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Donnerstag, 27. September 2012



Dieter Schlesak


                           ALL TAG
             Erstaunte Augenblicke    

                                Tagebuchgedichte





VOR WORT


Es geht um All Tags Gedichte,  wie der Titel sagt, um den Versuch, Alltag, das wirklich Erlebte,  Profane zu sublimieren (All), in Immanenz und nicht im Überhöhen oder nur Erfinden, den versteckten Sinn mit den Mitteln des Gedichtes zu entdecken, zu enthüllen (Untertitel "Erstaunte Augenblicke").

Wobei durch Refrain und wederkehrende Spur das Lebensmuster aufgespürt werden soll, das es, so heißt es, in jedem Leben gibt. Und das sich erst im größeren Zusammenhang über die Jahre durch Aufmerksamkeit, aufmerksames Beobachten verstärkt. Und im Schreiben, im Tagebuchschreiben, mehr noch im Tagebuchgedicht, das viel strenger und tiefer ist, verstärkt sich der Tag mit Hilfe der Sprachweisheit.

 Dieses Tages- ja, Jahresbeobachtungsfenster wird mit wachsendem enger Umkreisen eines Kern-Verstehens immer durchsichtiger mit immer mehr Kontur und Eigenart, dann auch in der nur hier zu findenden Gedichtform, das vielleicht die deusche  Lyriksprache aus dem Persönlichsten bereichern kann.

Nach außen ergibt ja dieses Leben eines auch historischen Augenzeugen, der den roten Osten, den Westen, das Exil und als Kind die Nazizeit erlebt hat. Der aber auch heute zwischen drei Ländern und Kulturen, Italien, Deutschland und Rumänien lebt.



Dieter Schlesak ist in Transsylvanien geboren, er ist ein deutscher  Lyriker, Essayist, Romancier, Forscher, Publizist und Übersetzer. Er lebt seit  1973 in der Toskana und in Stuttgart. Er ist Mitglied des deutschen P.E.N.-Zentrums und des PEN-Zentrums deutschsprachiger Autoren im Ausland (London). 
Preise/Stipendien. Er hat viele Ehrungen und Preise erhalten. Zuletzt für das Gesamtwerk die Ehrengabe der Schillerstiftung/Weimar 2001. 2005: wurde er Dr. Phil. h.c.; 2007 erhielt er den Premio Umberto Saba, “Trieste Scritture di Frontiera”.und den Maria-Ensle-Preis der Baden-württembergischen Kulturstiftung.

Einige Kritikerstimmen:
Dieter Schlesak ist ein sinnierender, ein brütender Geist, der fortwährend über das Geheimnis unserer Existenz, über den, wie er sagt, "Abgrund dieser Gegenwart" sich beugt. In dieser Hinsicht ist er dem 1979 verstorbenen Ernst Meister verwandt. Das Erstaunliche dabei ist, die Kritik hat schon darauf hingewiesen, wie weit Dieter Schlesak thematisch und formal zurückgeht: Bis zur Barockzeit mit ihren metaphysischen Spekulationen. Diese Tradition kam dem Lyriker unserer Tage entgegen.Rudolf Hartung, Sender Freies Berlin
Indien ist nicht weit; Ihr geistiger Weg mußte zu einer Form der Mystik führen. Dennoch ist die äußere Welt auch da - von Siebenbürgen bis nach Mexiko; wobei immer im Hintergrund die Suche nach einer andern Wahrheit steht, einer tiefen Wahrheit, die der Geschichte entkommt oder sie überschreitet. E.M. Cioran, in einem Brief an den Autor
Vertiefung der Sprache zu An-Deutungen; Bilder als Spiegel innerer Vorgänge von Schau und Abwehr, von Versenkungen, ja, geistigen Andachten und Grenzahnungen, wo sich das Wort versagt. Die deutsche Sprache ist Schlesak Notbehelf im Geistigen. Seine Mystik, gespeist aus einem unmittelbaren Bezug zu uralt trächtigem Kulturboden -der Autor lebt zumeist in Italien - wendet sich in Auffächerungen unserer Identität zu. Inge Meidinger-Geise, Die Warte
Seit Goethes und Jean Pauls Zeiten gehört Schlesak zu den beeindruckendsten Traumerzählern.
Holger Jergius, Nürnberger Zeitung
Das "Aus-Land" ist freilich mehr als nur Chiffre für ein individuelles Außenseiterdasein. Letztlich meint sie eine existentielle Sackgasse: die Fremdheit des Menschen im ,,Gefängnis" seines Körpers und der Zeit, die angesichts des Massenvernichtungspotentials auf ihr Ende zutreibt. Was bleibt, sind tastende Ausgriffe in den Bezirk der Mystik. Hans-Rüdiger Schwab, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Die Ausführungen von Dieter Schlesak haben den Vorzug der Klarheit. Was bei Heiner Müller bisher dunkel "deutsches Verhängnis", "Kolonisation" oder "Überfremdung, bei Volker Braun locker "das nicht Nennenswerte" hieß und von Christa Wolf als "dunkle wilde Jagd" bedichtet wird ... was also zwischen Kreuzestod und altfränkischer Schicksalsrhetorik kaum hinreichend verständlich wurde (...) ist hier plötzlich deutlich." Iris Radisch, DIE ZEIT
Sein Ich ist sich des Zeitsprungs gewiss, sein Ich warnt den Leser vor allzu großen Erwartungen: Was wirklich wahr ist, gibt es noch nicht./ Und alles andere ist vergangen./ Die schnelle Geschwindigkeit dieses Tages/ setzt du auch morgen nicht zusammen. Die enge Verbindung von gegenwärtigem Geschehen, das das Bewusstsein noch nicht aufnehmen kann, und einer eben abgelaufenen Vergangenheit, die als Traumsequenz in eine Zukunft reicht, in welcher alles erst entwickelt wird, was im Präsens zu schnell vorüberjagt - ist der Übergang, in dem das Schlesaksche Ich stehengeblieben ist, um in der Fülle des Augenblicks seine vielschichtigen Beobachtungen machen zu können. Es wählt den quälenden Weg der Offenlegung von Wunden im Zeitbewusstsein am Ende des 20. Jahrhunderts.
Wolfgang Schlott, Kommune 2
In der italienischen und rumänischen Literaturkritik gilt Schlesak als einer der wichtigen Vertreter moderner deutscher Lyrik; ein Band von siebzig Gedichten mit Übersetzungen ist kürzlich in Pisa erschienen. Jenseits der Alpen hat Schlesak ein Echo gefunden, das man ihm auch in Deutschland wünscht.

Mit seinem Band "Herbst Zeit Lose. Liebesgedichte" schließt sich Schlesak an die Tradition einer Liebeslyrik an (…) - einer Lyrik, mit der wir Namen wie Catull und Horaz verbinden, die Liebesgenuss und -erfüllung preist. Sie begegnet uns auch in Goethes "Römischen Elegien", deren Titel in einer Handschrift noch "Erotica Romana" lautet… Ein an barocke Vergänglichkeitsklagen erinnernder Ton ist Signal: das Begehren nach dem Augenblicksbegehren verstummt; wahre Liebe will Ewigkeit. "Doch die Liebe ist Leben für immer", heißt der Sammeltitel für eine der Gedichtreihen.… die poetischen Bilder leiten uns unaufdringlich, aber unausweichlich zur Frage nach unserer Endlichkeit, kurz, dies ist ein großes Gedicht. 
Walter Hink, Frankfurter Allgemeine Zeitung
(Ein Gedicht wurde in die „Frankfurter Anthologie“ von Marcel-Reich Ranicki  Band 31 aufgenommen)

ALL Tag. Erstaunte Augenblicke. Tagebuchgedichte






                                           
            ALL TAG ALS LEBENSFORM







Nichts mehr soll sinnlos sein/ alles fürs Buch/ mitnehmen das Augen Licht: so auch Prana/ den Berg der Seele/ er beherrscht uns immer/ auch zu Hause./ Wo? Im Augen Blick Empfinden: Rund Blick./Wie das Meer/ die Träne Gottes.

Jetzt sehn wir von oben unsern Ort: Camaiore. Und gehen auf Partisanenwegen./ Bald dann Sant´Anna/ ein von Deutschen ausgelöschtes  Bergdorf./ Das im Gedächtnis/ blieb.
Waldweg. Steine. Tiere keine/  nur Kunsttiere aus Stein/ Adler/ Pferde/ Vögel/ Hunde und Engel.

