juli 2010. Loco hieß es früher. Die Leute der Megalithkultur aber/ die sah ich gestern/ die Geister versteinert/ in der Klippe/ nähe Punta della Volpe/ Fuchsgesicht/ innen/ semantisch/ ie erlebt zwischen den Satzzeichen/ un nur auf die Sprünge helfen/ lesend/ die Frage/ wo willst du / begraben sein/ wenn ich ihre vergangenen Gesichter sehe. Kaum wissen ohne etwas zu glauben/ was wird nachher sein/ oder Nichts/ schon der Prinz/ schon der „Prediger“ HioHiob/ oder ägyptische Hymnen/ kamen der Müdigkeit vil zu nahe/ auch ich bin todmüde wie jener Mann/ diese Angst ist groß vor dem Wissen/ ein Choc: dass es jenes Land keiner Wiederkehr gibt/ das nirgends sein kann/ außer und Hinterbliebene./ Befestige/ doch dein Herz/ im Vergessen dieser traurigen Dinge/ die kommen werden/ der Schlag./
V-erkannten Eilande du am Leben sein darfst/ was es gibt/ so-lange es geben kann/ für dich/ bevor es hinterrücks ins Dunkle/ was weißt du denn/ im letzten Schlaf endet/ wo die 

die Engel für dich denken/ schreien/ oder in ein Gramm Mineral/ Atome leben weiter/ die Schalen sie kreisen/ Sprünge wird’s geben / Spuren von deinen Gedanken im winzigen Krümel/ was ISTI Und du schreibst jetzt daneben/ Rührung geht ja nicht auf/ wie Gleichungen gleichen/ dann wem?/

Saug ein diesen Tag/ der sich schreibt über dich/ die Rezepte/ sie auskocht Humor gar/ sollst mir dabei sein/ wach innen im Moorgrau. Dort bei den Kühen vielleicht/ wirf dich auf die fri-sche , rissige Erde solange der Duft dich erreicht/ hier oben in der Bläue/ im weichen Licht/ immer nur weich/ wenn du frei bist.


„Wäre ich nie geboren worden/ so als hätte es mich nie gegeben/ sagt Hiob/ gäbe es den Tod nicht/ und auch so kehre ich dahin zurück, wo es mich vorher nie gab.
Diesen Schlaf tun, lang der keiner sein kann/ im Wort nicht/ nur das Wissen der Steine/ weise sind meine Neutronen nachher/ im alten Klang seit der Erschaffung der Welt/ und von Licht/ das nicht die Sonne allein ist/ das Ende nur so/ als wäre es ein Kin-derlied.

28. Juli, 29 Juli Rondinara
Schon starke Winde. Abschiedsgänge. Doch kaum noch Erinne-rung an solch einen Tag.
Abendspaziergang. Kleine Begegnungen. Ordinärere Art. Nur auf die Schwarze Muschel aus./ Einschnitt im Frauenkörper: Besessenheit und Neugier. Da lagen sie gruppenweise und sandten Signale. Sonntags vor allem.
Schwesterscharen, Mutter, gierige Geliebte. Und auch Jann, de-ren zweites Gesicht zwischen den Beinen, die Frucht nur/ dieses haarige Geheimnis. Und doch Sehnsucht nach einer fremden, ja, fremdesten, nach einer Inkognito-Berührung. Spontanfick sagt sie. Und sucht ihn auch. (Erica Jong: Am nächsten Tag).

30. Juli. Noch stärker dann in St. Giulia beim Club Meditteranee.
Flucht vor den starken SW-Winden aus Rondinara Richtung Porto Vecchio. Streit mit Jann vor lauter Nervosität schon beim Ankern. Fuhr fast auf einen Motorsegler (Zweimaster) auf.

Was gab es an menschlichen Begegnungen? Zwei italienische Ehepaare. Nachbarn. Ein paar Rufe von Bord zu Bord (die vor allem dem Hund galten!) Humorblicke, Satiren: Die Frau lag nackt an der Reling und reckte ihren weißen Hintern. In die Luft.
in St. Giulia ankern, am Strand entlang, wieder meine verstohle-nen Blick nach der „Frucht“. Weshalb eigentlich „verstohlen“ Ist doch ein Zeichen von Nichtgealtertsein: Auch vor Jann diese Scham. Ich müsste freier sein. Oder kommt diese „Verklemmt-heit“ aus der Erziehung? Erregend hinter den Klippen dann die offenen Vs, di sich hingelegt und bewusst zur Schau stellen. Wohlgeformt. Hier wäre ich gerne lang liegengeblieben, Vo-yeur-Sein genießen. Und nicht nur. Wäre bereit gewesen mit je-der von diesen braungebrannten Wesen zu Vögeln.

Mittagessen auf einer Terrasse. Dann der Gang zurück. Und – oh Schreck, das Boot weit draußen abgetrieben. Wir rannten zum Gummiboot und fuhren ihm nach. Der Wind inzwischen stark, etwa 6 SW. Wir waren auf die Nachbarn zugetrieben, die hatten verantwortungslos alle Leinen gelöst. So trieb das Boot 70 m draußen bei den Klippen. Verrückt. Der Horror, es hätte zerschellen können. Der Ostwind nahm zu, brachte das Meer, di in Aufruhr. Brandung. Kein Bleiben möglich. Abfahrt nach Porto. Es war 18h. Um 20h kamen wir an.

*
Kann Dionysos nur Grieche sein/ hat er Humor/ oder trennteer uns vom relativen Denken/ an der langsam sich bildenden Zeit der Tragödien?
Er spielt sich in Musik auf/ sagt Nietzsche zu uns/ heilt nicht/ lässt sich dann von spitzen Frauenschreien zerreißen und weißen Armen / wie Herr Orpheus/ der den Tod mochte/ vielleicht als Klang eines Haars in der riesigen Spalte der Nacht Scham und Ufer, wo der Eingang immer offen lag. / Und das Und du lässt es links liegen/ du Idiot.
*
„Leben“ hängt sich daran an/ ist noch in der Restbegierde/ das Alter schreitet voran/ es würgt irgendwo schon der Eis-Hauch/ kein Atem wieder/ Versiegen mit offenen Augen Zusehn/ wie du vergehst.
Ja, und schon gewesen./ Was hält da/ die Danaiden/ die Bindung passè/ dafür gabs dann Zeit/ die Reue/ löchrige Fässer/ Anstatt der Hoch-Zeit.

Porto Vecchio. Rückblick, 1. August. Notierte schon im Septem-ber 84 zum VT:
„Jann als als permanente Alters-Nähe, nicht das Neue kommt mir zu// nur Gewesene./ Ullyss aber ist das prickelnde Abenteu-er/ das Überraschende fehlt/ und du bist vergangenheistsüchtig/ dazu noch/ die Sperre nach vorn/ Rätsel des Offenen, die Utopie/ die rasche Wandlung. / Nur das Schwarze Dreieck/ anstatt des Delta t?

Gestern Gang an die Nordseite des Golfes/ Überraschungen/ im Blick/ die Korkeiche im Sonnennetz des Wassers/ milde Spiegel/ Kristall/ schaukelnd. Ich im Geäst/ dann nackt liegen im flachen Meer/ grober Sand auf das Gekräusel bringt keine Zeit heran/ der Sand staunt/ wie der kleine Hund neben mir/ Jann/ der Schatten ist löslich geworden/ Augenblicke gehen offen in laufenden Wellen/ wie das Wasser klingt/ dahinter der Park eines Landhauses/ Stimmen in der Luft.

Langsam der Weg durchs Wasser/ watend/ spitzer Fels und run-de Steine mit Brücken für Badende. Im Golf Trinté / Staginolo (Porto Vecchio) spielende Hunde/ hingerekelt die nackten Lei-ber/ draußen scharf schlagend/ Wellen Wasser-Berge/ der Mistral/ pfeift in den Masten am Fischerhafen/ dann die Camper/ Schrebergärten/ Kunststoff/ und wieder stehendes Gewässer/ watend zur Landzunge und dann der zu durch den Pinienwald/ tausende Anackt durchs dunkle Wasser/ Rückkehr in den Hafen mit dem Beiboot.
Überall/ nur verstreut: das Dabeisein/ ein Augenblick Rast im Augenblick der andern777 PUNKTUELL ETWAS Aura/ rusti-kale Pizzabäckerei/ eine Oma füllt am Wasserhahn eine Plastik-flasche/ Nirgends kehren wir ein/ dies e Hast treibt / die Angst vor der Nacht. Mittel die uns helfen/ hier zu sein/ vertreiben uns schon/ das Beiboot könnte uns gestohlen werden./ Oder abgetrieben vom Westwind/ draußen treiben.

Brav trappelt der kleine Hund mit/ ganz im Geruch/ immer da-bei./ an der Nase geführt und doch froh./ Keine „Zukunft“ stört/ bricht ein/ wir den reinen Raum wie vor uns/ nur halb sind wir dabei/ das „Unterbewusste“ ist fern/ alles nimmt schon Angst-gestalt an/ Bedenken/ der große Schatten zeigt sich jetzt/ und dieses Jetzt ist immer/ ein schwacher Abglanz wie das dunkle Wasser/ das/ das wir noch füßr den Heimweg vor uns haben// verstellt/ was uns der Hund schon vorzeigt/ zitternd.
Die Zeiteinteilung schon zerhackt/ ein wenig wie im Seitenblick ist diese Nacht unheimlich/ sie aber hat der Tod geschickt/ wie eine Abwehr/ lässt es kaum mehr wissen zu/ und abgelenkt/ die schwarze Bindung ist bequem/ und mit dem Motor/ der uns übers schwarze Wasser treibt/ beschäftigt/ gibt es dieses Wasser nur als Spur/ Fahrwasser, weißer Schaum/ die Schraube dreht hier die Spirale/ der man drinnen zu entgehen weiß/ ganz um/ jedem Zustand rascher zu entgehen/ die Hilfe hat uns aus dieser reinen Welt das Rätsel schon hinausgetan/ in unseres, das uns krank und eng umgibt/ ein Leben im Detail/ und hier die Zeile die/ wenn es mehr noch nachträgt/ den Zusammenhang, das Ein-zelne zusammenführt/ was längst gewesen reiner macht, dies einmal und Niewieder/ das mich ach, zu schwach noch schreien lässt. / Das Tier in mir/ ein kleines Echo noch/ als wärs ein Negativ/ nur halb zu sehen/ die Augen nie mehr zugewandt und offen./ Und auch der Schwanz , der wieder aufsteht/ wahrgenommen/ kein Zustand darf mich haben./ Nur Zuschauer zu sein und doch dabei/ ist arg. Und immer absichtsvoll/ im Abschied/ und alles fließt vorbei/ als hätte der Gedanke recht/ es wären doch nur Schattenwelten im Atom/ das Licht, ein Spin/ - Und sterben solls/ so schnell als möglich// Wir sind die Toten.
*
Baudelaire lesen (Benjamin 94)./ Flaneur und Dandy/ Nichtstuer von Beruf/ Nachfolger eines frühen Heroi?/ Wo fährt man hinaus ins Abenteuer??

Größe und Gelassenheit/ So sah r die Segelschiffe/ sich Wiegen vor der Rede/ Warten auf das große Hinausfahrt ins Glück/ offene Luke ja/ erleuchtete Fenster im Meer/ wie ich sie eimnst in Kreta sah/ Samariaschlucht bei einem Alten mit Vraka/ schwarz. Dort ankerte damals ein Schiff/ Jetzt schreibe ich aber auf einem Kartentisch/ doch die Realität ist anders/ die Hinausfahrt wird Alltag/ und Angst:/ der Heros brüllt vor Wut/ und im Hafen ziehen sie ihn für die vielen Reparaturen das Geld aus der Tasche.
*
Ha, diese starken Schiffe, die so sehnsüchtig und so müßig aus-schauen – fragen sie uns nicht in ihrer stummen Sprache: wann fahren wir aus im Glück
Getragen werden von großer Geborgenheit: ein reisendes Haus?
*
Im Ort Porto Vecchio./ Genrebild. Ein schneller Kuss gegenüber/ ein graziles Rucksackmädchen/ verabschiedet sich eben/ für immer. Daneben über die Tische/ geht eine stark geschminkte Mulattin/ die Hauptstraße hinab.
Wir haben Gemüse eingekauft (und Wein und sitzen ruhig/ als könnte die Glocke der Kirche vom Platz/ uns nichts anhaben./ Denn/ was zeigt sie an/ wenn eben im Kaffee, wo wir sitzen/ das Telefon schrillt wie auf der Bühne/ und die Leute vor uns vom Nacktstrand von Chiappa reden/ wo ich in Gedanken bin/. Wa-rum immer wieder/ diese Obsession?/ Ist es die versteckte/ die unbewusste Zukunft/ die in uns rumort: Zeugung/ die uns das Leben verlängert: so harmlos die Kinder aus der dämonischen Anlage in uns?
Irgendwo durch das Rauschen des Verkehrs/ hört man eine Flö-te.

Freitag, 2. August 1985.
Nachts: Traum. Erfuhr, dass Jugendfreunde in S. Literarische Abende veranstalten. Ich natürlich nicht eingeladen wurde. Jetzt plötzlich bei Löw. Dann bei Kibi Leonhardt. Sie lehnten mich ab.


Traum einer endgültigen Trennung von M. (Dabei ist es schon 10 Jahre her.) Eine gemeinsame Schublade mit alten Briefen wurde getrennt, aussortiert.


Samstag 3. August
Abfahrt nach Campoloro. Die Korsische Hochzeit dann in Campoloro. Besuch im Club Corsicana. Nacktstrand. Soviel Fleisch. Die nackte Wahrheit ist nicht das Wahre. Trotzdem be-ruhigt sie.


Sonntag 4. August. Sturmansage Windstärke 8. Flucht nach Bastia.
Montag 5. August. Bastia- Macinaggio. Die Fischersfrau auf ei-nem deutschen Elbkahn. (Cuxhafen). Die Sanftheit und Milde Hoffte sie wiederzutreffen.. Sie. Steht für alle in diesem Augen-blick.
Der Sturm gestern/ die blaugrünschwarzweissen Schaumkronen weit draußen. Der Brand oberhalb der Stadt. Die Schiffe, die sich im Hafen auf die Seite legen.
Ankunft und Sturmvoraussagen Windstärke 10 am Cap Corse. Das deutsche Schiff folgt uns.

Dienstag 6. August.
Nachts Sturm SW. Morgens gewittrig/ stürmisch.: In der Camar-gue Springfluten, Verheerungen. Heute Hiroshimatag. Sturm den ganzen Tag. Jeder überhöhte Text wirkt jetzt. Ich kann weder lesen noch schreiben.

Mittwoch 7. August 1985.
Vor vier Jahren in Marina di Campo den 47. begangen/ voller Trauer schon und Resignation. Es bleibt nun nur noch Kaysers Orphikon. Haha.
Katharer_Sein, Gut/schön/ nd wahr wie bei Shakespeare-Sonett/ Celan. Das Eine/ das gesammelt ist/ bleibt/ das Geheimnis/ Moll und Dur gemeinsam erklingen Jetzt.

Mit zusammengebissenen Zähnen den selbstgewählten Pseudo-„Asketen“-Weg zu gehen. Weiter nicht zu „leben“, zurückgezo-gen nur in solchen Zeilen/ die ein Spiegel sein wollen. (Viel-leicht sind?)



1985 aber TBSchichtung aber: v8. 12.85. Rückkehr…. Da steht „abgeschrieben 99.“Eben brachte Vetta die Post/ eine illustrierte Karte vom Dritten aus Hamburg. Eis und Schnwee/ viele Gänse und ein Baum… … 1972. Vesuv. Überall liegt Lava herum/ und es kommt mir vor/ alsbrenne mir der Boden/ wirklich unter den Füßen.“ Damals wars. 13 Jahre/ und was ist unser Leben/ Trauer. Dante wollte ich lesen oder Pound/ um es in den Historien aufzubewahren/ sogar im Krig/ der besser sei/ sagt Amèry/ als der Untrost des Alters/ die graue Wand/ an einem Haar.“ Die Bucht von Neapel zu Füßen. Schönheit ja. Und Capri durch ein Wolkenloch/ wie heilig sonnenbeschienen.“
Nebel damals. Und. Und ich n ahms voll auf/ auch wenn ich meinte/ es sei nicht mein Leben/ so lebte ich doch/ und ging mit dirso sicher, so sicher über den Grund“Ausgeflossene Lava. Erdmagma. Ich – für alle Ewigkeit? Jeden Augenblick kann et-was passieren. Wie in Pompej.“ Am 5. Dezember 1985, also vor drei Tagen, sahen wir auch Herlunaum. Der Horro war still. Wie Jann so still. Jetzt 8.12. 17h, 47. Wenn ich „jetzt“ schreibe. Da-mals gegen gegen Mittag. Ende November 75 (?) ein Führer/ zeigte uns den qualmenden Boden, den Abgrund des Kratesr./ Aßen in einer alten Trattoria/ Dazu pompejanischen Rot-wein:Und gleich nach Salerno im dichten Nebel.Kein Wort zur Küstenstraße/ Positano: Sorrt.
Das Unbetretene beliebt. Unbetrbare. Gehört uns. Ich sehe mit deinen Augen ein Prospekt, das du weglegst. Es landet/ im Pa-pierkorb.

Aber auch diese Aufzeichnunmgen/ dieses Heft/ lange nach dem Krieg geschrieben/ „hätte gut, niemandes Heft sein können: so tief unterhalb menschlicher Wege und Reisen liegt der Sinn eines ;Menschenlebens verborgen.“ (R. Char.)

In Sorrent fragte ich damals nach dem Preis des Hotels „Syrene“. Damals wars/ hoch über dem Steilufer/ Palmengarten/ schöne Räume/ „Villa Pompejana“/ zu teuer/ vo drei Tagen war es geschlossen.“Zimtgeruch. Wie/ Sinn der/ die alten Lampen über uns.( Wie in S.) Sägen und ein Geräusch/ aus der Kindheit (Herr Nagel und mein Kopf.)“ Und der wahnsinnige Tasso kam mir entgegen.
Auch amals Dwezember.“Orangen reifund leuchten übers Meer.“ Kein Tourist“. Es war auf der Rückfahrt von Amalfi und Positano. „Bei Nacht noch wunderbarer der Golf. Drüben liegt Neaüel und der Vesuv.“
Begegnete Andres in Positan/ und las dazu Tassos Geruslemme, samt dem n irren Briefen an seine Schwester. / Und Parsifal aus dem Radio/ eine Kassette im verzauberten Gaten ( des Klingsors). Kam aus Siebenbürgenm)/ war er nun da und er-schöpft/ kein nervum rerum?/ Sah HerHerbst und Reif/kam Sonne/ wie ich vor der Mole in Amalfi stand.

Und in elea 72
Die Liebe überwinden/ und die Sinne hinüber kommen/ lassen/ so dachte ich an jenem Morgen im Mantra/ drinnen Ruhe/ es war Hotel Magna Graecia und ich stand um 6h früh auf/ sah Eleas Unbewegtheit…“

Sorent 2: In Sorrent aber Tasso/ von Stimmwen umgeben: So fühlte er Angst vor der Inquisition: Einer war das/ das sagte ich Jsnn im Orangenhain/ weisst du unser Spaziergang zur Marina Piccola durch tiefe Tuffschichten (damals72) Einer war da in Tassop/ der Glaubte…


Steile in Positano/
Und gleich nach SalernoWeiter das Jahr 1985:

7. August. Traurigkeit ist nur in der Leere/ „Leben an sich“ in den primitivsten Reaktionen des Alltags./ Und keine Reife darin/ Das Unmögliche nämlich in dieser Sphäre schöpferisch zu sein/ das kann nur Gott/ die Männer gestern bei Sturm/ Boote festmachen/ die in Not waren.
Für mich das Stürmen/ in der Kabine jetzt/ nur ein Nebenge-räusch.
Rückfahrt am . August. Pieve.
Arbeit am „Ostalbkreis“-Text. Ebenso am 10. August.

11. August.
Wie gestern auch ganz niedergeschlagen. Das Praktische. Die Quittungen – der Junge durchgefallen zum 2.Mal. L. ist völlig a Ende. E bleibt mir nur die notierende Arbeit. Kein Lebenswille mehr. Und auch der Glaube an die Literatur ist nicht mehr da. An mich selbst kaum.


Im Merkur 7/84 von Bahrdt über Altwerden ein Essay, gute und wichtige Gedanken. In der FAZ vom 6. August über Hiroshima. Seither gäbe es einen „Zeitstillstand“
Altersweisheit ist die Einsicht in die eignen Grenzen Und in das Unvermeidliche. Die Abschiedsfähigkeit?

19. 8.
Eine Woche VT. Heute erst wieder Lyrik-Lust. Pessoa Almanacco 9.
Pessoa ist Mystiker und Rosenkreuzer.

ALLE DICHTER BIST DU
Dies Übersetzte was ich meine
Ist zu Haus in mir/ so Scheine laufen/
laufe über/ wie die Milch zu Hause/ in der Küche
Eine Jause. Reime/ weine sie/ die Tränen die
Dich lähmen./ Hat aber Nichts mit meinem
Leben/ und seinen Scheinen zu Tun.


Pessoa war Rosenkreuzer und Kind.

Gestern der Stein/ sagt man
Müsse die Dinge küssen/ wunder/ Bar zum
Trinken/ jede Zeit gab Zeit- Gute Zeit.
Denk doch an Schin/ tanze wie meine Judenfreunde
Sei Chassidim.


Eich sagte auf der Leopoldstraße/ weiss ist mein Wort/ und ist nicht mehr/ eine Briefstelle vor meinen Augen/ gelesen/ und in die Mappe gelegt/ Worte halten den Verfall nicht auf/ wen wir aufheben wie ein leichtes Blättergespinst/ ungültige Liebe/ die wir zufällig sind.

Dahinter ist Stille/ ich habe… lebe den Zwischenraum/ hier im Blick/ was sich noch regt/ die Zeilen mäht/ wie die Jahre/ sogar lange/ sehr lange mir noch bleibt/ wem gehör er/ da alles den Bach runter geht/ horch, es war ein Kind/ dann den Schrei des Esels versteht/ sein Ohr hier/ das Eselsohr/ auf einer anderen Seite.

Dies meine Antwort/ auf die letzte Nacht/ in der täglich mein Leben scheitert.

20.8. (Vgl dazu 17.10. 4.11.)

Ich arbeite ja mit der wirklichen Zeit, nicht nur mit Phantasien. Die wirkliche Zeit ist eine Art Phantasie Gottes.
Eine Poetik ausarbeiten. C. Simeon. Pound. Wich z.B. Zitat aus Domin. Und Almanacco 6. Bodo Kirchoff?
Schreiben als Übersetzung. Realität (an sich) existiert ja nicht. D.h. das Original unserer „Übersetzung“ kenn wir nicht. Die an-dern (wer sind sei?) meinen sie, ja, das Original zu kennen, gar zu haben!. Wenn wir aber ehrlich sind, gibt es nur Metaphern. Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis.
Hubert Riedels Buch (Spiegel, August 85). „Vernunft“ funktio-niert nach Großaffen-Art. Anpassung und immer die einfachste Lösung. (Das ist aber Verstand, nicht Vernunft!) Bessere Ratio hat die weitreichender Unschärferelation Heisenbergs. Teilt nach Wahrnehmungsart auch Zeit und Raum. Die andere Ration glaubt an Ursache und Wirkung und auch, dass das Simpelste die Wahrheit sei. Also Common sense. Also ähnlich wie das Huhn, das seinen Fütterer anbetet, der es schlachten wird.
Poesie allein hat gefühlte Ganzheitsüberlegungen der größten Wechselwirkung. „Ich bin der Baum, das Gras, dieses was ich sage, ist auf einer anderen Ebene schon gemessen, die ich noch nicht weiss.“

1. Juli. Sterbenselend. Obwohl alles offen. Und morgen ist Abfahrt mit dem Boot. So steh ich/ und darf sein. Diktiert nur mir/ die Söpanne Zeit, die ich hier bin./ trägt mir so manches auf/ der Druck hier unter Lindenbäumen/ in Lido. Alles noch tun zu müssen/ was erfüllt deine Aufgabe- und Nichts tun zu können. Denn das wäre schwer.
3.Juli. Abfahrt. Und nur müde. Muffig. Gar nicht da sein zu wol-len. Wut auf JPF. Und das Boot gar nicht haben zu wollen, schon gar nicht zahlen. Livorno-Bastia. Alles nur Stress und Müdigkeit. Autobus.
4.Juli. Campoloro- Solenzara segelnd 31 Meilen bis 18h.
6.-8. Rondinara. Zwei Tage stürmisches Wetter.
8.7. Sanftheit des Strandes.

Frasquita-Reise mit JP. 3. Juli. Abfahrt Livorno-Bastia. Dann Bus bis Porto Vecchio. Muffig. Will gar nich da sein. Wut auf J. Und das Boot gar nicht haben und bezahlen wollen.
4.Juli. Campoloro, Solenzara. Segelnd.
6./7, (. Rondinara.

Rein Kommen wieder. Sanftheit des Stranbdes /rücklüufig die Lagune aus Kufrassspuren / Duft / Ein Kalb das vor Schreck da durchwatet / und Geister schaun zu / Ein Jahr ist vergangen / und ir sind schwächer geworden.

Und komme noicht rein. Kin Funken mehr. So verpufft die Tagesenergei, verpufft der in mir angesammelte sanfte Morgen. Nicjhts in mir.

Plötzlich gepackt von Benn-Lektpre. Als habe er diese Stimmen ganz ordinär lyrisch verarebietet.

Ein Ort / p. Kein durchlöchertes Auge.articipation mystique / aber zu nahe mnicht animistisches Gewisper / sonst bst du un bestimmt / verpasst den Anschluss Iim Reinen Blatt / mer Liebe / und das Smaragd s Wassers nur fad /wie geist-los. / Und die Hitze brenneder Sand / an derFußsohle / im Sand / suchst du vergeblich seinen Sinn./ In dir die Ferne Hand könnte beschädigt sein. / Doch das Boot enthält ihn, jenen / hier gebliebenen niederen Herrebh allein Ziet umrundet dein Leben / musst sie ihm geben / dann kommst du hinein! / Saugst aus der Spröde des Unglaubwürduigen ein / das Lachhafte sogar: in dieser Magina, es tröstet / und Gott blitzt.
Gelbe Blume am Strand / seh es nicht mehr

(Nicht abgeschrieben. Nachkntrollieren, ob schon da 6-8.7. 11.-14.7.)




2008.Atlantik. Das Individuum wird zum "Hyper-Zentrum", einer Art selbst¬referenzieller Weltegomanie.


Ach DU sind wir zu weit und zu spät
hinausgeschwommen
Hand in Hand hinaus ins Offne
Als stände ein neues Ende
Der Welt bevor
Dem zu entkommen?

Dort: du weißt: Gibraltar, die alten Säulen
Wo das Offne unendlich beginnt
Jetzt, wir beide zusammen
unter einem neuen Stern?
Liebe, dass wir
Entkommen?!

Geliebte, solch ein Aufbruch
Gegen die Zeit und das Schicksal
Auch gegen den Tod?

Alles was uns trennt?
In einem Meer von Tränen
Deinen meinen in Später Zeit?

Oh du Geliebte meiner Trauer
Wehmut wächst mit dir
Und dem Vertrauen Glück
Des Vertrautseins geborgen in uns
Dass uns der Flug
In ein tief Verschwiegenes gelingt

Je weiter wir fliegen weit und nah
Gestern Nacht wie der Hauch und
die Haut die das Tiefste
Berührt feucht und gleitend und glühend
Und sanft brennt wie das ewige Feuer
Liebesfrau du für IMMER
Freundin Unsterblich Geliebte
Mein fliegendes DU
WIR ausgetauscht zur guten Hälfte
Ich geb dir mein Wort


Nur im täglichen Leben
Dieses heftige Laufen
Es zu erreichen
Da es uns übersteigt,
Ewiges Feuer
Brennendes Geheimnis

Doch gestern gemeinsam
Zärtlich und jauchzend
berührt

Denn Liebe ist Leben für immer

Ja, wir fahren den Hesperiden zu, den goldenen Äpfeln in der Sage, wer die isst, bleibt jung und nimmer alt?
Reisen ja, das ist wahr, erhält jung, öffnet eine art geographisches Wunder der Menschheitsphantasie, wenn man sich daruf vorbereitet freilich, denn nach Weizsäcker sieht man immer nur das, was man auch weiss.

Die Kanaren könnten die alten Hespetriden sein. Also:
Hesperiden



2009.Sotto Palmaria ( und ich denke an Platen)


Die Sonne flimmert nach
mittäglich Wasser glitzert
silbern vor Frasquita dem Boot
zwischen Mast und Segel
das Seeräubernest Portovenere
im alten Blick: und meine Finger
auf dem winzigen Laptop
klopfen die armen liegengelassenen
Verse / fünfundreissig
Jahre im Dunkeln, jetzt erst
wie eine Schrift Archäologie
meines Lebens / entdeckt,
sieht mein Blick euch wieder
weckt diese schlafenden Wesen
von den Buchstaben-Toten auf.



Palmaria, die Insel Platens


8.09.09 auf dem Boot in Palmaria. Nach einer schönen Fahrt.
Abgeschrieben!


9.9. Und dann genießt man auch / den Morgen. Die Wellen, den Wind, den Möwenschrei. Das Ufer/ Vertrauen, die Erde / auch wenn sie einmal hart dunkel und tief mit lauter Wurzeln und Würmern / sein wird. / Alles Illusi-on, was ich sehe? Das Schöne?/ Oder ist es Gottes Rücklicht, / bevor er sich wieder aus dem Staub und zu Staub / gemacht hat?

Scham

Worte sind nich da / für diesen Wind, mit Blick auf ein Miltärbad / diese kleinen Wellen, gekräuselt/ kommen sie auf das Boot zu / sanft. / Nichts ist es / ein Nichts / geht sie das Wort "Welle" "klein" oder " sanft" an/ außer dass sie durch mich gegangen / mein Auge sie sah / ein Wesen / bald Erde / doch jetzt noch dieses Bild:/ Portovenere kommt ins Auge /wie ein Seeräubernest / der Berg über ihm wie ein großes liegendes Tier /die Boote /einse blau neben mir / und nah das Land.
Doch sinnlos sind diese Sätze / nur was ich jetzt an Sehglück empfinde zählt /


Und Flug um Flug entthront die Wand / und Grenze ruft / die Zeilen fest geschlossen. / Regress ist Freitod / stürz in die Erinnerung / das Heu bin ich / Sein Duft it meine Nase.
Was abe ist die blöde Kunst / die nicht berührt / Herr Benn.
La vita non mi è più / Arrestata in fondo alla golla / Che mia roccia di gridi. / Ungaretti der Luccheser.


Wir warten im Assozieren / auf eine lebensverändern / Visison. / Thyrhenisches Meer. Ein frevelhaftes Blau. / Was ist das Horizontale / Ge-werbe / und Gewebe im Onienschlingenwald / Torre die Lago / ungotisch, ja. Latein (+ wie Amerika) und gar nicht in der Schule. / Festa und KPI im Tanz und Dröhnen / dort am neuen Hafen / doch Ohr- Pfeifen / weil ich ein Deutcher bin
Und Wasser hebräisch hiesse: MEM, wie würzig.


Meer / Meer noch mehr / und Immer-Meer / Vision am Wasser / waschen / weiß wie Linnen / Waschblau am Trog / das wars / noch klein / und nach gezogen der Hof / Erinnerung ans Regenfass / nass der Kindersommen. Als käme er wieder ./ Und immer sei es.

Le Grazie. Die schönsten Schiffe:Lulworth, Astra, Deva, Umiak, BiaNCO; London. Sogar der kleine Mopi.


Seefahrt 21.-24. Juli 2009. Portovenere. Maria Irod/ hat den schönen Aufstz über Melancholie und Sprachheimat geschrieben.“


26. 7. 2009, Palmaria. Platen nachlesen. Julia Schröder „ Mit der Ge-schwindigkeit des Sommers“ – die Idee: Eine komplizierte Story oder zwei/ übereinander legen. / Und dazu Texte aus meinem Archiv „stehlen“. Erbgeschichten und klassische Erbgeschichten. Motive. Themen. Realisierte Freiheit. ( Die mehr eine Illusion war.) Verlust der Träume.

Warum TB-„Gedichte“? Um es dichter und so lesbarer, näher dem Zentrum – anzusiedeln.

Aufmerksamkeit ist/ das Gebet der Seele. Und seh um mich wie Himmels-licht/ aufscheint/ auf die Dinge fällt.


10.11. August Sotto Palmaria wieder.12. August. Lerici. Mit L. vorbei. Zänkisches Weib? Erinnerung an 2000. Nach der OP, wo dies: Le Grazie die Notlösung war. Shelley, Tellaro.


20. August. Die Müller-Affaire beginnt: Radisch gegen Atemschaukel. Naumann Hochlob fade. Schreibe langen Text dazu. Schreibe ihn jetzt nicht ab.

22.8. Ausflug. Castelnuovo. L. hält nicht. Nur Villa Mediceea. In Castelnuovo wegen Ariost. Kein Parkplatz.
Eremeo. Antica Trattoria. Esen. Forellen. 900m hoch. Blick auf/ erfrischende grüne Berge und Täler. Am Nachbarsich ein Paar. Ich sage meinen Namen. Der Nachbar such, sein Handy weiss alles: Und so eis er ach gleich „alles“ über mich. 193.000 Stellen für Ihren Namen auf Google.
Lädt sich meine Bibliografie runter.

Val di Serchio. Nach Gallicano auch die Villa Lucrezias. Dann Bagni. Catureglo.

2. September meinen Aufsatz an Maria Deichmann-Rosenstock.


Viareggio7.9./8.9. 09
Der Sonnen Aufgang ist hier wie der erste Morgen /der ohne mich war / wiederholt nun zum unendlichen Mal den Anfang./ Und es wird mir gesagt, dass ich bewusst diese Strahlen des Anfangs aufnehmen soll / zulassen das was IST./ Nur so kommt zu dir / das Lebenkönnen. Als Krücke das Schreiben. Zwei Fischer wie Monster und Marsmenschen / gehen nach Hause / und reden die Menschensprache. Die Kutter und Boote kehren heim vom Nachtfang. Motorengeräusche und das milde Wasser um mich. Ich sitze am Bug der Frasquita und lasse es reden, mir sagen / während kleine Fische am Ankerseil knabbern, / ihren weissen Bauch blitzend zeigen / ich an eine Kollegin, die großen Erfolg hat, denken muss / und vor mir der schöne Scherenschnitt der Alpi Apuane in ganzer Pracht Länge sich hinzieht / auch unser Pedona Berg / darunter Agliano / unsichtbar hier / so fern wie mein Leben - / es wird mir also gesagt
/ in Fünfjahrestakten vergeht / mein Leben / immer schneller / und jetzt vielleicht noch zwei Mal: der Fünfjahrestakt. / Ich zog nämlich die gelbe Wetterjacke an / ein Geschenk zum Siebzigsten / eben war: / Fünfundiebzig / und bald geht die Sonne nicht mehr auf / diese Schreibhand ist dann nichts / als Asche.

2009. Kindernachmittag ( nach Benn)
Kindermittag das Summen / Bach Libellen / und der Hahn. / Der Hang schräg / seine Blume in das Licht, mein Mittag. Der mit Heuduft kitzelt / Und keine Zeit vergeht / in den Gedichen von Albert / in die Kokel getaucht / draussen im Flimmern vom Mühlnham./ Was noch ist / heisser Stein / beim Barfussgehn / als wärs dem Jud schon längst geschehn / und ich in ihm / nur noch den Tod geortet.
Und höre / dass an jenem Tag / in Alisch wir den roten / Ikarus mit Roth in einen Kinderhimmel fliegenh liessen. / Lauro de Boris liess zu gleicher Zeit /vom Himmmel seine Blätter regnen auf Rom. / Und suchte mit seiner Maschine den Tod / einfach durch Schrift. Ewige Stadt / so gegen zwölf Uhr Mittags.
Und Flug um Flug entthront die Wand / und Grenze ruft / die Zeilen fest geschlossen. / Regress ist Freitod / stürz in die Erinnerung / das Heu bin ich / Sein Duft it meine Nase.
Was abe ist die blöde Kunst / die nicht berührt / Herr Benn.
La vita non mi è più / Arrestata in fondo alla golla / Che mia roccia di gridi. / Ungaretti der Luccheser.

Aber die Wiederholung. Aber die Angst. Gestern. Heute. Dass wir zum To-de verurteilte sind. Aber noch da. Und auf Zeit. Auch das Warten: Schrei-ben ist möglich: erst wenn der Tag vergangen. Das Leben vergangen? Also nach dem Tod? Das Absurde als Wahrheit. Und der gesammelte Schatz an Jahren. Gefühlen dazu in Sprache. Sie fallen ein: die siebziger Jahre…
Seltsam nicht die Toskana. Nein, Köln. Bensberg. Königsforst- Nostalgie. Mein West-Deutschland damals. Das ich verließ:

HIER, DIESER AUGENBLICK DER ABFAHRT

Zwei Jahre haben wir hier gewohnt,
lassen jetzt Leben zurück wie eine Leiche,
du aber, die ich geliebt habe, wirst bleiben
hier im Königsforst
im Jungwald mit Perspektive.

Beim Albinopferd mit den wässrigen Augen
können sich die vergangenen Augenblicke
festhalten.

Ich glaube, es ist unmöglich,
dass meine Gedanken hier
zwischen den Haltestellen nach Köln
sich nicht in winzigen Fahrplänen
oder sonst irgendwo festgesetzt haben
(vielleicht bis zum nächsten Herbst!)