Aber ein uralter Baumstamm. Knorrig./ Er hat ein Bärengesicht. Alt wie die Toten./ Die hier die Steine zu den Terrassen/ geschichtet haben./ Dazu ein Wegkreuz. Und INRI 1925. Oder eine Madonna aus Lourdes./ Ein Gefühl als Heiligtum. Überall also kathartische Zeichen. Das ist da/ um in der Natur zu glauben: Wo blickt Er uns an? Aus der Inselferne dort/ Gorgona, die Insel.








Mehr nicht, als diesen Augenblick
aufbauen, als ginge es ums Leben. Das geht.
Mehr nicht. Als diese Morgenwiese
lachhaft naiv die Augen sehen lassen
mit Freudentränen. Mehr nicht

als leben, jetzt.

So warte ich, die Sonne
scheint noch immer, und bricht
die Strahlen, nicht das Herz, den Satz.

Ich möchte leben,
nicht nur schreiben müssen, als wär es
ein Ersatz für diese Fahrt. 

Sie steht noch in den Sternen. Steht
und wartet.

Und doch, zu ihr gehört auch die Erinnerung, das Glück der Sinne: der Morgen ist/ taufrisch und jung, und wie als Kind die Lust zum Barfußgehen im Morgengras;/ Duft und Klang, es riecht nach Pinien und nach frischer Frühlingsluft,/ nach Berg und nach Kaminrauch.
 Langsam, alles ganz langsam tun,/ mit vielen Pausen
und ruhigen Atemzügen.



Bisher berauscht/ von dem was hier verging
 Kam mir  das Leben viel zu lange vor.
Wie diese Zeile, die verborgen zwar, jedoch
Nie stirbt
Kommt aus dem Nichts /der alte
Trank und bleibt:

So ungetrunken
Unverbraucht.

Vergilbt dies Blatt?

Jetzt blendet es mich/ müde
Und macht blind.
Was handfest ist
Und immer  näher kommt.

Sieh die Leute wie sie leben
Als lebten sie ewig.

Mensch! Welch ein ungedachtes Wort.
Uns erwartet der Tod.



Sagt ein Chinese der
ich nicht Bein genug hab
die Distanz von neuem
zu wahren

Kruder schreibt ihr was ist
Auf/ Bruder im Geiste schon himmelnd
"Memento Saecuritate" einer
der den Leu hat/ nicht Niembsch
ein Nein jetzt nachher: Banal Banat
wie du ausharrst geschlagener
Bruder und lebst ganz
verändert
aber noch DA

Und was vor dreissig Jahren schon
Einmal … Es war so
ein  roher Beginn der Märchen
den Kopf aller kosten
kann.








Wenn dann Entfernungen
zusammenbrechen
Summen der Bienen
wie Menschenstimmen
die Worte endlich sich
entkleiden
berührt die Nähe fern

Entfernter war es noch nie
das Maß setzt
nach dem Herzschlag
dein Wächter.

Du warst es schon immer steh auf
und geh - in der letzten
Entfernung/ dort wo
geheim dein Herz schlägt.

Und das Gesetz das du kennst
lass hier getrost zurück.

So bleibt die Zeile
scharf die du heimlich
gedacht
verwandelt in eine Blume
innen gewachsen
hinaus über den Schein
der das Leben ist.

Und kehrst getrost noch
heim und zurück.


Wär nur das Letzte, wäre das letzte
Endstück vom Brot die gute Molle
und ist längst aufgegessen, fort
der Geruch ist wie der Backofen kalt
und die Hexen gut nur für Aids.

Oder der eigene Tag für Tag
hässlicher das Erbe des Stammes
und die Früchte verbrannt.
Das Endstück heißt Scherzl
Du aber sagst Knust und gnadenlos Knust
Und nicht Kunst./ Das was es ist und Abfall
 ist essbar/ geworden.
Wär nur mein Ende so da
Endspiel ein Scherzl
zu Hause im Korn wie ein Ja
in Johannes Fünfzehn
umkehrbar Ja.



Schmerzstelle
Ackererde
und vergangen ein Loch
ist geblieben
das zerstörte Haus und das Dorf
am Ende ist
herzschwer ein Grund
der wir waren
Keine Großstadt es sei denn
das Graue der Arme Wintermantel
und lauter Staatsgeschäfte
Doch ich liebe dich Erde
lieb dich auch hier der Berg
gefeiert von gegenüber
sonnige Heimkehr drüben
du meine Alte Erde
Liebe ist Dauer
Gewohnheit ist sie
die sich erinnert
Schon an einer Fliege an
einem Fliegentag
erkenn ich dich wieder
du meine Erde




Verschwender sein/ groß
Zügig nicht achtend/ was sie
In dich gesetzt/ schon früh
Millionen Samenfäden/ dem Zufall zu-
Geschickt/ ihn aufzuhalten
Mit einem Kind.

Sacrificium als/ Erzeugung
Heiliger Dinge/ sich aufgeben. Sich verschwendend

Heroische Nutzlosigkeiten/ der Mut.


So habe ich mich verausgabt/ für Nichts
Das nie da sein wird/ weiter:
Nichts/ als ein Mund
Der vor Wut oder Schmerz/ im Vergeblichen
Aus der Lehm-Grube nur noch schreit.
*
Doch immer noch bin ich nicht/ darüber hinaus
Und ginge wieder nach Kreta/ nähme ich
Die beste Doppelaxt/ und erschlüge jenen/ der
Nicht sterben will/ sich auflehnt vor Wut
Vielleicht sogar in jener Höhle des Ida/ wo
Wir vor Jahren einmal hinabstiegen/ in
Den alten Lehm (läge er da)
Und ich schlüge zu/ aufgenommen sein
Gesicht/ aus dem Gras/ sähe ich in
Mein eigenes/ und wäre vielleicht endlich
Von diesem Mann/ dieser alten Krankheit
Frei.









Ein Traum hier aufgezeichnet die
Luftkunst Art. Worte/ in den Wind gehängt
Verse, Sprüche und Gedichte/ auf Leinen gezeichnet
Wort Taten von unten/ zu lesen: fliegende Sprache.

An 4: an 6: an 8 Ecken ist sie auf gespannt
Freude mit Freunden/ geteilt im Flug.

Meißen/ ein Literatur Festival/ schön
Wie weißes Porzellan.

2
Und Meike Baier fragt und leitet
Mich weiter zum Durchpulsen aller Bilder
Zur Baiergasse 49/ ins Gassenhaus/ die junge Mutter
Glücklich als ich den ersten Lichtstrahl sah.

Schrill das Sägegeräusch vom Hof/ gleich
Unter dem Fenster die Kleinbahn.
Ein Morgen erwacht/ der Hahn krähte damals noch
Nach mir.

28.April 2011




Mein Geburtshaus, das „Baruchhaus“ (18.Jhdt.)
in der Baiergasse 49





Und ich überlege, dass das eben erschienene „L´ Uomo senza radici“ (Der Mann ohne Wurzeln. Auf abgeschnittenen Wurzeln gehen) mein Mutter Buch ist/ von Geburt. Erzählerin war sie, Weltgeberin war sie. Ihr Tod, dann war der Lebenschock.






IN ALLER HERRGOTTSFRÜH
Traumgedicht

L. sah von Anfang meinen Satz. Sie fand ihn
Gut. Hoch kam darin Vergehen vor
Im Zwischenraum
Mit allen Lebensgesten

Ein Ich wird weggeträumt.

Celan und Pastior wie zwischenheidnisch
Alles geschrieben/ zugleich
Gestrichen. Sic et non…
Ein hoch gestrichenes C.
Gesetzt und  Aus gelöscht.
Leben und Tod.

Der Satz
Ist die Gefühlstat: Fuge?
 Refrain?

Wiederholt jede Nacht
den Tod.





Bessere Orts Poesie, wo ich lebe
Finde ich Camaiore klingend
Mein Tal mit Buonarotti, Shelley, Rilke,
Montale und Carducci

Das Krebslein, das ich eben gegessen habe
Im Restaurant „Dogana“… aus seiner Schale geholt
Sieht mich mit winzigen Punkt Augen an/  und ich seh
Den langen Hohlgang/ eine Ausstellung: 
Gequälte Tiere/ die wir gedankenlos  essen.
Als wär es Nichts.