Es ist allerdings nicht zumutbar,
dass dieser Umzug den Postboten tötet,
der täglich mit Briefkastengeklapper
Nachrichten und Briefe bei uns einwarf.
Und diese Zeilen aus all den Monaten gemacht,
werde ich heute noch
an die Nachbarn verteilen
und sie bitten,
uns allen
die Abwesenheit
zu vergeben / ab heute.

Die Mauern waren jede Nacht
zwei Jahre lang angerührt
von unserem Atem,
und gleichmäßig zum Vibrieren gebracht.

Der Schwarze Junge auf seinem Fahrrad
ist heute schon Zwölf,
der Kleine vom zweiten Stock
geht mit sich selbst spazieren.

Über allem aber wachte er:
Euer Wirklichkeitssinn, er
vertrieb mir nicht nur die Zeit,
er nahm mich mit.

Erst bei der Abfahrt für immer
erkannte ich alles viel besser
in meinem verregneten Rückspiegel
im Fahren vergehendes Leben

meine Absenz.

(18. Mai 1973)






Tarahumara von Michaux / von Artaud,. / Und Hin fahren / wie hin rich-ten / “Wir aber wehn / Agartisch ist die Flut.”
Und Auferstehung hier / morgen ist wieder Ostern : Und gestern Gesu morto / C. hat das Öl im Wasser gezündet / Badia. Und heute ist Nebel.
Wir warten im Assozieren / auf eine lebensverändern / Visison. / Tyrrhenisches Meer. Ein frevelhaftes Blau. / Was ist das Horizontale / Gewerbe / und Gewebe im Pinienschlingenwald / Torre die Lago / ungotisch, ja. Latein (+ wie Amerika) und gar nicht in der Schule. / Festa und KPI im Tanz und Dröhnen / dort am neuen Hafen / doch Ohr- Pfeifen / weil ich ein Deutcher bin
Und Wasser hebräisch hiesse: MEM, wie würzig.
Meer / Meer noch mehr / und Immer-Meer / Vision am Wasser / waschen / weiß wie Linnen / Waschblau am Trog / das wars / noch klein / und nach gezogen der Hof / Erinnerung ans Regenfass / nass der Kindersommen. Als käme er wieder ./ Und immer sei es neu.

25. September 2009.Thales von Milet/ fiel in eine Grube/ als er nach den Sternen sah. Und seine Magd/ lachte ihn aus/ als er nach den Sternen sah.. / AUS mit der Welt ist alles. Doch nur draußen. Innen , wie hier/ allein die Verse verbinden alles so/ jetzt beim Heimfahren von Monte Carlo/ um Wein zu holen. Doch was IT das/ doch nur Worte, Worte/ mein Auge sieht anders/ das Ohr hört/ die Finger fühlen Stift und Heft/ und liegen auf dem sechsfarben/ Fell von Dea/ die kleine Hündin. Was die wohl jetzt fühlt. Al-les vergeblich/ so zu erfassen, was IST./ Oder meinen Zustand heute?/ Wäre Filmen besser?/ Ja. Aber auch nur ein Abklatsch des Außen. Langweilig weil zu winzig dr Ausschnitt/ was Jetzt und auch auf der Erde ist. So gefilmt/ die unvernetzte Einzelheit. Wörter aber beobachten Felder/ sind besser in ihrer vernetzten Tiefe: Kreuzung von Immer mit hic et nunc.


Lese in Simmel. Enttäuscht von Simmel. Dachte er habe Sequenzen des Realen/ wie im Gedicht mit Gegenständen untersucht, verdichtet, durch-drungen. So einen Tisch phantastisch auf seine Bedeutung und Gebrauch zurückgeführt.


Dann Lucca. Lucca ist die schönste Stad der Toskana. Und sehe es jedes-mal. Durch meinen „Verweser“ bin ich Luccheser geworden. Also auch hier lebe ich durch Granucci ein Leben. Nur – niemand liest es, wie diese Sätze auch.
In der historischen Gasse: Piazza die Mercanti essen. Polpo und entrecot gegessen. Pulks von lauten Holländern. Und Deutschen am Nebentisch. Dann Fillungo. Und Amfiteatro. Bei Armani eingekauft.





DEZEMBERFRAGMENT 85 FLORENZ





16.7. Wieder Traum mit Jann. Gemeinsam in einem jensei
Was vor uns liegt und was hinter uns liegt,
sind Kleinigkeiten im Vergleich zu dem,
was in uns liegt.
Und wenn wir das, was in uns liegt,
nach außen in die Welt tragen,
geschehen Wunder.
Henry David Thureau



Florenz, 18./19. 12. 1985
Und Giulianas Ehrentag m „Saal der Elemente“

Vor mir das Vasari Wasser/ Venus/ Muschelgerippe Dreieck/ Mauer
Darunter Musatti/ über Panajotis und Giuliana/ ich seh Gesich-ter/ Bild und Saal/ die Wand durchdringen Gesichter/ der Dru-ckerin/ sphinxhaft schön/ aus den Augen/ oder die Therapeutin Margherita/ das Kindergesicht./ Frauen in Pelzen/ Blicke. L. ne-ben mir im schwarzen Jäckchen.
Auf der Straße/ der lange Rücken.

Der berühmte Psychologe spricht über Kelten und Zwangsja-cken
Über die Kranke, die schöne: in der zwei Frauen wohnten/ Exorzismus/ Falle/ und vor mir
Riecht es nach Parfüm.

Fiorino d´Oro der Bürgermeister/ über/ reicht ihn/ und geht./ hier die Nackten
Von Vasari, da wusste ich, was mich erwartet: corpi nudi/ undgeht./ Voller Ironie/
Im dunklen Anzug/ geplaudert.

Schläfrigkeit/ dann kommt/ die Blonde/ langes Haar und ine an-dere mit Engelsgesicht
Flüstert ihr etwas zu/ berührt das Haar mit der Nase/ stützt jetzt mit aufgeblühten Fingern
Das Kinn auf/ sie lösen/ langsam Erregung wie eine Droge/ Schwingungen
Als würde ich angefüllt mit dem Saal./ Das Marmorinnen zieht mich an wie mein Freund Egidio.

LIONARDOS MENSCHENMODELL mit vier Händen und vier Füßen im Kreis
Aufgeklebte Karte mit seiner genauartistischverschlungenen Schrift. Un/
Nachahmbar kalligraphisch schön.


Il meglio fabbro/ im Garten 1 Meter tiefer Graben für Reben./ Joh. 15./ Mein Leben morgens: diese Lust. Sie stößt durch Buch-Staben./ Doch am Florentiner Dom/ keine Erregung mehr./ Autobus in das Baptisterium/ grauer Alltag/ Jungen und Mädchen und Tauben und ein alter Mann./ Zwei Deutsche gehen mit Fototasche ins Innere./ Und wir: Heute immer wieder zu Giuliana/ Argia und M. Panayoti, den Griechen./ Sie sind wirklich „der Tod“. / Blicke/ Durchblicke zum Dom./ Blickhalt. Haltestelle Memoire./ Florenz noch älter geworden./ Bei Santa Croce wohnt Carlo/ Borgo, alter Innenhof./ Das Auge viel zu nahe dran./ Er hat Existenz Sorgen. Der Grieche ist sein Chef/ Institut für autistische Kinder, von P. erfunden./ Argia/Giuliana ist Carlos Analytikerin:/
Lebt alles so wie im Irrenhaus/ 31 ist er/ und geht gebückt wie ein Greis./ Ängste. Obwohl der Vater sehr reich ist (Quelle: wohl Parmegiano!)./ Carlos Frau ist Spross serbischer Partisanen../ Belgraderin. Und stark /
Der Grieche erfand auch/ das „göttliche Syndrom“/ Gott al Krankheit./ Er hat einen einzigen/ infantilen/ Patienten. Und der ist auch schon 21.

Ich denke an die ersten Besuche in Florenz./ Lauter Legenden.. San Miniato. „Deine Zärtlichkeit wird wider auferstehn.“ L. hat-te mich untergefasst auf dem Ponte Vecchio/ wimmelte es von Andenkenverkäufern und Gold. Und dort am Rundbogen/ lehmig der Arno/ floss vorbei/ und wir suchten einen Ring/ gegen die Zeit/ ihn beide zu tragen/ dazwischen eine Bindung hier/ auf dem Papier/ nur die drohende Trennung/ dort das Gesicht meines Vaters/ die Mutter Hände/ daneben/ stehen. Sie beide einmal/ auf dieser Brücke/ Blick in die Fließende Zeit./ Ein totes Hochzeitspaar./ Nur der eine Teil lebt noch/ der andere (…) wer weiß (…)/ Und ich küsste sie wieder/ das Brücken Geländer/ der Halt in die Tiefe./ Ja, die Vitrinen: Gold Ringe/ viel zu teuer dieser Halt/ für uns./ Was hatte ich hier/ jedes Mal/ aus der Tradition / heraus gedacht./ Auch, dass wir arm seien./ Und das Zurück ins Jahr 1932. Das mir jetzt nah ist. Fast gleich gültig, als wärs Jetzt/ vergangen. / Gleich gültig wird alles./ Nur Transsvylvanien ist weit/ vielleicht gar nicht vorhanden.
Was gestern geschah, geschieht erst nach träglich/ in mir/ blind strömt viel zu viel/ wie der Verkehr/ Richtung Autobahn abends./ Geschieht erst jetzt: hier. So dass Zeit „das Leben der Seele“ sei.

Wieder zu Hause. Abschleppen/ haarigmosig/ Heizung blubbert und plätschernder die anderen Zeit/ vor. Kommt He, das Fenster, das Hebräische ist nah. Fünf. Sonne. Ich. Radio Kainsmal durch die Wand. Und höre Marianne Fritz mit ihrem Wälzer aus Austria. Fritz nannte man Deutsche. Auch: Aufwiederschaffen (in Triest).
1. Bei Esselunga Fondane Liebes-Gedichte (Obsedat de lumină). Alle Poren durch. Kleine frische Säckchen./ Und damit dann Gaskammern abgebraucht Zyklon/ Fenstern gittern fern/ kein Eis
2. Lösung urmaṣ und Genealogie/ Schwarzerde/ Ciernosom. De Ird. Af deser/ Er-zählerisch be-gabt (Gowen. Bald äs Chrästdach hä)VGl. SBG. Sächsisches Wörterbuch, Buch Stabe G.
… Femeie, pămánt negru, te vreau ṣi te iubesc…
In care mă aṣteaptă ca íntr´o oglindă chipul.
Das Umständliche/ Ver-stand/ Stand und Nicht-Handliche.
Kind/ Känjd/ copil/ Djermäk/ bambino/ hast du/ host tea/ ai/ singura ṣansă de continuitate?
Frau/ Frucht fructus ventris tui/ Ave Maria grazia plena?
Keine Lust/ ab Dreieck/ mehr als gewesen!
3. De Stadt säcken/ Ekbatana oder/ Schess brich/ in C. schau Fenster stehen offen
Auf der Bank Millionen früherer Frühlinge in mir. Aber Aus Brechen…?
Aus dem Ort Zwei-Wert/ die Nase der Syllogismen verstopft/ ist
Rotztropfengrün/ hier ist aber: Drehen und Wenden Kubus. Ideogrammatisch vergehn/ wie der Film. Eine Hand/ liebt Dolch/ Dolch dringt ein.
Geweitetes Auge. Klammer Tischkante. Spritzt. Schrei. Etwas tropft/ Schuhwärts.
Entdeckend. Schnitt.

*


22.12.
Alles hinein zitieren/ Celan/ Wörterbuchverfolgung. Und die Vor-Schrift in mir.

Jeder begegnet seinem „Drachen“ / Wer aber ist hier der Haus-drache/ rettet oder vernichtet/ ganz
Unvorhergesehen. Phallus klebt dann nicht mehr/ allus.

Bisher/ einfach: z.B. 1558 Moment Anna Chendae in Hunnyad. Török war ihr Mann/ ein General.
Er ließ sie köpfen./ Weil sie ihn hinter ging. Sie sein Besitz. Er ließ sich stehlen, stahl ihm selbst die Frau.

Ratlos/ den Drachen umarmen?

23. 12. L.s Geburtstag. Kommt im TB aber nicht vor.

24./25. 12.
Was sich als Licht begreifen lässt/ solange wir da sind/ du meine Mutter/ die Zeit Erinnerung/ der Bruch.

Wir wissen es nicht mehr/ was war./ Sicher ist nur – dass es ein-mal
Gewesen und nicht mehr sein wird. Vorbei.
Und das Licht verschwindet. Stille. Nacht.
Die alten Weihnachtslieder, sie sangen den Duft
Und du warst zu Hause/ einmal in deinem Leib./ Was ist Dank-barkeit – ein Wort.
Wie die Abwesenheit beim Telefonieren/ sich in keinem Augen-blick sammeln kann
Was für uns spricht/ und was schön war.

26. 12. 1985
Denken an Mutters Geburtstag (75).

Wenn man die Zeit aufhalten könnte…
Du bist verpflanzt worden, vielleicht versetzt worden. Schmer-zen auch
Weil du „unten“ geblieben bist mit deiner Seele.
Mutter, du mein großes Gedächtnis bis weit vor meiner Erinne-rung da.
Es lässt sich kaum sagen.
Fest-Ablehnung, Fest-Aufhebung wider die Zeit, die sich oben schließt
Nach unserem Verschwinden!?
Der Kreis, der sich hier zeigt, und nicht nur wir.

Celans Mutter – als Gegenteil. Nicht ausdenkbar. Wo warst du
Als seine Mutter starb./ Wo waren wir?
Es dehnt sich/ und sprachlos fand ich mich/ ohne deine ersten Worte/ aus dem kleinen Kreis des
Nussbaumschatten, schön kühl/ und ein Roten Hauses/ bis die Zeile/ wo der NußKern wieder zu sich fand/ Den wir ahnungslos aßen/ war ich ein Kind und zu Haus….
(Kopiert: 5.Juli 2010)


Es ist die Schwere, die mich zu dir zieht. Du warst der Anfang meiner Erde/ die sich dann bald
Nicht weiterdrehte / in allen deutschen Worten. Es war August. Es hieß: Zusammen Bruch.
Kein Auge blieb trocken.


Und wenn ich es vergleiche: mein Gefühl/ es kommt von dir/ im Abdruck meines Lebens
Mit jenem/ der seine Mutter durch uns/ verlor/ - dann bin ich klein geworden/ und es trägt sich nichts mehr zu/ wenn ich ver-gleiche/ ist es erstarrt/ und fremd hier wie du.

*

Weißt du wie viel Sternlein stehen/ auf dem blauen Himmels Zelt. Einmal blau/ und hat dein Kleid an/ Lieder, die du sangst. Die mich noch heute sehen. Erstaunt, dass die Mutter/ so spät noch wie die besten Freunde/ im Gedicht die Worte/ bei mir stehen. Als wäre nichts vergangen/ und noch alles DA. Und wie Margueriten/ groß ein Blüten Feld, auf dem wir nicht mehr zählen.

Ein Märchen, wenn alles wieder zurückkäme zu uns, als wäre nichts geschehen: Und das Vergangene so nah wie das Unerwartete, das später eintreffen wird, wenn du nicht mehr bist. So naiv drängt es zu etwas. (…) Ach, das Einfache ist zerfallen, „weil es ein Anderer ist, immer ein Anderer, der da redet. Und weil der, von dem da die Rede ist, schweigt.“
Was weht tut, ist vielleicht die Nähnadel im Finger, ein Bluts-tropfen höchstens. Das andere geschieht im Fernsehen.

Und lang schreiben, ohne Unterlass sich davon machen, Wörter als „verfehlte Wirklichkeit“- die andere, die ich nicht erreiche, ist die Große Ohnmacht in allem, was geschieht. Und ich wie ein Fremder daneben. Gast im eigenen Leben. Doch nicht mehr das alte Lied; nur die Schwere wächst. Prägt den abwesenden Mund, die Hände/ in der Luft. Sie greifen nichts mehr, nur noch daneben. Und suchen vor sich her. Das Feld mit dem Geruch dort ist/ leer. Verschwunden. Und das Herz. Schwer.

Was im Bach stand/ wir denken ihn/ kaum noch/ steht er mit uns/ die Brücke?

27.12. Die Schwere. Und dann die Sterbensfahlheit, wenn ich allein bin. L. ist innerlich fort.
28.12. Die Nacht Tingtang Herz. Höllengefühl. Zukunfts- Los. Altern. Und allein. Immer wieder dieses Gesicht des „Dritten“, der sie mir aus gespannt. Dass Jann zwischen ihre Papiere holt, zum Aufschlagen bereit. Diese Scwerkraft des müden Herzens. Bei mir nicht aufzunehmen ist oder beschreibbar. Kein Foto. Kein Buch.
Eine Grille, die singt über uns. Ganz schön. Zynisch. Sogar ein Lob/ Boykot der Schlächter Geschichte. Und unserem Eigensinn. Und wüsste nicht, wie es weiter gehen soll. Eng und enger die schwarzen Wände. So komm, liebster Wahnsinn. Flach mich ab. Und nur ein Liebs-Wort von Jann… Und ich wäre „erlöst“.

Diffuse Dimension der Träume, die sich als eben Geschehenes ausgaben, als trüge es sich und mir eben zu. Da war ein groß gewachsener Mann, wir sprachen über Meditations-Technik. Und ich sagte, Si zehn Jahren übe ich täglich Tantra. Er sagte: Das ist gefährlich. Doch wußte ich, dass ein Hochschrecken aus dem Traum schon die Commedia schuf. Und die Umkehr zwi-schen wirklich Zugestoßenem und Gedächtnis, wie in der Analyse/ Schmerz des Nachgetragenen so deutlich macht/ wie hier im Tage-Buch: Erst dem eben ver-flossenen Tag eine kopenikanische Wende geben kann, manchmal wie ein Erkennt-nis-Schlag, ein Axthieb. Der Tag erst in der Schrift eingebracht. Als wäre nun im Zusammen-Hang/ die Vor-Schrift gelesen und findet so ein Erwachen/ hier auf der Zeile mich Selbst. Das die wieder lesbar macht. Als wäre ich nicht wirklich gewesen; wirk-lich nur jetzt.

Abschiedsfähigkeit. Zur Lesung 85/86. Ist Herrenalb gemeint? Am 17. Januar. Ein entscheidender Anstoß, sich des Vergange-nen zu erinnern. Ist jetzt eine Art kollektive Inkubatonszeit vergangen?
Aber das Erwachen (aus der Nazizeit der Siebenbürger Sachsen) wurde verzögert. So muss schreibend getan werden, sage ich mir in meiner Arbeit, dass das Traumbild „Heimat“ des Gewesenen nicht weiter mystisch nur verklärt wird!, das ihm wenigstens im Satz die rückgerufenen Bilder und Zitate zur besseren, härteren Lesbarkeit verhelfen. CITARE heißt ja: nicht nur zitieren, sondern auch vor Gericht laden.
(Vgl. Auch „Dass schnelle Altern der neuesten Literatur. S. 52. N. Boltz).
Weiss: in einer Stunde. Hintergründe des Weissen Blattes. Ge-dicht dazu. Celans „Sprachgitter“. Au Mallarme: Blanc. VGl. Janz S.36. Mein Gedicht dazu: Casa Bianca. Und Hirnsyntax.

31.12.85.
Noch dieses Jahr/ Und Meister Manole stürzt von Haus zu Haus/ weil sie zerfallen werden/ die Mauern stürzen ein. Risse sind überall zu sehen. Und gräbt noch schnell / die Frauen ein.





14.2.86. Wieder in C.
Zu „Erlebte Essenz“, Gedichte
Oder: „Antidinge“ , Gedichte

Hommage für OP.
Rückblicke/ ein ferngesteuerter Sprach-Strom/ und Para-Phrasen NUR./ Sechsundachtzig sehe ich/ jetzt erst Worte auf mich einstürmen/ aus Berlin (BärLinnen weiss und Baumgespenster/ Höller, die Literatur-Nase), der Raum vergisst den Klecks/ von dem er sprach/ nicht/ Frau Fotographin/ mein Gesicht nur Subjektiv-Objekt/ sagst im Haus Collagen etwas/ und so fort im Lichtblitz/ für Alle Ewigkeit (dein D. heisst D., Fleisch aufgehoben/ die Lust von früher.) Der Wannsee mit toten Dichtern unter dem Eis./ Das wuchs weiter ins Aus. Dein Gedächtnis zum Meridian.Neu geht er durch Ber Linnen/ bei klarstem Himmel unter den Linden. Zum Tor hinaus: Parademarsch.

In statu nascendi sagte Ossi/ überrascht die Assoziations-Wege bei Kollegen (Jaja, Dada (Raum-Lesung zu wenig Flecken/ Foto und Farbklekse, die sich aus breiten wie aus dem Nichts/ einge-gossenes farbiges Öl auf (wessen) / Wunden/ und Wundern/ als Anhalter Bahnhof/ oder eine Konferenz/ Beinleibr/ lebendiger Leute. HIER/ klirrt der Frost/ wie früher die Fahnen/ Krahn auf dem Turm/ Zimmerdach/ Ächz.
Sprach Weg/ downlaufs fast mikroskopiscg/ Müssiggang in mir/ eine Geschichte/ steht vom Platz aus/ wo wir sind/ Tischläufer wie Mondsüchtige/ Onkel Wilhelm etwa/ der im Ersten Welt-krieg fiel.

Wasserfarben zu bunt über der Tischplatte/ och tiefer als Chro-mosomen/ ist der ein Nichts/ Partikeln stöbern nicht Auf/ Gänge/ Ab-gestaubt kein Gedicht/ dss Heym wieder lebendig macht oder Rosa/ im Rauch von Ossis Zigarette. Er lebte ja damals noch. Selbstgemahct die Erregung/ als Hier von Dort/ zwischen Raum im Gesicht/ was sieht ein autistisches Kind Anders/ auch in der Hildegartstraße/ als kein Lächeln unten bei den Müttern war/ vor sich Entelechien/ kommen nur noh als Artikel/ auf diese Welt/Punkt Punkt Komma Strich/ hier gelber Birnwuchs und fertiggemachte Eins/ kalt/ das Mondsgesicht/ vor weg den Augen geflimmert.

Was kam. Was Fest. Kaum Kirchenburgen. Zu fest/ Brastbürger/Mitschinalz Lälkäm/ Oberfranz Baiergass/ das franzt sich besser Aus./ Ossi frei? Räume Sternbeißfang/ Herr Roth im Bad/ der Ev.Herr als Salmiak/ Geist/ und wie Frost be-isst/ bete Kinder dir Nasen/ Höllers empfänglich/ Empfang by Wahn ha/ der Welt Flughafen außer für Tote/ Gras dazwischen/ wächst/ wir drüber/ by Ab Heben/ Baum bin Boden/ Er brechen/ Kotz Tüte/ Krotze Türken.



In Rom gings ihm fort/ schlecht. Kein Bissel. NUR. Bissen vom Hundertsten. Verlass. Wer stirbt weg.Haustier/ und Glaub Nicht./ Tage Buch Tag. Bube. Als verstörtes /A-a-s. Tot-all und D-Moll die Wieder Lage sein Wieder Und. Wahn und keine En-tropie/ Null.Auf.Jeden. Fall Anstatt der Herrgotssideologie…

Reines Gedächtnis. Wie Engel. Ich aber (ein) Fern-Rohr, Inhalt längst ab/ gemurkst.


25.2., zum 17.2. Rolf Bossert stürzt sich aus dem Fenster im Frankfurter Aussiedlerheim. Spiegelnotiz. GESTORBEN. Rolf Bosser, 33.
Im Literarischen Colloqium. Die Nacht vom 9./10. Februar. Bis halbsechs uhr Früh rdeten wir in der Küche: Bossert, Guntram Vsper und ich. Mit viel Bier. RB trank fast einen ganzen Kasten leer. Erzählte von Totok. Der sei verrückt, grössenwahnsinnig etc. Kniete dann nieder, um ihn zu umarmen. Wir sagten ihm, er dürfe bei der heutigen Pressekonferenz nicht schlecht von den Dortgebliebenen treden. Er wird ausfällig.
Am Wannsee erzählte er vom ermordeten Ursu., Ursu mit dem Loch im Kopf. Den die Secu, um alle andern zu erschrecken, in diesem Zustand der Familie gegeben hatte.
Er las, machte dabei Scherze. Er wirkt berserkerhaft, ein Rübe-zahl mit rotem Bart. Werner S. sagte, er habe bei seinem Selbst-mord für uns alle gehandelt. Eingelöst habe er unser aller eige-nen Tod. Den Leichenzustand.

Mein Gedicht an ihn, handschriftlich mit Korrekturen.


EINEM, DER NIE ANKAM

Für Rolf Bossert
1
Wo du liegst ohne Worte zu blass,
und atmest das Hallen ohne Gedanken, fort
eine Ewigkeit und länger.

Fühlbar nie Gras auf den Steinen, und das Hirn
gerissen, ein Summen von Augenblicken.
Welch ein Sprung, der nie ankam.

Letztes Gefühl, am heutigen Morgen gesehen
im Auge des Wannsees. Und die alten Toten
unter dem Eis.

Was als Beton noch lebt, kam als Enttäuschung an,
Grenze. Wir dachten, es gäbe ein Land unter den Füßen,
doch es hielt den heißen Sohlen nicht stand.

Früh brannte der Boden. Doch wohin
zur Zeit der Vorläufigkeit. Aus-
siedeln?

Ganz dicht, exzentrische Bahn: nur
der Tote käme noch an, käme einer, du denkst
nicht ans Rote, du denkst an den Lichtbart.

2
Du aber kommst von unten. Und du hast einen Körper,
verfügt der Beamte, schließt die Akte Deutschland
im Himmel. Du aber kamst blutend ins Nichts,

trugst schon den Boden im Kopf, und das Unten
an den Sohlen. Und die Wunde wuchs an den Rändern
durch, da fielst du hinein.

Das letzte Fenster nahm in deinen Blick
den Boden mit.

Ich ging mit dir am Eis entlang, der Wannsee,
das alte Auge, sagtest du: zu Hause
ein Dichter erschlagen vom Staat, wir sahn ihn
er lag im Sarg, nur von unsern Gedanken getragen,
mit einem Loch in der Stirn.

Was hast du erwartet, Hans im Glück,
daß noch Leben beginnt? „Nicht ist verkehrt,
ich atme Glas. Ein Apfel aus Beton im Gras.“
Der Teufel die Zunge holen.


Dazu fast noch besser 17.2.-25.2.

Der Tod kam an
Er brach den Wirbel
Ist hart
wie Pflasterstein
Gläserner Blick
In unser Sein.

Welch ein Sprung, der nie mehr ankam, zeigt
Wer wir dazwischen waren/ vergessen, was ist.

Langsam in dieser örtlichen Betäubung
Du zeigst uns
Den Leichenstand

Und bist was wir wären
Fortgegangen

Wir sind…

Welcher Geruch/ liegt
Hier auf der Straße/ keiner
Und wollte ein Hirn/ das Pflaster
Haben/ schlägt sich ein Loch
Das von innen käme
Und läse die Welt so
Ununterbrochen/ als
Mein Früher

Morgen begraben und
Weinen/ gläserne Pupillemn
Wie ein Monstrum/ das dich würgte
Suchst du zu einem fortzugehen
Und da zu bleiben.

Fühlbar wie Gras auf den Steinen
Blutet die Hand in Keinen er-
Brochen und hirngrau gerrissen
Ein Summen der Augenblicke
Einfühlbar verwandt.

Dass du liegst/ hier im Wort nicht mehr
Robust/ im Roten/ sag jedes Außen wieder ab
Und spannst den Wagen an/ den Unverstand
Wo du liegst/ ohne Worte/ zu blass…
Und atmest das Hallen der Fernen
Ohne Gedanken/ im Ritt der Engel-Raporte
Ewig sei alles viel länger dabei…

Viel zu geschrieben/ fällt dein Gesicht
Hier/ hat sich noch einmal umgewandt
Durch mich/ in deine eigenen Silben gespannt
Zu kunft, die schon gewesen sei.

„Letztes Gefühl… die harte Verwünschung/ trifft
Niemand: wer
Mit der Schere/ im Kopf lebt, stirbt
Gern.“ Alles ab Montag den 17.2.
Lässt du für immer allein – das Jetzt
Es liesse sich ewig schreiben, denn alles
Was je war und sein wird/ ist im Tode in.

Das alles ist vor sich gegangen/ abgeschgrieben für dich
„Stürze aufs Pflaster und
Fall auf die Welt. Die Kälte
Schneidet den Kiefer
Entzwei – Jetzt wohnt
Nur im Mund
Ein singender Brei. Das Auge.“

„Man setzt aus der Welt
Mich zu schaffen, der
Deutschesten Dogge
mich vor. Nehme kein Geld.“

Frass die andere Hälfte des Lebens
Was war/ und kam nun nicht mehr
Nach vorn/ „Ihr kennt mich von gestern?
Ich bin Hans im Glück./ Was macht noch
Der Rote? Mensch, gut ist es hier.
Keine Angst, die Zukunft
Liegt etwas zurück.“

Das Totsein hast du erprobt
Das wir lebten/ schreien möchte ich von
Nun an/ wann kehrst du zurück?
Es war nur ein Spiel/ nicht wahr
Hans im Glück.

x

Sonst nichts/ als im Spiegel/ und in uns
Ein Nachruf/ aus einem Fenster
Das splittert/ Detonationen von früher
Mit dir/ kam ich von neuem hier an
Kürzlich vor siebzehn/ vor vierzig
Oder vor hundert Jahren. Du bist
Ein Toter/ der wir waren.

Ein Licht/ tief die Nacht
Als berührtest du mich
Im Erschrecken.
Komm an.

Ein Brausen wars und
Ein Zittern/ ich fror
Und dachte die Brust
Jetzt aus der Ferne
In mir
Körperlos an.



4. März. Dieser Mensch, Maler, der uns das Boot Frasquita “vererbt” hat (JPF) hat unsere gemeinsame Sehnsucht gestört, sich eingemischt.
Mit L. ist jetzt nichts mehr möglich?

12. März.
Unnütz was ist/ isst du wieder
Sein Essen kein /klein gemacht
Die Sprache spricht wieder
Tage nichts gelesen / wem Gott will
Rechte Gunst / Kunst? Erweisen?





27. März. Umkehr der Elegien.
URSULA BEDNRS IN DER NL. Regt mich zu einem sehr langen gedicht an. Nicht alles abgeschrieben. (Zu Schässburg!) Seit 4 Jahren (2005, 11. November) ist sie tot. Und ich weiss, ich war dort, und bin nicht zum Begräbnis gegangen. Sie war nur 85.

Ursula Bedners führt mich mit Texten zu Schässburger Blumen.
Und dass da alles so sein soll wie früher / gar weiter gewachsen der Nussbaum/ Nähe und ich sapr aus / was wichtig zu sein schien / den Stiefel, der alles zertrat / so dass die Himmels-schlüsselblumen auf leeren Plätzen zu wachsen scheinen / kaum mehr zu bedenken in fehlendem Licht. Anstrengend ist es / sich vorzustellen / wie auch dort das Leben weiter geht / ohne uns / nach der Katastrophe leere Orte / ein Leerklang im Speisezimmer. Und viel zu kurz mein Leben / alle meine gefühlten Bilder / ausdenken zu können. / Und lese vom Maifest in S. / Bis hierher / und auch denm 4.3. / hältst einen Kiesel in der Hand in de Fingern / als könnte man hervorzaubern, was längst vergangen ist / einer hieß Brandsch und liegt in Russland begraben, seine Streifenwagen aber, auch sie längst verdorben / die Pferde tot. / Welch ein Henker ist das, die Zeit / nur der Duft von Heu oder Wiesenglockenblumen, weckt die Bilder auf / und dazu Ungaretuis “Tutto ho perduto doll infanzia / O / Null wie Bedners / Mutters Schülerin / auch am Maifest / und als wären wir nicht da /mein Bruder / liegt auch auf dem Schulberg nicht mehr./ Jandl hat Recht /mehr nicht als Brecht / verfremdet Gedichte nach dem Tod (Klebt hier aber der Phallus noch alles?) - auch trocken?

ALL UND KUNST



Mattiolis Kopf, ein Selbstporträt, trat aus einem schwarzen Hintergrund hervor, und er hielt die kleine Enkelin, damals noch ein Kind, eng umschlungen, als klammere er sich an diese kleine weiße Gestalt. Im Katalog war dazu auch ein Gedicht von mir abgedruckt:

Auf einem Blick
Jenseits der Tür, davor
das Kreuz, das nach dem Tode
steht. Im Rahmen
stehst du schon
der Tür/ aus
ewiger Nacht
mit einem Fuß
Das Enkel
Kind, das dich umarmt
in Weiß steht
noch im Licht und
hält dich hier.
Nun gut. Anna zeigte mir auch das zweite Gedicht, ein Ge-dicht auf eines seiner wunderbaren Kruzifixe geschrieben, das im Kloster von San Miniato in Florenz aufbewahrt wird.




GESICHTER DER GESICHTER
Z. Musics Selbstporträt bei F.D.

Gesichter der Gesichter
sind ein Fenster aus dem Nichts
die vielen Toten haben sich verwandelt
sie sind hineingehauen hier ins Fleisch
als wäre es Christus der schon schwarz
in einem Rahmen steht

Was habt ihr mir gesungen Herz
die Totenopfer die nicht sterben können
sie haben wieder Mut:
sie stehn hier auf in neuem Grau
die Asche leuchtet rot im Licht
die innere Gluht sie schlägt
darunter Kohle
das Gesicht- Kontur.

6./23. Januar 95




21. August 93 bei GBF.
Gedicht zu einem Bild von ihm

CHARON
Unter grünem Rasen
Liegen manche
Manche nur verscharrt
Unterm Todesbaum
Da keine Wurzeln mehr ihn grünen
Wo kalter roter Fels
Das Herz erstarrt
Nur dunkle Schatten
Zeugen unter falschen Blüten

27.August 94 bei GBF – bereite die Sendung vor und den Essay. Stelle Fragen auch zu Zweig und Monika Mann.






Reminiszenzen als Bleibart? Wo nirgendsmehr grau am Haar hängt! Immer ab strakt nie Meer.
Mein W.Butler-Yeats. Byzanz? / Oder Klöster / Oder Lucca. Oder S. als ausgesprochenen Ort/ noch unbetreten? Liebe Sucbild im Rücken. Elegien? Wie Kitsch? Oder “Anders rau-schen di Brunnen / Anders rinnt hier die Zeit?”

Süden als Ort / wo die Zitronen Blühn / beschert hast mir das / und sitze hier, das gibt’s / nicht gibs/ da und mehr. / Lass o Welt und so / ein Pfarer in Schwabn. Und. Mehrere Länder / das Ge-schenk / nach dem Tode also / Gespenst.

Doch warten / dass die Kluft sich auftut / und mit Sinnen / und wir so tot und vorbereitet / schon Jetzt / die Brücke bauen / und: keine Vor-Geschichten / und Geschichten machen / sie IST.
Ja. Immer unmittelbarer zu Gott - dieser tote Wer.
Woran ich schreibe / nun: an diesem HIER (Jandl, wie niedlich!) Im Inkognito kommt / Er wieder / zu Haus an - Bricht die Stimme / Nähe aus. Wie Fahnen! Was uns irrte. (Wiesen-schaumkraut / Nessel / reine Poesie.

Regressive ist Progressive / alles Eins. Jetzt / Skelette / wir fallen vom Fleisch / Eingetaucht / bis zu den Kashinas der Hopi / Kommt wieder / also der Messias / Oder jüdische Kalender / die Freitag beginnen / Blaue Königin / Schalom.

Sehnst dich, sehnst dich in Einem fort / bis du Tod bist. / Ab nehmen, wer?
Abnehmer beim KirschenLauf! Oder Kirschen essen / mit Wem!

Ungeduld nur noch Zeilen / Weise (Waise) zu bannen! (Erinnert Nie. Bannführer / Ja war Ruhe auch im Krieg. Jetzt ist nicht mal der / die möglich!!

Und Eisbrocken auch beim Hände Geben.

Aber Literaten über Literaten / Kalte Hände - heisses Herz. / Und sangen fort / alles. / 5000 Jahre und mehr drängen vor / Tiere erlöst / und bisher auch Steine / oder der Krokus hat hier das Wort.

Erwachst / und siehst di Augen in den dunklen Höhlen sich dre-hen wie ein Atomkern / Lichtpuder und wirst in die Höhle rein-gezogen / Traumfetzen wie irr.
Stehst unten am Stall vor 1000 Jahren / ein Junge dabei / und es ward gestern...
Traum wühlt / Ich und die Meere / oder thalassische Regression.


ERREGUNG: Ritt in Lucca / via delle Fosse / man darf es nur eingehüllter sagen!
Reinkarniertes Bild.
Doch meine Verhüllung / das Flisch bedeckte Zeit stiehlt / so Unlust zu leben. Jeden Morgen Distanz als als Stein spüren ?/ doch dort im Aura-Land / so weit. / Hnnah aber hört im Radio: jeden Tag neu. / Und das Einfach: So in der schmutzigen Wä-sche / eben reinigen. / Tolle Tassen im Schrank / Mahlzeiten / Schlaf mythische Gewohnheit zu Alltag machen / das alte Banal.

Immer wieder Entscheidung / von hier an aus - nur noch Zeile! Alles-Eins leben / Traum und regressive Toleranz, wo alles hoch kommend / Worte sprudeln den Jungbrunnen / alt.


28.3.
Morgens / da war ich mir
So ernst und rund / von innen schwingend
Der Yogakopf / und bindet / die Sonne blendet
Ganz neue Wünsche / nichts zu tun
Dies Blenden ruhig trinken / für Einen-Andern
Tun. Neu aufgetischt mein unfertiges Fühlen

Das Insichruhn ist heilend / nach dieser Hölle der Nacht.
Alt- Anwesen / und Umsich zeigt sich heut
Das Bildlose / alles Bild.

Die Auralosigkeit bin ich / daran ersticken
Dies ich ist meine große Krankheit.
Und keine Liebe / nie/ so dass sich Zeit
Nicht sammelt / und.
keine bleibt
Ein Hetzen ists / du alter Danaid..


28.3. Leipzig Messe. Lesung. Ingrids (Bacher) PEN lud mich ein. Prüss. Peter Geist. Thorsten Ahrendt. Kühl Begrüssimg. Auch KL Müller.

2.April. Jürgen Egyptien.

4.4. Bei Gerd.
6./7.4. Michi und ich bei Mutter. Roland Zbli.


29.09. 1986?? Für Natascha:

Kindernachmittag ( nach Benn)
Kindermittag das Summen / Bach Libellen / und der Hahn. / Der Hang schräg / seine Blume in das Licht, mein Mittag. Der mit Heuduft kitzelt / Und keine Zeit vergeht / in den Gedichen von Albert / in die Kokel getaucht / draussen im Flimmern vom Mühlnham./ Was noch ist / heisser Stein / beim Barfussgehn / als wärs dem Jud schon längst geschehn / und ich in ihm / nur noch den Tod geortet.


Und höre / dass an jenem Tag / in Alisch wir den roten / Ikarus mit Roth in einen Kinderhimmel fliegen liessen. / Lauro de Boris liess zu gleicher Zeit /vom Himmel seine Blätter regnen auf Rom. / Und suchte mit seiner Maschine den Tod / einfach durch Schrift. Ewige Stadt / so gegen zwölf Uhr Mittags.


Und Flug um Flug entthront die Wand / und Grenze ruft / die Zeilen fest geschlossen. / Regress ist Freitod / stürz in die Erin-nerung / das Heu bin ich / Sein Duft ist meine Nase.
Was aber ist die blöde Kunst / die nicht berührt / Herr Benn.
La vita non mi è più / Arrestata in fondo alla gola / Che mia roc-cia di gridi. / Ungaretti der Luccheser.


Tarahumara von Michaux / von Artaud,. / Und Hin fahren / wie hin richten / “Wir aber wehn / Agartisch ist die Flut.”
Und Auferstehung hier / morgen ist wieder Ostern : Und gestern Gesu morto / C. hat das Öl im Wasser gezündet / Badia. Und heute ist Nebel.


Wir warten im Assozieren / auf eine lebensverändern / Visison. / Thyrhenisches Meer. Ein frevelhaftes Blau. / Was ist das Hori-zontale / Gewerbe / und Gewebe im Onienschlingenwald / Torre die Lago / ungotisch, ja. Latein (+ wie Amerika) und gar nicht in der Schule. / Festa und KPI im Tanz und Dröhnen / dort am neuen Hafen / doch Ohr- Pfeifen / weil ich ein Deutcher bin
Und Wasser hebräisch hiesse: MEM, wie würzig.

Meer / Meer noch mehr / und Immer-Meer / Vision am Wasser / waschen / weiß
wie Linnen / Waschblau am Trog / das wars / noch klein / und nach gezogen
der Hof / Erinnerung ans Regenfass / nass der Kindersommen. Als käme er wieder ./ Und immer sei es.

31.0.3. 86.
Dichternebel. In Sassi zu Rudolf Borchhardts Hütte.
Parks und Häuser mit Balkonen, eine lange gewundene Strasse. Und die zwei Verrückten in einer Bar / Trattoria. Und die Kapelle Ariosts. Doch heute anstatt Dichter / Dichtr Nebel. (Titel: Dichternebel) Und du suchst mir die Praxisfrau / die dir alles abscneidet. Eine sogenannte Blöde Kuh./ Die dich lächerlichmacht und reizt bis ufs Blut./ Auch wenn du mehr weisst, warum wir da sind!


Ariost / der sich verstecken wollte / Im Buch / mit der Fiktion / idyllischer Sohn / ti me piace abitar la mia contrada. Questa mi basta. / War in Ferrara in die Garfagnana zu Fuß gekommen / vom Hofe der D´Este. Und Kardinal Hyppolyt. Schrieb den Orlando Furioso zehn Jahre lang von 1431-41
Und korrigierte daran / ein ganzes Leben lang. Ging in Haus-schuhen fast bis nach Modena / in Gedanken versunken /eben. Und merkte dieses erst auf halbm Weg. / Mit ihm endet die Remnaissance / er wird Samncheo Pansa. E ist nicht mhr der Ed-le Rtter. /Er ist nichts mehr. /Er ist di Indifferenz. / bEr ist die in-nere Zerrissenheit / dann die Wirklichkeit / War zu mnichts mehr gut / wie ich / damals auch. / Nur noch die Zeile galt.


Seit Schmitts und Nataschas Besuch (März) Immer wieder das neue Projekt Keine Tausendundeine Nacht. Gespräcsrunde wie im Bocaccio.


9.4. Tod von Helmuth Hoffmann. (27.28.3.)
Er hat sein Lebenswerk /über Nostradamus bendet/ sollte am 14.2. nach Deutschland fahren, es verlegen. Dann wurde er krank. Das Lebenswerk / blieb liegen / denn am 28. März starb er.
Tuschka / seine
Bremer Frundin aber starb schon 1978.

Was ich da erinnern kann / auch den Kriegsblindebn Freund. In ihrem Garten. Ihre medialen Stimmen / aufgenommen. Viele Kassetten.
Nun sind sie ein halbes Jahrhundert tot.




St. Gildas de Rhuys. Abaelard und Heloise

Ich erinnre wieder an den 4. September nach einer traumreichen Nacht. In St. Gildas de Rhuys. Besuch in Abaelards Klosterabtei. Da war er zwischen 1128-1136. Vor zehn Jahren ist er zur Strafe (Beziehung mit Heloise) entmannt worden. An Heloise schrieb er im 5. Brief: "Die Glut meiner Gier hatte mich mit dir zusammengeschmiedet; ich dachte nicht mehr an Gott, ich dachte nicht mehr an mein besseres Selbst, so tief untergetaucht war ich in den armseligen Genüssen, die zu schmutzig sind, als dass ich sie ohne Erröten auch nur nennen kann." Da habe Gott in seiner Barmherzigkeit, das Messer, das seinen Leib traf, habe ihn von dem Schmutz befreit. So habe er nur an einem kleinen Teil des Leibes seine Sünde büßen müssen. Ein "Pfahl im Fleisch" . Selbst aber habe er es nicht tun dürfen, ein anderer mußte es tun. Origines sei schuldig geworden, weil er es selbst getan habe.

Und doch wurden sie zusammen bestattet, waren sogar Eheleute gewesen, hatten einen Sohn. Auf dem Pièrre Lachaise schrieb ich:

Weißt du noch: HELOISE UND ABAELARD
Etwas Regen auf dem Père Lachaise.
Versteint. Wir unter Regenschirmen.

Was weint da. Sogar über Steinen. Wir
suchten. Und unter Linden hören wir

ein Flüstern. Laute, wie Tandaradei.
Klang Worte in Höfen. Tage. Und dies Paris

so spät. Kaum Große Herbstzeitlose, die
zur Liebe jetzt auf Gräbern rät. Ein

Liebespaar, wir waren jung, berührt den
Stein. Von unten her. Ein Kind, das weint.

Woher ein Sic et Non, der Erdgeruch mit
deiner Haut im Regenduft vereint, im Schritt

der Kuß unter dem Kleid, ein Blitzen wie
durch Tränen, ein Blick der Tote überholt.

Jetzt stehn sie auf und lachen. Sie sehn
dir unters Kleid, die schwarze Herbst-
Zeitlose die Sonnen runterholt.

Heloise, Abaelard: "Was ich begangen, es lebt
so stark in freudiger Süße", riß mir das Herz
entzwei.

Saß sie auf einem Steine, Heloise, Abaelard.
Fließt in die Iris heute
dies Liebespaar.

Und steigt ganz aus dem Wort und nur ins Auge ein.

Der Name sucht durch Todesnacht lichtschnell verborgen dort
im Stein, den nur der Finger anstößt, Kälte fühlt,
als wäre dieses wahr ("drei Tage sind es drei/ von keinem
Schmerz verschont".)
Heloise, Abaelard...

Tod ist ein Liebespaar. Liegt vor uns, geschwärzt
Figur, der Stein. Schmerzlich der Durchgang
mit Bildern und Dornen, durchkreuzen das Auge und
sieh, die Paare, sie wärmen.

Vom Tode denke nichts, und nur auf ein Wort. Steht
Sic et Non - gerade für wen? Daran miß und trau
dem Auge nicht mehr,

trau denen, die nicht mehr sehn.

Nichts erinnert in der kleinen Abtei, die nur noch seinetwegen besucht wird, an ihn, er selbst floh von hier, der Rauheit und Ungebildetheit, Gesetzeslosigkeit der Mönche. Und doch werden andauernd Abte und Heilige, meist in Form von Grabsteinen, einer sogar im Glassarg mit den heiligen Gebeinen, vorgezeigt. Die Kirche mochte den freien Abaelard. nicht. Immer wieder wurde er "bestraft" Auch in einem Kloster bei Soissons, das zugleich Irrenhaus und Kerker war. Und hier nun die heiligen Knochen. Überall in den Kirchen wird also die Materie verehrt.


1995. "UNFÄHIG das einfache zu tun bleibt
das schwierige" und schreckt nicht ab
nichts zu tun es war mehr
und weist darüber hinaus weist dahin wo wir immer
wirklich waren
Das einfache aber versäumt zu haben wollen wir
nicht mehr erkennen

HÄLTST ausschau siehst um dich
die insel der berg da herab
im dunst wie von ferne verschwunden
mein auge schau gut ich such mir dazu
ein geheimnis den rand aus
Nehmt ihr mich an wie ich das auge
und wußte nichts von mir
gibts noch ein wort das zu euch will
wie der Christ zu uns kam
wie wir und doch sprache
von wem
Wenn ich schlafe heut nacht
kommst du wieder die qual
aufgelöster gedanke labyrinth wie die wand
die uns trennt und fühlt sich
wie nah diese prüfung und ich weiß nichts
von ihr und vom geheimnisvollen Stoff dabei
Nichts wie mater materie und endet mit A.


Was wirklich wahr ist, gibts noch nicht.
Und alles andere ist vergangen.
Die schnelle Geschwindigkeit dieses Tages
setzt du auch morgen nicht zusammen.
Am alten Turm zeigt die Uhr unaufhörlich zwölf.
Unerlaubt scheint das wirkliche Weinlaub.
Sprünge und Risse im Blickfeld Und alles
eilt/ Du hältst es notdürftig zusammen
treibst wie eine Mauerblume
Synthese zum Vor-
Schein.

Und wir saßen an diesem Tag in winzigen plätschernden Wellen, es schien in ihrer Sanftheit so, als wollten sie aufhören. Vor dem Sturm ist es meist ungeheuer sanft das Wasser



ÜBER STÜRZT

Am Abend dann wieder:
Kaum aufgeschrieben, der Tag
ein böser Witz, der sich dehnt, was geschieht.
Es könnte Sonntag sein, Taufe, es hatte eben
geregnet in die Predigt und die Gebete, es fällt auf
wie ein Ring ums Bewußtsein entsteht. Die Sperre,
und die Trinität am Altar? Sie hat sich zur Null
gewandelt, denn: Was Er ist, ist Alles-Eins?

Die Muttergottes
auch sehr alt geworden, steht abgeblasst im Blauen da:
ein Und dazwischen. Kaum Wirbel im
Auge. Am Kopf blau eine ohnmächtige Blume,
die nickt und Nichts sagt.

Und dann Diktate nach ihm: nach Hören und Sehn,
als du im Leben noch dabei warst
und doch schon längst vergangen:

Rast es und ist, das Herzgewächs zerstört
tut weh ist nicht mehr dein erinnert sich
und sollte mich und sich vergessen - der schwarze Kopf
ist schwer das Kopfgewächs die Fontanelle quillt
dort ist der Spalt dort tritt sie ein und rast der Stral.

Doch sonst er löst / die Tafel Schwarz du siehst hinein
ins Nichts/ bist frei du weißt, der Sinai
zerbrochen ist wie Glas das Herz
das einmal Wüste war, jetzt brennt es Lichter
Lohn der Angst, dass es Vergessen gibt,
das dich befreit.

Dein Bild gelöscht wie dich ist der gelebte Tod
Erinnerungs Los.


Die Bücher-Kinder betreut auch durch Punkt vier: Lesungen und Vorträge. Dazu meinen Adlatus und Secretarius Antonio mobilisieren. Und Beth dazu bitten, als wäre es ein Fest: Sie umfasst fast alle SchwerPunkte, das Eine also als Zwei?

DIE ROTE HÖLLE



Securitate. Betrug mit Macht oder Macht mit Betrug. Vorläufig im Essay Gedicht



1
Was nicht sagbar ist unter der Sonne/was Macht bringt auch unter dem Mond
Und gegen alle Sterne/ die zerschellen würden/ aus ihrer Bahn geworfen
Wider die Natur von ihrem Sein abgewichen: der Begriff durfte die Lüge/ nicht fassen.

Das Gedicht aber braucht den Beweis nicht/ es ist wie ein Kind
Beweis.

Ihr aber ihr früheren Freunde ( hab ihr es in der Hölle gelernt?) ihr „arbeitet“ mit ihr
Nun groß geworden im Fernseh Licht/ Mit aufgerissenen Mäu-lern (Schweigen wäre besser
gewesen … menschennah und geerdet), schreit ihr Erfindungen in eine/ nach glaubbarer Lüge
Gierende/ Welt.

Sie aber klatschen euch zu/ völlig verblendet. Beklatschen in stinkenden Sälen das Kunst Licht.
In den Himmel gehoben, der leer ist ohne Gott : für euch ist er längst gestorben/ zeigt ihr euc h schamlos als Gottersatz vor/ dem Publikum , das euch braucht/ die selbstgemachten Helden Puppen.

Ein X für ein U/ wenn Gefühle Zähne hätten wärt ihr längst tot / ihr aber
Glaubt daran / Oh wenn ihr nur daran glauben müsstet, das laute Wort
Im Halse/ stecken geblieben /im tieferen Sein wärt ihr aber ge-rettet.

Und sogar die Engel habt ihr zur Lüge bekehrt. Nicht wissend, was wirklich geschehen war
In der Hölle / singen sie halbmündig ahnend / was sie da tun /verführt und betrogen
Flüstern sie manchem Zuhörer zu: Vorsicht, die Hölle färbt ab! Worüber ihr spracht.

In einer höllischen Zeit habt ihr die größten Chancen /Chancen wie noch Nie / das wisst ihr, das nützt ihr Aus/ steigend auf im-mer höheren Trampolinen, die man euch baut und baut und baut
Bis ihr den falschen Himmel erreicht. Sag, Herr der Welt, wann fallen sie herab und zurück

In die Hölle? Nie? Sie arbeiten doch damit/ glaubst du sie sind blöde/ Dialektiker von Beruf
Sie haben es dort gelernt/arbeiten sie doch genau mit ihrem Fall: der vorgespielten Hölle
Wie sollen sie dann fallen, mein Freund?

2
Irre ich mich/habt ihr Nichts getan/ nur euer Machtwissen eingesetzt
Intelligent wie der Teufel/ sprühend, genial sag ich/ Aber. Aber sage ich/ wir alle
Die durch die Hölle gingen/ haben ein vollklingendes Instru-ment/ gereift

In schmerzender Enttäuschung/ mächtig klingend einsetzbar/ für Wahrheit oderLüge.
Die Zuhörer sind/ naiv und offen. Sie wollen das Lied vom Schmerz und vom Standhalten hören.
Wie leicht ist es doch Leichtgläubige zu betrügen /und größer als groß zu werden durch sie.

Größer als groß über Leichen zu gehen/ auf ihnen steigt man doch gut, höher und höher hinauf.

Geht das gut und ewig/ wenn man mal oben ist/kann man nicht fallen? Wer merkt es
Heute schon, dass Lügen doch sonst kurze Beine haben? Aber keiner will es wissen wenn alle jubeln.
Wer stört/ der ist doch der Betrüger/ er bringt die Leute um ihr Buchglück/ das sichtbar geworden War.

Wieder Helden zu haben. Echte, die wirklich gelitten und im Kampf nicht gefallen
Aufgestanden immer wieder mit lauter leicht erzählten Ge-schichten
Helden gibt’s doch heute so selten/ lass sie uns doch/ wir möch-ten sie nah ganz nahe haben.

So nah fassbar und lesbarer noch mit wirklichen Märchen. Lass sie uns doch: verschwinde!
Vom Neid/ nicht von des Gedankens Blässe/ angekränkelt: grün und gelb bist du auch im Vers?
Grünzahn, du, sagt einer / er muss es ja wissen/ er kennt doch die Leiter zum Aufstieg zu gut!

Sie wollen nun auch mich als Leiche haben, höher zu steigen, aber wohin noch? Ach, Heilig
Gesprochen zu werden/ heilig, heilig/ die nächste Lesereise geht zum Papst.
Sich anpassen nun/ wie früher an den Zauber der Ideen: damals

Im guten Grund der Securitate.

Aber was wärt ihr, Freunde/ heute: ohne SIE?
Ihr wärt wie vor ihr ein Nichts und ein Niemand vom Rande.

3
Ich sage jetzt alles/ was sonst/ doch aus Takt/ aus geklammert werden muss.
Was unsagbar ist. Unsäglich bleibt. Und Wirklichkeit wurde.
Habe ich alles falsch gemacht? So ohne kurze Beine und Con-nection.

Mit der Wahrheit auf dem Papier/ geduldig. Die kurzen Beine
Gekappt und so auf dem Bauch/ gelandet: auf einem einsamen
Papier Berg in dieser Zeit der Macht als Betrug/ und dem Betrug als Macht?

Oh, Freunde ich bewundere euch: die Poetik des Marktes Mal war es die
der Securitate. Der Trommler geht um/ die Ware lacht und glit-zert schwarz
begehrlicher Blick in die Hölle. Freunde, das zahlt sich/ ehrlich nun/
AUS.



EXIL, 1973/74



8.7. 74.Meine Haupteigenschaft: Nostalgie, Sentimentalität.

ELEGIE BEI MAGDALENAS AUSREISE AUS RUMÄNIEN
Der Postbote bringt dich nicht wieder
Es werden andere Marken auf den Briefen sein
Kein Zeuge mehr erkennt dort unsere Zeiten
Die nur nach innen offen dort geblieben sind
Doch uns gibt es nicht mehr

Es ist als obs auch Argeṣ nicht mehr gäbe
Und wie ein Übermaß an einem Rückzug
In deine letzte Reise wäre einer
Der nicht mehr anhält

Wir sind weit weg
Von un gezogen
Ein Stein Wurf weit
Von unseren Möglichkeiten.

FÜR MAGDALENAS BUCH
Ich möchte unsere Sprache wieder
Sprechen sie lebt sehr nah und sie ist gut
Denn diese trennt uns mehr
Wie könnt´ich dir
In diesen fremden Zeichen
In ungesprochenen Lauten etwas sagen
Was hier in dieser Sprache nicht sein darf.

Vielleicht ist es zu einfach „Feste“ sage, die ich dir
Tief im Grunde bringen will.

Notiz
Es darf nicht genau gesagt sein,
was war/ sobald
zur Hand genommen
Bilder der Dinge verwelken.

Ausnahmen: Dein
Kleines Schamhaar bittet.
Ich nehme Notiz vom Bild,
das sich noch immer in dir bewegt
und mich bittet.

Für PC (Piteṣti)

Von niemandem war die Rede
Von dir
Und die Rede, sie ging bergauf
Bis zur Talsohle/ ging
Schnitt sich ins eigene Fleisch

Dissonanzen wie Messer – und du

Wo finde ich dich/ so sprachlos gemacht
Wieder am Grund ohne ihn
Gott Los gemacht im Versagen der Zeit
Ich laufe ihr nach ohne Gründe

Dort drüben stehst du
Ein Antigedicht
in der Helle
Die Worte sie spielen sich auf ohne Grund
Und stoppen verzweifelt und heilig verpufft
Gottvater im Raketenboot/ zu Gast
Auf die menschliche Schnelle


Messer, rostfrei

Es lässt sich nicht ausmachen,
was in uns eingeht
denn die silbernen Stränge beginnen zu rosten

Du hast dich abgesagt und
Ich trag es zu dir und
Trage uns auf
Trage den Kopf nicht mehr
Hoch dal sich die Zeit
Verflüchtigt/ in mir in dir in uns
Ging sie nicht mehr in Farben
Die Klänge sind mutlos geworden
Am Pop entlang
Jauchzt nur die Leere/ Trompete
Zur Eile und Weile am Akkordeon
Und Webwut wie
Fall hobst
Faul und nach außen die Messer
Und Großen Wagen
Glänzen/ rostfrei.





Köln, auf die Spitze getrieben

Sag wo treffen wir uns
Ohne Punkt ohne Fest
Weit hergeholt

Manche Wörter sind unbrauchbar
Geworden (heißt es!)
Alles was uns aussagen könnte
Sagt nichts (sagt man!)
Wohin mit dem Blinken
Dem dunkeln/ jener
Gewissheit der Tiere und Sphären
Wenn die Flugzeuge tot sind
Wohin ohne Worte für uns
Nur für sie
Die gewissen Worte die Fremdworte/ reich
Metallisch und müllreich
Verschmiert in Paperbacks reich
Ein Umweg nur Umweg und Einsturz
Mühsam im Gleichgewicht
Auf der Spitze des Kölner Doms
Balance ohne Seiltänzer
Und ohne die weissen Tauben im Hirn
Ohne Metaphern/ nur Sinn
Nur die furchtbare Weite
Der Revolution und die unfähigen Revolutionäre


Notiz

Die Sprache wandert in mir gen Westen
Und springt dann zurück in die unmögliche Heimkehr zu dir

Alles Gedachte ist hier
Und wenn der Weindunst
Die Ordnung zerstört/ mit der Zeit
In Einklang gebracht/ durch den sinnlosen
Säufer/ bringt sie mich wieder
Ins Morgenland/ früh
Wenn sich die Sonne
Am Laut definiert, den ich schreibe.

+

Sie gehen wieder ein
Die Splitter/ in Sprache verwahrt
Denn die Schärfe verwundet nicht mehr
Sie sind in die Ferne gestellt
Zum ganzen Leben gebracht
Als ließe sie plötzlich
Begreifen, was fehlt.


Südlich irre Nacht

Heute Nacht war ein Rasen
(auf Sächsisch nicht nur)
Die Vase, die Türe, die ich zerschlug
Sie bleiben weiter, die Splitter
Gehen ein/ sie lassen sich nicht mehr wehtun

Das Fenster blieb den Bergen zu offen heut Nacht
Die Lieder südlich (mit zwei Gitarren) gesungen
Ole!
Die anders berührten als heute
Sie sangen dem Meer zu als hätten wir noch Zeit
Griechisch spanisch chilenisch

Dann tobte die Nacht
Südlich in mir
Ich zog mir rumänische Pelzjacken an
Denn ich fror

x------------

Weshalb und wozu
Auf den Weg gebracht
So mühevoll ausgesetzt
Ein vom Krieg bestelltes
Langsam geteiltes
Leben hier
Und nicht dort
Das aus Verschweigen
Sechzig geworden
Das Fest hatte seinen Teil
Am Punkte setzen
Und setzt ein Hoch dir
Am Tisch deiner Zeit
Gedichte

x

Setz mich ab hierlass dich nicht treten
Vom stotternden Gegenstand
(unter der Hand dir entgangen)
Dem inneren Absaz
Eingetreten und ausgemacht
Alle Lichtdr sprach los
Dass du Blindheit schreist.

x
Über dir bleibt die Ruhe des Windes
Die Blätter ziehen sich ein
Ins Gedächtnis und rauschen
Vor der Hand: du
Es ist ein Gehupe in dir
Wenn du aufstehst
Kurz vor dem langen Tag
Im Bus wäscht du deine Gedanken nicht mehr
Am kalten Metall
Und die Handgriff tragen den Wind nicht mehr auf
Der Fahr5twind am Morgen
Ist unter dir trüb
Ein Hund rennt mit klappernden Blech
Und Sirenen am Schwanz
Durch die Straßen

x

wo hast du dich hinausgestreut
ohne Kampf und Freund
über alle deine Sinne hinaus
in die Luft
und ziemlich an deiner Schwere vorbei

wo lässt du dich liegen
mit Kind und Kegel
zu Fuß über alle Berge gegangen
und doch immer wieder zurück
wie das Rätsel das mir die Binde hält
vor Augen und Tag
bei meiner Erschießung?

Die Frage hält sich fest an dein Wort
Kind ohne Laube
Wann denn ist Herkommen fertig gemacht
Und wann hast du den Boden
Sicher fußfrei noch vor

Wo hast du dich hinausgestreut
Ohne Kampf ohne Freund
Über alle deine Sinne hinaus
In die Luft
Und ziemlich an deiner Schwere vorbei.






ABGRUND DER HERKUNFT ABSENZ. DIE LEERE



Immer dieser Kampf mit der „Magerkeit“ der Seele und dem TS (totalitären Seele). Ehrfurcht und Demut neu? Nicht mehr knieen . Und die Nur-Kritik aufgeben. Nur-Negation darf nicht kultiviert werden.
Die Ideologie hat mich fertiggemacht. „Am Leben vorbei“ hieß es bei mir schon mit 14 in meinem Tagebuch. Den Kairos nicht leben können!



WER NOCH wie Dichter früher
schreiben könnte, Frau Sprache Liebe -
ists versucht, entwindet sich das Wort
dem Traum, wird hart.

Im Auto, denk es o Seele, im Flug vielleicht
hier am Computer schwarz die Tiefe
und der Gedanke heillos smart,

der Autor, eher die Auction sei eigen ständig
triuwe und staete auch Herr Wolfram
sieh der neue Faden glüht

vor Liebe. Und der Wacholder blüht,
doch ganz umsonst, wer fühlt
jetzt dieses arme Wort, die Auto-
Bahn, die rauscht. Doch dehn es nicht so Aus,
beschriebenes Nichts:

Geh in dich,
such dem Vers ein Haus.


1974
FREMDWORT UNVERGESSLICH
(Plagiat. Die hattest beinah gelebt)
Das ist/ hier zu nehalten
Ein Wort darf nicht vergessen werden:
Ai nimănui! (Niemandem/ gehört)
Und dir die Waffen halten
Wenn du vergisst, wo sich Gedächtnis
Über seinem Dichten/ behält
Und an den Worten hält:

Fremdwort, unvergesslich
Tu ce zici was zu sagen war
Hast dir die Worte einsam
Vorgesagt
Sind fremd wie aus der Mongolei
Und doch zuhaus
Vor lauter Fremde/ freute sich die Silbe
Nur an die Wand gesprochen
Hallt es/ gibt dich dann
Für eine Weile
Frei.

Ich ziehe Datums-Bilanz:
Oktober 1968 Bukarest-Brüssel, Paris, Frankfurt: L. 13. Novem-ber kennengelernt.!


März 1978
Die Verzweiflung des Verschwindens

Sense am Bodensee/ sah das viele Wasser
Mit Durst in den Augen
Heut kam wohl die Verschmutzung hinzu:
Wir sahen sie vom Fährschiff aus

Seltsam/ belohnt wurde er von einer Vision
Fühlt die Qual/ Taufen und reinwaschen wollt er sich so
Vom Teufel, wird heute gefragt!
Herabstieg die frauliche Halluzination
Der Mutter, Milch des Friedens, bläulich
Wie feinste Brustader schimmerts:

Er trank, der sich ansprach als Reiter
Erbrochen, andauernder Kuss, saugte
Am eigenen Wahnsinn: Maria.

Herzbefreiende Tränen, notiert er
Und „Durchbrechen seines ungebrochenen
d.h. äußeren Menschen durch sich.“


23.Juni

Spieglein, Spieglein an der Wand
Was nun, wem soll ich glauben?

Ver- Zweiflng Ungewissheit. Das Nichts
In zweierlei Form 1.) Methode: Augustin.
Descartes, Skeptizismus, Kritische Theorie
2.) Als Krankheit (Sünden-Fall). Schon
Wittgenstein:“ Der Philosoph behandelt
die Frage wie eine Krankheit“.
Beides aber bei Aussetzung der Fähigkeit
innere Bedeutungen wahr zu nehmen.

Von Ungewissheit, Schwanken (Willensschwäche)
Bis hin zur Geisteskrankheit.
Unentschieden Schwäche, was für wahr
Gehalten werden soll (theoretisch mörderisch
 Religion. Spieglein, Spieglein an der Wand,
Was nun, wem soll ich glauben?

Leichtgläubigkeit ist Schwäche.
Unentschiedenheit lähmt Macht krank. Hamlet.
(Verworfenheit. Schwachheit. Ziellosigkeit!
Wenn die innere Stimme aussetzt.
Es ist die Krankheit der Zeit.

Sinnliche und verstandesmäße Erkenntnis
Ist nur Stückwerk und zerschneidet:
Die unangetastete Bedeutung hat Zugang
Nur durch uns!
„Natur hat weder Kern noch Schale,
alles ist sie mit einemmale!“
Der Kern der Natur ist
Menschen im Herzen.


Oder jene Qual mit Durst und Hitze
Die vierzig Tage auf dem Sinai.
Er deklarierte sich zum nachgefahrenen Gott
Der mit den Utensilien der Menschheit spielte.
Als wärs nicht sie, die aus dem Strahl
An ihr gesammelt, dass sich unendlich erkennt!?



1978. Der Regisseur sah den blonden Haarkranz
Der Britin am Nebentisch/ als Schlange
In ein Lächeln gelegt.
Der Lyriker aus Nürnberg besucht
Neugierig in Lissabon das Revolutionskabarett
Und lässt sich von der schönen Sängerin
Immer neu in Pequeno sieht er das Blut des Stiers
Über das schwarzglänzende Fell fließen

Die Nonne kommt in mein Haus
Und frägt nach einem, der hier anwesend ist
Drückt dir eine Ähre samt Rosenkopf in die Hand.
Da bin ich mit dabei gewesen
Und habe immer nur entweder ins Glas
Oder auf meinen eigenen Gedanken geschaut.







Lass mich ein, hier kommst du nicht mehr raus, du trägst den Absatz mitten auf der Stirn.
Die Frage lässt sich sehr genau abzählen, wie jenen Reim, den ich auf dein Gedächtnis mache.
1974




VLAD ALS SYMBOL




Das erfundene Vlad-Haus in meiner Stadt. Man wollte sie Dracula-Stadt nennen.




Vlad Dracul, der Vampir, wird nämlich am besten durch sein leeres Grab und seine verschwundene Leiche symbolisiert. …Mich berührt die Vampirseele des modernen Intellektuellen wie ein Selbstporträt. Solch ein Un-Toter könnte etwa so spre-chen: Wie immer wenn ich nach dem Leben griff, blieb nichts in meiner Hand.


Anderswo ein
unvorgestellter Himmel

anders

als nur ein Mahnmal
mit Geisterhänden nachts,
dieses große

"Zu Spät"

darauf
ist zu malen:

Die Leichen sind abgelegte Kleider
Tarnkappen riesige/ Schleier unserer Augen,
sie sehn nicht, Nein,
sie dämmern,

der Stahlhelm löst sich im Kopf auf, Gifte
der alten Blindheit

zivil, doch wachend
in jedem sind wir

wie immer langher
die Toten


Stillegung der Geschichte durch ihren eigenen Grund und Ab-Grund im Namen der Toten, durch ein "Gegenwort", das "den Draht" zum Normalen "zerreißt". 





REISEFIEBER


In Rom

1992. ALS LETZTES HIER EIN NEVERMORE
Ich las im Auto Richtung Rom/ die Vorgänger:
einen der in einer Kaserne
schrieb/ sah dazu östlich den Strich/ Horizont
flach übergangslos
ins Nichts/ halte dazu Jetzt
den Atem an
Geduckt sitze ich im Wagen
fahre auf/ Wohin
Nichts weicht mir aus.
Weiß/ nur noch dieses ist, was ich sehe,
„entwicklungsfremd“ - kein Wort
die alte Schlange ist verwandelt:
rot leuchtet ES: und sieh -
Rücklichter lang gestaut im Tunnel



HIER LIEGT ALLES ABSEITS, im Rasen die Stille,
jede Bewegung ist passé,
ganz egal an welchem Ort dieses Hier ist.
Auch Rom wirkt
(durch den Lärm)
völlig weglos und abgeschnitten.
Wer aber ist dann mein Adressat?
Irgendwo ist er zu vermuten,
denn ich weiß es mit großer Ungewissheit,
dass der Lärm mir etwas verbirgt.


16. Juli 1992. Absenz, die sich zeigt: ein Zeit- und Trümmer-feld. Null-Lage. Summe von Unmöglichkiten. VIELLEICHT geht der neue große Riß auch heute mitten durch je¬ne, die schreiben. Alle Illusionen sind gefallen: Das schmerzliche Zer-fallsprodukt Sub¬jekt al¬lein ist inmitten und zeitgerecht:

1975. Aber die Panne 20 km vor Rom. Einfach das Benzin ausgegangen. Banal und dumm. Die Pannenhilfe behandelt mit wie ein Gespenst, das eigentlich nicht exis-tiert. Viel Polizei, Angst vor den Brigatte rosse. Der einzige Freiraum der Raum der früheren Massaker: Colosseum, Forum Romanum. In einer Kneipe dahinter bei Frascati Gespräche mit L. über meine erste Ankunft in Deutschland. Die Abfahrten aber nehmen nicht ab. Leben: Zwischen Abfahrt und Ankunft? Überall in den Olenaderbüschen die Liebespaare. Abends aber der Philoktet von Sophokles, Glauco Mauro in der Hauptrolle im Teatro Argentina Leute in Alltagskleidung im Prachtheater. Denke an Heiners Stück. Schreibe noch nachts in den Thermen des Caracalla bei Vollmond:

Der Bogen ist die Wunde des Philoktet
Das Tor, nicht mehr
das Grab im Kopf. Es blinkt in ihm der Punkt
hat Recht so fern zu sehn: ein Stern der längst erlosch.

Nicht Zenon ists, Nein,
Zen. Der Bogen/ ist
gespannt. Nach Hause kommen.

Die Mythen sind die Basen, halt sie hoch
durch die Gedankengänge hallt der Schuß im Flug.
Das Nihil laß am Boden liegen, eklige Haut, den Tod.
Da ist doch einer in mir, wartet, spricht mich aus,
wenn ich bereit bin, selten, leider. Und sagt jetzt deutlich
hör ichs: D., es ist genug.

Kein Pfirsichbaum in kein Gitter geflochten/ unter der Mauer
ausgesetzt: ist er das Eiland/ um ihn der Mann mit dem Bogendie Heimat die ihn ausgesetzt. Er hasst, was ihn
auf die Erde gebracht. Die Eltern die Leute das Land?

Was gebraucht wird ist der Bogen.
Sie kommen ihn holen. Sie sagen, er diene
dem Boden, nicht sich.
Der Schuß muß töten. Nie nur in Gedanken.
Das Nihil kam an. Und wollte entkommen
und kam auf dies Eiland. Die Zeit verging mir so:
Alt und vergeblich. Doch sie, sie blieben :
Etzels Saal ein Zitat/ im Kessel
von Stalingrad. Alles ist und
nie nur einmal (als wärs eine Hoffnung?)
Abgefroren, die Zehen. Der Bauchschuß. Blind,
die Augen/ brennendes Flimmern Schnee.
Heut ist der Bogen
Nichts und dauernd gespannt. Zerreißt im Hirn
der wartende Schuß eine Leiter.
Wer jetzt den Feind getötet hat, stirbt selbst.

Nach jedem Krieg blieb ein Haus, ein Übriges
von Bäumen Tieren. Doch jetzt radiert sie
schon der Frieden aus.

Philoktet stand mit der Wunde auf
dem Feind aus jeder Heimat entgegen -
mit ausgestreckter Hand versöhnt, den Bogen fort
gespannt zur Null sie dröhnt! Versöhnung überholt
bleibt unversöhnt und nur ein dummes Hier im Leben.

(Tagebuch, 5.Mai 1975)


5.5. 78. Kampf gegen das Ich. Simultaneität.

1978 auch ROM. Daran sehe ich, dass ich nicht alles über mein Leben weiss. Nicht einmal jedes Datum, jeden Ort, der vergan-gen ist und vergessen….

Die Liebe stirbt, sobald die Götter fliehen. Hölderlin

1978. Rom. Besuch Viebahn, Villa Massimo.

Innenstadt

Was nützt es mir, wenn ich so wiederkäm
in mir Bwusstsein, das zum Beispiel in der Innenstadt
Zersplittert wird durch die Signale rot und grün
Und Hupen/ Sausen, das mir in den Ohren klingt
Und doch nicht klingt, nur dumpf verhallt
Wie mir das Fremdwort und Begriffe noch im Gedicht
Die Innenwelt verschmutzen.

Wie find ich in dem Hauch von Evidenz
Im Abgas und Erschütterung, das die alten Mauern grüßt
Und innen baut wie all die Reden, die dazu gehören,
Mich selbst.

Bin ich ein Asphaltliterat?/ Wir alle schreiben:
Lyrik des mickrigen Bewustseins – völlig zeitgemäß.