Was schrieb ich ab/ zum Ort: wie andere
Ihn fühlten?

Montale etwa in Monterosso/ nein glücklich war er/
            Nie: Osservare tra frondi il palpitare
                               lontano di scaglie di mare,
                               mentre si levano tremoli scricchi
                               di cicale dai calvi picchi.

                              E andando nel sole che abbaglia
                              sentire con triste meraviglia
                              com'è tutta la vita e il suo travaglio
                              in questo seguitare una muraglia
                              che ha in cima cocci aguzzi di bottiglia.
                              Die armen elenden Kreaturen/ von der Sonne gebrannt.
                              Oder D´Annunzio/ auf weißem Schimmel in Viareggio
                              In den Wellen am Strand galoppierend. 
                              Und Shelley ersoffen und dann verbrannt!




D´ Annunzio, der Faschist auch in Fiume.


                 




DANN BRIEF- UND ALLTAGS-GEDICHTE
Und Liebe ist kein Versehen






                26.4. 11.  Fünf Uhr Früh

1
Poesie ist wissend
gewusster Sinn, unsichtbar, besser ungeschrieben.
Ist anders als dich 
im Satz zu sehen:

Punkt für Punkt geblendete  Dauer.

Und ab gesehen vom Tag 
Ein schönes Plagiat,
Ist Streichen wichtiger als der Tag.

Ein hoch gestrichenes C.
Reicht Es gestrichen?
Sieh, wie Träume dich richten.

Nur Musik muss sein.
Und  Ich zwischen Internets Menschheits Geschichte
Und Leben im Apennin.

Abends in den Schluchten des Gran Canyons
Im Film.

Behauen morgens um fünf dann Strukturen.
So schaut dich das Wort
Gefüge an

Wie ein Bildhauer
Von  einem Block Marmor
Gerichtet.

2
Nichts, Nichts
als die  Schnecke
Jahrmilliarden im Stein.

Streichend gesehen
auf dem flimmernden Bildschirm
Schwarz auf Weiß im Kommen
Dein Ich gerichtet.

Und heute ein
Anders beginnender Morgen.
Sechs Uhr dreizehn
Auch das schon vergangen/ vernichtet.
         
Wie geht es Dir und den
 Siebenbürgen-Erinnerungen:/ dort mit Blick auf Braunau/ nur über den Bach. Da hast du den Ort, der uns erklärt/ warum wir weit im Aus-Land leben… nur über den Bach, so nah können die Orte sein.

Die Toten wollen uns jetzt grüßen
sie haben den Tunnel
durchschwommen

sie haben Kurs auf einen Kreis genommen
aus Licht ein Gesicht
das  ihnen 
entgegengekommen

Sie kannten sich
und wussten sich schon
da war ein Gedanke
wie Vater und Sohn
es war eine Flamme
die schlanke

Es war eine Flamme
die hob
sie dann  hoch
sie sahn nicht zurück
zurück blieb ein Loch
ein Loch in der Erde.






Du musst dich wundern/ die Lebenskürze zwingt mich/ auch hier mit Meeresblick/ und ins abgrundtiefe Weiß meiner Schreibtafel/ die auch Boden Los/ keine Grenzen kennt, Schreiben in Sinn zu verwandeln. Nicht nur banale Briefe zu schreiben./ Und das Schreiben an Dich/ hat den Abgrund der Zeit: in sich.

So will ich wie du/ Schreiben mit allem verbinden: jetzt auch in Gedichtbriefen/ heute an dich.

Sinnzusammenhänge: wie du sie bietest 

Mein Lebensbericht ist magerer/ älter. Unumkehrbarer. Im Garten lauter Gras.
Es ist alles DA. Sogar Zürich im Beutel/ Gold aus Büchern: wie SCHÖN.

Drei Länder/ vier Häuser. Und ein schönes/ Segelboot: die Dame Frasquita aus dem Ärmelkanal.
Alles alt. Und mein Leben ist so gar nicht mein GUT.
Die Geliebte in Indien/ und nicht nebenan. Und sehn werde ich sie wohl/
niemals wieder.

Es gibt nichts zu trauern/ weil ich
nichts mehr/ verlieren kann. Vor
lauter Zeitnot/ die Kraft die die Jahre geben: verfloss
im Gottesstrom/ der sie mir gab/ verloren.
Die Zeit drängt
zum einzigen Boden vor dem Tod.

Nein nicht die kleine Dea/ die Göttin der Hunde
suchen/ wo die begraben werden kann
und sie täglich streicheln mit Händen und Sinnen
weil sie schön ist: wie alles im Hier: Azaleen und Magnolien
Zitronen und Orangen/ die Vögel um vier
gekrönt der Wiedehopf/ und der Nachtschmetterling
mitternachts auf dem Papier/ Schusterpupu und Eidechse
auf dem alten Klostertisch/ ein Ja meinem Schreibtisch
für immer. Ach, ich vergaß/ Romeo den Kater/ der mit mir
jeden Morgen um acht meditiert/ und dann beim Schreiben mit hilft
Am besten kann er das Z. Ganze Z-ZEILEN verbunden
mit dem A. / Du ahnst: er schreibt den Anfang zum Ende.





Nein. Es ist nicht alles 

Was wäre es sonst
wenn nicht meine eigne Halluzination.
Hier auf der Zeile nochmal verdichtet/ also gerettet

Dem Herrgott des Alphabets sei Dank
der dies hier zurückließ/ als er verschwand!
Kleines Gnadengeschenk/ für uns Sinnhungrige noch
am Leben./ Mehr noch/  wenn der einfällt/ heute passierte es mir
morgens um vier. Plötzlich wieder die leichte Hand:
wie die wissenden Hebräer/ die in ihrem Alphabet
eine Hand im Kopf als Zeichen erfanden!
 Und ich schreibe es Dir auf/ was da heute Nacht HIER ankam:
Traum/ mit Habermas in einem dunklen Gedankenhaus
dass die Gedanken frei sind und fließen müssen.

Sein Können unaufhörlich seinem
Anfang zu.
 Nichts will er/ sich zumuten/ außer
sich selbst will er gelenkt sein/ zu erzählen
kommt er auf den Hund/ wo der
begraben ist. / Nur wenn du schwimmst
erreichst du/ ein fernes Ufer.

Was aber ist alles begraben/ in uns.
Bevor ich gehe/ soll es ein Schlüssel sein
vom Träumen/ dass wir leben.





Denken an K.
Am 6. und 7., und 10. und 11,12. Juli 2010

Leichte  Hand/ Laut Land im Verborgenen. Aber die Phan Ta Sie/ täglich zu dir und mit dir. Und jede Nacht auch/ bin ich bei dir/ und auf dem  Markt Platz Transsylwahnia/ mit der schlagenden Stundturm Uhr/ zu Hause…/ Ja, weißt du noch/ dort: wollten wir doch durch den Glocken Klang laufen/ aushebeln die Uhr mit KD/ durch die Gassen/ umarmt und heulend. Nein, das war genau vor  meinem Geburtshaus: Baiergasse neunundvierzig: das heulende Paar!/ Oh,  Wiederfinden zu Hause?/ das Kind in mir erwacht und lacht/  mich Aus/ dein Mutzendorf … Hast du nicht Drei. Ich bin doch pflege leicht. Gibs zu.

So auch dies Leichte Hand Brief Gedicht für dich./ Sogar ohne Adresse. Und nur in den Äther, ins Blaue gejagt: Du,  meine Zwischenschaftlerin nun/ Mutter-Gelehrte/ Spiel Künstlerin/ mit deinen selbst geschaffenen/ vier in der Welt/ erwachenden Augen: Haus Frau der Liebe. Und zwischen allen Kontinenten/ wie ich nun: im Kein Ort Nirgends zu Hause.
Wie gut sich das trifft / Zweimal Null ist unendlich viel/ da fällst du wie im Traum/ in eine Heilige Acht.

So kommt aus der Ferne einer in deine Ferne/ einer, der bietet dir an/ unkündbar
Einen Platz. In seinem stürmisch bewegten Herzen/ das schlägt und schlägt und schlägt den Tod tot/ Nun etwas ruhiger geworden/ doch niemals auch/ als Herztier ganz still/ des Teufels Küche./ Geständnisse und Bekehrungen kamen/ war das in einem Kloster?

Wir ruderten die Moldau hinauf/ den Rhein und vor allem die Mosel
Mit unseren Gesprächen.

Was soll ich von mir noch erzählen./ Dass es hier heiß ist. Dass ich an einem Gedichtband schreibe./ Und einer erscheint, der heißt wie du weißt: Der Tod ist nicht bei Trost./ Und das ist wahr./ Und dass wir mit L. und mit der kleinen Dea/ stammt aus Oahaca/Mexico/  am 18. mit dem Boot/ ins Blaue: nach Elba segeln/ Fest an einer Boje/ für  Meertage/ die du doch kennst./ Lang her: Als ich dich anrief/ nachts aus dem Beiboot/ und einmal sogar in voller Fahrt am Bug/ unter einer Plane./ Das war Richtung Capraia vor acht Jahren.
Ach, aber vorher kommt mein Freund Tom hierher in mein Schreibzimmer/ der übersetzt mit viel Spaß den Roman/ über unsre Heulstadt S. und heißt: Transsylwahnia. Sogar für den großen Garzanti. Milano. Im September geht’s zum Großfest Literatur nach Mantua mit diesem Buch/ und dem Mörder Capesius. Der ja als Buch diesen Anklang fand:
Seine Apotheke „Zur Krone“


Du siehst: so ists: du mit den Kindern. Ich ganz zum Buch geworden. Viele inzwischen. Die ich wie meine Kinder sehe. Und muss für sie sorgen! Und bevor ich’s vergess: Am 8. November geht’s nach Bukarest. Grausliges Forschen: Securitateakten/ für ein Securitate-Buch./ Ich als Erzähler meines Lebens.   

Und hier unsere Synagoge

 





Ja, Bach in S-Dur am träumenden Zielort
Augenlos, heißt es sprich: Fülle
schnall dein Ich ab,
auch die Füße und knapp diese Silbe
am Wasser, idyllisch, der Blick
ohne Augen und die Lippen los
aus der Sprache gefallen, dort, fremd
kommen die Leute und sehen dich an,
und sehen durch dich hindurch
wie durch Glas - du bist wie tot
und unter die Geister gegangen.

Fängt jetzt unter dem blühenden Apfelbaum
reif/ es vergeht schon:
zitternd ein neues Jetzt an.
Denn der Punkt - schau in das
schwindelerregende Loch eines ... Ziels
und es rivalisiert/ eine ganz kleine Wunde
mit der Sonne.
(18.3.92/ 18.7.95)

1996.DAS IST Bewusstsein
macht doch Feige aus uns allen
Nichts was sonst halten könnte:
nur die Angst
wenn ich  hinab  in diese Grube sehe
hat dieses Loch zwei Seiten
eine in die Himmelszeit?

Was soll ich mit der Ewigkeit
sie dauert  mit mir
nur dass ich werde
doch wär ich nicht
wär sie viel reiner schon
sie hängt an einem Faden

mit einem Groschenmesser
abzuschneiden
hängt alles nur an mir.

Doch schon das Messer
und mein Wille
gehören
bevor Bewusstsein zugerechnet wird
nicht mir und wird in tiefster Dunkelheit
nur meinem Auge angetan



                                         MEINE MEERE




Wie die Schwelle trennt die Reise uns vom Alltag, vom Selbstverständlichen, ja ist ein Zustand im „Tapetenwechsel“, der Abenteuer, der aber auch  Schock sein kann.


... und wohin man jetzt jettet
mit der Vermehrung der Nullen
                auf den Schweizer Konten
stimmen sie ein ins vertrauliche
                                     Gemauschel
über Kitzbühl, St. Moritz und
                     Lagerfeld
denn das ist ihre Welt
und sonst gar nichts


DAS BOOT. Überfahrt. Die etruskische Küste hinab,  nachts bis Populonia. Hier sah  ich sie, die ersten Münzen der Gegend/ im Golf von Baratti in der etruskischen Nekropole: Drachmen.
Und im Bergnest  Populonia/ das Museum mit dem Tränenkrüglein und dem phallischen Grabstein/, das Ei dazu der Frau: Tod und Leben. Und der Totenkopf eines Zwölfjährigen/. Langher. Langher? Beim Hinabsteigen langsam zum Golf, Rundblick bis nach Elba: da sehe ich Kinder, die mit Wildschweinen spielen!
.
 Das Reale ist hart/ fordernd, das Schiff unter dir, jede Sekunde Zeiteneinheit/ spürbar die Mühe, über deinen Kopf hinweg; das Meer schäumt, dazu etwas Fades/, Langeweile , Enge des Körpers, den du gegen die Elemente verteidigst.

 Die Gedanken wie festgebunden an Ankerketten, Tauwerk und manchmal ans Ruder /. Hart war die Arbeit früher.  Es bleibt das Meer. Die starke Welle der Zukunft. Die kreist / stark ist die See in uns. Und grausam. Der Geruch von Teer. Das Schlagen des Falls/ verdeutlicht die Sekunde/ der Angst. Keine Zeit bleibt zum Atem holen am 22 bis 29.Juli 1981.




Und auch andere Abenteuer/ die muss ich mit Versen ver sehen/les ich an Bord:/ Fratrasien etwa aus Arras/ 13. Jhdt. Zum 11.11.11 Uhr 11./ Die hätte Ossi/ der das Tod Sein nicht mag/ oder für verrückt hält: gefallen/ dieser Unsinn/ der alles aus ein ander nimmt/ der schöne doch wahre Blödsinn/ Oxymorons: als: scharfsinnig – dumm verschränkt und verschraubt: den Eier Kuchen der Welt/ also kosmisch/ dichtend mit jener Stimme: im Schlaf. Ralph Dutli machts nun bei Ahrendt./ Der mich leider verschmäht. (Vielleicht sollte ich ihm aber meine Briefgedichte/ schicken? Er könnte ja eine Auswahl bringen).

So kenne ich  also inzwischen (fast) alle/ sie waren auch in meinem Haus/ wie der vergrimmte Treichel/ der mit schlechten Gedichten ankam/ las/ ich aber „wegschmeißen, wegschmeißen“ rief./ Reich-Ranicki nahm sie aber/ auf und so kam der ins An Sehen./ Egget nun großartig über Mascha Kaléko in der Zeitung FAZ. Und ich würde es auch gern veräppeln/ ums zu bedenken: was er Liebesernst nahm:

 Und schönes Reim-Dich-oder ich fress-dich/ und ich denk an meine Großmutter/ auch wenn Mascha nur so alt ist wie mein Vater: „Als ich zum ersten Male starb/ - ich weiss noch, wie es war./ Ich starb so ganz für mich und still,/ das war zu Hamburg im April,/ und ich war achtzehn Jahr.“ Verliebt also/ Madamchen lieb,/ das ist ja wunderschön./ Du starbst so ganz für dich  und still/ und führst uns „wunderschön“ in deinen April./ Warst achtzehn/ Herz am Grill./ Das Reimen ist so schön und blöd/ diktiert uns/ was es will./ Gedanken sind dann/ nicht mehr frei/ verdummen uns im Klang./ Ein bisschen noch ganz ungereimt/ im Zwischenraum geatmet/ Es kann so weitergehn im Slang/ Die Ewigkeit ist lang/ so lang/ und fertig ist ihr Stil/ verkannt,/ banal wird fertig sie/ gereimt, / und alles ist bekannt.

Sonntag, 18. Juli 2010. Viareggio noch immer / dies Nacht im Hafen. Was lohnt sich zu behalten: diesen Tag/ und jetzt/ wo ich dies schreibe: 18.7. elf Uhr zehn. / Unwichtig, dass ich eben L. vorlas aus diesem Heft/ und auch Platens Kitschgedicht über Palmaria./ Nichts ist zu zitieren daraus, so platt ist es, sogar die Sehnsucht kindisch. „Ergießungen“, sogar als eine Art Tagebuchlyrik, einer unkritischen und auch unbewussten deutschen Kulturseele./ Mein Zustand ist Ungenügen. Auch nachts/ mehrfach erwacht. Erschrocken: wie wenig bewusst und gelebt, aus-gelebt den Moment, der nie mehr wiederkehrt! Ungenutzt vergeht. Allein sein Leben wird durch den Verstärker/ Satz ins Ewige, zumindest Poetische gebracht./ Mehrfach gleich auch mit Schnitten und Montagen/  erleichtern das Schuldgefühl/ ja, machen augenblicksweise: glücklich.