Das Triviale, Profane des Verkehrs
Illustrierte - Bildzeitung
Lässt uns entleert als Reflex –
Nervenbündel liegen.

x

Das „allgemeine Idiom“(Yeats) lernte ich zuhause
Das so weit, so weg liegt, fast wie mein Ursprung, den ich
Morgens beim Rasieren sehn kann. Dabei denke
Ich (während die Klinge an der noch pochenden
Halsschlagader den Bart schabt, der nie ganz ab ist, um
Mein fliehendes Kinn zu verstecken) an den Tower im Schlaf
In den Eingehen die Flughäfen meines Abhebens von mir selbst
Wie jüngst Verstorbene und der nur halb erinnerte
Turm des Traums so zwischen vier und fünf Uhr
Früh/ der 5. Schlafphase, da dauern sie bis zu einer halben Stunde.

x

Die gemäße Sprache, die auch meine Mutter spricht
Wird versteckt und verschlüsselt
Die Klaviatur überzogen mit schallend genauen Begriffen
(Von wo?) Umgänglich nur in der uns geläufigen Umgangsspra-che

Wiederaufnahme alter Visionen (zum Beispiel Susos)
Wie gute Filme, die uns rühren
In einer alten Cinemathek, freilich mit Kleiderablage, falls wir ins Schwitzen kommen vor Begeisterung. Nacktsein mit Partne-rin.

(Ich hör eine alte Kosaken-Weise von zu Hause. Da kamen wir aus
Fast ganz ohne Erinnerung. Hier scheint alles wie längst vergan-gen.)

J. Halloway. Zu Yeats (in „Interpretationen 9. S. 220).

Feierabend des italienischen Arbeiters
Zugleich:

Wenn Ich Aufschreibend kommt er
Durchs Fenster den Cinquecento Fiat zu sich, der Angst ist
Höre: mein Hören ist er! Gezähmt. Denn Zu-
Hören ist umsonst.


Aufstehn dann vom Tisch, um meine
Wahnvorstellung mit den Augen
Zu prüfen: inzwischen fährt er ein
In die Blech Garage.

Ein blinder Schreiber wäre Figur und Fiat ver-nehmen zugleich
vielleicht besser Die Ähnlichkeit ist frappierend.

Heut aber denk ich an Verhöre
In ihren Kosmos zu stürzen
In dem Sukzession gilt.

Sympathie, das Werden als List der Figur/ wechselseitig be-leuchtet zwar markant freilich. Aber der Zusammenhang ist glo-bal.


Im Versraum zwar nur die Ähnlichkeit
Der Einfall aber kam von wo anders her
Die Metapher bevor sie einfährt
Ins Blech/ kommt aus/ ohne jedwelches Bild.

Das Erschrecken,
dass das Auto einfährt
und still steht. Nachdem es so gerade eben noch
auf dem Weg war.

(3 Seiten nicht abgeschrieben!)


Ungetröstet/
Untröstlich sitzt der Zweifler wie ein Dickhäuter
Auf dem zerschlagenen Porzellan und Glas
Seines Lebens: schneidet sich tief/ ins eigne Fleisch/ Betäubt den Schmerz
Durch Ausverkauf:
Redet sich ein, dass dies
Die Welt sei.




Verona. Ashram. Ananda Marga

Christ als Mercurius/ strömt den Rücken hinauf: aufrecht
Bis in die Krone/ Entschüsselte Chance der Topographie/
Ein Ashram in Verona. Hochfliegendes Es. Fiktive Liebesbriefe
An Julia/ wie eine Sophie/ Zärtlichkeit strahlt herüber
Bei Taubikern/ in dem Reihenhaus am Rande
Der Stadt in eine leere geistliche Mitte.
Wie Marginalien saust alles ein: Kreis (Dharmachakra)
Die Hand leicht wie Wasser, das strömt.
Vorn ein Gesang, der mit zitterndem Sprung
Wie ein feines Glas sprint und ans Herz greift.
Etwas noch Ungeschehenes, das alles erweitert,
Öffnet den Raum. Als wäre ein großer Hammer
Für immer auf sein Kissen gelegt.

Die Tür öffnet sich und es tritt ein
Schwingt ein Hangtsa der Atem
Gibt ihn nach innen dem neuentdeckten
Augenblick.




Italien/Griechenland. Agliano bis Korinth

INTERMZZO. Der erlebte Augenblick als Reisege-schenk

HEIMFAHRT. AM CISA. PASS

Mehr nicht, als diesen Augenblick
aufbauen, als ginge es ums Leben. Das geht.
Mehr nicht. Als diese Morgenwiese
lachhaft naiv die Augen sehen lassen
mit Freudentränen. Mehr nicht

als leben, jetzt.

So warte ich, die Sonne
scheint noch immer, und bricht
die Strahlen, nicht das Herz, den Satz.

Ich möchte leben,
nicht nur schreiben müssen, als wär es
ein Ersatz für diese Fahrt.

Sie steht noch in den Sternen. Steht
und wartet.

Und doch, zu ihre gehört auch diese Erinnerung, das Glück der Sinne: Heute liegt es wie Glück in der Luft; der Morgen ist tau-frisch und jung, und Ich hatte plötzlich wie als Kind Lust zum Barfußgehen im Morgengras; Duft und Klang, es riecht nach Pi-nien und nach frischer Frühlingsluft, nach Berg und nach Kaminrauch. Langsam, alles ganz langsam tun, mit vielen Pausen und ruhigen Atemzügen.

12.12. 1986

Bisher berauscht von dem was hier verging / kam mir das Leben so lang vor
Wie diese Zeile, die verborgen zwar. Aber
Nie stirbt
Kommt aus dem Nichts /dieser Trank und bleibt: so ungetrunken
Unverbraucht
Vergilbt.
Jetzt blendet mich/ müde und macht mich blind
Was handfest ist
Und immer näher mir zukommt
Fast wie mein Körper
Und alle Leute wie sie leben
Der Tod.

Am 5. Juni: Zu diesem Gedicht. Auch Michelangelo. Vgl. Kuhn Ende.
Kunst als Versuch, zu Gott zu kommen.
Mutter sieht zum Fenster heraus, sagt, ich habe von meiner Schwester Elfi und auch von E. geträumt, wich werd bald bei ih-nen sein.



Ebenso Die Bücher von Gustav René Hocke: Manierismus in der Literatur", "Manierismus in der Kunst", beide rowohlts deutsche Enzyklopädie.
Neuer Gedichte wären etwa:


ICH SEH IM FENSTER diese Landschaft
Berg und Tal das Meer die Bäume rauschen
vergehen auf der Taste
im schwarzen Hintergrund stürz ich hinein.
Ein Laut aus der Idylle Glocken talwärts
frischer Morgen Autohupen Bellen
aufgedreht der Schirm
Stille hinter dem Tal es fiel mir auf
dass jener den ich denke fehlt
Einsetzender Sturm in den Geräuschen
Abwesenheit und denke ihn in mir gefangen
nichts als ein Echo der Gedanke er ohne den
das Tal nicht ist im Auge nur der Schein
zurück geblieben
Was ist sein Grund im Blätterrascheln
den Sonnenflecken dort im Wald als Kind:
die Morgenschrift
auf einer Blauen Tasse Nußbaum im Sand
mit nackten Füßen stieß ich an
das Taugras
eine Nuß.
Der Ausschnitt ist in mir im Wirklichen
vergangen
Hast du hab ich
dich aus dem Grund dem Feld verlassen
dich oder mich so gehen lassen als Reim gelegt
als letztes Zeichen noch die Strafe Hochmut
und alles neu zu sehn zu machen
was so ist wie es war
du Herz der Katastrophe rotes Wehr



SAGT EIN CHINESE der
ich nicht Bein genug hab
die Distanz von neuem
zu schaffen
Kruder schreibt ihr was ist
auf Bruder im Geiste schon himmelnd
"Memento Saecuritate" einer
der den Leu hat nicht Niembsch
ein Nein jetzt nachher: Banal Banat
wie du ausharrst geschlagener
Bruder und lebst ganz
verändert
aber noch DA
Und was vor dreißg Jahren schon
einmal Es war so
roher Beginn der Märchen
den Kopf aller kosten
kann.




WENN DANN Entfernungen
zusammenbrechen
Summen der Bienen
wie Menschenstimmen
die Worte endlich sich
entkleiden
berührt die Nähe fern
entfernter war es noch nie
Das Maß setzt
nach dem Herzschlag
dein Wächter
du warst es schon immer steh auf
und geh - in der letzten
Entfernung dort wo
geheim dein Herz ist
Und das Gesetz das du kennst
laß hier getrost zurück
so bleibt die Zeile
scharf die du heimlich
gedacht
verwandelt in eine Blume
innen gewachsen
hinaus über den Schein
der das Leben ist
und kehrst getrost noch
heim und zurück.
WÄR NUR DER LETZTE, wäre das letzte
Endstück vom Brot die gute Molle
und ist längst aufgegessen, fort
der Geruch ist wie der Backofen kalt
und die Hexen gut nur für Aids
Oder der eigene Tag für Tag
häßlicher das Erbe des Stammes
und die Früchte verbrannt
Das Endstück heißt Scherzl
du aber sagst Knust und gnadenlos Knust
das was es ist und Abfall ist essbar
geworden
Wär nur mein Ende so da
Endspiel ein Scherzl
zu Hause im Korn wie ein Ja
in Johannes Fünfzehn
umkehrbar Ja
SCHMERZSTELLE
Ackererde
und vergangen ein Loch
ist geblieben
das zerstörte Haus und das Dorf
am Ende ist
herzschwer ein Grund
der wir waren
Keine Großstadt es sei denn
das Graue der Arme Wintermantel
und lauter Staatsgeschäfte
Doch ich liebe dich Erde
lieb dich auch hier der Berg
gefeiert von gegenüber
sonnige Heimkehr drüben
du meine Alte Erde
Liebe ist Dauer
Gewohnheit ist sie
die sich erinnert
Schon an einer Fliege an
einem Fliegentag
erkenn ich dich wieder
du meine Erde

7.März 2010. Sonntag Greppolungo

Nichts mehr soll sinnlos sein/ alles fürs Buch/ mitnehmen das Augen Licht: so Prana/ den Berg der Seele/ er beherrscht uns immer/ auch zu Hause/ wo? Im Augen Blick Empfinden: Rund Blick
Wie das Meer/ die Träne Gottes.

JETZT sehn wir von oben unsern Ort: Camaiore. Und gehen auf/ Partisa-nenwegen/ und bald dann Sant´Anna/ das von Deutschen ausgelöschte Bergdorf/ das im Gedächtnis/ blieb.
Waldweg. Steine. Tiere keine/ nur Kunsttiere aus Stein/ Adler/ Pferde/ Vö-gel/ Hunde mit Engeln.
Aber ein uralter Baumstamm. Knorrig Er hat ein Bärengesicht. Alt wie die Toten/ die hier die Steine zu den Terrassen/ geschichtet haben. Dazu ein Wegkreuz. Und Inri 1925. Oder eine Madonna aus Lordes. Ein Gefühl als Heiligtum. Überall also kathartische Zeichen. Das ist da/ um in der Natur zu glauben Wo blickt er uns an? Aus der Inselferne dort/ Gorgona.






GRIECHENLAND
Ab 16.5.72-6. Juni (Tb 16)









ÜBERFAHRT


Dann standen wir oben auf dem Berg
Kalabriens und sahen hinüber
Richtung Catania. Wie ein altes Märchen
ließ uns Sizilien das neurotische Herz
wieder höher schlagen.

Auf der Autostrada del Sole
kurz nach der Überfahrt (Ulyss hatte auf dem Wasserso komisch ge-lacht) kam es bei Messina zum Autounfall (ohne jede Schrecksekunde)
Scylla und Carybdis



Porticello/ bei Palermo
Gänsehaut. Fieber vom Scirocco. Gerüche in der Nacht dazu: Jasmin, Orangen. Endlich das Hotel. Im Fernsehraum ist es wieder furchtbar laut. Überhaupt dröhnt es hier stärker in den Ohren als in Frankfurt oder Köln. Autos, Motorräder, Lautsprecher, Fernseher. Das Geschrei, die lauten Stimmen der Leute. Alles auch viel brutaler, greller: der kleine Liftboy, Hotelsklave ist erst zehn, und arbeitet zwölf Stunden am Tag; niemanden stört das. Er klopft schon 6h20 , fragt , ob wir Kaffe wollen.Und es ist doch heimaltlich, Balkanerinnerungen, die Walachei.Marcello erzählt, wie er in der Schweiz gezwungen wurde, anders zu reagieren als hier, z.B. leiser zu sprechen, seine Freude we-niger stürmisch und herzlich zu äußern!
Heute und gestern waren wir vom Scirocco so dumpf, dass wir fast nichts von der Landschaft wahrnahmen. Außer in Messina und Umge-bung, wo die üppige Vegetation ins Auge stach. Ja, und wir waren ja unserer Sehsucht nachgefahren, anders zu sehen als gewohnt. Lernen Ptolemaeus zu vergessen, zu sehn, was wir wissen, dass nicht die Sonne, sondern die Erde täglich untergeht. Doch die Kleider kleben uns fiebrig am Leib. Fieberträume Realität. In der Ferne sind die Liparischen Inseln zu sehen, wie eine Verheißung, en Horizont er-reichst du nie... (17. Mai)


SPÄTER GELA/ Sizilien
Aeschylos starb hier wie eine Halluzination
Sein Leben/ Occident, ein verschrobenes Irren Land, Gott es ist wahr,
Aeschylos starb hier, weil sein Kahlkopf einen Adler blendete,
der flog, welch ein tragischer Zufall gerade Jetzt
über ihn, den Erfinder des Trauerspiels kopfwärts
hinweg/ das Herz war von oben ja nie zu sehen
nur der blendende Kopf;: ach, der geblendete Adler oben
warf die Schildkröte (auf der ja bekanntlich die Welt ruht)wie einen ein goßen Stein vom Himmel also brachteden Kahlkopf um, er uns immer noch blendet:
Und du sagst, es gäbe kein Leben nach dem Tod?


Und dann Palermo, Siculina Marina, Agrigen und Empedokles, Palma und die Riviera des Ghattopardo mit der Donna Fugata, Caltanisetta, Piazza Armerina, Ragusa mit dem gewaltigen Canon. Noto. Syrakus mit der Grasblüte des Papyrus. Archimedes in Erinnerung. Und am 1. Juni „Medea“ im Griechischen Theater. Exil und Schrecken der Liebe: (Das furchtbarste in der Welt ist das Vaterland zu verlieren!) – Dann Catania. Aci Trezza (La terra trema!) Der Ätna und die Todesgefühle in der brennenden Steinwüste. Taormina. Tropea. Ach, Sizilien, in Eraclea Minoa, seltsamster Hafen des Mittelmeeres, entstand Sizilien: eine Handvoll Kreter kamen da an Land, zerrten die Insel so ins grelle Licht der Geschichte.
Und passend zur Logik des Occidents oder ists schon die Levante: Ein Kreter sagt, alle Kreter lügen, also lügt er auch, also sagen alle Kreter die Wahrheit: wo begann unsere Paranoia, hier? Oder langher im Minoischen Labyrinth?
Und dann wieder der Stiefel: Tarent. Brindisi: Der Tod des Vergil (Broch). Die Überfahrt. (8. Juni)

Patras. Korinth. Fahrt durch den engen Isthmus. Die harzige Luft. Das Meer blauer, die Luft flimmernder. Die Landschft karger. Wie ein Traum, kann kaum erwachen. An Eleusis vorbei. Ist das mögliche, da vorbeizufahren? Piräus. Einschiffung nach Kreta mit der „Minos“. Ach. Von der Souda Bucht nach Agios Nikolaos. Sitia. Dann zurück nach Kritsa. Und zur Dike-Höhle. Malia. Und Knossos.

Es begann in der Kindheit: als Kind war ich ein Einzelgänger, immer allein, und alle Zimmer des Hause waren von den Eltern, von den Großeltern, von den Geschwistern besetzt, in der Diele aß man, im Vorzimmer war immer große Bewegung, so richtete ich mich meist zwischen den Zimmern, auf der Schwelle ein. Also immer auf Über-gängen kam es mir vor, dass ich nach „ Hause“ kam, mich wohl fühl-te, an Orten, den die anderen kaum beachteten, der für sie gar nicht existierte, leer war, übersehen wurde; da ging man schnell darüber hinweg, um in einem Zimmer und damit wirklich in einem Raum zu sein. So ein Zwischenraum des Übergangs, eine Art Fluchtort und Vorläufigkeit ist aber auch ein Flug, ist jede Reise.


GENAU DIES WEISS ICH NUN NACH VIELEN JAHREN:
Zuhause kann ich sein
Nur hier - im Flug. Als wär ich damals in der Luft,
Und schwebend zwischen meinen Vaterländern,
Trotz all der Schüsse auf der Grenze stehengeblieben.

Ein Vogel aber bin ich nicht.
Der Grüne Wagen blüht mir. Doch ich wollt ein Haus.
Gern wär ich nur ein Bürger, - bin sein Waisenkind.
Ich lieb die Länder, Orte, Frauen nur,
Wenn ich die Freiheit auch zum Abschied hab;
Nur in der bitteren Flucht und ungeschützt -
Im Freien kann ich Zeit erfahren :
Die Zeit der Zeit, - Vorläufigkeit.
In all den Leuten ist sie heute auf der Flucht -
Den Himmeln schrecklich nah.
Und nicht mehr auf der Erde.

Wie die Schwelle trennt die Reise uns vom Alltag, vom Selbstver-ständlichen, ja ist ein Zustand im „Tapetenwechsel“, der Abenteuer, der aber auch Schock sein kann.


... und wohin man jetzt jettet
mit dr vermehrung der nullen
auf den schweizer konten
stimmen sie ein ins vertrauliche
gemauschel
über kitzbühl, st. Moritz und
lagerfeld
denn das ist ihre welt
und sonst gar nichts


DAS BOOT. Überfahrt. Die etruskische Küste hinab bis Populonia. Hier sah ich die ersten Münzen der Gegend im Golf von Baratti in der etruskischen Nekropole: Drachmen. Und im Bergnes Populonia das Museum mit dem Tränenkrüglein und dem phallischen Grabstein, das Ei dazu der Frau: Tod und Leben. Und der Totenkopf eines Zwölf-jährigen. Langher. Langher? Beim Herabsteigen in den Golf, Rund-blick bis nach Elba: da sehe ich Kinder, die mit Wildschweinen spielen! Und dann die Abfahrt.
Das Reale ist hart/ fordernd, das Schiff unter dir, jede Sekunde Zei-teneinheit spürbar der Mühe, über deinen Kopf hinweg; das Meer schäumt, dazu etwas Fades, Langeweile , Enge des Körpers, den du gegen die Elemente verteidigst. Die Gedanken wie festgebunden an Ankerketten, Tauwerk und manchmal ans Ruder. Hart war die Arbeit frühe. Es bleibt das Meer. Die starke Welle der Zukunft. Die kreist stark ist die See in uns. Und grausam. Der Geruch von Teer. Das Schlagen des Falls/ verdeutlicht die Sekunde Der Angst. Keine Zeit bleibt zum Atem holen. Tagebuch 22./29.7. 81





LESUNG MIT VIVE. TURIN, Februar 2011




Wie pack ich es an?/ Chronologisch/ chronokratisch/ indem ich den Zeitsinn einschalte, ihn ordne mit em Kopf/ oder Wahrheit folge, dem Diktat hier. Also Sprache. Wahrheit ist ihm Kopf nur halb versorgt.

Erregung/ ja, Lampenfieber fällt mir ein/ schon nachts am 5.April. Und es kann ein Probe sein, zu erinnern/ was in der Früh war. Bahnhof freilich in Viareggio: 11,h 17. Der Zug war pünktlich. /Les nochmals den Vortragstext/ lass mich ein/ und versuche stärker zu erinnern.
Dann Rapallo nach einer Stunde/ V. steigt ein/ und ein langer Zungenkuss/ trifft mich tief erregt./ Fast bist Turin erotisches Getue/ rein körperlich erregt/ was ist noch den Geistern da/ die V doch hat/ und denk erst jetzt, dass ich/ doch früher V für diesen ganzen Wahnsinn/ der mich trieb/ als Zeichen hatte.

Das ging so weiter/ auch zwei Stunden im Hotel/ nackt ohne Schlaf/ fast hätte ich mich dann/ auch noch geschwächt. /Halbsechs holt mich der Pressechef mit Taxi ab. Was sprach ich nur mit ihm?/ Ja aber die erfreulichen Erfolge/ das neue Buch./ Ich hatte es ja schon im Zimmer ausgepackt./ Und eins zu meinen Büchern in der Tasche.
Dann die Begegnung mit Claudio/ war etwas kühl. Und V dräng-te sich anmassend/ auch noch vor./ Ich zu erregt im Vorraum/ um zu sprechen. Dreimal Espressso und das Aspirion/ hatt ich schon hinter mir./ Und musste dann auch noch auf dreimal Vor-trag auf dem Podium/ am Schluss unendlich lang der Claudio/ fast wie verschüchtert warten. Ich hatte nicht mehr jene schöne Vollmundgkeit von früher. Gehört dies Kürzertreten auch zum Älterwerden. Zaghaftigkeit? Fast Angst? Als wr es nicht mein Werk/ auf das ein Stolz berechtigt wäre.

Dann noch das Essen/ mit Ziemlich Wein und Claudio./ Doch nur gerede mit ihm/ kaum Kontakt/ erhoffte Freundschaft. Ich weis nicht mehr/ was wir gesprochen haben. Es war also Ver-lust./ Nur Nicolazzini am andern Ene des Tisches/ winkte mir andauernd zu./ Ich weiss nur, dass der Magris/ andauernd ab-winkte/ alkals icj in dann einlud nach New York/ und dann Sao Paolo./ Und auch Triest schien in den Wolken./ Dann so um zehn mit V gings ins Hotel// Und dann bis 3Uhr nachts das Spiel/ Versuch zu vögeln/ das erst dann früh um zehn/ nachdem ich doch die Spritze mit dem Caver jet im Bad genommen hat-te./ Turin und ignoriert/ bis Mittags ging das Spiel/ bis Zwei am Bahnhof/ und Essen bis eine halbe Stunde vor der Abfahrt./ Und wieder nur das Spiel am Morgen. Was sie erzählte/ hatte mein Interesse nicht. Und blieb mit dem Geschmack der Anmaßung. / Sie redete nur über ihre Minibücher/ die ohne jede Bedeutung sin,/ von meinen war nicht mehr die Rede. Als wäre sie der Autor/ nun ja bei icr soll unser Band die LUCE doch erscheinen./ Ich finde ihr Geschreibe nur noch peinlich/ zusammen mit meiner Lyrik nun / auch umso mehr.

Um sieben dann die treue L. am Bahnhof/ ich, stürmisch von der schönen kleinen Dea werd begrüsst. Ich konnte viel erzählen und auch zeigen. Zuhause gings mit Sekt und Wein dann weiter. Bis Zwölf glaub ich. Den Film hab ich/ wie immer schon vergessen.
Und heute/ nichts als Schreiben fad wie immer./ Wahr ist, ich hatte Stress am Morgen/ und Angst vor meinem Alltag und dem Schreiben/ als sei die Reise wie ein Fest und eine Pause doch gewesen.





BRINDISI, OTRANTO, TARENT





11.April 2010. Flug Pisa-Brindisi.

Alles, um ihn zu erreichen: Unendlich detailliert. Der Wecker schrillt.
Angst, den Flug zu verspäten. Wie Immer.
3 Wecker. Schnschnell. Dunkelheit. Noch. Kein Tag Das Auto über
die gerundete Erde. Du merkst es nicht. Wie den Himmel nicht.
Letzt Frühsterne. Schaun von oben. Wir winzige Kreaturen.
Kaum erkannt. Nicht zu sehn. Bewegt. Das Herz schlägt.
Nur Autobahn. Parkhaus. Oh, welch Haus. Ich suchte ich sie.
Es bezahlt sich.
(Eins aber weiss ich nun/ nach sieben Jahren.
Zu Hause kann ich sein/ nur hier im Flug….)

Das war vor fast 5o Jahren. Und nun:Von der Praxis erwürgt.
Und bürokratischen Ängsten auch.
Ob der Ausweis übereinstimmt/ mit der Bordkarte.
Dann das Gepäck/ mehr als 10 Kilo an Büchern?/ Die können
Nicht fliegen?

Angstphantasien würgen. Ist es das Alter?
Dann die Flug-Kontrolle:
Darf ich das flüssige Meditonsin mitnehmen? Oder
Denken die an Sprengstoff. Ich also ein Kamikaze, so spät?

Doch ist nicht auch jetzt der würgende Stress da/
Ruhig sitzend hier
Auf der Zeile. Der Tod jagt als Zeitnot hinter mir/
Vor mir? Her?

Und dann am 11. Acht Uhr früh: die Flug Angst im Sitz.
Ich sehe nochmals durchs Fenster. Die Erde unter dem Flügel.
Umgebende Pisaner Berge. Felder . Mein letzter Blick?
Vorgestern ist Kashisinki, der polnische Präsident/ abgestürzt.
Tot. Weg. So schnell? Stürzte im Flug nach Smolensk ab. Um
Katyn zu gedenken. Der erschossenen polnischen Offizieren.
Er nun selbst ein Held? Zusammen mit ihnen genannt- unsterblich?
Der Kleine vom Himmel gefallen. Katyn schon als Kind gehört.
Verbrechen der „Bolschewiken“ Ja.. Als hätten wir damals nicht
Auch unser Auschwitz gehabt.

Brindisi. Brundisium. Wir jetzt hier/ im römischen Hafen?
Brochs Weltroman: Tod des Virgil handelt hier. Brochs Todes-
Ängste in Alt-Aussee … Er von den Nazis verhaftet/ ergaben
Fieberträume des todkranken Virgil in Brundisium. Hier.
(Sic memorians, largo fletu simil ora rigabat.)
„Stahlblau und leicht, bewegt von einem leisen, kaum
merklichen Gegenwind, waren die Wellen des Adriatischen Meeres
dem kaiserlichen Geschwader entgegengestsrömt…
Feierlich und groß das Zelt des Cäsars. Doch
auf dem unmittelbar hinterdrein folgenden Schiffe
befand sich der Dichter der Äneis, und das Zeichen
des Todes stand auf seine Stirne geschrieben.“

Wir so spät hier. Stiegen aus dem Flug Zeug. Unversehrt
Und duftenden Boden Apuliens unter den Füßen.
Das ist schön. Wartehalle und abgeholt werden:
Hier aber herrscht eine andere Zeit: der Süden kommt immer
Zu spät. Hält sich nur grollend an Uhren. Paolo kommt irgendwann.
Ein Auto, Nissan von ihm für uns angemietet. Er bleibt.
Wir fahren nach Lecce. Der heimlichen Hauptstadt. Berühmte
Barockstadt im Süden des Stiefels. Wir nun am Absatz.
Immer nervengetreten. Nerven der Zeit.

Doch Südsüd. Flüge und Wunder. Hier greifbar. Nicht nur
Der Padre Pio bei Foggio, der sich verdreifachen konnte:
Menschen sahen ihn an drei Orten gleich-zeitig. Hier flog
Der Priestermönch Giuseppe di Copertino dem Altar zu.
Der ihn mit Christus anzog wie ein heiliger Magnet.




Priester in Copertino. Dann verdächtigt. Kam nach Assisi
Wird auch als zweiter Franciscus bezeichnet. Weil er Tiere
Mochte. Sie ihn. Vor allem die Vögel. Flogen mit. In Kloster
Osmo zwischen Loreto und Ancona im Alter.
Dort starb er. 1663. Später Heilig gesprochen.
Als Kind schon „ekstatische Verzückungen“ und Levitationen.
Seine soll so gestrahlt haben, als würden dort viele Kerzen brennen.
Wundersame Heilungen Die berühmteste Levitation: ein Flug 60 Me-ter
hoch, um ein 10 Meter großes, Kreuz zu empfangen, das er
„wie einen Strohhalm“ zur Erde brachte. Viele Zeugen bestätigten
unter Eid die Levitationen; so die Prinzessin Maria von Savoyen
und König Johann II. Kasimir. Copertino ist Schutzpatron der Flieger.
Er konnte „unreine“ Menschen wie Hunde/ am Geruch erkennen.
Wasser in Wein verwandeln. Blinde sehend machen. Meeressturm be-ruhigen.
Und flog über die steinige REebne. Doch auch in Neapel, Rom und Assis wie ein
Daedalos
Schwachsinnig und Analphabet störte der Verstand die Innenwelt
Und den Glauben. Nicht. Und so flog er, siebzig Protokolle beeidigen es.

Kein Wunder: Il Salentino, so begrüßt schon der Flughafen. In Lecce
der Dialekt: immer noch Byzantinisch-griechisch. Doch vor allem rö-misch.
Und als wir die Gassen mit den barock überladenen schönen Palästen und Kirchen
Am Dom ankamen/ setzten wir uns in diesem Winkel neben Dom und
Balkongasse in eine abgelegene Trattoria, die natürlich „Al Volo“
(Zum Flug) hieß/ Al pranzo, zum Mittagessen. Und gedachten des
Quintus Ennius (er lebte 200 Jahre vor Christi) und hat das erste
Kochbuch des Abendlandes Vom guten Essen geschrieben.
Das Essen war gut. Immer die Domwand fast greifbar vor uns.

Zwei Schritte zum Domplatz dann: Der Palazzo Adorno, Cellestino.
Unser Philosoph lieh/ den Namen von hier? Die Mutter Calvelli-Adorno
korsisch-italienischer Herkunft. War er je hier gewesen? Palazzo des
Generals in Kaiser Karl V Heer Gabriele Adorno. Schwebend, flie-gend,
also leicht auch wie levitierend Putten und Girlanden, Blumen und Früchte
in Ornamenten umschlungen. Als wäre die Natur umarmende Fröh-lichkeit:
zum fliegenden Einen. Gesteigert noch ins EkstatischSakrale
in der Basilica Santa Croce. Nebenan, dem Dom.


Wer die Volkslieder hört, ich kaufte gleich am Morgen
eine an einem Kiosk, und merkte, wie sehr dies nicht mehr Italien ist.
Wir verstanden kein Wort der Liebeslieder, wo iel Griechisches mit-schwingt.
uch die Schüler bei meinen Begegnungen in den Schulen
waren sehr schwer zu verstehn, obwohl sie hochitaliensch sprachen.
Und die Lieder, sie klinge fast wie Saudade:

Aremu rindineddha
Pe t´lassa se guaddi
Cce puté ste´ce tazi
Ma tokmalo nifti

Mein schöne Schwalbe
Welche Meere hat du überqueret,
woher kommst du
in dieser schönen Jahreszeit.


OTRANTO. Östlichste Stadt des Stiefels, am Absatz: nahe Byzanz.

Was fällt ein/ Der Dom. Die Basilika. Die 8 00 Männer als Knochen-ornamente. Hinter Glas.
So wirst auch du, DS, einmal Sein. (Nein. Knochenasche. Verstreut als Entfernung Wie Heimat. Urne auch zwischen lebenslang Leben raubenden Büchern. Tod, solang du Leben hast: der Stachel. Im Tode selbst aber: gelöscht. Nur Leben kennt den Tod. Der Tod kennt ihn doch nicht. Nur Denken macht ihn zum Fall. Vergisst ihn an dauernd.


Damals. Ein Massaker. Wie viele gab es danach. Gewalt und die Blutspur. Die weiter rieselt, fließt. Inzwischen ein Blutstrom. Damals nur 800 Menschen. Oh, fast idyllisch. Harm Los? Achthundert. Ge-köpft. Die Türken wollten einen Brücken Kopf haben.

Es gibt einen Stich. Ja tief ins Wahr Nehmen.
Eine Reihe Männer nackt. Nur ein Handtuch um die noch vibrierenden Lenden. Warten
Vor dem Holzblock, wo eben einer den Kopf hinhält. Das Krumm-schwert saust.
Dahinter ein Gepfählter, unter dem Block die blutenden Köpfe. Darü-ber Wolkensitze der Engel./ „Entweder ihr schwört Christus ab. Oder ihr werdet enthauptet“ Sie schworen nicht ab. War Christus in ihnen/ der Tod? Glauben versetzt Berge. Aber auch Menschen. In den
Himmel versetzt. Oder knochenschön in einer Kapelle? An dauernd bis heute! Sie sterben also: Nie.Ihr seid zu beneiden. Täglich wecken euch lebende Blicke. Auch unsere vorhin: auf.
Entsetzt-bewundernd. Und ihr seid in der Märtyrerkapelle Knochen für Immer.


Doch an schließend ein Mosaikboden. Ein früherer Toter. Der aber sanft starb. Wie vielleicht wir auch: der Mönchspriester Pantaleone vor achthundetfünfzig Jahren (1163 begann er) nur in zwei Jahren Millionen Mosaiksteinchen zu einer bebilderten Hölle gefügt: Der ganze Kirchenboden ist/ ein Riesenmosaik. Weltuntergang überlebt: So frisch wie damals in Farbe.


Dante nur hundert Jahre später war da. In seinem Exil erprobt: hat das Inferno schon 1300 im Alptraum/ eine Seelenreise OBE die ganze Divina: visionär gesehen. Und dann hier jenes Später. Und ich als Niemand/ in allem innen. Denn ohne mich jetzt, gäbe es nichts/ das Mosaik wäre/ zumindest/ ganz anders. Gesehen. Alles ist Jetzt. Und un vergleichbar am Leben. Libro in pietra. Das Buch aus Stein, wie es vor uns/ liegt und die Dekce ansieht/ ohne die wärs der Himmel/ von dem die bunten Stein Monster abgefallen/ herabgefallen. Ständig SIND. Zeichen freilch/ des Weltuntergangs. Europa/ das Eine vergas-sen/ zerstückelt wie ein fremder Leib / dem Verstand nach Außen ging/ außer sich wohl. Aus. Die „Christenheit“ Und nichtmal mehr Lateinisch. Und Gott das Eine verging in Politik/ halb Himmel. Halb Hölle.





11.April 2010. Flug Pisa-Brindisi.

Alles, um ihn zu erreichen: Unendlich detailliert. Der Wecker schrillt.
Angst, den Flug zu verspäten. Wie Immer.
3 Wecker. Schnschnell. Dunkelheit. Noch. Kein Tag Das Auto über
die gerundete Erde. Du merkst es nicht. Wie den Himmel nicht.
Letzt Frühsterne. Schaun von oben. Wir winzige Kreaturen.
Kaum erkannt. Nicht zu sehn. Bewegt. Das Herz schlägt.
Nur Autobahn. Parkhaus. Oh, welch Haus. Ich suchte ich sie.
Es bezahlt sich.
(Eins aber weiss ich nun/ nach sieben Jahren.
Zu Hause kann ich sein/ nur hier im Flug….)

Das war vor fast 5o Jahren. Und nun:Von der Praxis erwürgt.
Und bürokratischen Ängsten auch.
Ob der Ausweis übereinstimmt/ mit der Bordkarte.
Dann das Gepäck/ mehr als 10 Kilo an Büchern?/ Die können
Nicht fliegen?

Angstphantasien würgen. Ist es das Alter?
Dann die Flug-Kontrolle:
Darf ich das flüssige Meditonsin mitnehmen? Oder
Denken die an Sprengstoff. Ich also ein Kamikaze, so spät?

Doch ist nicht auch jetzt der würgende Stress da/
Ruhig sitzend hier
Auf der Zeile. Der Tod jagt als Zeitnot hinter mir/
Vor mir? Her?

Und dann am 11. Acht Uhr früh: die Flug Angst im Sitz.
Ich sehe nochmals durchs Fenster. Die Erde unter dem Flügel.
Umgebende Pisaner Berge. Felder . Mein letzter Blick?
Vorgestern ist Kashisinki, der polnische Präsident/ abgestürzt.
Tot. Weg. So schnell? Stürzte im Flug nach Smolensk ab. Um
Katyn zu gedenken. Der erschossenen polnischen Offizieren.
Er nun selbst ein Held? Zusammen mit ihnen genannt- unsterblich?
Der Kleine vom Himmel gefallen. Katyn schon als Kind gehört.
Verbrechen der „Bolschewiken“ Ja.. Als hätten wir damals nicht
Auch unser Auschwitz gehabt.

Brindisi. Brundisium. Wir jetzt hier/ im römischen Hafen?
Brochs Weltroman: Tod des Virgil handelt hier. Brochs Todes-
Ängste in Alt-Aussee … Er von den Nazis verhaftet/ ergaben
Fieberträume des todkranken Virgil in Brundisium. Hier.
(Sic memorians, largo fletu simil ora rigabat.)
„Stahlblau und leicht, bewegt von einem leisen, kaum
merklichen Gegenwind, waren die Wellen des Adriatischen Meeres
dem kaiserlichen Geschwader entgegengestsrömt…
Feierlich und groß das Zelt des Cäsars. Doch
auf dem unmittelbar hinterdrein folgenden Schiffe
befand sich der Dichter der Äneis, und das Zeichen
des Todes stand auf seine Stirne geschrieben.“

Wir so spät hier. Stiegen aus dem Flug Zeug. Unversehrt
Und duftenden Boden Apuliens unter den Füßen.
Das ist schön. Wartehalle und abgeholt werden:
Hier aber herrscht eine andere Zeit: der Süden kommt immer
Zu spät. Hält sich nur grollend an Uhren. Paolo kommt irgendwann.
Ein Auto, Nissan von ihm für uns angemietet. Er bleibt.
Wir fahren nach Lecce. Der heimlichen Hauptstadt. Berühmte
Barockstadt im Süden des Stiefels. Wir nun am Absatz.
Immer nervengetreten. Nerven der Zeit.

Doch Südsüd. Flüge und Wunder. Hier greifbar. Nicht nur
Der Padre Pio bei Foggio, der sich verdreifachen konnte:
Menschen sahen ihn an drei Orten gleich-zeitig. Hier flog
Der Priestermönch Giuseppe di Copertino dem Altar zu.
Der ihn mit Christus anzog wie ein heiliger Magnet.