 Kühler Wind in der Nacht aus Nordost, kühl von den Bergen./ Schließe die Luken./ Morgens mit Dea. Dann Unsägliches, Banales: Die rote Boje von Algen und Muscheln gereinigt.  Das Boot gewaschen. Gasflaschen gewechselt, dabei ein Schnitt in das rechte Fingergelenk – Mittelfinger. Fleischwunde. Starke Blutung. Es  ist der Schreibfinger. Pflaster. Er wird ja wegen der dauernden Finger- und Schreibbewegung nie heilen. Welch ein Symbol!  Hätte ich diese Zusammen-Fügung nicht geschrieben,  wäre es eine banale, aber schmerzhafte Wunde geblieben. Und nur ärgerlich.

 Seefunk beim Frühstück gehört. Mail „Chiave“ kontrolliert/ immer noch nicht: aktiviert. Ärger. Tutto e sofferto bei dir, sagt L. Dann geht L. mit Dea Fisch kaufen von den eben zurückgekehrten Fischern.  Einsamkeitsantrieb des Sommers. Ich suche auf dem Laptop die Traumfrau auf der Schwelle nackt in Berlin, und sie erscheint  pikant auf den Display. Nein, sie hat mich gesucht. Seltsamer sinnvoller Zufall. Und  mit ihr  nun in der Kabine der Selbstsex. Er gehört zum Sommerflimmern. Fruchtig. Ein Aufgehn des Samens im Hirn. L. ist genau nach dem Orgasmus wieder da./ Sie ist müde, liest Repubblica neben meinem Schreiben hier. Alte Männer in Seglerhosen gehen vorbei. Grüßen./ Ich zeige ihr die Montale-Monografie. Wir fahren ja in seine Gegend: Cinque Terre Monterosso. Auch er hat sich mit Shelley und seinem Seetod beschäftigt. Ich sehe seine Bucht bei Lerici mit der Villa Magnagni und Byrons Schiff „Don Juan“ vor Anker auf einem Stich in Trewelins Buch. Viele Fotos. Welch ein anderes eben: zwanziger und dreißiger Jahre der Ruhe im Faschismus und mit Hitler – bis….
Entscheide mich, die Komposition dieses Buches von TBlyrik lieber auf dem Papier zusammenzusetzen als Collage.
x
Bei Paul Austers neuem Roman nachsehen. Auch für Securitate, wenn ich überhaupt noch die Kraft hab, mein Ich distanzieren: auch hier Ich, Du er einsetzen.  Die Distanz ist wichtig.






STRAND

Welcher Strand an dem 
Denken wäre
aufgelöst zu Tränen.

Im erinnerten Hof. Such dir deinen Hof aus, reit hier im Worthof, nein: Kein Pferd, ein Hologramm, das blieb.

Die Bleibe also für die Nacht?
Herz, so gereimt ein wenig und
zurückgedacht.

Na endlich  aus dem Gedanken geschüttelt. Oh,
wie arm ist mir am Abend. Hämmer auf dem Polster,
Steigbügel im Ohr.

Papiere, mit denen wir verschwanden.
Was hier am Strand ist, nicht mehr hier.
Treibholz nature und tote kleine Tiere, Rauschen dazu,
fast ewig; grau. Und auch vier Hunde mit der roten
Zunge flammenähnlich; Pfingsten.

Kein Kreuz mehr, nur die  Welle,
das Meer touristisch fein gemacht. Geist sprüht
im Whiskyglas. Das Weiße Rauschen und dazwischen wir.

Im Sand  die nackte Puppe Gestern,
verwest. Ohne Hand und Fuß, und ohne Hirn,
sie weiß doch nichts, und ihr Gedächtnis
ist schön stumm. 





6. August 2010.  Die Fülle des Tages, ja/ der Sekunden/ zu groß/ um hier einzugehen. Dazu das Lesen/ dann Mails/ ein großes Tor. Heute Senkowskis Vortrag über den Zufall. Schon 2002/4, im letzten Heft der Transkommunikation./ Dort zitierte er mich/ als Motto./ Viele Kommentare. Auch im Hamburger Abendblatt: Physiker Ernst Senkowski glaubt an ein Überleben des Todes./  Freundschaft mit ihm. „Brüderchen“ nannten wir uns/ überzeugt, dass wir uns schon aus einem anderen Leben kannten. Als ich ihn zum ersten Mal sah/ ein irritierendes
Déjà-vu in Mailand.

Aber das „Leben“/ vor einer Stunde ging eine Traumfrau./ Dieses Zimmer/ dieser Schreibtisch. Sie saß auf dem Schreibtisch/ ihre V vor mir/ meine Zunge sprach tiefer und tiefer mit ihr/ und ich schmeckte ihren Lebenssaft./ Sie kniete am Boden dann/ ich auf dem Sessel. Nackt. Und sie sprach mit dem Mund/ zwischen ihren Lippen/ mein Pflanzer./ Das war noch nie/ - nur in der Vorstellung. Warum diese enorme Erregung./ Warum diese Abenteuer?/ Es geht ja um die nächste Generation/ in uns. Auch wenn nur Geister Kinder möglich sind. Die Ekstase beleibt. Der Schwere Atem.

7.August 10. Ein  Geburtstag ist Erinnerung/ auch der Gegenwart/ verstärkt durch Liebe/ Nachts um zwei Aufschrecken/ etwas Mond/ und den Blick auf den klaren Himmel/ über dem Pedone die Kassiopeia/  und am Gabberi hing oder fuhr/ der Große Wagen/ das Meer glänzte nach/ und licht die Zahl 76. Was bedeutet sie: meine Geburtstagszahl/ oder bleibend meine Yogazahl: 1976.

Schlafmittel/ dann Tiefschlaf./ Und um sieben sprang ich aus dem Bett/ der Tag sollte beginnen/ mit der Traumfrau/ geträumt/ um halbacht.

 Ja, Waschen, Duschen. Zähneputzen/ zum erstenmal in diesem Neuen Jahr?/ aber ists nicht jeden Tag so: und noch nie gewesen/ auch der Blick in die Bäume und die Reben/ die Anteil nehmen. Ganz gewiss. Im Wort  hier jedenfalls. Ob sie es wissen? Oder nicht.


Sie, so geträumt: im Wagen/ unten auf dem Parkplatz mit aufgeblendetem Licht zur Begrüßung. Und ich ging voraus/ und sie kam/ mit dem Geburtstags Tisch/ zwei Bajariesen/ ein Kerzchen/ und ein runder Kuchen/ wie ein Kuss. Meine Glockenblume dazu/ blau läutete sie uns ein.

Mit einem Kuss der Abschied/ und die winkende Hand/ so fuhr sie davon. Wer weiß/ ob je wieder.

Nur im Mich-Verlieren-Können bin ich da/ und Mut dahinter/ wenn sich nichts mehr zeigt/ das was durch mich geht/ im Auge zu Hause/ und hier im Hafen die Schiffe/ Namen "Va" oder "Morjen" II/ Akroasis und Shelley zu lesen/ die Turm-Uhr in Calvi schlägt. / Nichts gilt als jeder Verlust/ der Trübung/ durch mich/ Name/ Adresse/ Beruf. (Glockenläuten)/ als wäre es zu Hause sieben Uhr!) Und ein Warten auf den noch größeren Namen. / Bekanntheitsgrad. / Die verfluchte Seuche/ kein Wiedererkennen ist gut./ Es schließt den Kreis/ der Haut zur Zelle.
*
Ernährst du hier/ zeilenweise "Weltzeit"?/ Sprache opfert dich/ und du machst es nicht/ wieder gut/ da der Baum in deinem Ohr/ das Auge streift/ ihn/ leicht im Menschen: die Eins./ Der Rahmen dieser Logik/ der sich Formeln antut/ ist zerbrochen.
*
Zur Probe/ dass du es wagen kannst/ warfst du den Kunststoffbecher mit Marinezeichen (blau) ins Meer/  ein später Taucher zog in seiner roten Maske/ unter Wasser wie ein großer Fisch vorbei.           


25.August 2010 auf dem Boot, sotto Palmaria. Und JETZT (immer dieses Jetzt!)/ und nur Schreiben hält mich und Lesen am Leben./ Wie schnell vergessen ist auch das Abendessen bei Lorena/ jetzt nur der Blick hinüber/ neben uns das „Wasserschiff“/ ein Militärschiff  A5359. Grau. Und heute der 25.August, seit gestern sind wir erst hier: die Überseglung mit Frasquita hierher. Und gestern ein Glücksabend der Schönheit. Und lese „jetzt“ wieder im Tb 85. Und finde schon dort/ dieses Erstaunen und Zitate aus dem Tagebuch 72/ Süditalienreise damals und Dezember 85 (4.-7.) auf der Flucht vor dem „Dritten.“/ Dem Rivalen. Und müsste nur schreiben und schreiben/ aber nicht mit der Hand. Sondern/ in den PC. Alles ins Netz stellen? Dass andere gleich mitlesen?/ So viel. Zu viel./

Die Träume: Streit mit den Eltern in der BAYERGASSKÜCHE: Hatten 500 l Wein meiner Schwester Inge geschenkt./ Und ich bekam keinen Tropfen. Hatte Durst./ Und alles gab es schon 1985 als Tagebuch-Lyrik. Las ein Gedicht von Hartung/  mein Gott,  keine Namen mehr/ als Einfall. Nur Kopfleere.
Hartung: Erinnerung an Inger Christensen. Sommervögel sah man die gaukelten/ über einem heißen Tal/ Sommervögel oder Totenvögel/ Ihr Alphabet ging bis N/ Dann würden die Worte weiterwuchern/ als Zellen oder Zeilen/ ins Weiß/ das die ewige Fülle ist.









Der  Tag: Heute. Auch der schon vergangen. An was vergeh auch ich mich. Am Sein durch Nichtsein? Lass die Gedanken fließen. Halt sie an. Wie die Sekunde. Die Stunde. Den Tag. Frühmorgens zwischen vier und sieben/ plan ich den Tag./ Mein Leser, nimm sie dir, wie ich: die Freiheit des Nichtlesens! Ein Aphorismus. Ein sprachgemeisselter Satz. Steht. Allein. Für sich. So meißle ich und meißle. Auch hier. Banales. Das rausfällt. Weg zu hauen. Nur Punkte. Punkte. Reichen nie. Aus. Nicht mal ins Nie.






Ist dieses nun endlich das Heute? 20.April 2011. Beginn des Tagebuchvorhabens, Im Tb-Notes. Und hatte vor, alles auch im Blog zu veröffentlichen, dann fiele aber vieles weg durch Selbstzensur. Doch möchte ich mit dem Tb leben, schreibleben, nur noch so, mich am Leben erhalten können. Um die Identität zu wahren, muss ich immer den Dr. Titel nennen, wie vor mir her tragen wider meinen alten Minderwertigkeitskomplex, der ich jetzt ganz beherrscht - bis hin zum Verschwinden.

Todesmomente, wenn es so weit ist, diktieren; auch Liebesekstasen aufschreiben, alles was menschlich ist, beobachten, um beizutragen zum Bild von der Gattung Mensch, Das von mir Gehasste, das  Banale ebenso; und dadurch einen Zusammenhangssinn geben können. Mein eigener Lebensarchivar.

Ob das möglich ist, andauernd den Pc mitzuschleppen? Ich habe es sogar im Bett heute versucht. Und sehe, dass er keine Buchstaben frisst, also besser läuft als der große Tisch-PC!
Und müsste versuchen, das Banalste Fest zu halten! Und nicht nur zu archivieren wie bisher! Und doch wäre es ideal, zugleich auch die spontanen Erinnerungen einzubringen. Jetzt blitzte mir die Höhle in Portovenere auf, die ich beschrieben hatte, was aber verloren ging.


21.April 11. Donnerstag. Traum wieder. Diesmal von einem Lager, ich sollte Wasserflaschen  bringen, die den Armen gegeben werden sollten, bevor sie starben. Und ich wurde von jungen starken Häftlingen deshalb umzingelt und bedroht.
Was war heute, jetzt um 18h im Rückblick? Anrufe von Gabriela, der Rumänin aus Grosseto, an die ich „unkeusch“ gedacht hatte. Und dann Lindes Freundin Brigitte K., mit der ich eine Stunde über unsere Sorgen gesprochen hatte. Sonst nur die Gäste, ein junges Paar vom Chiemsee. Sie Therapeutin. Und dann eigentlich nur noch Mails und das neue Buch „Meine Toskana“ korrigiert. Die schöne Sonne, den Meerblick, das junge Grün genossen. Auch jetzt schreib ich draußen am Steintisch. Und bald kommt Manuele, der Techniker, um mir das Speichern unserer alten Filme und Fotos zu ermöglichen. Auch das gehört zu meiner Archivarbeit, die ja unser ganzes Leben „dokumentieren“ soll. „Meine Toskana“ gehört dazu. Memoirenarbeit der Alten.

22. April. Keine erinnerten Träume. Jetzt in C.
L. Lässt Geld raus und wir stehen falsch vor Rollern, die nicht raus können, was mich ärgert.

Und mein Alter mit schwachem Pflanzer. In V. war es mal/ schief gegangen/ Lucia aus der Garfagnana/ die sich bei Fapani/ geil an die V fasste/ kam mit ihrer schönen großen Frucht/ zu kurz./ Und in Köln/ eine andere/ die extra das Bett schön bezogen hatte/  bekam dann nur Fingerarbeit./ Und jetzt im Boot/ arbeitet Herr Testosteron in mir/ wie bei Meister Puccini.

Ostern, 24.4.11. Um vier wache ich täglich auf. Dachte daran, alles  bei „Amazon direkt“ zu veröffentlichen, Dracula, Transsylwahnien.

Träume. Mein Bruder Gerd sollte verurteilt und eingesperrt werden. Ich musste als Zeuge auftreten und wollte nicht. Vater aber mit seiner Autoritätshörigkeit wollte mich dazu verdonnern.
Meine Schwester sollte heiraten. Es ging um die Gäste und Einladungen. Ich  konnte die Wege in S. nicht mehr finden, es war alles  ganz anders. Nur das Gefühl ist geblieben, das Bild nicht.

Habe dieses Gedicht heute gefunden:
Was war so fahl/ als ich Novize im Okzident
Ankam/ Brot schmeckte nach Pappe
Die Leute saßen hinter Glas/ Auto- und Telefonkabinen/ die
Dörfer zu neu/ und in keiner Mauer Deutschlands
Gab es die Dichte/ gab es mehr als vierzig Jahre ZEIT
Sogar der Rhein war plötzlich neu (zum Verschwinden)
Unser heutiger Fluss nur/ sein Wasser kaum noch zu
Erkennen/ die Wälder durchkreuzt von sauberen
Lehrwegen und Sonntagsspaziergängern/ die Berge
Bebaut mit/ Einfamilienhäusern/ kein Stein
Strahlt/ alles ohne Aura und Überraschung/ das Fremde nur
Neu/ Nichts zu entdecken!/ die Jahrhunderte verschwunden
Wie die Ewigkeit/ Schutt in den Städten
Von Bomben/ was Deutschland war/ unauffindbar/ zerstört.
Wo finden wir es noch/ in alten Büchern und Fotos
In den Herzen der Alten und Toten./ Niemand mehr weiß
Was Deutschland / ein anderes Deutsch/ zu sagen wusste.
Mein Geheimnis und Rätsel Deutschland gab es/ als ich
es noch nicht kannte.
ca 1974
*



Ebenfalls 1974.
In Pisa schlugen sich
aufständische Studenten
mit der Polizei. Über den Arno flogen
Rauchbomben, Tränengas und Molotowcocktails.

Ein deutscher Tourist trank
landgerecht eine Grappa
und sagte: Vergasen müsste man die, vergasen. Sag
ich. Als ich erklärte, dass die Gegengewalt
gekommen sei, weil die Polizei
eine faschistische Versammlung beschützt habe,
sagte der deutsche Tourist: Die sind
wenigstens für Recht und Ordnung!
Und trank seine Grappa aus.

Über dem Arno
Rauchbomben und Tränengas
In dieser Nacht wurde in Pisa
der einundzwanzigjährige Piero
auf der Polizeistation Nr. dreizehn erschlagen..