Priester in Copertino. Dann verdächtigt. Kam nach Assisi
Wird auch als zweiter Franciscus bezeichnet. Weil er Tiere
Mochte. Sie ihn. Vor allem die Vögel. Flogen mit. In Kloster
Osmo zwischen Loreto und Ancona im Alter.
Dort starb er. 1663. Später Heilig gesprochen.
Als Kind schon „ekstatische Verzückungen“ und Levitationen.
Seine soll so gestrahlt haben, als würden dort viele Kerzen brennen.
Wundersame Heilungen Die berühmteste Levitation: ein Flug 60 Me-ter
hoch, um ein 10 Meter großes, Kreuz zu empfangen, das er
„wie einen Strohhalm“ zur Erde brachte. Viele Zeugen bestätigten
unter Eid die Levitationen; so die Prinzessin Maria von Savoyen
und König Johann II. Kasimir. Copertino ist Schutzpatron der Flieger.
Er konnte „unreine“ Menschen wie Hunde/ am Geruch erkennen.
Wasser in Wein verwandeln. Blinde sehend machen. Meeressturm be-ruhigen.
Und flog über die steinige REebne. Doch auch in Neapel, Rom und Assis wie ein
Daedalos
Schwachsinnig und Analphabet störte der Verstand die Innenwelt
Und den Glauben. Nicht. Und so flog er, siebzig Protokolle beeidigen es.

Kein Wunder: Il Salentino, so begrüßt schon der Flughafen. In Lecce
der Dialekt: immer noch Byzantinisch-griechisch. Doch vor allem rö-misch.
Und als wir die Gassen mit den barock überladenen schönen Palästen und Kirchen
Am Dom ankamen/ setzten wir uns in diesem Winkel neben Dom und
Balkongasse in eine abgelegene Trattoria, die natürlich „Al Volo“
(Zum Flug) hieß/ Al pranzo, zum Mittagessen. Und gedachten des
Quintus Ennius (er lebte 200 Jahre vor Christi) und hat das erste
Kochbuch des Abendlandes Vom guten Essen geschrieben.
Das Essen war gut. Immer die Domwand fast greifbar vor uns.

Zwei Schritte zum Domplatz dann: Der Palazzo Adorno, Cellestino.
Unser Philosoph lieh/ den Namen von hier? Die Mutter Calvelli-Adorno
korsisch-italienischer Herkunft. War er je hier gewesen? Palazzo des
Generals in Kaiser Karl V Heer Gabriele Adorno. Schwebend, flie-gend,
also leicht auch wie levitierend Putten und Girlanden, Blumen und Früchte
in Ornamenten umschlungen. Als wäre die Natur umarmende Fröh-lichkeit:
zum fliegenden Einen. Gesteigert noch ins EkstatischSakrale
in der Basilica Santa Croce. Nebenan, dem Dom.


Wer die Volkslieder hört, ich kaufte gleich am Morgen
eine an einem Kiosk, und merkte, wie sehr dies nicht mehr Italien ist.
Wir verstanden kein Wort der Liebeslieder, wo iel Griechisches mit-schwingt.
uch die Schüler bei meinen Begegnungen in den Schulen
waren sehr schwer zu verstehn, obwohl sie hochitaliensch sprachen.
Und die Lieder, sie klinge fast wie Saudade:

Aremu rindineddha
Pe t´lassa se guaddi
Cce puté ste´ce tazi
Ma tokmalo nifti

Mein schöne Schwalbe
Welche Meere hat du überqueret,
woher kommst du
in dieser schönen Jahreszeit.


OTRANTO. Östlichste Stadt des Stiefels, am Absatz: nahe Byzanz.

Was fällt ein/ Der Dom. Die Basilika. Die 8 00 Männer als Knochen-ornamente. Hinter Glas.
So wirst auch du, DS, einmal Sein. (Nein. Knochenasche. Verstreut als Entfernung Wie Heimat. Urne auch zwischen lebenslang Leben raubenden Büchern. Tod, solang du Leben hast: der Stachel. Im Tode selbst aber: gelöscht. Nur Leben kennt den Tod. Der Tod kennt ihn doch nicht. Nur Denken macht ihn zum Fall. Vergisst ihn an dauernd.


Damals. Ein Massaker. Wie viele gab es danach. Gewalt und die Blutspur. Die weiter rieselt, fließt. Inzwischen ein Blutstrom. Damals nur 800 Menschen. Oh, fast idyllisch. Harm Los? Achthundert. Ge-köpft. Die Türken wollten einen Brücken Kopf haben.

Es gibt einen Stich. Ja tief ins Wahr Nehmen.
Eine Reihe Männer nackt. Nur ein Handtuch um die noch vibrierenden Lenden. Warten
Vor dem Holzblock, wo eben einer den Kopf hinhält. Das Krumm-schwert saust.
Dahinter ein Gepfählter, unter dem Block die blutenden Köpfe. Darü-ber Wolkensitze der Engel./ „Entweder ihr schwört Christus ab. Oder ihr werdet enthauptet“ Sie schworen nicht ab. War Christus in ihnen/ der Tod? Glauben versetzt Berge. Aber auch Menschen. In den
Himmel versetzt. Oder knochenschön in einer Kapelle? An dauernd bis heute! Sie sterben also: Nie.Ihr seid zu beneiden. Täglich wecken euch lebende Blicke. Auch unsere vorhin: auf.
Entsetzt-bewundernd. Und ihr seid in der Märtyrerkapelle Knochen für Immer.


Doch an schließend ein Mosaikboden. Ein früherer Toter. Der aber sanft starb. Wie vielleicht wir auch: der Mönchspriester Pantaleone vor achthundetfünfzig Jahren (1163 begann er) nur in zwei Jahren Millionen Mosaiksteinchen zu einer bebilderten Hölle gefügt: Der ganze Kirchenboden ist/ ein Riesenmosaik. Weltuntergang überlebt: So frisch wie damals in Farbe.


Dante nur hundert Jahre später war da. In seinem Exil erprobt: hat das Inferno schon 1300 im Alptraum/ eine Seelenreise OBE die ganze Divina: visionär gesehen. Und dann hier jenes Später. Und ich als Niemand/ in allem innen. Denn ohne mich jetzt, gäbe es nichts/ das Mosaik wäre/ zumindest/ ganz anders. Gesehen. Alles ist Jetzt. Und un vergleichbar am Leben. Libro in pietra. Das Buch aus Stein, wie es vor uns/ liegt und die Dekce ansieht/ ohne die wärs der Himmel/ von dem die bunten Stein Monster abgefallen/ herabgefallen. Ständig SIND. Zeichen freilch/ des Weltuntergangs. Europa/ das Eine vergas-sen/ zerstückelt wie ein fremder Leib / dem Verstand nach Außen ging/ außer sich wohl. Aus. Die „Christenheit“ Und nichtmal mehr Lateinisch. Und Gott das Eine verging in Politik/ halb Himmel. Halb Hölle.




VENEDIG. TRIEST UND DUINO 2010







Venedig, das Rilke liebte. Abends meist auf dem Markusplatz
Mit der Fürstin. Und einmal wie in Toledo ein glänzender
Meteor über ihnen und San Marco. Welch ein Zeichen!
Nun auch wir im Heute: jetzt, am ersten Tag des Frühlings 2010. Ein Hier nach fast hundert Jahren. Doch zehrt kein Weltraum.
Mit diesem Meerwind an meinem Gesicht. Und ich
„Warte (vergebens) auf die Nacht, einzelnes Herz“, taub, nicht
enttäuscht. Schlaflos nur in den Laken mich wälzend, die doch
Sonst bei einiger Größe den Toten gehören.
Oder den längst Versagten in doppeltem Sinne der Schuld
den Neu Geborenen, die immer in uns schreien.
Liebende, ach, wohin denk ich: Strahl, der mich trifft. Kaum
Leichter wird so die Nacht, wenn wir wirklich einander „verdecken
Das Los, ungesehenen geworfen hierher und verworfen/ von wem?
Der „gedeutete Raum“, in dem wir bis zum burnout noch leben,
elektronisch gewordenes Herz, ein blinder Schein, ein Syndrom.




So einfach soll es sein? Aus den Armen
Werfen die Leere/als Herztiere auch von der Zeit
Gepackt. verpackt auch die Sprache
Hundert Jahre danach. Aber ich weiß es längst.
Schmalspurbahn der Seele auch in mir. Die Leere
Hinzutun. Damit die Fülle im Altern lerne mit uns?
Hier, wo die Vögel Weite uns zutragen. Da siehst du
sie fühlend im Jetzt zurück gesehnt im Zug und eng
im Rauschen des Abteils: Siehst du einen anderen Flug?
Ich weiß auf dem Segel Boot das andere Rauschen.
Und es entgiftet schon nach nur zwei atmenden Stunden.
Doch hier freilich wars nur dein Blick ins Weite. Im Frühling.
Wenn die Sterne reifen im Gefühl der milderen Luft von längst
vergangenen Fernen träumen. Dir zumuten: sie im Staunen
kühler zu fühlen. Von Wogen, die sich vergangen erheben.
Umspült vom dauernden Fels. Geritzte Haut
eines blutenden Fußes eines Hauswanderers. Der Geigen
hört aus einem geöffneten Fenster. Dies gab es nur noch
in der Kindheits Burg . Vergessene Rührung. Idylle.

Ja, ich weiß es schon, Rilke, mein Toter, weil ich dein Alter
Überstand. Und dass es „Auftrag“ bleibt auch heute.
Doch wie geht es zu so ohrlos. mundlos. Und mundtod.
Nur mit angegebenen „Herztieren“. Hinter her Winde
In Westberlin. Und Leipzig. Und im Babel New York.
Wo die Sau unverdient englische Buchstaben frisst.
Aus Fälle Größe. Die sogar im Tod nichts vergisst.

Nein, sogar die Erwartung nährend Geliebter
Macht nicht mehr froh. Und ist „verstreuter“. Die
Frauen sind mir „undeutlich“ geworden und
Nur noch Ge-Wesen. Oder gar „Helden“? Die Herztiere“
wollen es anmaßend sein. Anmaßend
In einer öffentlichen Lache.


„Liebende“? Glaube ich noch an sie?
Außer dem dicht behaarten Eingang zur Welt? Und
Das andere Geheimnis: dass es blitzen kann.
Rein im Kopf das Gewitter. Körperlos. Nicht
Diese schwitzenden Laken? Erschöpft die Natur
weil wir sie töten? Kannst du, Verliebter gar sie
im heutigen stinkenden Schund heraus retten?
In der häutenden Umarmung mit der Welt
sie waschen? Oder wenn dich das Unglück trifft
(manche nennen es „Glück“), dass du brennst
gebranntes Kind, immer wieder, bei ihr aber
der Ofen aus ist? Leid gegen Erschöpfung
Natur in dir/ durch dich neu aufersteht ?
Oh, heiliger Bimbam mit dem Wunder?
Gaspara Stampa auch nach dem Liebes-
Experiment im Rauch von Auschwitz?




Ohja, schön sagst du das, Rainer, dass wir
Es nehmend befreit haben / mehr zu sein als du und ich,
Als die Liebenden auch / im Absprung zu sein
In der wartenden Todeszone! Denn Bleiben
Ist nirgends / und Nie im Eingang und Kuss.
Natur stellt dich ruhig / wenn du stirbst.
Welch eine Inschrift, die ich nicht las
In Santa Maria Formosa / aus dem Fenster zu sehen
Im „Scandinavia“- Hotel, das wir zwei Tage
Mit Blicken bewohnten? / Von Rom und Neapel
Und den Knienden in jenem Ruf zu hören:
Die innere Stimme aus Stille, die in Venedig
Im lärmlosen Menschenmaß ist / und Gott uns
Zu Fuß erreicht / wenn wir ihn bilden können
Aus Toten in uns? Nicht nur aus jungen,
Denn die Zeit hier fehlte, die Er ihnen nahm,
Als wäre es gescheiter frühzeitig zu gehen.
Das nutzlose Wachstum zu überspringen!
Denn ist es nicht Unsinn und Wahn, dass
Wir uns hier brauchen, um dort dann besser
Und gehäutet im Kreis von Schwebenden
Zu sein?

Woher weiß er, was ist? Dass sie nicht mehr
Unsere Gewohnheiten üben / auch
Tieferen Sinn etwa der Rosen nicht sehen
Können als Zukunft auch, die für sie
Nichts mehr ist. Und jene, der damals Geborenen
Als du dem und uns schriebst?




Rainer Maria Rilke, DUINESER ELEGIEN
Die erste Elegie


Wer, wenn ich schriee, hörte mich denn aus der Engel
Ordnungen? und gesetzt selbst, es nähme
einer mich plötzlich ans Herz: ich verginge von seinem
stärkeren Dasein. Denn das Schöne ist nichts
als des Schrecklichen Anfang, den wir noch grade ertragen,
und wir bewundern es so, weil es gelassen verschmäht,
uns zu zerstören. Ein jeder Engel ist schrecklich.

Und so verhalt ich mich denn und verschlucke den Lockruf
dunkelen Schluchzens. Ach, wen vermögen
wir denn zu brauchen? Engel nicht, Menschen nicht,
und die findigen Tiere merken es schon,
dass wir nicht sehr verlässlich zu Haus sind
in der gedeuteten Welt. Es bleibt uns vielleicht
irgend ein Baum an dem Abhang, dass wir ihn täglich
wiedersähen; es bleibt uns die Straße von gestern
und das verzogene Treusein einer Gewohnheit,
der es bei uns gefiel, und so blieb sie und ging nicht.


O und die Nacht, die Nacht, wenn der Wind voller Weltraum
uns am Angesicht zehrt –, wem bliebe sie nicht, die ersehnte,
sanft enttäuschende, welche dem einzelnen Herzen
mühsam bevorsteht. Ist sie den Liebenden leichter?
Ach, sie verdecken sich nur mit einander ihr Los.

Weißt du's noch nicht? Wirf aus den Armen die Leere

zu den Räumen hinzu, die wir atmen; vielleicht dass die Vögel
die erweiterte Luft fühlen mit innigerm Flug.

Ja, die Frühlinge brauchten dich wohl. Es muteten manche
Sterne dir zu, dass du sie spürtest. Es hob
sich eine Woge heran im Vergangenen, oder
da du vorüberkamst am geöffneten Fenster,
gab eine Geige sich hin. Das alles war Auftrag.
Aber bewältigtest du's? Warst du nicht immer
noch von Erwartung zerstreut, als kündigte alles
eine Geliebte dir an? (Wo willst du sie bergen,
da doch die großen fremden Gedanken bei dir
aus und ein gehn und öfters bleiben bei Nacht.)
Sehnt es dich aber, so singe die Liebenden; lange
noch nicht unsterblich genug ist ihr berühmtes Gefühl.
Jene, du neidest sie fast, Verlassenen, die du
so viel liebender fandst als die Gestillten. Beginn
immer von neuem die nie zu erreichende Preisung;
denk: es erhält sich der Held, selbst der Untergang war ihm
nur ein Vorwand, zu sein: seine letzte Geburt.
Aber die Liebenden nimmt die erschöpfte Natur
in sich zurück, als wären nicht zweimal die Kräfte,
dieses zu leisten. Hast du der Gaspara Stampa
denn genügend gedacht, dass irgend ein Mädchen,
dem der Geliebte entging, am gesteigerten Beispiel
dieser Liebenden fühlt: dass ich würde wie sie?
Sollen nicht endlich uns diese ältesten Schmerzen
fruchtbarer werden? Ist es nicht Zeit, dass wir liebend
uns vom Geliebten befrein und es bebend bestehn:
wie der Pfeil die Sehne besteht, um gesammelt im Absprung
mehr zu sein als er selbst. Denn Bleiben ist nirgends.

Stimmen, Stimmen. Höre, mein Herz, wie sonst nur
Heilige hörten: dass sie der riesige Ruf
aufhob vom Boden; sie aber knieten,
Unmögliche, weiter und achtetens nicht:
So waren sie hörend. Nicht, dass du Gottes ertrügest
die Stimme, bei weitem. Aber das Wehende höre,
die ununterbrochene Nachricht, die aus Stille sich bildet.
Es rauscht jetzt von jenen jungen Toten zu dir.
Wo immer du eintratst, redete nicht in Kirchen
zu Rom und Neapel ruhig ihr Schicksal dich an?
Oder es trug eine Inschrift sich erhaben dir auf,
wie neulich die Tafel in Santa Maria Formosa.
Was sie mir wollen? leise soll ich des Unrechts
Anschein abtun, der ihrer Geister
reine Bewegung manchmal ein wenig behindert.

Freilich ist es seltsam, die Erde nicht mehr zu bewohnen,
kaum erlernte Gebräuche nicht mehr zu üben,
Rosen, und andern eigens versprechenden Dingen
nicht die Bedeutung menschlicher Zukunft zu geben;
[688] das, was man war in unendlich ängstlichen Händen,
nicht mehr zu sein, und selbst den eigenen Namen
wegzulassen wie ein zerbrochenes Spielzeug.
Seltsam, die Wünsche nicht weiter zu wünschen. Seltsam,
alles, was sich bezog, so lose im Raume
flattern zu sehen. Und das Totsein ist mühsam
und voller Nachholn, dass man allmählich ein wenig
Ewigkeit spürt. – Aber Lebendige machen
alle den Fehler, dass sie zu stark unterscheiden.
Engel (sagt man) wüßten oft nicht, ob sie unter
Lebenden gehn oder Toten. Die ewige Strömung
reißt durch beide Bereiche alle Alter
immer mit sich und übertönt sie in beiden.

Schließlich brauchen sie uns nicht mehr, die Früheentrückten,
man entwöhnt sich des Irdischen sanft, wie man den Brüsten
milde der Mutter entwächst. Aber wir, die so große
Geheimnisse brauchen, denen aus Trauer so oft
seliger Fortschritt entspringt –: könnten wir sein ohne sie?
Ist die Sage umsonst, dass einst in der Klage um Linos
wagende erste Musik dürre Erstarrung durchdrang;
dass erst im erschrockenen Raum, dem ein beinah göttlicher Jüngling
plötzlich für immer enttrat, das Leere in jene
Schwingung geriet, die uns jetzt hinreißt und tröstet und hilft.






CODA
Und es war schon so, dass Rilke im kleinen Schloss Berg
Am Irchel keine Bücher und vergilbte Familienschriften fand
So musste er sich welche erfinden. Sein Inneres arbeitete heftig
In Richtung der wartenden Geister: und sie kamen aus seinem
Zwischenreich auch
Und berührten ihn ungesehen mit ihren Immaterialien und Lichthän-den.
Er aber nahm es als wär das alltäglich, er fürchtete sich nicht
Was denn waren die zehn diktierten Gedichte /vom Grafen C.W.
Der 1862 und nach Palermo verwiesen , gelebt hatte?
Aber es gab ja keine Zeit mehr, und jener, der dort am Tisch
Vor Rainer saß, in der Hand vergilbte Blätter, die rauschten
In seinem Klang: las vor und der Dichter schrieb, was ich jetzt
Lese und nicht begreife:
Toten Gedichte und der Tote, der durch Rilke aufstand und
Aufwachte: da Sein konnte, da er spürte wie im dichteren Herzen
Schwingend ein Tor sich auftat und mit allem im Raum sang.
Zehn Wort Laute, die nicht von Rilke sind.
Er nahm dies Todgeglaubte nicht in seine Werke auf:
Der Graf sprach sie ihm nachts ins Ohr. Und vermischt
Ihn mit dem Rätsel des Außen, reine Natur seines Innern
Dann zur Musik geworden bei Rihm in neuen:
Sonnen und doch für den Gekommenen so alt
„Gefühl des Ermattens“ vermischt mit hingegebenen Freuden
Des Jung Seins Neu Geboren; doch ihn ergreift beim
Schreibenden Sehen noch mehr „die Unschuld des neuen
Schattens“. Und ist doch in allem, was lebt:
„Schatten des frühesten Laubes, das du durchhellst,
Schatten der Blüten –: wie klar!
Wie du dich, wahr seiend, nirgends verstellst,
Offenes Jahr.

Unser Dunkel sogar wird davon zarter,
Genau so rein war vielleicht sein Ursprung.
Und einmal war das alte Schwarz aller Marter
so jung.“ Jung wie der Todesblick zurück ins Jetzt, wo wir
uns befinden, er, der nun auch tot ist, sich befand,
und wir, gewiss, uns einmal befinden werden – im
Ursprung? Auch dieses Moments, wo ich jetzt die
Lichtletter schreibe, verflogen schon, ja, dorthin, wo
Wir münden: im kommenden Ursprung:
„Dies überstanden haben, auch das Glück“
Und: „Dies überstanden haben, auch das Glück
(…)wer schaute nicht verwundert her zurück.“ Wo
wir jetzt noch sind: im Vorläufigen ganz gefangen,
wo Zeit, wenn wir uns umsehn, vergangen ist,
Nichts bleibt, klar: „Gekonnt hat es keiner; denn
das Leben währt/ weil es keiner konnte. Aber
Die Versuche Unendlichkeit! Das neue
Grün der Buche – sind unendlich - und
ist nicht so neu wie das uns widerfährt.“
Unter andern Umständen im Tod Sein: Ewigkeitskönnen
Das Heilige Kind in uns zur Himmelwelt bringen.
Ordinäre Schande nur Fleischwelt sein. Stimmt es doch:
„Weils keiner es meistert, bleibt das Leben rein?“
Ists nicht verlegne Kraft wenn ich am Morgen turne?
Und von der Kraft, die war, wie leise spricht der Stein.
Und auf dem leisen Stein wie fruchthaft schließt die Urne.“

Um das zu wissen, muss man Tod sein wie der Graf C. W.
Altes Palermo auferstanden. Doch über den Lebenden, Rainer,
Kommt schon wieder das Nochnichttodseinkönnen an:
„Ich habe nichts, die Waage auszugleichen,
Gewichte nehmen drüben überhand;
unschuldig steht im Himmel noch das Zeichen
und weiß noch nicht von meinem Unbestand.

Denn wie das Licht von manchen Sternen lange
im Weltraum geht, bis es uns endlich trifft,
erscheint erst lang nach unserm Untergange
vor unserm Stern seine entstellte Schrift.“

So sind wir todesunreif bis das Licht in jenem Unterwegsein
Uns erreicht. Was dann? Wir wissen nicht Bescheid.
Wir können es nur ahnen, indem wir der Gestalt von DORT vertrauen,
uns in sie eingeben und tief in ein Nichtwissendes dann schauen.
Mit Rilke, dem längst Toten, der an der weißen Krankheit
In Valmont fast lautlos in sein Nie ging, unwissend so auch er
Welch Wunder in den uns tief verschlossnen Dingen (noch im Leben) sind:

„Oft in dem Glasdach der verdeckten Beete
erscheint ein andrer Raum als Spiegelung
wie jener, der uns hier entgegenwehte:
ein künftiger, der an Erinnerung

sich fortgibt, ohne uns gewährt zu sein.
Wie eingeschränkt ist alles uns Verliehne!
Wer sagt den Inhalt einer Apfelsine?
Wer liest bei jenem Licht im Edelstein?

Musik, Musik, gesteh, ob du vermagst
ihn zu vollziehen den unerhöhten Hymnen?
Ach, du auch weißt am Ende nur zu rühmen,
gekrönte Luft, was du uns schön versagst.




Rainer Maria Rilke: Nummer III, VI, X und XI
aus der "Zweiten Reihe" des "Gedichtskreises: Aus dem Nachlass des Grafen C. W." (1921)


III
Neue Sonne, Gefühl des Ermattens
vermischt mit hingegebenen Freuen;
aber noch mehr fast ergreift mich die Unschuld des neuen
Schattens

Schatten des frühesten Laubes, das du durchhellst,
Schatten der Blüten –: wie klar!
Wie du dich, wahres, nirgends verstellst,
offenes Jahr.

Unser Dunkel sogar wird davon zarter,
genau so rein war vielleicht sein Ursprung.
Und einmal war das alte Schwarz aller Marter
so jung.


VI
Dies überstanden haben, auch das Glück
ganz überstanden haben, still und gründlich, –
bald war die Prüfung stumm, bald war sie mündlich,
wer schaute nicht verwundert her zurück.

Gekonnt hats keiner; denn das Leben währt
weils keiner konnte. Aber der Versuche
Unendlichkeit! Das neue Grün der Buche
ist nicht so neu wie das uns widerfährt.

Weils keiner meistert, bleibt das Leben rein.
Ists nicht verlegne Kraft wenn ich am Morgen turne?
Und von der Kraft, die war, wie leise spricht der Stein.
Und auf dem leisen Stein wie fruchthaft schließt die Urne.


X
Ich ging; ich wars, der das Verhängnis säte,
nun wächst es glücklich auf, verschwenderisch.
Im Halse des Erstickten ist die Gräte
so einig mit sich selber wie im Fisch.

Ich habe nichts, die Waage auszugleichen,
Gewichte nehmen drüben überhand;
unschuldig steht im Himmel noch das Zeichen
und weiß noch nicht von meinem Unbestand.

Denn wie das Licht von manchen Sternen lange
im Weltraum geht, bis es uns endlich trifft,
erscheint erst lang nach unserm Untergange
vor unserm Stern seine entstellte Schrift.


XI
Oft in dem Glasdach der verdeckten Beete
erscheint ein andrer Raum als Spiegelung
wie jener, der uns hier entgegenwehte:
ein künftiger, der an Erinnerung

sich fortgibt, ohne uns gewährt zu sein.
Wie eingeschränkt ist alles uns Verliehne!
Wer sagt den Inhalt einer Apfelsine?
Wer liest bei jenem Licht im Edelstein?

Musik, Musik, gesteh, ob du vermagst
ihn zu vollziehn den unerhöhten Hymnen?
Ach, du auch weißt am Ende nur zu rühmen,
gekrönte Luft, was du uns schön versagst.


Vier Rilke-Lieder für Tenor und Orchester

Wie Felix Mendelssohn in der Hebridenouvertüre war auch der Dich-ter Rainer Maria Rilke in seiner Lyrik stärker an der Beschreibung von Zuständen und weniger an der Schilderung konkreter Handlungen interessiert: Eindeutige „Stimmungen“ wollte er schaffen, die aber nie wortwörtlich ausgesprochen werden und deren Auslöser für den Leser meist im Verborgenen bleiben und allenfalls vermutet werden können. Charaktere spielen bei ihm eine untergeordnete Rolle.

Die „Zweite Reihe“ der Gedichte, die unter dem Titel «Aus dem Nachlass des Grafen C. W.» erstmals 1950 herausgegeben wurden, schrieb Rilke zwischen Anfang März und Mitte April 1921 in einem Schloss in Berg am Irchel in der Nähe von Zürich. Äusserer Anlass für Rilkes Umzug in die Schweiz ist die Einladung eines Lesezirkels zu einer Vortragsreise. Rilke nutzte diese Gelegenheit, um nach den Wirren des Ersten Weltkrieges einen neuen Anfang zu machen. Wahr-scheinlich wurde einem Dichter der Weg zu idealen Bedingungen für die Arbeit selten so geebnet: Für jede Einzelheit des täglichen Lebens wurde gesorgt, als er am 12. Januar in der selbst gewählten Abge-schiedenheit eintraf. Fünf Jahre waren vergangen, seit seine Einberu-fung in den Ersten Weltkrieg die Arbeit an den «Duineser Elegien» aufgehalten hat. Da er sich jedoch für die Arbeit an dem geplanten Hauptwerk zunächst noch nicht reif fühlte, war die Abfassung der Ge-dichte «Aus dem Nachlass des Grafen C. W. » für ihn in jeder Hin-sicht eine willkommene Ablenkung.
Was aber steckt hinter der Figur des Grafen C. W.? Am Kamin im Sessel gegenüber sei ihm, schreibt Rilke, ein Mann in Kleidern des achtzehnten Jahrhunderts erschienen, der aus einer alten, verblichenen Handschrift eine Reihe von Gedichten gelesen habe. Zu diesen Ge-dichten gehörten auch die Verse, die Rilke aufzeichnete. Er behauptete stets, dass die Gedichte nicht sein eigenes Werk seien und schrieb später über die Entstehung: «Sonderbar ging es mir übrigens. Ich bildete mir ganz oberflächlich eine Figur ein. Zu eigener Produktion noch nicht eigentlich fähig und aufgelegt, mußte ich mir, scheints, eine Figur gewissermaßen „vorwändig“ machen, die das, was sich etwa doch schon, auf dieser höchst unzulänglichen Stufe der Concentration formen ließ, auf sich nahm: das war Graf C. W. »

Die subtile Uneindeutigkeit der poetischen Sprache Rilkes kommt der Musikkonzeption Wolfgang Rihms sehr entgegen, der die vier Ge-dichte in einer äussert sensiblen und leiseste dynamische Bereiche auslotenden Weise vertont hat. Rihm, der neben Rilke Texte von so herausragenden Autoren wie Nietzsche, Celan, Rimbaud oder Heiner Müller vertont hat, tendiert in den letzten Jahren dazu, eine einmal formulierte Komposition aus unterschiedlichen Perspektiven neu zu il-lustrieren. Bei den Rilke-Liedern handelt es sich um eine Orchestration von Klavierliedern, die im Jahr 2002 von Christoph Prégardien und Siegfried Mauser, denen die Lieder auch gewidmet sind, uraufgeführt wurden. Die konventionelle Orchesterbehandlung überschreitet bei Rihm selten den Bedarf an Instrumenten der Zweiten Wiener Schule oder Bela Bartoks. In den Rilke-Liedern ist die Besetzung an Sibelius' Sinfonie orientiert, dessen Orchestermusik den Komponisten Rihm schon immer sehr stark beeinflusst hat.

«Für mich ist Sibelius genuiner Orchesterkomponist. Er erfindet aus der Farb- und Klangrealität des großen Orchesters. Die Orchester-werke stehen zentral, unter diesen die Symphonien im Mittelpunkt. »
Wolfgang Rihm




UND DIE „NEUN ELEGIEN“

Was da auf uns zukommt/ parallele Universen
Flug- Körper plötzlich sichtbar
als könnten unsere sterblichen Augen
in diesem Licht "sehen" und gehören
anderen Ordnungen an/ treiben
unsere Gewohnheit auf die Spitze
die bricht ab
Dass sie sich trotzdem sehen lassen
kann/ wohin wohin Freund Tod
mit diesem sich zeigenden unsterblichen
Teil der Welt/ gewoben aus dem Stoff
und zwischen den Fixsternen unserer Astral Körper:
Durchgebrochen aus der ganzen Klaviatur
kosmischer Musik kurz in die Enge
einiger Töne unserer Sinne: Hier!
Verwirrt seh ich zu:
der chaotische Bereich des Todes
zuerst vielleicht ohne
Licht und jene Engel die als schrecklich bezeichnet
anfangs unsichtbar wie auch Jetzt
"da" sind: vibrierend wohin und ganz verloren,
ohnehin mit unserer winzigen Erinnerung
die nicht ausreicht:
Welch hässliche Namen wer sie begreift übersetzt:
Photonenstrahlen Laser Geodätik Plasmaenergien
oder gar Gravitonen der Superphysik.




HEBRÄISCHER BLOCK kommt näher. Fels nach dem Ende. Kein
fließen mehr. Nach
dem Fall I Jahrtausendespät versteinert das Hirn
Erschüttert,
aus dem Mund
kein Gott, Gebrochenes Hier.



Triest/ Duino 21./22. März 2010

III (Ecli.41,1-4) J.Brahms

O Tod, wie bitter bist du,
Wenn an dich gedenket ein Mensch,
Der gute Tage und genug hat
Und ohne Sorge lebet;
Und dem es wohl geht in allen Dingen
Und noch wohl essen mag!
O Tod, wie bitter bist du.
O Tod, tust du dem Dürftigen,
Der da schwach und alt ist,
Der in allen Sorgen steckt,
Und nichts Besseres zu hoffen,
Noch zu erwarten hat!
O Tod, wie wohl tust du!


DUINO 2010

1.
Aus der Engel Ordnungen? Nähme mich einer
Der hörte, was in mir stumm schlief,
Schrecken, der vergessen wird,
Um zu leben, käm ich dir nahe.

Ist es das Schöne mit dem Schwarzen Licht Schein
Von „Drüben“, wo einmal jeder von uns
Mit verzerrtem Gesicht oder gerade
Lichtüberflutet erwacht,
Im Sterben?

Hinter der Wand der Augen wohnt
Die ewige Nacht und die Angst Nein
Das Grauen vor dem Tod, dem tief
Sinkenden Grab Stein so lebendig
Begraben im dunkeln Schluchzen, alles dann
Aus dem Namen gefallen nackt
Im Lichtfinstern fallenden Abgrund
Gott.

2.

Kein Wunder, halbverrückt schien es, so dass der alte Carlo
Kopfschüttelnd und staunend sah: wie Serafico
Stundenlang auf und ab ging seine Verse
Mit wilden Gesten begleitend einsam
Für sich ins Da-Sein skandierte.

Wehte die Bora stärker, weil sie dich sah,
Auch mit den Augen des Baumes am Abhang?
Denn du gingst auf karstigem Fels diese Küste entlang,
ein Gehen zwischen den Bastionen, um den
leidigen Geschäftsbrief zu vergessen: „das Meer
leuchtete blau wie mit Silber übersponnen“.
Und aus dem Brausen des Sturmes kam die Stimme:
„Wer, wenn ich schriee, hörte mich denn
aus der Engel Ordnungen?“ Und trugst
diesen Ruf im Notizblock hinauf in dein Zimmer.
So wird durch dich Gehen/ sehend zum Gedicht
Als käme der Weltraum/offen mit diesem Wind.
Das alte Zeitschloss: Raum im Blick des Fühlens!
Es stimmt! Mit den Möwen kams: das schwache Vertrauen
der Tiere in unsere gedeutete Welt. Der Vogelflug ja,
der schreibt die andere Sprache über dem Meer
in den Himmel. Und welche Gewohnheit kann
da schon folgen: jetzt, wenn ich zurück seh zu dir.

Hundert Jahre und ein Tag später
Erinnerter Blick nur der Augen im Zug
Und die fliehende Landschaft im Nebel
Triest-Venedig, mein Leben größer als sonst..

3

Beständiges Unwohlsein zwischen Bora und Scirocco.
Dottor Serafico passt nur ins Einsamsein: und
Nichts in dieser Welt ist er. Wie in der Erde:
ein Schlafwachsein, das Niemand träumt.
Die Toten, die jungen Toten, waren immer mit ihm.
In Duino die Frühverstorbenen: Theresina,
die fünfzehnjährige Polyxène, ihr Tod geborgen.
In Versen des Vicenzo Foscarini, der sie liebte?
Und die zwanzigjährige Raymondine,
Schwestern der Mutter jener Fürstin von Thurn und Taxis
Rilkes Mäzenin und mütterlicher Freundin
1910 und 1912 und bis zu seinem Tod im Jahre 1926:
„Nur wer mit Toten den Mohn/ aß, von den ihren,/
Wird nicht den leisen Ton/wieder verlieren.“
Die schöne Raymondine. Das blasse Gesicht.
Die feingebogene Nase. Die groß blauen Augen.
Die prachtvollen schwarzen Zöpfe. Alles war da.
Darf nicht für immer im Niemals mehr Wieder
Verschwinden. Erscheinen, auferstehn und DA Sein.
Und fand sie nah am dichtbewaldeten fallenden
Abhang: rücklings am alten Ölbaum, einem Besondern: gelehnt,
den Kopf aufgestützt gegen die Äste: ihre Arme von damals.
Die Präsenzen nah, berührt um ihn: wiedergekehrt
Aus dem Nie dieses fühlende Einst. Er wagte auch
Nicht mehr den Baum Aufzusuchen,
Jenen mit ihnen, die ihn bestürmten, leben
Zu dürfen: denn er wußte nicht, ob er selbst dann
Je „wieder kehren würde “, aus dem so
Heimgeleuchteten Sein im „Uralten Wehn vom Meer…“

Aura vibrierend gefühlt wie ein Hauch, doch so nah
ist in diesem Staub der alten Gemächer
Der Atem von anderswo, ein tieferer Blick:
das Gewesene: siehst du wie es heute blind wird
in uns allen - neu stirbt und so klein ist: um wegzugehen für immer.

Kaum mehr nachfühlbar jenes Erlebnis mit einer kleinen Amélie. Ein friulisches Landhaus, Rilkes Sommer als Kind mit seiner Mutter. Und das Spiel mit Amélie in den offenen Arkaden. Wenn sie Nicht kom-men konnte, lag irgendwo ein kleines Blumensträußchen.
Er aber schenkte ihr einen Ring. Dann der Abschied unter Tränen für
Immer . Und jetzt? Er kam mit der Fürstin. Verwachsene schmale Wege.
Menschenleerer Garten. Doch er suchte etwas mit dem Blick. Große Augen.

Unter Akazien ein Pavillon. Auf einem wackligen Holztisch lag
Schön zusammengebunden ein Veilchenbouquet. Und er nahm es. Ging auch fort für immer. Die Erinnerung aber trat auf ihn zu:
Einmal krank im Lazarett war sie ihm erschienen und hatte ihm
Etwas zugeworfen: es war der Ring. Denn sie ging ins Kloster.


CASENTINO





Dann fuhren wir los. Ins Casentino.

Was fiel ein/ heute Nacht? Frei der Fluss im Innern./ Nicht viele Namen. Der Eindruck./Unendliche Wälder. Trans sylvae? Manches/ als führe ich nach Hause.

Die Festung in Poppi/von wo aus man das Schlachtfeld sieht/ der junge Dante (24) einer der Anführer. / Wut: zwanzigtausend Menschen in zwei feldmässigen Aufstellungen/ metzeln sich ab/ und die Pferde./ Mit Plastik-figuren dargestellt. /Nachts dann, eine Nacht im Juni/ nachher schreinde Pferde/ Stöhnen der Verwundeten. Verblutende./ Krieg: Vater aller Dinge?/ Oh, Heraklit!
1289: Guelfen gegen Aretiner und Ghibellinen/ die besiegt wurden auf diesem Feld von Camaldoli..