San Fruttuoso

1
Die Stimmung am 1. September,
wenn der Himmel bewölkt ist und
das Meer  schwarzblau bewegt ist
fast die gleiche wie  vor hundert Jahren.
Ich schließe die Augen
höre die vielen Phantome der ars alphabetica kaum
ein Motorbootverkehr wie mittags oder Berufsverkehr  in Rom
Ich höre  das ganz konkrete Wasser schlagen und rauschen.
Der Schatten der die Felsen zudeckt der täglich  gefürchtete der uns mordende Tod der einfach
und so dass ich der Sonne nicht mehr verkuppelt bin die Haut abkühlt und der Kopf  lässt mich wieder erkennen was  kühler die Sonne verdeckt.


2
Sicher, es lässt sich heute nicht schreiben
mit Daktylen und Wahlkämpfen
doch das Meer bleibt  außer dem Wort/ -
Spiel und all den Genauigkeiten
 aus Metaphern Alltagsmittel.

Es bleibt das Zahnfleisch rot
nicht nur weil der Skorbut  auch hier bei den Ex-Fischern
von San Fruttuoso abgeschafft wurde ,
die Stimmung am 1. September,

wenn der Himmel bewölkt ist und
das Meer  schwarzblau bewegt ist/ fast das gleiche wie  vor hundert Jahren. Ich
Schließe die Augen
höre die vielen Phantome der Ars Lettera kaum
ein Motorbootverkehr wie mittags oder Berufsverkehr  in Rom ich höre nur das ganz konkrete Wasser schlagen und rauschen.

Der Schatten der die Felsen zudeckt, der täglich  gefürchtete, der uns mordende Tod, der einfach
 und so dass ich der Sonne nicht mehr verkuppelt bin, die Haut abkühlt und der Kopf  lässt mich wieder erkennen/ was kühler die Sonne verdeckt.

Neben mir drei Sonntagstaucher wie Urtiere aus Kunststoff kriechen sie ins verseuchte Meer
Taucher zum  Unterwasserjesus und die Taucher zurück in die Gründe mit hochgereckten Armen
Für die Seetoten stehen sie/ bitten, dass die Stricke nicht reißen mögen, dass die Netze nicht nachgeben.


Hannahs Geburtstag. Ich fuhr an diesem Morgen mit ihr nach Cinque Terre, Riomaggiore-Manarola, zur Via dell´ amore, es war ein Spaziergang über der Steilküste, unendliches glitzriges Silbermeer der Sonne zu. Boote, Tanker und Kriegsschiffe im Hafen von La Spezia. In den Buchten  Fischerboote.  Wir redeten wieder über jenen Spaziergang hier vor ein paar Jahren, als wir auf der Terrasse ein Liebespaar gesehen hatten.  Und ich erinnerte mich, dass auch damals schon ein Trennungsgespräch  mit Hannah stattgefunden hatte, die wie hypnotisiert auf die beiden starrte; eine schreckliche Nacht, und auch jetzt dieser Schmerz, als wäre alles schon vergangen:

Und oben auf der Terrasse
lieben sich zwei unter dem Pelz
wir: als wir jung waren
Pelz auf Pelz und pelzig der
heisse Gedanke in ihr.

Horizontweit der Blick
erinnert den Sommer im Boot
und Vernazzas Turm die Sehnsucht
im Hafen/ du hebst die Erinnerung vom Grund
das alte Herz ist der Anker.

Dann Geburtstagsessen in der Piccola Marina, genau wie damals auch. Und  plötzlich war auch Luca da, um Hannah zu gratulieren.
Ich machte  dann im Auto einige Notizen, um Diana, in die ich verliebt war, zu vertreiben...





Capraia. 5./6. Juli 1985

MEGALITH; MEER. Wo das Sausen Null zum Tönen bringt.
Langer Atem, woher er kam, was mich betrifft, Stil ist der Mensch, woher gelenkt, Sphärenklänge auch in mir, da denkst du an „Akroasis“. Oasen der Töne, Dichte in uns, woher meine Leere, Armut, kein Integral.
Gottes Kreatur mit erschöpften Kräften. Rund um meine Stunde, die abnimmt
                           
                                                    *
Die Funken, die mich vergessen haben/ das Meer macht müde, hat einen Stein im Maul, gegenüber die Steilwand.

Die Notiz hält mich nicht mehr wie früher, Zeit  Note. Unsinnig geschrieben zu sein, ohne DIE SCHRIFT.

Im Ort das alte Gefängnis, Colonia agricola. Gefängniszone und wir mit unsern Ferien/ auf Segelbooten/ mit Staub überdeckt das Gemäuer. Capraia.

Wunder sind/ die uns umgeben/ durchziehen auch das Wort/ meines, deines/ trägt uns zurück bis zu uns selbst/ Stonehenge oder zu den Menhiren/ die uns ihr Gesicht zeigen, tonnenschwer hochgehoben/ mit Gedanken/ sie aufhob: die Schwerkraft.                                           
Felsen. Pinien. Sommerhauch. Rauschen des Meeres/ das sind Worte/ doch ein Zustand/ in mir schwingt mit/ ist ein JA unbeschreiblich.

Es muss/ aufgenommen werden. Dann wäre ich wieder da/ über den Tod hinaus.

Aufmerken. Fehlendes/ das schlägt mit Missmut zu. Wenn Abwarten beginnt/ gestern im Dorf:  Alimentari/ ein Hund/ mein Hund/ Brotkauf/ ein Mädchen an der Kasse/ alles hing zusammen/ und ihre Frische/ da war noch Hoffnung/ Zeit, die sie noch vor sich hatte./ Ich stand nur  dabei/ schon abwesend/ müde einmal zum Narren/ geliebt vor viel zu viel blinder Kraft.


Saint Florent, Montag 8.7.1985   
Was sich zusammenfassen lässt/ hier am Strand eines Besitzers/ Campo di Fiore/ und du denkst an Rom/  Giordano Bruno/ ein Morgen/ blitzendes Feuer/ wie die Sonne. Ich aber gehe zurück/ alte Zeilen/ als ich Rom noch nicht kannte/ nicht Giordano Bruno/ nicht die Etrusker/ nun bin ich ein Einwohner Etruriens./

Ein Traum in Lucca/ Ritt in der Via dei Fossi / an der Madonna vorbei/ und an der Steilwand der Insel gestern/ steinerne Gespenster/ Gesichter/ auch meines/ und das meines Vaters/ Köpfe , Stein-Kultur/ Hirne winden/ Spiralen bis hinab zur Naht/ die reißt/ Eukalyptus am Ufer/ greifen/ die Hände sind Pinien, rot und weiß, wie die Schechina/ der Oleander ins Auge getönt./ Fern Windstärke drei von Nord/ alles hier ein Topos/ versammelt/ Bücher greifen in mich ein wie Zahnräder/ unendliche Mehrzahl keiner Grammatik/ Technik zur dichten exakten Gegenwart fehlt/ nur das Radio VHF bringt lebensnotwendige Wetternachrichten./ Unendlich aber soll es strömen durch mein Hirn/ wie der Golf/ nicht die Sackgasse/ stehend/ schon sumpfig das Ende./  In die Steine hinein will ich hoffen/ dass mich die Atome noch mögen/ das Licht/ kreisend in meinen Neuronen.

                                                              *
Hier bin ich im Paradies/ zart gezeichnet die korsischen Berge aus Dunst/  weiß die Kontur/ und darunter Masten/ kleine schwankende Finger/ die sich selbst, den Himmel anzeigen/  gestohlene Lust/ Zikaden und Krähen zum Plätschern des Golfes/  Sommerglut blinkt/ und der Stift schreibt ab/ was ich zu sehen meine/ mich.

Dies die Musik. Ich höre sie mit den Wolken/ noch zwei Schiffe vom Mistral in Streifen geschnitten/ über dem rötlichen Berg. Hier aber anstatt der Musik/ eine Null/ die an mich grenzt/ Nur manchmal Erschrecken/ dass ich das bin.

                                                               *
Der Augenblick hat mich wieder/ im Ohr trinkt er die Sonne aus/ gieriges Insekt von jenseits/ kommt hier an/ man weiß: alles ist eine/ unberechenbare Welle/ von weither/ ich in ihren Spiralen gefangen/ ohne Organe/ wie die Leute hier/ die ihre schweren Menhire hoben/ kraft des Vertrauens.

                                                              *
Mut sorgt nie aus/ der Schädel aber/ eine hohle Schale/ gefüllt auf Zeit/ die sinkt und abnimmt/ die Last/ Mut zu haben/ hier/ begreifen zu wollen/ was ist.