Welch Kontrast/ die kostbaren Folianten/ 25000 Wunderwerke tastbar/ ge-gen das e-book.
Und Dante mit dem Schwert. Machtkampf ist gut?/ Im Exil dann/ lebte er ein Jahr hier.
Auch er ein politischer Schlawiner/ Weisser Guelfe/ gegen den Past/ doch dann auch Ghibelline und für den Kaiser./ Durchschaubar ist der Grund des Exils nicht./ Aber er war auch Prior/ Rat der Hundert…

Was aber noch bleibt: der Abend in Seravalle bei Freunde. Die Stille der umgebenden Wälder und Auen. Einsame Weiler und Häuser./ Und dann: Plötzlich kam ein Wildschwein nah ran. Stand lange wie angewurzelt. Da.

Aber es bleibt auch Camaldoli/ unser Hotel Baroni. Die Nacht und das Kloster/ die alte Apotheke/ und denke an Schäßburg mit seinen Beinsägen/ und Operationsmessern im Stundturm.
Und die Feier auch mit den Freunden/ das gute Gespräch/ das um Capesius ging./ Und mein Projekt: Der Ali-Roman. /ZU zeigen/ die Fallen/ dass auch gute Menschen/zu Verbrechern werden./
Sie kamen aus meinem Nest: Ich hätte sie sein können.22





STUTTGART. Eine Art Heimkehr





23.-26. April. 2010. Was soll ich an Stuttgart lieben?
Und Stuttgart lernen/ mit meiner Frau/ Stuttgarterin?
Und so das Leben auswärts vertan? Immer in Italia, doch hier zu Haus?
Mit der Kollegin Hahn, die nach Stuttgart nicht kräht.
Im Gegenteil hasst/ mit der „unbändigen Kraft des Außenseiters“?
Königin Katharina-Stift am Schillerplatz oder Königin-Olga-Stift
Von Linde? Irgendwo Silberburgstraße und weiter dort bei der Katha-rina/ Zarenschwester?
Oh, ja, am Rothenberg, oder beissende Angst vor der Schule? Tingtang jeden Tag
Aus der Schwarenbergstraße.

Was fällt da ein. Stuttgart von innen sehen? Am 23. Be-wusst/Rundgang. Meine Stadt? So kehr ich heim? Wohin, die Frage-zeichen überfallen mich wie Vielfachleere. Und doch Geborgenheit/ meint mich. Am Markt. Wie oft im Bräuniger oder zu den Haufler-Schreibmaschinen: Und leicht zur Stiftskirche, mit Foto? Wie klein bin ich. Auch das Gedicht, wenn sich Geschichte zeigt. Zwölf Uhr. Die Glocken klingen.

Am Schillerplatz der Dichter, ist er geneigt mit Lorbeerkranz ermüdet? Und wars mit Stuten Garten hier am Anfang. Da kannte er sich aus. Und alles hier versammelt, was war. Ists wahr? Die alte Kanzlei, wo Bürokraten arme Leute quälten, da isst man heute gut; im Prinzenbau des Schickhardt, da wohnt jetzt nur noch Frau Justitia bequem. Der alte Fruchtkasten uralt, Kornspeicher einst, da wohnt ein Museum der Musik, reich auch nach außen: unter Gotik spitzgieblig gen Himmel. Daneben ist die engste schönste Gasse. Fast gehst du da in eine alte Zeit. Und eingetaucht ins Damals alles/ ungewohnt ganz menschenleer fast schaudernd. Rückwand des Himmels. Hier wären Morde möglich. Im Rücken die Kirche, die Stuttgarter ja, die bauten lang. Die Stiftskirche: Begonnen in der Barbarossazeit und umgebaut durch Alberlin. Es reichte nur zu einem Turm, der andere fehlt. Halbhalb hier nur der Gott bei diesen Praktikern. Den siehste nicht, wo ist er, Freunde? Auch Hegel brauchte lang, ihn als das Absolute zu erreichen. Unweit kam er zur Welt. Am Eck/ der Eberhard Strasse. Und auch elf Grafen stehn beharrlich an der Kirchenwand. Das Alte Schloss dazu, so nah. Du gehst auf seinen Schlossplatz. Dunkelt intim, doch fremd aus alter Zeit. Was hat der mit dem Bart hier angestellt, und auch der Christoph und der Eugen. Da waren sie schon längst die Herzöge. Und dann kam auch der erste König, der doch Wilhelm hieß?

Ich kaufte im Museum gleich die Stuttgart-Bücher für einen Euro. So-gar den Astronomen Hahn/ mit allen den Maschinen, und den Sternen, da zeigt sich gleich/ der technisch vive/ wunderbar schwäbisch funktioniernde Bastelverstand./ Die Räder und die Uhren.. Trittst dann hinaus: am Neuen Schlossplatz erwartet dich aber die Enge. Er setzt sich von oben auf dein Auge und lässt die Jubiläumssäule fallen. Am schönsten Platz des Schwabenlandes.

Und schön der Tag, da liegen sie zuhauf am Rasen, sonnen sich, halb-nackt, es gibt kaum einen freien Platz. Das Kunstmuseum auch, da gibt’s Erfrischung. Mit Jürgen saßen wir einmal da drinnen. Als wir noch Freunde waren. Oder zum Königsbau, da sitzt man auf den Treppen. Die Säulen wollen wohl sehr klassisch sein.

Am 24. Heilbronn. Und die Gesichter meines „Klassentreffens“, wie eine Droge, die vom Alter wie maskierte Gesichter, die doch hervor scheinen dann in jugendlicher Erinnerungsfrische. Doch 20 sind ge-gangen. Ein Schock als Bartmus ihre Namen las. Die Epitaphe las dann ich. So kam der Band „Der Tod ist nicht bei Trost“ hier an.

Zitate.

Doch nicht die ehemalige/ harmlose Geliebte Martha, sondern eine/ Edith Jakob beeindruckt mich. Und ich denke zu viel an sie. Seltsam. Einmal Klassenkollegin vor 58 Jahren.
Ich mache nahe Fotos, filme, um die alten Gesichter mitzunehmen. Erinnerungen kommen hoch. Fuge, Otti, Hale, Miker oder Kibi. Ischa. Liane. Ischa inzwischen tot. Fuge sagt, wir haben uns oft geprügelt. Doch schon nach 2 Stunden versöhnt. Weisst du noch: Der Holz-markt. Die anderen sind fremder. Hocke, Tschick, Paitz sind auch lang tot.

Miker brachte mich von Heilbronn nach Haus. Wir verirrten uns, der Tunnel vor dem Charlottenplatz. Da fuhren wir hinein. Und an der Mosterstr. So vorbei. An der Stadtbücherei, der Landesbibliothek, dem Bahnhof nach Stuttgart Ost. Und als wir zurückfuhren am Cannstadter Wasen mit den verrückten Ringelspiel und Riesenrad, al-les überladen.

Moserstraße gleich an nr. 15 eine Geige, der Geigenbauer. Und vis a vis wohnte Mörike zeitweilig. Gleich neben den Staffeles. Sogar Musil lebte kurz hier.

Und heute fuhren wir am Wirtschaftshaus vorbei, da hast du ja oft ge-lesen, sagte L. Die Liederhalle dann. Und auch das Haus siehst du, da hat mein Vater gearbeitet. Und das gehört jetzt Thomas, dem Neffen. Sein Bruder hat ihn und uns um das Erbe betrogen.
.
26. Astoria. Und Elisa Beth. Ich ging ja nach Stuttgart Ost. Nichts als Bett und Erzählen. Ihr Lustschrei bis zum Buddha im Gärtchen. Dann im Schwäbischen Lokal an der Hoff.str. Hand in Hand. /Und nachts um 11 zur Werastr./ Zur Mosterstraße gepilgert. Und was zeigte ich sonst? Hier/ mein Bullaugenfenster, wo ich sitze/ und schreibe. Auch die Türschilder. Ja, ach Gott,/ hier bin ich auf deutsch zuhaus? Und zeigte auch die Oper mit dem Finger und Blick,/ gleich gradaus./ Wo küssten wir uns zum Abschied? Keine Ahnung mehr. Schon nach 2 Tagen? Ach, vielleicht hinter Säule am Stäffele der Eugenstraße?

27. 4, Und nachts um 24 Uhr. L. schlief schon fest, nur Dea begrüßte mich.
Morgens dann, am 27. Erst um halb zehn los.
Und kam zum Frühstück. Und kam. Und wir redeten wunder voll./ Dann aber, anstatt Spaziergang, doch ins Zimmer/ zum Morgenlieben. /Ich kann nicht Morgenfick sagen, weil es nicht stimmt./ Viel mehr.

Was war da./ Ach, abends im Taurino, dem spanischen Lokal. Bis 22. Uhr.

28. Und kam erst 13 uhr „nachhaus“. Die Programme hatte ich aus der Staatsgalerie. Wie weit/ Welt. Nur die Programme teilen/ mit. Und lehren mein Nichts. Der Ötzi/ rekonstruiert: Der Mann aus dem Eis/ sieht scharf herüber. Bart Bärenmütze. Steinbeil mit Kupferklinge, Dolf mit Feurstein , Pfeil und Bogen, Rucksack aus Fell, Fellkleidung. Eine Art Opanken. Zu sehnen, auch/ in Bad Mergentheim, Würzburg. In den Ötztaler Alpen. Erst 2001, ein Nürnberger Ehepaar fand ihn. Auf 3210 Meter eisgekühlt erhalten./ Getötet durch einen Pfeil/ in den Rücken./ 500 Jahre. / Heute in Bozen.
Oder das Lindenmuseum:/ die Südseeinseln/ ein Boot. Lebensweise. Ein anderes Heute. Das lebt. /Parallel zu uns. Und wir sind bedeu-tungslos/ auch wenn wir all dieses wissend/ wecken. Und alle Pro-gramme zeigen: Viel Los außer jedem Einzelnen. Musik und Tanz, Theater. Oper. Ausstellungen./ Doch am 1. Mai geh ich zur „Kunst-nach“ in die Staatsgalerie. Der Blauer Reitr nicht nur/ sondern Stirlings Dach und Rondell:/ hier. Gleich um die Ecke.
Wie dicht darfs sein. Was ich jetzt schreibe?

Und die einzelne Liebe? Gestern/ Stuttgart Ost. Uhlandhöhe und die winzige Sternwarte/ unansehnlich ja. Doch der Vollmond heute/ bleibt ja./ Junges Grün und der Rundblick auf dem „Aussichtsturm“. Tiefe Küsse in der Sonne.


Wie der Freund Van Gogh - nachdem sein Schuß im Kornfeld , als er nach einem Motiv suchte (in der Sonne) gefallen war, in den Bauch hatte er sich geschossen. Warum? In Auvers bei Paris war das, Dr. Gachet war da, Theo, der Bruder kam, in dessen Armen starb er dann. "Das Elend wird niemals enden. Jetzt möchte ich heimgehn." Am 29. Juli 1890. Ein einziges Bild, der rote Weingarten war verkauft worden. 400 Franc. Keiner hatte ihn zur Kenntnis genommen.

WAS BLEIBT, wer
stiftet es, dachte ich heute beim Waldlauf;
und spürte kurzatmig die Zeit auch in mir
laufen.
Wie, du läufst noch, sagt einer: geh
stiften, HIER, der Stift läuft mit dir
übers Herz Blatt, du Papierene Seele,
und tötet jede Sekunde. Wer
stiftet noch etwas hier:
Las Braun, Kirsten, Czechowski, Haufs
und mich selbst, wohin des Wegs ...?

Draußen aber sägts, und Mähmaschinen schneiden.
Aber die Zeit jede Sekunde (nicht nur Gras)
schneidet ins Fleisch ...
Und du meinst, nur durchs Fenster?
Nein, das mäht und mäht in mir selbst, jede
Zelle tickt. Geräusche draußen, oh, wie harmlos
aufs Blatt hier geworfen:

Was bleibt/ schon dieser Fetzen Papier, nur die Worte
vergilbt, lebt länger, wenn dieser Hand
die Form längst wahr geworden:
knöchern von Erde/ bestimmt,

kommst du wieder? Sagt einer:
„Ist der Tod auch ein Bad nur,
drüben am anderen Ufer
liegt bereit für uns
ein neues Gewand?“

Arles, die Einfahrt an der Mauer. Hektische Nervosität, viele Autos. Die Rhone. Unstimmung, Sonntagsverkehr. Wir irren durch das Labyrinth der Altstadt.





LYRIKARCHÄOLOGIE.

Gedichte aus den siebziger Jahren





Ich entdeckte sie wieder in meinen alten Tagebüchern. Und diese Exilgedichte nach dem ersten Schock und meiner Flucht aus Deutsch-land nach Italien, schienen mir eine Rarität in meinem Werk zu sein. Schon damals schrieb ich es so auf:
“Sie haben eine tragische Moralität in sich (Ethos) – also eine uneinlösbare und unmögliche Sehnsucht nach jenem Ort, wohin wir hin gehören. Und sie leben so, als gäbe es tatsächlich noch etwas, woran es sich, auch in dieser unerträglichen Leere des Aus-Gewiesenen, noch glauben liesse, weil sie ihm ihre unverlorene Erin-nerung vorspielen.

Lass mich ein, hier kommst du nicht mehr raus, du trägst den Absatz mitten auf der Stirn.
Die Frage lässt sich sehr genau abzählen, wie jenen Reim, den ich auf dein Gedächtnis mach.”
1974

ES GEHT ZU ENDE WAS BISHER WAR,
und die Stimmen sind fern wie morgens um fünf,
wir werden uns nie mehr wiedersehen,
wir werden vergessen.

Man siehts an der Luft, an den Augen der Leute,
überall rollen sie die Erinnerungen ein,
heut sah ich Fotos der siebziger Jahre, da waren
wir jung und alles schien offen,
du stiegst in den fahrenden Zug,
der kam nie an,
und fuhr ab nur zum Schein.

Alt sind unsere Gefühle geworden.
Und oft ist es kalt und du spürst nur Gewohnheit,
als wäre über den Augen ein Schleier,
und wir gehen mit Abwesendem um.

In allem spür ich schon das Vergessen,
und die Leute sehn mich gar nicht mehr an;
so denk ich: vielleicht bin ich plötzlich gestorben
und hab`s nicht bemerkt, bin unsichtbar geworden.

Es ist nicht nur die Liebe die jetzt vergeht,
es ist nicht nur Eiszeit der Sinne, es liegt
ein Stillstand um uns in der Luft, der uns Angst macht
und uns den Atem verschlägt.

Denn es geht zu Ende was bisher war,
und die Stimmen sind fern wie morgens um fünf,
wir werden uns nicht mehr wiedersehen,
wir werden vergessen am Leben zu sein.

Ostwest Flug. Ein Ende

In der Boeing mit den Vögeln
aus gesetzt ausersehen
als ob es sich erkennen ließe
was im Flug zurück bleibt
im Vergehen

Und lassen die Rückkehr
irreversibel / als zweiten Satz
der Thermodynamik ein Nie spielen
dass niemand mehr an der Luke
etwas verspricht beim gewohnten hinaus Sehen
bei Zeitung und Kaffee.

Wo hast du dich hinausgestreut
ohne Kampf ohne Freud
über alle deine Sinne hinaus
in die Luft
und ziemlich an deiner Schwere vorbei
ohne dich blass als Toten zu sehn.

Die können ja alle in den Himmeln
gut fliegen.


Wo lässt du dich liegen
mit Kind und Kegel

zu Fuß über alle Berge gegangen
und doch immer wieder zurück
nie von der Stelle bewegt
wie das Rätsel das mir die Binde hält
vor Augen der Berg
und du bist ja Hinüber...


Bei längst Vergangenem so auch:
krank wie ich meine?
Die Frage hält sich fest an dein Wort
Kind ohne Laube
jetzt wurde
dein Herkommen fertig gemacht
und sag wann hast du den Boden
sicher und fußfrei noch vor

Im Klingen des Nie.





Der Anfang wie er sich immer verfing

Aus Ahnentafeln gebaut
und Hakenkreuzen
kam die Welt auf mich zu
und ließ mich teilhaben
am Ticken der leisen der deutsch
vergoldeten Bomben

Die Schuljahre waren voller Bilder
und durchzogen von schwarzen Böden
und deutsche Eichen in mir und so
zu sich gekommen
in gotischer Schrift

Mücken kamen auf die Oberlippe
und alle Wege sammelten sich als Scheitel
so gerade war diese Welt
dass sich andere Gedanken wie
Streichholzgroßmütter verkrümmen

Im Kopf begann die ernste Leere
groß zu wachsen.





Elegie bei Magdalenas Ausreise

Der Postbote bringt dich nie wieder
es werden andere Marken auf den Briefen kleben
kein Zeuge mehr erkennt dort unsere Zeiten
die nur nach innen offen
dort geblieben sind

Doch uns gibt es nicht mehr

Es ist als ob es auch Argeş nicht mehr gäbe
und wie ein Übermaß an Rückzug
deine letzte Reise wäre

Die nicht mehr anhält

Wir sind weit weg
von uns gezogen
einen Steinwurf weit

der uns getötet hat.



Ich möchte unsere Sprache wieder
haben sie lebt sehr nah und
sie ist gut

Denn diese hier sie trennt uns nur
wie könnt ich dir in diesen fremden Zeichen
in ungesprochenen Lauten
etwas sagen
was hier in dieser Sprache eines fremden Landes
nicht sein darf wie zu Haus.

Vielleicht ist es zu einfach
wenn ich dir “Feste” sage sãrbãtori
und dragãdragã
liegt so tief am Grund.

Es liegt am Boden
was ich fühlen kann.



1968. Aus Reise

Was habt ihr mit meinen Augen gemacht.
Sie gehen nicht über, sie finden mich kaum,
sie liegen im Eis im verdunkelten Raum,
lacht, lacht, - was
habt ihr mit meinen Augen gemacht..

*

Du sagest mir,
ein Haus sei keine Rose,
und auf dem Dachfirst ginge Jeder
über dich hinweg.
Du sahest keine Ringe, nichts
vor lauter blinden Augen
und Abaelard
sei wieder einmal tot.

Das weiße Brautkleid schien -
auf deinem Bett zu liegen.
Da wars ein alter Schirm
und dann ein Totenhemd.

*

Wir sind uns selbst entlaufen
an der Hand
nicht mehr.
Abwesend geht ein Mund am anderen auf
wenn nachts ein halber Atem
rückkehrt – zeitlos

onofrej


II


Im Schatten vom Mittelmeer, Schwester
Schwester, du
ich weiß nicht, was die Fernen sind
in uns,
wir gehen den Anfang ganz hinauf
bis sich der Mund am Ende zeigt
Hinabgesang
der weiß wie Nichts den Kopf umsäumt

Hale hi Ja
ist Trauer dir nah
und lach nicht über dein Verweilen
hier
außerhalb vom Mittelmeer
am Strand.

Wie Wind mir heut
den Mund verbrennt.
Halleluja
die Trauer ist hier
nah.






HIER, wo wir zu sein haben,
vorgeben zu sein,
dass wir da sind,
du ohne mich,
ich ohne dich
die Hand aufgetischt und gehst dann
mit leeren Händen
das Leben hinunter
mit mir.

FREMDWORT, unvergesslich I
(Plagiat, Du hattest beinah schon gelebt)
Das ist
hier zu behalten:
ein Wort darf nicht vergessen werden.
Ai nimănui -
und dir die Waffen halten,

wenn du vergisst,
wo sich Gedächtnis
über seinem Sehn behält,

Und so sein Wort hält.



FREMDWORT, unvergesslich II

Tu ce zici was sagst du Jetzt?
Zu sagen wär es
hast dir die Worte einsam
vorgesagt zu Haus
im Fremdwort.

Sind fremd wie aus der Mongolei
und doch zu Hause
vor lauter Fremde / freute sich die Silbe
nur an die Wand gesprochen
hallt es
gibt dich für eine Weile
wieder frei.

*
Nur wenn die Schwäche uns die Haut abzieht,
und wenn wir müde sind
vor lauter heute (das sich an diese Stunden
Uhr verkauft).
Sind wir mitunter auf der hellen Treppe
mit uns aufwärts
bis unsere Füße wieder auf die Steine fallen.

*
An dich hält
und an mich wenn wir vergehn im Tageslaut
der Dinge
wie sie schelten.

Es ist ein Lied
und das heißt
nimănui
es lässt sich niemals halten
oder hierher bringen.
Es springt hinauf bis an den letzten Schlag
wo es zur Zeit Hulube trägt
die Noahs Arche immer noch
erwartet.

Und wir mit ihr ein Rückwärts kaum
Gerbsäure deiner Eichwald Rinde
vergangene Tage / langsam nun
am Horizont verschwinden
und wie -
wir hatten einmal
beinah schon gelebt.

*


Notiz

Es darf nicht genau gesagt sein,
was war
sobald sie zur Hand genommen
verwelken die Bilder der Dinge

Ausnahmen gibt es:
dein kleines Schamhaar
bittet.
Ich nehme Notiz vom Bild
das sich noch immer in dir bewegt
und mich bittet.




Für M.C.

Von niemandem war die Rede
von dir
und die Rede sie ging bergauf
bis zur Talsohle ging sie
schnitt sich ins eigene Fleisch
Dissonanzen wíe Messer – und du

Wo finde ich dich / so sprachlos gemacht
wieder im Grund ohne Ihn
gottlos gemacht ein Versagen der Zeit

Ich laufe ihr nach ohne Gründe

Da drüben stehst du
ein Antigedicht in der Helle
die Worte sie spielen sich auf ohne Grund
und stoppen verzweifelt und heilig verpufft
Gottvater im Raketenboot / nur zu Gast
hier auf die menschliche Schnelle.


Messer, rostfrei

Es lässt sich nicht ausmachen
was in uns eingeht
denn die Silbenstränge beginnen zu rosten

Du hast dich abgesetzt und
ich trage zu dir
trage nur auf
trage den Kopf nicht mehr hoch
weil sich die Zeit verflüchtigt

In mir in dir in uns
ging sie nicht mehr in Farben
die Klänge sind mutlos geworden
am Pop entlang
jauchzt nur die leere Trompete

zur Eile und
Heile mit Weile am Storchen
und Wehwut wie
Fall hobst fand und nur
nach außen die Messer
und Grossen Wägen
glänzen so rost
frei.




Köln auf die Spitze getrieben

Sag wo treffen wir uns
ohne Punkt ohne Fest
weit
hergeholt

Manche Wörter sind unbrauchbar
geworden (heißt es!)
alles was uns aussagen könnte
sagt Nichts
(so heißt es)

Wohin mit dm Blinken
dem dunkeln jener
Gewohnheit der Tiere und Sphären
wenn die Flugzeuge tot sind

Wohin ohne Worte für uns
nur für sie
die gewissen Worte
die Fremdworte / reich
an Metalle geklebt
metallisch und müllreich
verschnürt in Paperbacks reich an

Umweg ohne Einstieg
mühsam im Gleichgewicht
auf der Spitze des Kölner Doms
der einig freie Blick

Balance ohne Seiltänzer
und ohne die weißen Tauben im Hirn
ohne Metaphern / im Sinn
nur die furchtbare Weite
der Revolution und
die Unfähigkeit der Revolutionäre.

Wer stürzt sich jetzt noch
von der Spitze sie
abzubrechen zum Leben.



Lyrische Notiz

Doch die Sprache wandert in mir
gen Westen
und springt dann zurück
in die unmögliche Heimkehr zu dir

Alles Gedachte ist hier
und wenn der Weindunst
die Ordnung
zerstört (mit der Zeit in Einklang gebracht
durch den sinnlosen Säufer)
bringt sie mich wieder
ins Morgenland / früh
wenn sich die Sonne
am Laut definiert
den ich schreibe.

*

Sie gehen wieder ein
die Splitter / in Sprache verwahrt
denn die Schärfen verwunden nicht mehr
sie sind in die Fernen gestellt
zum ganzen Leben gebracht
als ließe sich plötzlich begreifen
was fehlt.


Südlich irre Nacht

1
Heut Nacht war ein Rasen
(nicht nur auf Sächsisch)
die Vase die Türe die ich zerschlug
sie bleiben weiter nur die Splitter
gehen ein / sie lassen sich nicht mehr
wehtun

Das Fenster blieb
dem Berg zu offen heute Nacht
die Lieder südlich
mit zwei Gitarren gesungen Ole!
Die anders berührten
als Keulen / sie sangen
dem Meer zu als hätten wir Zeit
griechisch chilenisch und spanisch

Dann tobte die Nacht
oh südlich in mir
und ich zog mir
rumänische Pelzjacken an
denn ich fror vor ferner
Augenblicks Freude.

Weshalb und wozu auf den Weg
gebracht so unruhevoll und
ausgesetzt
ein vom Krieg bestelltes

dreimal geteiltes Leben
hier
und nicht dort
wo das Schicksal
verschied.

Und ein Niemand
sucht sich ein Haus.

2
Setz nicht ab hier
doch setz dich ab
eben hier

Außerhalb jeder Syntax
bist du länger da / als ich
der Vergangene
und länger als wir
alle

Sind wir

Du hast die Strasse nach Sesam
genommen
die Öffnung ein Spalt zwischen
Silbe und Sein
unausdenkbar alle Tage
die Springflut alle zehn Finger gespreizt
auch die Beine zum Kommen
gegen das Unheil

Und ganz nah und näher und näher
das Einzige das ihn noch berührt
deine Scham aus Immer

Denkt über uns nach.



Scharf fällt dann Schuld
wenn du dich nicht an ora et labora hältst
und frei verschnaufst
wie unter letzten Gräsern

Es spielt die Zeit sich auf
und schult in dir so atemlos
die Sinne an dem kleinen Zeiger

Scharf fällt dann Schuld dir zu
als hättest du dir selbst
das Leben weg genommen.



Ich weiß nicht wer du bist

umkreise dich / du bist
doch niemals du
und niemals nur ein Name

Ich rufe dich
auch wenn du immer da bist
wie Herzkot
aus mir gehst wenn
du dich zeigst

Unfassbar schon so
zwischen Aug Entfernung und
dem Schmerz
sich dreht im Niemandsland

Die unhörbaren Schüsse auffängt
die die Dinge abgegeben haben
die Leute und die Zeit

Abwesend bist du immer da
und triffst mich an
den Füßen

Deine Sanfte Bereitschaft
hell wie Himmelswasser geht
sie über unseren Tod hinaus
der an den Brücken wartet

Sieh wie sich unser Wort entfernt
vom Körper und die Sinne reinlegt
bis nichts mehr bleibt
und wir uns hell erkennen können
an dem was niemals war
und niemals sein wird.



Du hast die Welt verflucht
weil du mich kanntest
ist sie dir dann
entzweigegangen

Sie blieb ein Stück von mir

Du knietest vor ihr nieder
und sahst zu spät
dass ich es war
der dich bei Namen rief
die du nicht kanntest.

Was durch uns ging
war in uns nicht enthalten
und was wir werden sollten
kam nicht darauf an

Die Messen die du vorschlugst waren etwas
das ich nicht kannte
und meine Messen kamen nur am Marktplatz an
Der Clown war da
und schlug die Purzelbäume

Die palma die bekam dann niemand mehr
und ahnte nur dass sich am Oh
vorbei die Schläge kannten

Doch in den Händen gab es keine Zeichen mehr...

Wenn Dinge sich an Ordnung halten
die hier voran geht
und mich sauber hält
(die Verse gewaschen wie der Tag
mit Sinn)
dann ist mir eng ein Teil
der sich zur Schranke zählt
die zugeht wenn die Zahl vergeht

Das Schwergewicht das manchmal überschäumt
ist anmutig beim Tanz mit bläulichen Menhiren
die voll bis an den Rand der schieren Kopfstände
das Einmaleins erhalten kann
mit eingeschleppt banalen Alltags-Viren.


III


Es hält sich auf

Es hellt sich auf
bei Nacht ist alles kürbisklar
und blüht und blüht so hell
bis wir die Niemandsländer
überall erkennen können

Die Steigerung vom Vater Land zum Mutter Land
ins Niemandsland.

*

Es wird ein Wesen sein
es wird ein Stein sein
und alles wieder gut

Es wird ein Wesen sein
es wird ein Stein sein
bis dass der Herr
bis dass des Himmels Wasser große
Landschaft dann bei Nirgends
über mir sich auftut.


Die Stimme zerbrochen
die kleine Angst sitzt
gleich links an der Brustwarze

es klingt hohl wenn ich
meine Wirklichkeit abklopfe

Das Herz geht weiter
weit von mir entfernt

Es ist nicht was ich sein könnte

Die Stimme zerbrochen
wer ist schuld daran

Der Fuhrmann bringt keine
Pflastersteine mehr in den Hof
der Fuhrmann ist durch mich gestorben

Wie soll ich nun gehen
wie soll ich sprechen?


Du bist es wieder die mich rief
was soll ich hier mit dir
wo alles tief am Grunde
schon / und nicht mehr ist
weil ich nicht bin

Mein Wort geschickt im Okzident
geht langsam vor die Hunde.

*

Wie überqueren wir uns

Hier lässt sich nichts finden
Nichts auffinden nur die lichte Quere
wo wir ohne Hundeworte
wie Kapital und sozial
medial und mental
rektal und ideal nicht
auskommen könnten.



Anders und nicht wieder

Für M.C.

Gibt es ein Nachdenk / Gedicht das
mich finden lässt was ich sage
oder geht es aus / wie morgenland wie
rot wie Flammen bei besonderem Wind

Es darf nicht zu Ja sein
das Ja / und das Nein nicht zu Nein
dazwischen spinnen / sich Fäden
für alle Dafür-

Fäden / ein zu holende Fäden
wider den Tod -
hingegangen und hin geschieden
wie voreilige Denker der
Morgenröte

Ich halte sie hoffen ich halte sie offen die brüllenden
Worte in mir und schon
am Kreuz besorgt zuhaus / läuft / das Gedächtnis
als Betonsilbe aus

Voller Charme kommt Lernen
auf dich zu
wenn du deine Sätze nicht zwingst
als seis du noch ihr Herr
und nicht sie...

In dem Raum nämlich
geht Paradoxes um wenn du wieder für Herodes stimmst

Vorbehalt
für G. Büchner

Auf den Plätzen dr Revolte rufen
es lebe der König Nein!
Und im Palast der Diktatoren schrein:
es leb die Revolution!

Konkretes Gitter

Den Rundgang im Hof
nicht zu vergessen
den Rundgang wo nichts entschieden ist

Und wartet.


Vorbehalte

Es hält sich offen
das Frühjahr
schon in den Bäumen
der Zwang zum Grün
nicht nur
zum ausgesprochen /Schönen
es behält sich vor
zu wachsen
unsichtbar auch in unserer Sprache

Auch wir sollten uns vor-
behalten unausgesprochen
zu sehen.

*

Die Frage offen halten
offen zu bekennen
dass sie angekreidet (schwarz die Tafel!)
nicht ist

Und nur hier wenn der Ekel
vor dem Fest eingefahrenen Satz
dem Vor Satz für ein Blatt
blattlos und blass ohne jedes Grün
einen Menschen eine Linke
Hand die sich ausgestreckt hält
gar die Rechte von früher
Fest gefahren schon
in die geballte Faust
den angekreideten Gruss
die auf den Arm
genommene Welt

im Trug Glück
das Glück nimmt.





Ich stehe dann auf der Hut ab
Weide Augen Weide meiner
verewigten Worte
und führe sie aus
dem Kreis hinein
wo ich stehe

Wo ich stehe bleibt unklar
solange sie nicht wieder

zurück kommen.





Heute im Juli und August 2009
Sotto Palmaria ( und ich denke an Platen)

Die Sonne flimmert nach
mittäglich Wasser glitzert
silbern vor Frasquita dem Boot
zwischen Mast und Segel
das Seeräubernest Portovenere
im alten Blick: und meine Finger
auf dem winzigen Laptop
klopfen die armen liegengelassenen
Verse / fünfundreissig
Jahre im Dunkeln, jetzt erst
wie eine Schrift Archäologie
meines Lebens / entdeckt,
sieht mein Blick euch wieder
weckt diese schlafenden Wesen
von den Buchstaben-Toten auf.


Aber 29. August. Erlebnis Schopenhauer neu. Denn alles, was entsteht, ist wert, dass es zugrunde geht. /Ja. Wenn ich die Schlachthöfe seh. Die Del-phine bei den Faröern. Die Kinder in Afrika oder Pakistan./ Die Hinrich-tungen. Das Warten darauf. Die Einzelzellen. Die Dunkelzellen. Die 33 Bergleute untehn im Schacht in Chile. Zurück: Auschwitz/ oder Jilava/ Do-nau-Schwarmeer-Kanal. Oder früher die Galeeren- Auch nur ein schreien-der Krebskranker gibt ihm recht!

Und wir selbst: Der Trieb. Sex.der wühlende Wille. Die Illusion des schwa-chen Ich. Oder de des „Funkens“. Gibt s dies gar? In allem. Das Eine? /Doch warum lässt dieser Funke in alem Leid/ Schmerz/ Gewalt zu?

Er selbst hielt sich nicht an Buddha, an seine Philisophie, sondern vögelte drauflos./ Und das Mitleid? Nein praktisch wurde es nie bei ihm.


8.September- 10.September, 2010 Mantova Festivalletteratura. Hotel Bianchi
Mantua 8./10.September.

Ich bin erst jetzt/ angekommen: vor 3 Stunden
völlig fertig. Aber ich muss schreiben. Es war sehr gut,
fantastisch, schrieb ich an Elisa Beth:/ ein voller Erfolg
in Mantua/ eine Wunderstadt.
Und so viele Leute bei meinem Abend: ein
Riesensaal. Und die Frauen haben geweint...

Das Fernsehen…Rai und Sette nahmen mich auf.
Der berühmte Elkan./ Ein Gefühl wie selten/ wie es sein
sollte... niemals aber in Deutschland/ davon kann ich
nur träumen.../ das hat mich/ bei diesem Erfolg und
dem großen Verlag / der mich betreute/ Verlagsleiter und Presse
Wie früher /als ich noch bei Rowohlt war/ deprimiert/ bei aller Feststim-mung...
Denk ich an Deutschland…/ Da stimmen die Titel: LOS/ Niemands. Los. Nichts/ und dritte Art. Ein unhaltbarer Zustand. Klarsicht. Wie nie zuvor! Und ich bin nicht glücklich/ nein, ich bin unglücklich!

Und zu Hause ist mein Name verflucht/ wegen Capesius wie mir
Ein Schulfreund sagte! Ach, Mantua. Mein Leben?

Anfangs müde/ alt/ Und/ immer mehr nur noch das Stocken. Unter Bruch. Punkt/ Punkt/ Komma Strich/ Fertig ist das Mondsgesicht.
Der Körper/ das Herz/ das Hirn. Alles. Nichts.Ich? Wer? Wann? Wo?
Auf dem Piazza Sardella am 8. /war es so.
Und dann der Neunte./ Eine Verjüngung./Sie stimmt nicht mehr/ die Mü-digkeit/ Altsein. Und zu . sagte c: Wenn ich wieder nur noch ab sagen will/ dann sag einfach: Mantua./ Nicht nur die schönen Pläötze: Erbe. Sardella.
Nein: auch Jan Gavroski/Elkan/ seine Arroganz sogar./ Und im Café/ eine Frau/ kam auf mich zu: gratulierte./ Auf der Straße/ fragten wir nach dem Weg/ das junge Paar kam mit/ lief dan mein Buch/ zu kaufen/ am zurück wegen einer Widmung.
Abends Nicolazzini/ mit seiner Alessandra, der Sopranistin./


13./14. Schässburg, die Wunde:

Und wieder ist es/ kaum zu fassen: so viel geschieht an einem Tag./ Nahm mir vor: heute ist Pause. Gestern/ dieser Zuhausestress/ Feindschaft fühlen/ Hass/ der mir von dort entgegenschlägt:






WIDMUNGSGEDICHTE


NICHTS ist kein Staub
Für E.M.Cioran
zu seinem Tode am 20.Juni 1995
Verwehend Sand
im Wissen Strandgras
Fliegend über das Meer/ nichts
wissend vom Nichts
Die Tote erweckt
im Reim - du warst Nie hier
und doch ein
wunder
Vers
du lebst in mir
du lebst. Die Tote ist
erweckt
die dich beweint
Verwehend Sand
wissendes Strandgras
ihr lesendes Auge
das du sahst
schlaflose Nacht
die sie längst lebte
die Tote jetzt ist deine
Heimatstadt
dein Heimatdorf
wir sehn es beide an
der Abgrund ist
allein
der Himmel
hoch in den Karpaten
war lange ohne dich
das Nichts von dir bewohnt
schlaflos geübt
hast du sehr lang
Sibiu in ihm
mein Gott nichts als
die laufende Absenz
denn Schlaf ist alles
nur der Demiurg
sein Wachsein im Ruin der Welt
die er geschaffen hat
weiß nicht
dass dieser Schlaf jetzt endlich
angekommen ist.

2006. BINA, der dritte Ast (oder die 3. Sphäre) die Ur- Mutter ermöglicht es.

Und es scheint doch zu sein, daß Schlafen
ein Kunststück bleibt, die Augen verklebt auch
von der Blindheit, ist es ein Geständnis, daß
der verwöhnte Körper hier ablegt: Blei wie
ein Schuß, die Lider drücken und schmerzen. Abgelegen
abgehangen und/ im Feder Bett, weißer Körper,
langer Krückstock, der jetzt in das Sterben fliegt.
Endlich löst sie, was dir blieb, Auflösung
und nichts mehr gilt, der Kopf dröhnt, packt
mich ein, das Denken: der Motor Verzweiflung.
Wachsein war einmal gut. Wo ist sie, wo,
die Zeitdienststelle fürs Leben, fürs Himmeln,
einem, es ist lang her, wars unangenehm,
nicht auf dem Kopf gehen zu können,
den Abgrund, wie bekannt: als Himmel
gespannt tiefgrau über sich.
Als sähe ich den Armen von oben.

Heute weiss ich mehr. Erstaunlich, wie ich mich verändert hab, als hätte ich Kontakt mit der Ewigkeit bekommen. Wieso aber ist Mutter jetzt weiter weggerückt, entfernter? Ich muss zwar noch immer wieder an sie denken, doch sie ist nicht mehr DA. Ich hatte ein Foto mitgenommen, in dieses Ta-gebuch gelegt, doch ich nahm es selten wahr. Anders war das bei unserer Mexikoreise gewesen nach Vaters Tod?




19. 8.
Eine Woche VT. Heute erst wieder Lyrik-Lust. Pessoa Almanacco 9.
Pessoa ist Mystiker und Rosenkreuzer.

ALLE DICHTER BIST DU
Dies Übersetzte was ich meine
Ist zu Haus in mir/ so Scheine laufen/
laufe über/ wie die Milch zu Hause/ in der Küche
Eine Jause. Reime/ weine sie/ die Tränen die
Dich lähmen./ Hat aber Nichts mit meinem
Leben/ und seinen Scheinen zu Tun.


Pessoa war Rosenkreuzer und Kind.

Gestern der Stein/ sagt man
Müsse die Dinge küssen/ wunder/ Bar zum
Trinken/ jede Zeit gab Zeit- Gute Zeit.
Denk doch an Schin/ tanze wie meine Judenfreunde
Sei Chassidim.






Für meine Hildegard zu ihrem Sechzigsten
Am 9.Oktober 2006

DAS HELLSTE LICHT UND UNSERE SCHUTZENGEL

1
Verwirrt seh ich zu:
der chaotische Bereich des Todes
ist im Streit gegen uns, will uns töten,
zuerst vielleicht ohne
Licht und jene Engel, die uns behüten
SIE anfangs unsichtbar wie auch Jetzt
Wenn wir uns nicht mehr fühlen, ganz
Du und ich. Sie aber
Wissen es: wir gehören zusammen
Und wir leben wieder auf, wennn die Liebe uns wieder heilt
Und leben lässt, fast
Wären wir gestorben: du ohne mich,
ich ohne dich.

2
Was da auf uns zukommt/mit unseren Schutzengeln
Flug- Körper plötzlich sichtbar
als könnten unsere sterblichen Augen
in diesem Licht "sehen" und gehören
anderen Ordnungen an/ treiben

unsere Gewohnheit auf die Spitze
die bricht ab: und wir fühlen das Glück

Daß Liebe sich mit ihnen sehen lassen
kann/ wohin wohin fliegt unsere Liebe
mit diesem sich zeigenden unsterblichen
Teil der Welt/ gewoben aus dem Stoff
und zwischen den Fixsternen unserer Astral Körper:
DU und ich.

3
Durchgebrochen aus der ganzen Klaviatur
kosmischer Musik kurz in die Enge
einiger Töne unserer Sinne: Hier!
Unser Traumbett bei dir - eine metaphysische Schaukel

Vibrierend und glücklich wieder umarmt warm

Und ganz DA sonst wären wir ganz verloren,
ohnehin mit unserer winzigen Erinnerung,
die nicht ausreicht: zu wissen wer wir sind!

Für meine Linde
am 23. Dezember 2006

An deinem 68.Geburtstag wars
Heute im Jahr 2006/ wie
Lange kannten wir uns da schon/ dein Dreissigster
Weißt du noch wann das war
meine Liebe du
Am 23. Dezember 1968 war es

schon
wie Immer

Ein Weh ist dieses Jungsein im Alter
Als wäre es nie gewesen wie dieses
Dazwischen
Im Herzen im Leben/ lang her und doch
Mit uns beiden/ als gäbe es den Tod nicht
Wenn´s so ein langes Leben schon gibt
Zwischen Erde und Himmel

Als wäre ich längst tot und doch da/ du meine Liebe
Du hältst mich am Leben längst ist es so
Wenn es mein Gedicht nicht gäbe
Das mit dir spricht und bewegt
Was sonst nur noch Kinder können
Dass das Herz im Alter noch lebt

Meist ist es taub
Und betäubt den Schmerz da zu sein
Doch heute lebte er wieder auf
Ich roch unseren Staub
Und unter unserem ruhigen Glück heut
Fiel ich tief unter den Tag
Und fand auch nicht mehr hinauf

Nimm mich todlos wieder auf
Hol mich ein
Komm mit mir endlich zu Hause hier an
Sag auch: wir haben das Leben
Hier nicht versäumt sag doch:
Wir haben es nur
Zusammen geträumt.


Agliano, heute am 23. Dezember
Zu zweit am Kamin mit loderndem Feuer












ABSCHIED. UND DER LETZTE ABSCHIED
DER TOD

1.April 11. Nun ist unser letzter Bauer auch gegangen. Schlaganfall, gelähmt. Er hat noch Felder bestellt. Jetzt wird alles verfallen. Auch die Oliven. Alles ist anders. Die Verlassenheit wächst. Gli bei tempi andati endgültig vergangen.
Müssen auch wir gehen, hier wegziehen? Trauer und Nostalgie.
Ich überlege, ob das auch mein neues Lebensgefühl mitbedingt?
Ist unsere Lebensform erst jetzt endgültig vorbei? Wofür wir angetre-ten.
L. sagte, dass sich die Jungen ein Beispiel an uns nähmen… Aus.


„WEG TAUCHEN wollte ich aus diesem Licht. Die Uhren wollte ich nicht mehr sehn. Sich verbergen, verschwinden. Ein Niemand sein...“ Wie schön wäre es, wenn ich es jetzt könnte! und so wehre ich mich auch, wenn nachts jene Gedankenfetzen hochkommen - seit jener Nachricht, deren Folgen ich voraussehen kann! Als griffe mir diese Fremdheit an die Gurgel. Und als wäre es lachhaft, dies zu denken: - Der Tod als Höhepunkt des Lebens? Und Rilke dazu?


4.Juli. Korsika. Campoloro, Solenzara. Segelnd.
6./7. Rondinara.

Rein Kommen wieder. Sanftheit des Strandes /rücklüufig die Lagune aus Kuhfrassspuren / Duft / Ein Kalb das vor Schreck da durchwatet / und Geister schaun zu / Ein Jahr ist vergangen / und ir sind schwächer geworden.

Und komme noicht rein. Kin Funken mehr. So verpufft die Tagesenergei, verpufft der in mir angesammelte sanfte Morgen. Nicjhts in mir.

Plötzlich gepackt von Benn-Lektpre. Als habe er diese Stimmen ganz ordinär lyrisch verarebietet.

Ein Ort / p. Kein durchlöchertes Auge.articipation mystique / aber zu nahe mnicht animistisches Gewisper / sonst bst du un bestimmt / verpasst den Anschluss Iim Reinen Blatt / mer Liebe / und das Smaragd s Wassers nur fad /wie geist-los. / Und die Hitze brenneder Sand / an derFußsohle / im Sand / suchst du vergeblich seinen Sinn./ In dir die Ferne Hand könnte beschädigt sein. / Doch das Boot enthält ihn, jenen / hier gebliebenen niederen Herrebh allein Ziet umrundet dein Leben / musst sie ihm geben / dann kommst du hinein! / Saugst aus der Spröde des Unglaubwürduigen ein / das Lachhafte sogar: in dieser Magina, es tröstet / und Gott blitzt.


Gelbe Blume am Strand / seh es nicht mehr

1985. DAS VERGEHEN, IST SEIN VERGEHEN, VERGEHEN DES HERREN


Auch ein Klaglied zu sein im Mund der Geliebten, ist herrlich,
Denn das Gemeine geht klanglos zum Orkus hinab, kann das Gedicht
sogar Tun /was geschieht, nicht nur hier zu überleben / durstig nach dem Einen / bist du das „Gemeine“ nie, es muss HIER-SEIN und klingen / das Netz Indras, König der Götter endlos in alle Richtungen /Fischer Netz Gottes gar / und in jedem Knoten ein funkelnder Edelstein / sich gegenseitig spiegelnd, Meer mehr Meerestropfen Meer unendlich ist ein Ja: Varuna Wassergott. / Jeder Teil des Ganzen ist das Ganze, Leibnizmonade, kosmische Holographie, Inter-Net / durstig und durstig sags / sich grenzenlos überlagern / interconnected.

Freunde, fangt es mir /im Kunst Netz / als Netzkunst ein. / Wenn wir Glück haben / wird Er dabei sein. Mit Sinn in den Sinnen:

Die grausame Illusion / des Lebens Schimären zu schaffen
Du weisst es im Herbst / dass das Leben / dir am Ende
alles stiehlt / wie ein Betrug

Doch ER wo ist er / er ist in der Liebe
in Uns / ist er / im Wort / das auf dem Blatt
brennt.


„Ich meinte, es gäbe eine Rettung, nämlich alles auf sich
zu nehmen, und ganz konsequent dem nachzugehen, dass alles
nur von mir geträumt ist, so jedes Verbrechen auf mich selbst zurück-weist,
meine geträumte Welt ist, und ich dafür die Verantwortung
trage. Doch auch der eigene Tod, der Muttertod, ja, der
Tod überhaupt ist nichts als ein Hirngespinst, und so gehe ich
von der Unfassbarkeit des Todes aus, die ja absurd ist:
Nein, ich kann es nicht glauben, und nichts ist beweisbar,
auch nicht, dass Mutter tot ist. Ist nicht auch die ganze Phänomenolo-gie
Hegels solch ein riesiger Traum“?

Der beste Trost ist aber immer noch das Schreiben. Und so schrieb ich:

Wird endlich klar, dass Alltag nur ein Traum ist?
Und wie Erinnerung / sie baut uns auf
ein großes Aber kommt dazu
was hast du dir dabei gedacht?
War denn der Tod ein Helfer dir und Freund?
Die meisten reden lieber übers Wetter.

Und jetzt? Der Tod ist nicht diskret
und wettermäßig umgebogen
als wär ein blauer Himmel alles
der schwarz ist / Sonne trügt!
Jetzt kommt sie: schonungslos die Offenheit.
Ich bin jetzt nicht mehr Ich
ich bin der Andere
der längst vergangen ist / er lacht.
Nein ratlos ist er
der für diesen andern stirbt
dies nur ein kleines Stück
vom Leben hier.

Vergessen
dass wir gehen müssen?


3./4. April
Wir fuhren zu einer der schönsten romanischen Kirchen der Versilia, so heisst ja als Ganzes unsere Gegend, inklusive das Meer: Pieve a Elici
Chellucci- Castle



All dieses zu sehen, vor allem die schöne Vorsommerlandschaft in Blüte, dieses andaurnd, fast „wonnige“ Déja-vu, bringt eine Art Glücksgefühl mit sich. Und ich muss an Platons anamnesis, das Wie-dererkennen als Ur-Grund des Denkens und Wahrnehmens denken. Das auch zu Freud und Jung führte. Erinnerungs-Arbeit als Therapie. Vergessen aber kann auch Ärger sein, Unglück. Und ich merke meine Namens-Ausfälle, das Abnehmen der Wahrnehmung, was ja altersbe-dingt sein kann. Ich aber spinne von einem Tumor im Kopf, das dies Nebelgefühl, anstatt Schärfe des Gedankens erzeugt. Und fühle mich bei all dem Reichtum hier, auch bei der wunderbaren Kirche von Pieve a Elici mit ihrer Aura und Atmosphäre, ihren heiligen Fresken hinter dem Altar wie überfordert. Schönheit auch als Sinn. Und ich überlege, warum überhaupt über sie und Gualdo schreiben, es gibt so viel schon davon. Dann überlegte ich: Meine Chance ist, alles ins Deutsche zu bringen, was fast einmalig sein dürfte (ich habe vor, über die Versilia und „Meine Toskana“ zu schreiben. Ganz nahe hier verläuft die Frankenstraße, sie geht mitten durch Camaiore und seine Badia, die einmal Hospital war. Und dann nahe von unserem Haus über die Bergwege, die heutigen.



KOPFTHEATER EINES STERBENDEN
Denk an dein Kopftheater, denk weiter, laß es nicht abreißen,
sonst bist du am Ende in dem du liegst weicher im Bett, und
umhüllt von der weißen nassen Frau, ists die Decke am Ende, warm
über dir, kein Doppelbett, Ehebett, keine Bettgeschichten mehr
vom Aus ist die Rede. Sie hatte das Radio angestellt, um die Zeit
abzukürzen, und da hörte er auch schon die Stimme. "Nein",
sagte sie, es ist doch schon zwölf, ich höre jetzt die Nachrichten.
Er aber hörte deutlich etwas anderes, eine sehr tiefe Stimme;
einen schönen Bass: "In dir war niemand. Aber warum beklagst du dich!
Auch hinter deinen Worten war niemand, ein wenig Kälte,
von niemandem geträumt. Und anfangs glaubtest du,
alle Personen seien wie du. Irrtum. Alle waren befremdet,
deine Familie, die wieder ganz laut und ganz warm den Raum
einheizte, durcheinanderredete und die letzten Backrezepte
besprach, als du von dieser Leere reden wolltest."

Kindheit Blindekuhspiel schwarze
Binde hinter den Augen mit den
Händen ausgestreckt ins Leere
fassen nichts fassen?
Todesspiel ja der Schuß
wartet schon lang
und merkst es erst jetzt
dass er um ein Haar schon
grau widerhallt.
Alles wär Hölle
ahntest du nicht, dass
am Ende ein Wunder dich
mitnimmt augen-
öffnend befreit.
Christus vor dir
der Tote.

"Dass du dabei andauernd Schuldgefühle hattest, ist richtig,
denn der einzelne darf an sich nicht von der Gattung abweichen.
Du hast anfangs geglaubt, dass du in Büchern Heilmittel
für dein Leiden finden könntest. Irrtum. Die Bücher
haben dich nur auf Abwege gebracht.
Als du einige zwanzig Jahre alt warst,
gingst du in die Hauptstadt. Instinktiv hattest du dir
schon in der kleinen Vaterstadt und dann im Dorf
angewöhnt, so zu tun, als seist du jemand,
damit deine Niemandsverfassung nicht entdeckt würde.
Da du unfähig warst, du selbst zu sein, und da dir
auch der deiner Verfassung entsprechende Beruf,
nämlich Schauspieler, große Angst machte,
du aus Scham, Töpelhaftigkeit und Schmallippigkeit
ungeeignet zum Auftreten und zum Gaukeln warst,
ersannst du Helden und tragische Fabeln,
Innerlichkeiten und Anwesenheiten, während
dein Körper seiner Winzigkeit erlag,
mit losen Weibern und in Wirtshäusern
Bäder im Chaos nahm, war deine Seele
oft genug bei uns, bevor sie von den
finsteren Tyrannengiften und mit schwarzen
Wortmonogrammen wie mit Hämmern geschlagen,
vernebelt und zur Hölle geschickt wurde,
die Leere zu einer Kloake machte,
sogar der Polizei diente.

Fast zwanzig Jahre lang verharrtest du
in diesen schwarzen und Gottseidank
oft auch weißen Halluzinationen,
dann gingst du fort, gingst in die Welt,
um endlich den Boden unter den Füßen
zu verlieren, und wieder zu deiner dir
von uns geschenkten Leere zu kommen.
Deine Schuld besteht darin, sie nicht
voll genützt, sondern eher
über dieses Geschenk gejammert
und manchmal das Gegenteil daraus
gemacht zu haben: Schwäche
und Liebesschwäche! Das Schlimmste
geschah aber am Ende, als dich
der Überdruß überkam und die Leere
plötzlich in dir eng und faulig wurde,
dumm stillstand, du sogar in deinen Geburtsort,
zurückkehren wolltest, um etwas zu sein,

Grund und Boden, ein dir längst Bekanntes
Haus zu erwerben, um in diese schale Kleinheit
"nach Hause" zu kommen, du Bäume und den Fluß
in dir wie früher wachsen lassen, daran glauben wolltest,
dass sie so wie du sie ohne jedes Zutun am Anfang gesehen
hattest, wirklich seien. So begannst du als Impresario deiner selbst,
als Verwerter im Ruhestand, als Geldverleiher und Vermieter, mit kleinen
Wuchergeschäften im ausgedörrten Hirn und mit Briefen und einem Testament
deine Tage zu verbringen ..."
Himmelbett keines. Eher das Wolkenbett
sagen sie, da liegt es sich weicher im weißere Dunst, wenn er dann
endlich gestorben ist, scheints darüber, fliegend,
jetzt nur die alte Matratzengruft, Beine geschwollen, gelähmt, und die
Augen verklebt.
Lähmend das Entsetzen
Augen sind meine einzigen Fenster
Zellen wachsen um mich
wuchern vielleicht
mit Silben aus Fleisch
Wer läßt mich entkommen
dumpf der Kopf
der dies weiß

Abdruck des Körpers entlang des Bewußtseins
das Auge die blinde Blume
schlägt es nicht ein
Die Knochen wären zu sehen
unter der Haut nur als Negativ
im Röntgenbild
Die Zeiger der Uhr aber
sind die Finger des Unheils
Wer weiß ob ich nicht träume
am Rande des größeren Bildes
das ein anderer träumt
Aber diese Feder im Kopf, die wehtut und fliegt, kratzt
wie bei Swanns Arrangement mit sich selbst, wächst denn schon
Mohn aus der Wand? am Anfang wars
zwischen Mutterschenkeln bitterer Geschmack, und jetzt:
ist ein alter Körper berührt, er löst sich, und stirbst schon: Vielleicht,
endlich, du Kranker, ein Weg. Alte Zimmer Summen, "bewohnter im Ton"
geht zurück in ein Land ohne jeden Abgrund und Rand: "Weltnebel weicht
ins entlegene Wort zurück: Was uns am Ende erreicht, ist ein geschriebenes Glück."

Um den Kopf ein Ring
und nach außen nichts.
Lang nach dem Ende
war der Beginn,
keine Hoffnung im Blick,
was mich sieht
ist von Sinnen.

Und ich sage weiter nur "ich" , denn:
dieses Kopftheater, wenn es aufgeht ist es ein Vorhang
Bilder, weisen mich zurück, den Weg:
Mein Körper will nicht mehr, dies Innere fliegt.
Und sagte nicht einer, dass die Verzweiflung anmacht und lügt,
und treibt, der Schmerz ist zu klein, das Bett eine Wiege:
Du, Vers, mein winziger Körper, die Fliege
Zeit, die sich sammelt, hinaussieht
aus mir, und dann, als ein Leben wächst.
Aber wohin, wo du fliegst ist ja Nichts.
Hier löscht es meinen Namen aus,
liest mich auf, wird zu einem
Fall im Nichts- und im Niemandsland,
die Wunde, anstatt ein Haus.


Bis zum Ende durchsichtig die Längswände strahlendes Licht
wie unter einer starken Lupe Diamant vielleicht, jemand zeigt
auf die Trennwand dahinter ein Apparat ein Zylinder dunkles
Metall verschiedene Hebel, und plötzlich ist ein Dritter da beginnt
zu erklären: Der Apparat strahlt Kälte aus nah ist er absoluter
Gefrierpunkt, dann sechs andere Apparate in einer blitzenden
Glasfrostfabrik eine parallele Reihe in der Mitte die
zweiflüglige Glastür Glas alles Glas durchsichtig
Lichtblitze Sonnenblitzen durch Tannenbäume und Schnee,
meine in einem weißen Schneeanzug auch mich dort zu sehen
schnurgerade Sandallee als wäre es unten auf der Erde am Meer
tiefhängende Wolken sehn mich auf dem Totenbett faßt
nach dem Gesicht meines Vaters aber jung, schönbleich:
im Tod umgeben von diesen Gestalten aus Lippen gemacht:
aber er ist es doch, "er ist es" flüstern sie mir zu und dazu Summen
sphärisches Klingen und eine Hitzewelle durchdringt sie
die Eiseskälte eine weiße Gestalt geht durchs Zimmer:
Schwingen. Von dem Raume hier beginn ich dir zu singen,
tritt herein, es gibt kein Anderswo.
Wie Gefühle, Nostalgien klingen, stimm dich ein,
sei endlich hier.
Weiß ich doch, dass wir an Praxis glauben,
und die Stimmung ist zerstört,
jenes Schwingen, das den Himmel offen hielt,
jene Chance, das Leben sei mit dir;
unerhört wie jener, der
noch singen konnte in den Silben
und dich tröstet, weil er dir gefällt.
Lieber Gott, der du verschwinden konntest,
gib für den noch etwas Welt.
Willst du mit in jene Zone, komm und lies,
dieses Nirgendwo der alten U-Topie vom
Schwingen dürfen,
nirgends mehr als hier lebt noch ein Kind,
glaub an dies im Kalten, glaub an dies
Zurück.

Der Tod: lacht man hier: ein kleiner geringfügiger Zwischenfall so
wie du dich verlierst in ein Ding eine Blume löst dich auf
das ist so schön um wahr zu sein oder in einem Menschen
vermengst alles ein großes Gesicht des Menschenmenschen
dich mit allem wenn du darin erwachst scharf umrissen
visuelle Erfahrung, wie eine Luftspiegelung im Frühling
über einem Feld das starke Dröhnen von weit kommt es
die Toten... dass wir die Toten die dort eben um die Ecke
biegen nicht sehen können? ja wir kennen immer nur uns
Vorstellung im Finstern für immer die Augen geschlossen
ist es ein Spalt als springe manchmal ein elastischer Ball
aus dem Kopf.

Alles nur Nachschreiben und doch
klingen, wie das Licht in mir,
wenn es gewußt ist und leben will.
Meines nicht nur/ heute am Tag
Schwermut dir und dass
ich verzag, wie ich euch glaube:
furchtbar nicht hier zu sein,
registrieren die Welt und
nicht leben.
Weit entfernt vom Rechten, das
kein Rest nur von Sein ist,
sondern zusammen. Kommt.

IST die sternische Verbindung auch
und trügt als Lichtjahr, hirngedacht
und fern, wie erreichst du denn,
was nicht Zeile ist, mit dem Leib,
Sternenflug, Seelenammoniak, feiner Ruch
wenn das Ganze winkt, bist du nur ein Buch.
Laß den Alten aus, kannst nicht dabei sein,
bist ein Kleingewicht und so kein-
er. Nimm es an, das vergrößert viel.
Bester Stil. Die Figur
als Sekundenblick. Kehrst
der Leere: Zukunft hier
so zurück.

Mach die Stotter Pause ja
glaubtest lang ans Schöne
Sternfigur der Nacht, alles Zeichen
längst und im Aug gemacht,
und du hängst zwischen Tod
und Sehnsucht so gekreuzigt,
alles Trug, Sternenbild,
glaub es mir, jedes Wort
dieser Trug: alles freut sich.
Falsches Leben und Verhalten
schafft erst späte Pein,
zeigt unmerklich an den andern,
diese Kälte. Du wirst elend, du wirst
klein. Jetzt im Ferngespräch die Mutter,
Bruder , bist du nicht mehr mein,
welcher Name kennt mich wieder,
bist so einsam, bist allein.
Was bis jetzt so war: niemals fraglich, gut,
wird zersplittert, tausend Fragen;
alle sind jetzt auf der Hut.
Einfalt war das schöne Leben, wach und klar
der neue Schmerz.
Sogar jener, der am Kreuz war,
uneins mit dem Vater.
Bach nur gab dem Bruch als ganzes
Abgrund, die Musik, sein Herz.
Kunst zerstritt dein Leben,
hat die Nächsten sehr verletzt,
um den alten Gott hier
notdürftig zu kleben.
ES nimmt mich hier mit, der Rücken ist wund,
Mark und Bein und geht durch dich nur mehr:
als schlafender Tod bis er erwacht, die Bettstatt ist
nun seine Werkstatt, die Weisheit sein Feder Kissen
ist schwer, löst alles auf, was noch ein Gesicht hat,
Gesichter, mein Herr, das stimmt wie die Violine,
gestern Nacht: die´s Gesicht hat, allein noch hier
und wirklich zu sein, hast deinen schmerzhaftesten Teil
nicht mehr, und dann kommt er:
der Klang-Körper, hörbarer als die Welt. Und schwingt ab
und sich auf. Dieses Modell der Auflösung und das Lernen jetzt
so himmelst du ohne Bundesgenossen, die noch im Körper
mein Gott, wie festgefahren sind.
Der Fluß in dir es fließt
und kommt nie an. Im Kopf.
Nur wenn du träumst ein Kind
dort an der Trauerweide
grünt das Loch
dann tönt dein alter Körper schwimmt
den Bach hinab die Flöte
Ein Märchen. Einmal wars Scheherezad.
Oh, Kind erzähl ichs dir,
wird alles wieder gut.
Hoch oben siehst du
Vögel
in der Wunde
Und die Zeit pickt
dich dann auf.




27. November 1985. Mittwoch.

Mit dem Blick des Abschieds fällt mir plötzlich Lucca ein.
Und ich habe Sehnsucht nach Lucca ...
Damals, wann? 1974? 1973?
Und der Spaziergang zur Wiese, wann? 1977?
als mir einfiel der Beginn
eines Essays über / “Diesseits der Gegenwart”.
Was ich vorausgedacht, das ich abwesend bin
du noch da warst, hier lebtest, mich mitzogst,
dass wir Abwesende sind nun beide, hier
ohne Liebes Gefühl , das uns irgendwo im Tessin
an einen bärtigen Kopf hängt, der mir ähnlich
sieht, aber der ich nicht bin.

Und ein Vierteljahrhundert später, jetzt
dieses Heute das wir sind
ist der Bärtige wieder da / drohender
unfühlbarer auch nicht mit Schmerzen
ertragbar / als Preis / unwiederbringlicher bist du
der täglich das Leben schwächende
mit allen Schatten /wahrnehmungslos fast ohne Gefühl
der Alte / der Älteste! DU bist es
geheimster Liebhaber aller Gedanken
Freund Tod.

Wie ein Kinderspiel wars, damals:
“Wir fahren sie ab / unsere Gegenden / wund
wir gehen und leben / sind wieder
in Bagni di Lucca gewesen / in Granaoila / wo Montaigne
die Höhe hinauf geritten ist zum Friedhof / welche Tote
von damals sind noch kenntlich? / und er?
Wir sind die Lima entlang gegangen / milchiges
Wasser / gelbe Kastanienblätter, das Sonnennetz
unter der Brücke / Montale hat es gemalt /
auch er tot / doch spürt er es nicht mehr / wie das
langsame Sterben ist. / Wir sind
an jenem Ort gewesen / Barga / die romanische Kirche steht
noch / der Christophorus mit dem Kind /
die engen Gassen / die Mauern mit den Gittern
und Einschüssen / die Bar vor dem Stadttor /
doch immer war jener Dritte dabei / und die Hand die
ich nehmen wollte / fiel ab / Worte fielen
herab / erreichten dich nicht mehr / deine Lippen
zusammengekniffen ...




28.11. 1985 Donnerstag

Das Datum / das vergangene zu Mal
Ist wie ein Todeszeichen ganz real
Zeigt es Vergehen an / und deine dir
Verbleibende Zeit noch hier
Dein Leben dir bewusst zu leben: ja lies es
Laut vermischt mit Todesängsten
Du liest hier so / als wär es Nichts.
Der Name deines Henkers.


DRUCK und Morbus. Sind seine Bilder an der
Wand /die Todesbilder. Vom Abschied hier gerundet
Mein Leben / wird alles noch mal
Wild / und jung / tut weh.
Dies ist es und es gibt / kein anderes.
Und was im Buch nur steht / hat es zerstört.


Vielleicht lieb ich in dir nur / was er sieht
Das Andere was mir unerreichbar ist
Weil ich nicht bin / nicht sein kann
Was ich doch erahne
Ist hier zerstört / ein Leben lang
Nur Ungeduld mit dem was aufscheint jeden Augenblick
Und auftaucht ansatzweise nur / in jedem Ding
Und Blick / Langweile geht / hier nur nach außen um
Und innen brennts / als wäre dieser Abschied
Der uns tötet / viel zu langsam.


Als gäbe es Orpheus wieder

(XIII) Sei allem Abschied voran...
Sei allem Abschied voran, als wäre er hinter
dir, wie der Winter, der eben geht.
Denn unter Wintern ist einer so endlos Winter,
dass, überwinternd, dein Herz überhaupt übersteht.
Sei immer tot in Eurydike -, singender steige,
preisender steige zurück in den reinen Bezug.
Hier, unter Schwindenden, sei, im Reiche der Neige,
sei ein klingendes Glas, das sich im Klang schon zerschlug.
Sei - und wisse zugleich des Nicht-Seins Bedingung,
den unendlichen Grund deiner innigen (Rilke aus: Die Sonette an Orpheus

1
Auch bin ich aufgewacht, und weiß,
Und bin nun schlaflos jede Nacht,
Der Vogel singt / ich bin ganz im Gehör
Am Baum der diesen Winter uns erfror
Und weiß, dass ich wie dich auch ihn
Zu wenig hier umgeben und geschützt.

Es kommt nun einer, der den Baum nicht kennt
Doch der den armen Platz nun für sich selber nützt

Und dieses Blatt das nicht mehr ist
Doch brennt
MEIN Vogel der aus deinem wehen Herzen singt
Der das Vergangene Leben wieder bringt
Als wärt er allem Abschied voran
Als es uns gab / nun in mir selber klingt.

2
Und dann frage ich dich / mein Gott wie
Alt / sind unsere Gefühle / doch
Und wie neu / diese Welt - wo wir
Hineingestellt sind / Atome in uns
Wie in anderen Dingen Tieren und Pflanzen hier
Elementen auch wir
Und Schluss ach Schluss
Trotz Radar
Und trotz Trotz: haben wir uns?

3
Erweckung

Orphus und Eurydike / so erweckt
An wem / an was
An einen bärtigen Ulyss?

Auch er Atom, na und wohin
Mein Freund / tauch tief in dein
Inferno / wo die Schatten blühn.

Und alles ist
Nichts als Kontur.



UND fragen, ob du hier nicht bestehn musst
Ihr Gesicht / das abfällt / und sich einem Dritten
Zu neigt

Und du warst ja so weit
Und stehst nun vor ihr wie ein Schatten / wie ihrer
Der einmal auch vor dir stand.
Schattengleich. Schattenzeichen. Nun bist du bei ihr
Und einer ist in dir / der weint / bitter ein Kind
Das noch viel Zukunft hat, hier
Du aber weißt / und spaltest dich so
Und gehst / lässt sie los
Bist erst so / für immer mit ihr.



28./ 29.

Traum von einer Schwarzhaarigen
In einem Amt. Annäherung. Küsse., Rendez-vous.
Um acht Uhr abends. Da kommt MR Ranizki zu Besuch.
Ein großes Bett / meine Bücher liegen auf der Decke.
Er sieht sie flüchtig an: Sie beschäftigen sich wohl mit
Joyce? Ich sage ja. Aber nur in Maßen. Versuche
Innere Monologe. Habe dabei Angst
Die Frau zu versäumen. Es ist halb acht.

Wenn ich nun ans Allgemeine binden will / was uns
Geschieht, ist es die Auflösung der Zeit,
Der wir (mit Überdruss nur) sicher waren.
Denn das Leben / schien nicht mehr weiter / zu wollen.
Jetzt wenn die dir unsere Freuden
Also die erregenden Utopien / wohin reisen wir,
die Ausflüge in die Berge, Boots-Reisen /
was machen wir noch / wie wird’s uns ergehen?
Jetzt wenn die Utopien sich als Trug erweisen?


16h. Dann der Ort ein Topos / Schnitte in der
Mauer / blutrotes Ereignis in den Wolken über Pedona /
Widerschein in den Fenstern / darin spiegelt sich der
Garten / die Bäume / wir, unsere Jahre. / Als wäre alles
Unsere Geschichte / der Küchenschrank / hier gekauft,
Von dir “restauriert” / 82 im Februar, als der Selbst-Mörder
Fotograf kommen sollte / mich aufnehmen für Serkes Buch.
Oder Widerschein im Zinngeschirr / auf einem antiken
Eckschrank / ja wann war das / Amsterdam 1972
Grachten / Trödlermarkt / und dem Lupenschleifer
Baruch / der de Monaden kannte / in uns allen.
Ein glühend roter Lichtstrahl / fällt fast horizontal ein /
ein Abschied neigt sich der Erde zu / wie ein sehr langer
großer Schatten / wie der Tod / vorstellbar / fäll
auf die Hopi Kashinas hier / 1979 im Juli / im Jahr
Als mein Vater starb / alles hier in ein jung gebliebenes Jetzt

Topos, Schnitte “combinazioni dei fondi”, so sagte er / ich suche
im Herzen Schichtontologien /
Schnitte, alte Tage Bücher und Nacht Bücher
und eben brachtest du von den Fischers
aus Pieve eine Buch Kassette Wölfli / wann war das: 76?
Bei Elka Spoerri in ihrem “Stöckli” bei Bern.
Von der Wiege bis zum Graabe. Oder
Durchsichtig arbeiten und schwitzen, leiden, und Drangsal
betend zum Fluch?

Schnitt. Und musst einsehen / großes Gespinst
Eurydike / und hol sie... Oder die / Unterwelt / Ulyss
lässt die Mutter Blut trinken
um kein Schatten mehr zu sein.


Und wenn wir uns vornehmen / am 6. Dezember
nach Neapel zu fahren / müsste
natürlich Cumae und auch die Sibylle
besucht werden, denkst du an Waste Land
von Eliot? / Und die Ebenen müssen zusammen-
kommen / parallel laufen,
das ist die Rettung.

“Nichts zählt als die Inständigkeit der
Zuneigung.” (H. Pound).

Und erlaube mir / an die Kristallisation des
Herzens zu denken / bei Stendhal / auf Monte
Christo / er war ja dort gewesen.
Ich mit Hannah und dem Anderen / diesen Sommer
zählte sie da / diese Inständigkeit / oder werde ich später
so beschenkt / von zwei Frauen / oder beschenke ich sie
denn nichts zählt mehr als Himmelsgeschenk: Erfüllung/
diesen tiefen Grund auch
des Meeres zu erleben, tauchend sehn / 40 Meter tief
sahen wir seine Wunder
Gottes Liebe der zärtliche Blick / alles klingend
angenommen / Banales wird heilig / dass der Kustode uns
nicht landen ließ / ein scharfer Wind blies später / als wären
es Aeolos Windsäcke / und waren doch ein Geschenk
von mir, dem Eifersüchtigen geöffnet worden /
dachte, er betrügt mich, der Bärtige,
und so wurden wir wieder weit hinausgetrieben / Heimat
irgendwo? / Dass ich nicht lache!


Genialität / heißt es
sei ein gutes Gedächtnis.

Alef: Eins – das Stierhaupt ist zu sehen
denkst du an Knossos / ein Kitschfilm
von gestern Abend oder eignes Knossos-Ich
vor Jahren?
Oder heute der rotglühende Sonnenuntergang Adam
Adom (rot) dam wie ein Damm das Blut vor dem Sterben
Stier / ein rotes Tuch mir spanisch
aber Leben heute....

Beth: zwei: das Haus / wie die Lippenöffnung
einer Frau so oben wie auch unten
und blüht auf / der Atem


Auch dieser "kleinen" Verlust tut weh, er war unser Hausgenosse seit 17 Jahren.
Mein Gedicht in Marciana vom 30. Juli 94. Heute neu geschrieben, wo es leider, leider nun endgültig gilt, du warst noch fast neun Monate bei uns:

EINE HUNDEBALLADE FÜR FLOCKI, UNSERE LIEBSTE KLEINE KREA-TUR
Auch wenn du gehst, bleibst du erinnert hier,
warst siebzehn Jahre mit uns kleines Tier.
Warst hier, wir beide haben diese Bilder
noch ins uns:
du kamst als kleines Knäuel, ein Tierheimarmer
früh zu uns.
So ruh in Frieden, geh zurück, woher du kamst,
wir bleiben hier und trauern lang,
und suchen dich
noch eine Zeit in jedem Winkel unseres Hauses,
und wo du saßest, liefst und belltest ist ein leerer Platz,
der wehtut, den du mitnahmst, kleiner Kerl,
den wir gemocht, der lang in unserem Leben war,
und uns beschenkt mit dem Bellino-Wesen.
Du, Flocki, liebster Hausgenoß seit Jahren.
Wir suchen dich wohl noch in unseren Träumen,
dort, wo dein kleines schwarzes Bild uns bleibt.
Vielleicht begrüßt du bellend uns, wer weiß,
in einem Himmel, den wir ahnen, und nur fühlen können,
vielleicht sehn wir uns später einmal wieder, wer weiß.
30.Juli 1994/ 24. April 1995


31.5. Nötig ist eine neue Gewissheit.
Prosagedichte in welcher Art?

Einfach
Was der Tod nicht angibt
Ist ein Leben.

Über ihn hinaus nur
Atmen.

Erstick Anfälle/Jahrzehnte
Lang
Wer erlöst wird
Durch das Unglück sieht
Mehr.

x

Sprache
Auch anders/ möglich: im Toten Gespräch
Alles was ist
Kann nicht da sein.

x

1.Juni. Gestern 2, 5 Mill. Für das Boot (Iswara) eingenommen 
Hörspiel: Totenstimmen.
11.6. Solche Geschichten wie bei Dinu Buzatti. Dazu Esotera 4/83

15.6.86 Gestern Borges gestorben. L. trauert. Die Welt ist leerer geworden. Sartre tot. Böll. Auch Vater.


1. November bei Mutter.
Rilke. Hölderlin. RMR Geistersehn?

Geistersehn (Diktat)
Magisch Maggi wundersam geheilt
Eurofix gehalten schwacher Ränder
Ob geleistet (und gegeben)
Widersprich der Länder Lage frei
Gleichmut Stufen hirnlos lache ein

Lass Diktate fließen Wort für Wort
Gereimt im Tagebuch nur Sein
Kein Banalgedanke ungereimt vom Tag
Lass es kommen Sprite wie fein
Ungestrengt beschein die Welt

Orpheus sagen lass den Zweifel überwintern
Schwarz zu sehn heisst nicht das Elend sehn
Tauglich wieder schwer erfassbar Hirnbilder
Schlagend sich zur Schwäche so hinaufzumühn.

Alles was ich nachts albträumen konnte
Seile um den Hals und dann die Himmelsleitern
Waren meine kleinen armen inneren Propheten
Die ich ausschlug wenn ich die Tage blöde lebte
Nichts die Null nur gilt
Ich lass mich aus und fallen
Die bewegte Hand allein gehört noch Ihm
Der erreicht dass ich mich noch verlassen konnte
Einmal wach ich kann und lass mich aus/ gehn

Doch was soll noch dieser Name
Ob er ein Ganzer oder Herr Christ
Was er hier tut/ und ich die Hand doch noch bewege
Ist eine Öffnung zum Leinen auf das Er mir schrieb
Was hier und zugleich doch hinüber ein Zweieiner IST?

Sag Herr Verweser der sich die Worte vertreten lässt
Verweses was sich hier aufbaut baut am Tag
Der Geister Welt versagt
Stelle es hoch und verwandle endlich meine Augenhäuser
Bist diese Löcher verschwinden im Weg

Was heißt hier „rühmen“ Schwarze Löcher sind die Tore
Und ein Stottern muss der Weg zum Andern sein.
Lass dich gehen, was kommen sollte
Hast du nicht in dir
Nur die bewegte Hand ist Teil.

Boden Los will ich begegnen können
Wer die Grenze schweißen will
Nimmt den alten Sinn aus seinem Hirn
Und Engel schlagen Flügel/ trennen
Einfach ausgetragene Frucht die Eins

Erst ein Beides wie umarmt
Das Unsichtbare hat die Stimmen
Hörbar täglich fein wie Glas
Ein Klirrn im Tunnel der Zug
Hinter dem Licht ist angenähert
Am Ende Ausgang

Mund: der spricht!

Und das Vergehen stürzt
In ein tieferes Sein.

Nicht verzweifeln Freund du bist ein Übersetzer: nimm es auf
Was stört/ verknotet im Geschehn
Schwingungszahl- so las die Dinge
Klingen gegen den bloßen Gedanken dass
Er auflöst jede Qual Vergehn
Ist Schein.

Häng ich am Tage was erscheint
Und mich umgibt: Genuss
Der Blumenblätterzahl der Tür
Such dich besser was doch schlägt
Wie stürzende Wasser Fälle
Löst die Kopfhaut Knochen-
Heiler dass der Tod nicht sei
Denn DU steigst aus!


Rilke falsch gedeutet? Auch von Heidegger – Jenseits? Nein. Das Eine!

Selbstentzünder -
Einzige Heimat. Und der Schweifende ist das Ergreifende –


Aalen, 1.Mai 97

Einstürmt verloren/ was Siebenbürgen bringt:
Schwere/ und gehöre nicht dazu
Kommunal etwa oder die Honterus-
Brücken/ drückt Realität stärker
Ins Gewicht der Maßnahmen: harter
Alltag. Andererseits ist das Vergangene
Nicht vergangen: Prozess der
Scwarzen Kirche mit
Gottesdienst, ratlos geht der Herr
Waffenschmidt und
Verbirgt das Fredrentengesetz in
Der Aktentasche.

Das I-Tüpfelchen zum Glück freilich fehlt.
Von irgendwoher kommt ein
Schwermütiges sächsisches Volkslied
Und bricht auf/
Die Wohnung meiner Mutter hier holt mich mit der Zeit ein.
Eine Kruste bricht auf
Und ich fürchte mich vor dem
Heimfahren-
Der Zustand des Gefühls ist einfach
Darüber gestülpt. Hell dieser Müll
Und die Maske!

Der Mensch von gestern war in mir
Gestorben/ und jetzt stürmt alles wieder auf mich ein:

Niederdrückend aber ist es
Dass Andere nicht mehr zu sehen
Es ist die Kraft die mit dem Alter abnimmt.

Wie zieht mich das alte Gefühl
Herkunft zumal ins Einfache hinein
Dass ihm nur wie ein Würgen im Hals entspricht!

Und vielleicht sehn sie sich so gern
Um dies erinnernd zu wiederholen
Aber das Einfache nicht das so
Schwer zu machen ist: es ist
Nicht zu machen.

Ein klarer abendrötlicher Novemberhimmel sieht zu meinem Fenster rein, eben ist die Sonne im Meer untergegangen, die Bäume werden dunkel, die Konturen der Berge der Erde zu schwarz, dem Himmel zu noch lichtvoll rosig, hoffnungsvoll frei und offen; doch die Käuzchen verkünden schon die Nacht.Bekanntlich steht jetzt der Wald schwarz da und schweiget, Anfang und Ende. Leben und Tod treten zusammen und dies Tagesende an: das zugleich für uns die Liebesstunde ist, unsere Antworten, unser "Emils", welch Scherz: auch das weiße "Mehl", in dem wir wohl gepökelt und dann gekocht als Liebsschnitzel oder arme Würstchen im Maul des großen Schicksals zappeln und doch glüklich sein können. Ist das der große Verführer, der uns so in seinen Händen hält, und er tut mit uns, was er will!

Und schreibe jetzt, und versuche ihm ein Schnippchen zu schlagen, wie der andere, der große Kollege aus Prag. "O süßes Lied" - wenn der Schreibende, Schrift, Kunst , die ihn rettet, nicht nur der einsam und vergänglich Liebende da ist, der davon als armer Mensch nur verzehrt und sogar getötet wird, sondern der sich dem groeßn Andern übergibt, und das so Dauerhafte, auch in Zukunft nicht nur Gewesene, das über jeden vergänglichen Gefühl steht, auch dem der vergehenden Liebe, rettet, erkennbare Gestalt gibt, angstloser macht, und das undurchschaubar Erlebte, das rätselhaft uns entzogen ist und uns so wehtut und bedrängt, mit aufgehoben sein darf: HIER. Jaja, genau HIER in diesen Worten für Dich,

98. Diana.

Im Bad dachte ich dann unter der Dusche, während mir das Wasser wie weiche Hände über den Körper floß, einen besondes wichtigen Zwiespalt heute im Web-zeitalter: es geht noch weiter in der Zerstreuung, dies Entkommen aus dem bishe-rigen Zwang zur Substanz, zur Bindung, ja, zu einer seelischen Verpflichtung und Entwicklung, die als etwas Veraltetes ironisch zitiert wird, löscht den Abgrund des einmaligen Subjekts; es bleibt der austauschbare Sexpartner und unzählige Sex-Objekte; das Vorhandene, das Faktische, das Chat-Jetzt, dies ist der eigentliche Grund der feuchten Stelle in uns, die auf die Dauer dem Charakter schadet, und so eigentlich die beständige Liebe unmöglich macht, oder Verliebtheit nicht mehr umsetzen kann in ihren Ernst.
Das Medium hat an uns und unserer Liebesfähigkeit verheerend gearbeitet. Der Text war die Liebe, und nicht die Liebe der Text. Textphantome fanden sich und nicht Mann und Frau. Es ist dieser Zwang zur Diesseitigkeit im elektronischen Raum, der weder das Geheimnis des Einzelnen, noch Transzendenz kennt, anstatt des Ganz Anderen, diese wahnsinnig vielen Andersheiten von Sexidentitäten; Zwiespalt zwischen Substanz und Wegwerfgesellschaft, Schein und Sein? Dabei sind wir doch alle... jeder für sich und Gott für uns alle - EINS, Teil davon.
Wer wußte je das Leben recht zu fassen,
Wer hat die Hälfte nicht davon verloren
Im Traum, im Fieber, im Gespräch mit Toren,
In Liebesqual, im leeren Zeitverprassen?

Immer schlimmer diese Zeitvergeudung! Auch im Schreiben die Schnelle. Schrei-ben und Lesen werden zu erotischen Vollzügen, und der Schreibende wird reinge-rissen in ein netzartiges wabberndes Gefüge von Millionen Partnermöglichkeiten. Ein rhizomartiges Bild seiner Wünsche, darin spiegeln sich alle daraus herausge-hobenen potentiellen Wortbett- Liebesgenossinnen ... und alles ist unendlich wie die Lust, denn jede Lust will Ewigkeit, will tiefe, tiefe Ewigkeit...
Was lamentiere ich da... und suche nach der Einen, suche doch nur das Eine, wie alle!

2000.Mai/Juni. Mein Krebs. Und jetzt hier in der Urologi-schen Klinik, U1,/ Privatstation des Prof. Eisenberger, Zimmer 007./ Bad, zwei Betten, jetzt,/ nur ich./ Zwei Ständer für den Tropf, eine Leiste mit elektrischen und Telefonanschlüssen,/ dem Notruf, mit dem man auch das Fernsehen und das Licht betätigen kann./ Dann Anschlüsse für Air, O2, Vac./ In der Ecke der einfache Kasten, eher ein Spind/ für Patient 1 und Patient 2 und Pflegemittel./ Dann eine Bank, davor ein Tisch, 3 Stühle. /Es ist schon eine Art Zelle./ Die vordere Wand ist Glas, 3 öffenbare Fenster in Richtung Park, man sieht also Grün, Blumen, Bäume, und das Lindenmuseum./ Und da habe ich nun 20 Tage verbracht.

Und welche Gefühle hast du D. beim Fensterhinausschauen?
Angst, was ist das? Du wartest auf den Befund, das
Wird sich dann hinziehen, und L. sagte heute brutal: ich werde
Allein bleiben und es geht mir so wie meinem Vater im Pflegeheim: Allein/ deine Lebenserwartung ist nun sehr eingeengt... Eingeengt, eingesargt schon jetzt ... zu tief in den Abgrund, wo sich die Worte verlieren, geht nachts die Angst nicht hinab ins Zittern.

O viele Freunde und Alte sind schon drüben
Im Licht?
Nichts ist zu tun? Zu warten? Du kamst ja, woher? Und du
Gehst, wohin?
Sie, wer? Tun es für dich?

Am Schluss ein Blitz vielleicht / und dann
Tief ist die Nacht, die dich
für immer besitzt?



22. August. Und dann die alternativen Therapien. Zwischen 16-21. waren wir wieder in Ligurien segeln. Körperlich war ich in Ordnung, seelisch aber der Todesgedanke, der mich nicht mehr loslässt, und die Blickrichtung, ja, das Licht der Welt verändert hat; ich kann mich eigentlich nicht mehr freuen. Einen Tag nur war diese Freude da, ich sah im Golf von Lerici alles wie ein Wunder an, und dachte plötzlich alles zum erstenmal zu sehen….


Abendessen im Garten, noch mit Sternhimmel, und wieder zeigt sich, dass man nur vom Krebs sprechen muss, sofort ist jemand da, der zum Leidens-Club gehört. Editt D., die Bildhauerin aus Kanada, die ein Atelier in Pietrasanta hat, sie stammt aus Iaşi, fing sofort an von ihrem Vater zu erzählen, der – erst 80-jährig im März gestorben war.

Dann musste sie Tag und Nacht an ihn denken, den sonnigen Menschen, der jetzt eine schwarze Sonne geworden war. Sein Auge, das sie wie von drüben angesehen hatte, verfolgte sie. Vor allem, das im letzten Augenblick seines Leben im rechten Augenwinkel eine Träne hervorkam und dort hängen blieb, nicht übers Gesicht lief.

LACRIMA rerum nicht nur gespiegelt in der Träne
Die Welt:/ wir sind wie ein Auge der Toten / und nur ihre Träne rinnt in unsre Lichtwelt.
Im Augenwinkel langsam / wie die Zeit, die einmal
Geblüht hat, fällt sie als Ende
Auf das was zurückbleibt,
auf den ihm gleichen, den Herzschlag der Tochter,
ein letztes Geschenk seiner Sonne,
die in Gedanken nie mehr vergeht.

Schwarze Sonne der Augen
Mit einem Lichtblick der Iris
Täuscht sie Welt vor/ ist sie
Der Eingang, wenn sie
Das Auge schließt/ um es drüben
Zu öffnen?

+++

Sie erzählte, dass sie am Meeresstrand plötzlich ihren eigenen Schatten über den Sand habe fallen gesehen, ein Bild der Vergänglichkeit. Und daraus ist "Schatten" entstanden. Dieser auferstandene Grabstein mit dem Skelett:

WIEDERKEHR DER TOTEN mit einem blitzenden Licht
der schwarze Kopf, um uns zu zeigen, dass es eine verborgene schwarze Sonne gibt, die wir nicht sehen! Liebe ist von der anderen Seite hier / Ein-Leuchten berührt, was unser Herz wach macht - und wieder singt.

Das Auge blitzend in der Pupille
Licht in der Träne:

Schwarzer belgischer Marmor/ gerippt
Wie ein Pilz / wie ein Fächer
Schwarze Sonne, unsichtbarer Schmerz.

Die Träne aber fällt nicht,
fällt nicht, rinnt nach innen,
wie die Tränen der Heiligen, aus denen diese
Gotteswelt wird.


29.- September 2.Oktober 2009.
PARIS

Klar, Paris. Stimmen die Worte Hemingways, es sei ein „Fest“, und man bekomme da Lust zum Essen, Trinken, Schreiben und Lieben? Als er 1921 nach Paris kam, junger Amerikaner ohne einen Cent, war er und auch die beliebteste Stadt anders, als es der junge Emigrant aus dem roten Osten und Paris im Jahr der Studentenrevolte von 1968 war. Ich kam aus Luxemburg, hatte in Brüssel meine erste westliche Großstadt gesehen, war davon geschockt, kultur-geschockt, von Bukarest aus dem Securitateland kam ich! Und dieser Zustand ist es, der außer den Zeitschichten meiner Besuche, parallele Vergleiche, die Stadt anders, als diese millionenfache Beschreibung, in Milliarden Worten, gemalt, bedichtet, oder sogar mit Tränen und Nostalgie bedacht, wie mir eine Freundin sagte, dass sie immer weinen musste, wenn sie Paris verließ.

Doch auch das eine Frage: Kann diese glanzvolle, immer glanzvollere Stadt heute solches noch auslösen? Denn ich habe den Eindruck, dass Paris „damals“ 1968 noch bescheidener, zurückhaltender war als dieser fast unverschämte Reichtum, mit dem sie sie sich jetzt präsentiert. Hier die Summe der Welt nach 1989? Und ich weiß nicht, warum ich eigentlich vor Ort über den Ort, wo ich dort eben war, sei es der Louvre oder einfach nur die Metro, gehemmt war, über sie zu schreiben. Zu essen schon, weniger zu trinken, (weniger als in Italien!) und eigentlich auch kaum zu lieben in dieser Hektik. Hinderte mich auch L. daran? Oder das Ältergewordensein? 1968 war das anders gewesen. Da war es freilich auch die erste Erfahrung mit käuflicher Liebe: Pigalle. Das ordinärste flacheste Zentrum zog mich an. Doch auch das war weniger glanzvoll, fast nah und bescheiden privat. Ojah. Pigalle klingt noch nach in meinen Ohren!

Und freilich auch jetzt waren wir „dort“ gewesen, und sahen die Schmuddligkeit! L. wollte schnell weg, auch aus Sacre Coeur. Aus dem ganzen Viertel. Obwohl es doch einmal ein berühmtes Künstlerviertel ge-wesen war! Und wir fanden nicht einmal den Ort des kleinen Holzhäus-chens, wo 1900 die moderne Kunst geboren worden war wieder. Bateau Lavoir in der rue Ravignan, auf dem Platz Èmile-Goudeau. Ein Brand 1970 vernichtet das Häuschen. Picasso, Braque, und Gris arbeiteten hier. Picasso malte hier Desmoiselles d´Avignon, das den Kubismus einleitete. Max Jakob und Apollinaire revolutionierten die Poesie. Auf der rue Leptic 54 wohnte van Gogh mit seinem Bruder. Und hier liegt auch die letzte Mühle, die ihn und Renoir inspirierten. Moulin de la Galette. Wir sahen sie an und ich fotografierte sie auch.
Nur freilich: das Holzhäuschen war weg, unsichtbar, wie die moderne Kunst es wollte: unsichtbar sein als wirkliche Form, nur die Hintergrund-form wird sichtbar durch die Zerstörung der Sichtsbarkeit. Genua wie in der modernen Physik, die genau auch damals entstand: Planck 1901.



Vorher hatten wir die Sacre Coeur und auch den Place du Tertre gesehen und wurden dauernd von Zeichner angequatscht, die eine Karikatur zeich-nen wollten. Ich lehnte ab. Warum? War ich nicht die Karikatur meiner selbst?
Es wqar jetzt spät. L. wollte nicht ble98ben. Und, na ja, wir hatten beide H+ftbeschwerden. Eigentliczh wollten wir noch die Place Vendome sehen. Und es hätte sich sehr gelohnt, auch weil sich Paris in diese Richtung des Reichtums entwickelt hatte, also die berühmten Juweliergecshäfte (hatte Manolescu hier geraubt, Felix-Krull-Vorbl?) und der berühmteste Gold-schmidt auch. Ebenso das Hotel Riz, wo Marcel Proust einiges saiener „Suche nahc der verlorenenh Zeit“ gecshrieben hatte, Coco Chanel gewohnt hatte. Und da sieht man , was Prsonenkzult ist, der wu7nderbarste Platz wurde zur Zeit Ludwigs IV. nur antelegt, um einem Reiterstandbild des Angebers eine würdige Umebung zu schafen. Angelegt von Girardon., (1687-1720) Das Denkmal wöhrend der Revolution aber zerstört. Gut so? Schmucklos aber mit vielen Palästen. Nr. 15 Riz, nr. 12 das Haus wo Cho-pin starb. In der Mitte Erensäule für apoleon. Von hier aus der Rue de Paix mit ihren Luxusgeschäften. Einew der schönsten Pariser Straßen. Nr. 13 ist der Laden von Cartier.

Ich wollte alles „sehen“ und nachfühlen. Was in mir unsichtbar sich verbarg von früher!Was nicht gelang. Wir gingen anfangs am totalen Kontrast von Vendiome ,an Sexläden vorbei. Nichtmal eine Hure in den Nebenstrassen der hier zu sehn. Die Moulin Rouge wie ein Phantasma ein Klischee! Elend abstrakt alles. Ich filmte. Hier, bitte solch ein Bild:

Wie soll ich die Zeitschnitten schneiden? Von 68 hab ich keine Notizen mehr. Da wars so, dass ich auf dem Flughafen Orly in einer Telefonzelle mein Notizheft mit allen aufzeichnen liegen gelassen hatte. E war reiner Wahnsinn. Ich wurde nicht akzeptiert von der Fluggesellschaft, weil mein Ost-Pass nicht akzeptiert wurde. Und ich telefonierte mit Dr. Fehr von Inter Nationes, bat ihn, das in Ordnung zu bringen, was auch geschah. Aber der Notizblock war weg. Ich dann eben in Bonn nach 2 Stunden. Es war Nacht in Deutschland, Ende Oktober 1968.

Es ist eigentlich nicht viel zu sagen über meine Erlebnisse damals, sie sind auch merkwürdig abgeblasst, wohl weil es eine ganz andere Epoche war, das Vorvergangene sozusagen. Nichts mehr lässt sich nachvollziehen. Ich weiß nur, dass ich enorm viel zu Fuß ging, dass ich fast täglich im Louvre war, dass ich sonst in Nr. 11 (onze) nahe der Botschaft für 11 Franc in nr. onze kampierte, wahrscheinlich ein Secuhotel, dass ich einige male mit „Nr. onze“ aufgerufen wurde, wenn mich jemand suchte, anscheinend doch einige. Und dass ich von „Salam de Sibiu“, eine ganze Stange, und Rotwein (Vin rouge) lebte. Dass ich Nina Cassian traf, dass wir Celan sehen wollten, er aber schon in der Klapse war. Dass mir Paris eigentlich eher vertrauter war als heute. Dass ich mehrere Bekannte, auch einen Deutschen, der in Paris lebte, hatte. Dass mich eine französische Rumänischstudentin, mit deren österreichischen Freundin ich damals in Bukarest ein schönes Verhältnis hatte, mich mit dem Wagen ihres Vaters auf den Flughafen Orly brachte usw. Also doch Menschen wichtiger waren als die Stadt selbst.
Und auch das Pigalle-Erlebnis gehöt dazu:
Ebenso der Klang der Namen, die melancholisch stimmen. Auch „Pigalle“ Oder Champs Elysees. Welches war die Metro, die ich jetzt so sehr vor mir sehe… Das gibt es jetzt nicht mehr. Paris-Sentimentalität ausgetrieben…. Nur noh Gecshäfgt wetrdn damit gemacht. Jaja, ein ganz schönes Foto vor Sacere-Coeur , die Ziharminica spilte… Hier das Foto, der Ton?


Die Abreise freilich 2009, wo ich zu einem PEN-Kongress vom Goethein-stitut eingeladen worden war, verlief ruhiger. Wir fuhren von Pigalle über Montparnasse nach „Hause“, bezahlten das ziemlich elende Hotel Fred, vorher ein ebenso elendes Mittagessen in einer Bar „Entrecot“ sollte das sein, und fuhren mit einer Taxe nach Orly, ruhiges Einschecken und Flug dann. So viel Zeitverlust aber.

Wenn ich jetzt zurückblicke, bleibt Paris trotzdem ein Fest. Auch wenn der offizielle Auftritt eher jämmerlich war, trotz Einladungen von Goetheinsti-tut und Botschaft. Mein Lesen war verhallt. Buchverkauf null, außer einer jungen Frau, die unbedingt den „Capesius“ haben wollte, kein Interesse, geschweige denn von den Kollegen. Ich schenkte der jungen Frau „Landsehen“ mit Widmung. Da war aber noch ein Luxemburger Franzose, der gute Worte zur Lesung fand. Und mir tat es leid, dass ich nicht mit ihm den letzten Abend verbracht hatte, sondern mit dem Botschafter. Der Luxemburger sprach den ähnlichen moselfränkischen Dialekt.
Ich hatte in Paris nun eher Freunde verloren. Und weiß nicht warum.

Wenn ich zurückdenke, war auch die Ankunft so harmlos nach 22 Jahrehn: 1987 zum letzten al hier gewesen!

Damals war für mich die Conciergerie mit den Revolutionsterror der inte-ressanteste Paris-Teil gewesen. Wir gubgebn wider dorthin. Ich wollte ver-gleichen:


7.Oktober. Wie sich die Zeitschichten nun überschneiden wieder. Wie Paris weiter rückt. Ich überlege, was hatten wir und an qwelchem Tag gesehen:

Am 30. Bis 16.h.
Der Abend im Goetheinstitut, die Lesungen, Bis 7, Gabrielle und dann vom abwesenden Kunert und Fuinkelgruen Texte gelesen.
Dann Pause mit Getränken. Ich war sltsam aufgekratzt, obwohl ich eigent-lich lesen sollte, bis morgen warten muss.
Und dann die langweilige Runde mit Goödschmidt und Honigmann. Langweiloig privat-
Ich revoltierte redend. Das brachte mir: Du hast gestört wie ein Schulbub – ein. Von Nadine, der frechen Münchnerin.
Ab 10 dann Abendessen Einladung von Goethe. Zurüvck zum Hotel mit dem Taxi. Das war eine schöne Nahctfahrt durch historische Zentrum.

Am1. Vormittags Quartier Latin. Notre Dame. Vor allem aber die Conciergerie. Und der Vergleich mit 1987. (Siehe).
Dann zurück ins Hotel kurzer Mittagsschlaf. Und Vorbereitung zur Lesung heute.
Um 13. uhr mit GA und Nadine. 14 h Bibliothek National.


TURIN 
ES BEGINNT AUF DEUTSCH HIER,
Mein Freund, du bist Nah dran: Null dieser Anfang Denk sie immer als Weib und als Mann Doppelfigur wehes Sternbild Manchmal sogar im Paarreim Ist sie so weit und unerreichbar: Null.
Der Deutscheste ein Ich das sich nicht mag Gedichte lesend und verkostend Jüngste Erfahrung aus dem ehemals und immer weiter
geteilten Deutschland Der Deutschesten einer schmeck das Wort auf der geteilten Zunge Schmeck dich selbst das Beil im Kopf
Das auf dich zuhält
Wenn du die Hölderlinie verlässt
Richtung Alexanderplatz
in Fahrt bis Buna
weißt du wer du bist
außen nicht und innen ein Königskind
gewesen
die Erde ist viel zu tief
Bin hier noch zu leben
aus reiner Verachtung des Leibes
zu jedem Verbrechen ... unfähig
Widerstand in sich selbst zu leisten
Glaubst nicht dass es dich gibt
ein Phantom Lichtpunkt im All der sich weiß
wohnhaft im Turm der inneren Stimmen
Wahnsinn nicht wild
Nein: zu mild.  



Turin, 14.-17. Mai 2010
TURIN

17. Mai 2010 wieder „zuhause“.. Ein großer dreck dieses „Leben“ „zu Haus“. Anstatt schreiben und so „leben“, andauernd diese L. Haus, Garten, Boote, Kleidung, Fressen. In Turin sah ich aber, wohin ich gehöre, was mein Leben wäre. Ich wundere mich , dass Thomas Mann J. Wassermanns „Ch. Wahschaffen „vlesen kann, darüber schreiben, Korrespondenz, über die Judenfrage, Wassermanns „Mein Leben“ (1921, das mir Prof. Benini aus St. Gallen, den ich dort traf, dringed empfahl. Gab ihm u. seiner Faru Bücher. Versprach den Cape4sius zu schicken, soll er saie doch kaufen.
In T. Ponte di Pino und p: Nicolazzini: Wichtig, dass C. überall, auch in Frankreich kommt. Aber auch „Transsylwazhnien“- Garzanti bringt hin jetzt. Wagenbach zeigt interkesse.
Was war Turin? Die gutr Lewsusng am rumänischen Stand. 2 Fototermine. Die guten Aussagen zu C. der Vertriebsschefin. Vorher die Sindone am Vormittag mit V. Der wunderbare Eindruck der Kunststadt Tutrin. Bei der Lesung die Kollegen. Bruno. Mrco Cugno. Oliviero. Mihai vom icr.
Zu sehr ausgefüllt die Zeit durch V., di tüttlige alt Jumngfer. Und V. ist das richtiger Wort, auch wenn diese V. immer nur verschlossen blieb. Das gute Hotel zimmer. Einge schöne Berührujngsmomente., Haut, Nacken, ncht mal Mund aber, die ist ewig krank. Jetzt ein Eiterzahn. Antibiotica. Wohl das letzteemal. Nur ihr Einsatz noch für ADS tzählt. Lesungen in Schulen.

Turin/ du saubere Königstadt/ mit dem wunderbaren Platz/ / Weiter, weiter ins Turinische/ auch Nietzsche, der hier, genau in dieser Strasse wahnsinnig wurde/ aus Mitleid mit dem Droschkengaul. Ihn Umarmte, dann nicht mehr da./ Pegasus/ wer ist Pegasus?/ Gefährliche Krankheit Poesie. Aber daran denken/ dass auch der fiktive Christus// hier im Dom weilt/ als Röntgenbild.Die Stadt vibriert in ihrer schönsten Form der Palazzi/ alles ist Kunst. Bücher und Bilder. Sogar der Bahnhof ist ein Gotischer Palast. Piazza S. Carlo./ Nietzsche aber nicht mit Ecce Poeta/ sondern mit Ecce Homo im Herbst. Seine Glücksstadt/ wo er sich wie zu Hause fühlt. Aber schon größenwahnsinnig/ Briefe an Bismarck. An den Kaiser. Leidet unter der Unbekanntheit. Und meint: „Warum ich ein Schicksal bin“. Und will sein Werk vom Waghnerverleger zurückkaufen./ Wahn schon im Zulauf: meint, der Könifg und die Königin in seinem Zimmer zu besuch. Schmückt es. Di Familie Fino. Seine Vermieter berichten es. Am 27.Dezember 1888: Der Kutscher hatte das arme Pferd geschlagen. Auf der via Po/ begleitet von Polizisten und einer kreischenden Menge. Sah man ihn. Und schrieb dann Briefe an Freunde/ unterschrieben mit Nietzsche Caesar. Dionysos. Oder „Der Gekreuzigte“ unterschrieb. Auch an Cosimo Wagner. Es sind die Wahnsinnszettel.Und auf der Strasse:/ Ich bin Gott, ich habe mich so verkleidet,um mich den Menschen zu nähern. /Singt und tanzt nackt im Zimmer. Zerreisst Geldscheine. Dann ist Nietzsche/ ähnlich wie Hölderlin zehn Jahre in lebender Toter./ Irrenanstalt Basel. Dann Jena bei Binswanger. Dann in Naumburg/ Weingarten 18. Hirntumor? Syphilis? Und dann die Werkttragödie durch Elisabeth/ die Schwester in Naumburg/ mit ihrem uminterpretierten Nietzschearchiv./Dann „Villa Silberblick. Weimar. Noch drei Jahre/ Nietzsche vorgeführt wie ein Zirkuspferd. Er brüllt oder schweigt. In Röken im Schatten einer Kirche begraben. Aber die Schwerster sein Ruin: Wille zur Macht zur Hitlerei gut/ von ihr „gestiftet“. Turin also. Und seltsam: Hier auch das Grabtuch. Und Nietzsches Gott ist Tod. / Vile Volk. Alle wollen das Tuch sehen. Wir gehen durch den vorderen Eingang des Domes. Dem Altar zu./ Da ist es;/ Zweifel oder Glaube- längst ausgestanden. Der Zweifel ist wahr geworden. Kein Rätsel mehr. Denn das Tuch ist nicht echt.
Stammt aus dem 12. Jahrhundert./ Es heißt/ Lionardo habe diesen radiographischen Effekt auf Leinen erprobt. So das bärtige Gesicht eines älteren Mannes/ „schattenfotografiert“. Das sakrale Biolicht der Aura/ Körperausstrahlung/ Gotteshelle, sagen manche, sei es doch gewesen/ Christuslicht also/ Und war es sicher nicht. Doch wie schaffte Lionardo diesen Abdruck?/ Das Volk drängt sich, Gedankenblitz jetzt: ich sehe sie, Vater mit Sohn, Mutter mit Kind, alle mit leuchtenden Augen. Erhoben, meinen sie, sind sie HIER./ Schon in Viareggio. Der Bahnhof voll mit Menschen. Ganze Schulklassen. Es ist Samstag. Auch der Papst war schon hier. Schön dienlich das Grabtuch der Kirche. Da es alles so sichtbar. So tastbar. So nahe bringt den Christus. Der Christuskörper als Leinentuchaufnahme ist DA!/ Für mich ist es anders:/ im Dom von Florenz
Unter der Kuppel fühle ich den Strahl. Hier aber lässt der Zweifelbeweis/ kein Rätseldenken mehr aufkommen/ ins Hinüber und greifbare Transzendenz./ Ist es besser im Leben zu glauben? Da Nichts als bekannt/ angesehen werden kann: Täuschung der Augen?!

TURIN. GRABTUCH UND NIETZSCHE


14./17. Mai wieder „zuhause“.. Ein großer Dreck dieses „Leben“ „zu Haus“. Anstatt schreiben und so „leben“, andauernd diese L. Haus, Garten, Boote, Kleidung, Fressen. In Turin sah ich aber, wohin ich gehöre, was mein Leben wäre. Ich wundere mich , dass Thomas Mann J. Wassermanns „Ch. Wahnschaffe „lesen kann, darüber schreiben, Korrespondenz, über die Judenfrage, Wassermanns „Mein Leben“ (1921, das mir Prof. Benini aus St. Gallen, den ich dort traf, dringend empfahl. Gab ihm u. seiner Frau Bücher. Versprach den Capesius zu schicken, tat e3s nicht, soll er sie doch kaufen.
In T. Ponte di Pino und Nicolazzini: Wichtig, dass C. überall, auch in Frankreich kommt. Aber auch „Transsylwahnien“- Garzanti bringt ihn jetzt. Wagenbach zeigt Interesse.
Was war Turin? Die gute Lesung am rumänischen Stand. 2 Fototermine. Die guten Aussagen zu C. der Vertriebsschefin. Vorher die Sindone am Vormittag mit V. Der wunderbare Eindruck der Kunststadt Turin. Bei der Lesung die Kollegen. Bruno. Marco Cugno. Oliviero. Mihai vom icr.
Zu sehr ausgefüllt die Zeit durch V., die tüttlige alte Jungfer. Und V. ist das richtiger Wort, auch wenn diese V. immer nur verschlossen blieb. Das gute Hotelzimmer. Einige schöne Berührungsmomente, Haut, Nacken, nicht mal Mund… aber, die ist ewig krank. Jetzt ein Eiterzahn. Antibiotica. Wohl das letzte mal. Nur ihr Einsatz noch für ADS zählt. Lesungen in Schulen.
Turin/ du saubere Königstadt/ mit dem wunderbaren Platz/ / Weiter, weiter ins Turinische/ auch Nietzsche, der hier, genau in dieser Strasse wahnsinnig wurde/ aus Mitleid mit dem Droschkengaul. Ihn Umarmte, dann nicht mehr da war./ Pegasus/ wer ist Pegasus?/ Gefährliche Krankheit Poesie. Aber daran denken/ dass auch der fiktive Christus// hier im Dom weilt/ als Röntgenbild auf Leien .Die Stadt vibriert in ihrer schönsten Form der Palazzi/ alles ist Kunst. Bücher und Bilder. Sogar der Bahnhof ist ein Gotischer Palast. Piazza S. Carlo./ Nietzsche aber nicht mit Ecce Poeta/ sondern mit Ecce Homo im Herbst hier vergangen. Seine Glücksstadt/ wo er sich wie zu Hause fühlte. Aber schon größenwahnsinnig/ Briefe an Bismarck. An den Kaiser. Leidet unter der Unbekanntheit. Und meint: „Warum ich ein Schicksal bin“. Und will sein Werk vom Wagnerverleger zurückkaufen./ Wahn schon im Zulauf: meint, der König und die Königin seien in seinem Zimmer zu Besuch. Schmückt es. Die Familie Fino. Seine Vermieter berichten es. Am 27. Dezember 1888: Der Kutscher hatte das arme Pferd geschlagen. Auf der via Po/ begleitet von Polizisten und einer kreischenden Menge. Sah man ihn. Und schrieb dann Briefe an Freunde/ unterschrieben mit Nietzsche Caesar. Dionysos. Oder „Der Gekreuzigte“. Auch an Cosima Wagner. Es sind die Wahnsinnszettel. Und auf der Strasse:/ Ich bin Gott, ich habe mich so verkleidet, um mich den Menschen zu nähern. /Singt und tanzt nackt im Zimmer. Zerreisst Geldscheine. Dann ist Nietzsche/ ähnlich wie Hölderlin zehn Jahre ein lebender Toter./ Irrenanstalt Basel. Dann Jena bei Binswanger. Dann in Naumburg/ Weingarten 18. Hirntumor? Syphilis? Und dann die Werkstragödie durch Elisabeth/ die Schwester in Naumburg/ mit ihrem uminterpretierten Bruder in ihrem Nietzschearchiv./Dann „Villa Silberblick. Weimar. Noch drei Jahre/ Nietzsche vorgeführt wie ein Zirkuspferd. Er brüllt oder schweigt. In Röken im Schatten einer Kirche begraben. Aber die Schwerster ist sein Ruin: ihr „Wille zur Macht“, gibt es als sein Werk aus, ist zur Hitlerei gut/ von ihr „gestiftet“. Turin also. Und seltsam: Hier auch das Grabtuch. Und Nietzsches Gott ist Tod. / Viel Volk. Alle wollen das Tuch sehen. Wir gehen durch den vorderen Eingang des Domes zu ihm. Dem Altar zu./ Da ist es;/ Zweifel oder Glaube- längst ausgestanden. Der Zweifel ist wahr geworden. Kein Rätsel mehr. Denn das Tuch ist nicht echt. Es
Stammt aus dem 12. Jahrhundert./ Es heißt/ Lionardo habe diesen radiographischen Effekt auf Leinen erprobt. So das bärtige Gesicht eines älteren Mannes/ „schattenfotografiert“. Das sakrale Biolicht der Aura/ Körperausstrahlung/ Gotteshelle, sagen manche, sei es doch gewesen/ Christuslicht also/ Und dies war es sicher nicht./ Doch wie schaffte Lionardo diesen Abdruck?/ Das Volk drängt sich, Gedankenblitz jetzt: ich sehe sie, Vater mit Sohn, Mutter mit Kind, alle mit leuchtenden Augen./ Erhoben, meinen sie, sind sie HIER./ Schon in Viareggio. Der Bahnhof voll mit Menschen. Ganze Schulklassen. Es ist Samstag. Auch der Papst war schon hier./ Schön dienlich das Grabtuch der Kirche. Da es alles so sichtbar macht, was man glauben soll! So tastbar. So nahe bringt ihren Christus. Der Christuskörper als Leinentuchaufnahme ist DA!/ Für mich ist es anders:/ im Dom von Florenz
Unter der Kuppel fühle ich den Strahl. Hier aber lässt der Zweifelbeweis/ kein Rätseldenken mehr zu/ ins Hinüber und greifbare Transzendenz./ Ist es besser im Leben zu glauben? Da Nichts als bekannt/ angesehen werden kann: Täuschung der Augen?!

21. Mai. Anruf Susanne Weber/ Fleischer. Alte Schulkollegin. Die alte Schülerliebe/ sie kann von Simbach aus/ am Inn/ Hitlers GEBURTSHAUS IN BRAUNAU SEHN. ÜBER DEN BACH EIN STEG. NUR.

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