                                                             *
Feen sorgen federweiss für die Schönheit hier/ Berge schweben/  und es ist wie Sonntag. Ja/ Frieden/ Kinder stehen in mir auf und singen/ ernste Lieder/ fröhlich, als wär’s sogar Ostern/ und ein Licht blendet/ aus ihren Augen/ als gäbe es wieder die alte Sonne/ obenauf.

                                                             *
Erregt sehe ich um mich/ ein einziger Atem/ zieht durch den Satz/ über die Augen verlängert/ zu mir/ wo die alte Acedia/ saß und Essig austrank zur Neige/ die Öffnung hinüber ersoffen in Gift und Galle/ die Kinder betäubt und hinausgeworfen/ bizarr/ kein Märchen. Spleen von Paris/ als alles anfing/ sich so aufzuschreiben. Dankbar zu wissen/ nicht allein zu sein.

                                                        *
Stöße. Ein ganzes Biest aus Stößen. Auch Kreta erfand den Stier. Hebräisch die Zeugung der Welt. Atem. Pneuma und Moll. Trotz dagegen/ das Labyrinth des Daedalus.

                                                         *
Sprung ins Lesen/ und weiter: wie ein körperloses Schweben. Das Alter hat mich längst. Aber der Blitz, wenn sich die zwei Ideen berühren, bringt die Kontur, das Schreiben. Wer diktiert? Singt wie Musik/ ich selbst ganz ohne Widerstand/ unendliches Gebet/ und tönt/ reißt alle mit/ die dachten/ solang ich da bin/ hat der Fuß gefasst/ der sich enthüllt/ als einer im Diktat/ die Sprache springt/ die Meile der Geschichte ab: so kam sie weit/ und geht die Stufen hinab/ unten tönt’s/  als wär Er wirklich hier: Palenque einmal so aufgefahren/ in die Idee/ als Flug gemeint/ der erste Mensch: Kam aus dem Alphabet zum Labyrinth zurück/ Spirale einst/ tief in die Zelle schießt  das Wissen in die Formen ein./ So sahst du rot/ von Anfang an/ der Stier hat mir den Kopf gezeugt/ was war/ das ist ein Riesen/ Genital/ ein Ei der Welt/ das sie gewogen hat/ im Keim als Er zur Welt sich brachte/ da wusste Er auch dich.

                                                          *
Was flach erzählt/ als wäre es all-gemein/ gut dar-gestellt/  nimmt als Erschöpfung/  des Anfangs zu/ als wäre es nie geschehen/ wir nur selbstverständlich DA/ als wär’s nur Augenschein/ kein Wider und nie Wieder/kehr nur flach, was wir uns nachgezählt/ erzählt. So angepasst/ dies „wirklich“ scheint/ als hätten wir Ihn ausgetrickst. Erzähl uns Nichts/ als Bitte um Genesung.

Als wär ich abgeschafft, so strömt es wieder, tönt/ auch ziemlich stark durch mich/ was meine Uhr/ am Armband gar nicht meint/ und tickt/ mein Pass am Herzen.

                                                    *
Je weiter entfernt vom/ Inhalt, sag es: so genannt/ sieh mich dann an: nun so feiner diese Nähe/ frei benannt zu jenem, was sich zeigen kann, sogar an dir/ und mir „zerstreute Gewissheit/ als eure Begründung/ isoliertes Geschick“ sagt einer (er heißt Char)/  wo ich noch stehen kann/ mit Mut/ wär ich gerettet: ich, abgelegt: meine unbekannte Hoffnung.

                                                          *

Saint Florent, 9.7.1985
Atrophie

Doch durch mich geht es wie Nebel/ wie Wasser und beiße hinein/ voller Trotz/ weiß/ wie es mich nicht gibt/ dagegen mich auflehnen/ die Dummheit.
Starr/ von Jahr zu Jahr/weniger Bildpunkte und Verbindungen im Geflecht der Beziehungen (Welt)/ und alles: wie groß das Vergessen
Wer soll was/ von mir hier/ später erinnern.

                 *
Im Noch-Nicht-Geschehenen, ein weises Kind/ des Wachseins wird/ auch ohne mich/ wirft seine Schatten voraus/ bestimmt/ was ich bin/ alles andere ist längst/ oder augen-blicklich gewesen.
In der Physik rechnen sie nur noch damit/ wir im Grab/ liegen da: etwas was war.

*
Die Freiheit/ zu denken, dass noch nichts war/ leise dies Tönen des Ungewordenen/ das mich haben könnte/ anstatt der Zange/ die beißt hart zu: jeden Tag.

Die Freiheit/ größer zu sein/ als schreiben/ als wäre dieser Moment völlig „rein“,
unbeschwert von der Angst/ nicht zu überleben/ und dem Plunder, der am Bein sich sammelt/ es stellt/ Schwein gehabt/ hieße weder zu stehen noch mit zu wachsen/ also Sein.
Namenlos unabhängig vom Begriff Sein.

*
Dazu die sich nicht Ernst nehmende Nation/ die freier ist/ heiligt fast, gereinigt von der mutigen Verzweiflung: In Ciorans „Lacrimi şi sfinţi“/ S.22/ 23/ 24 /25/ 34: Fragmente und Aphorismen./ Das Kreisen um Glaubensfähigkeit/ Etrusker kannten den Ton schon.

*
Einer der ersten römischen Könige/ ein Grieche/ unter Etruskern aufgewachsen/ Samaquil/ also der nicht-anerkannte Kolonist/ war aber versucht/ den Druck nicht als Geschenk anzugeben/ sondern als Alibi/
verfehlt…

*
Die Bücher suchen uns/ wir kommen selten dazu/ verfehlen alles, was der Augenblick zu bieten hätte/  lesend nicht da sein/ lesend nur da/ unaufgefordert/ lesend verlieren wir immer/ die Zeit/ sie läuft uns nicht nach/ geht nach /wie wir/ ihre zerbrochene Uhr.

Lesend/ im Zwischenraum fremder Gedanken, die mich eintönen/ singen in mir/ wer – weiß ich wieder/ ein Gefäß/ gestern aber die Wut/ nicht mehr mit ihnen zu sein/ von allen guten/ von allen bösen Geistern verlassen/  in mir nur ein Fleischberg im Boot/ ich ihm sinnlos zu Diensten.

Ernst bleibt/ Morgenfrühe wie früher fischende Indianerväter aus einem Kinderbuch/ am Fluss, den es mal gab/ und jetzt die Frühe hier/ Nebel über den Wassern/ Krähen./  Ich in der Kabine/ drüben eine Seemeile entfernt/ der grauweiße Turm/ Saint Florents/ Korsika/ der Leuchtturm Richtung Nordwest schließt eben sein grünes Auge/ und ich lese dazu Rilkes Zehnte Elegie./ Auch war Duino im Turm vor sechzig Jahren: „Dass von den klar geschlagenen  Hämmern des Herzens/ keiner versage an weichen zweifelnden oder/ reißenden Saiten. Dass mich mein strömendes Antlitz glänzender mache…“ Vergehen der Schmerzen?

*
Kommt eine Hälfte deiner Gedanken aus Schlaflosigkeiten
Und ist doch SIE/ Anima vielleicht/ diese Nacht
Und du deckst sie auf/ deine Hälfte ihres Gesichts
Eure rote Blütenform/ essen ihre Wasserscheide aus Fleisch
Denn gestern schliefen wir in einer Megalith-Höhle
Von Figari/ dort, wo die Schwerkraft/ letztes Geheimnis
Der Wissenschaft/ anders hebt als in den Jetztzeit
Topografien: Und sie führte mich ein/ ihr Herz die
Schönste Zeitmaschine der Wünsche nach einem größeren Jahr
Wie ein Scheunentor des Himmels/ alles was war
Und noch da ist: als wäre SIE ein Delta
Der Traum in ihr, wo ich lag/ war viel größer
Und die Miniaturzahl dieser Zeile wie
Zu grob./

Ich  habe alles  vergessen/ nur die Sekunde
Tickt langsam wie eine Krankheit
In neues Vergessen/ nachher und jetzt/ nur ein
Kleiner Blitz/ alter Draht zur Wetterstation
Schlägt abgerissen/ im Mast/ es schaukelt die
Dünung vom offenen Meer/ unser Haus im Seegras
Verankert: ein winziges Boot. Der Anker aber/ ähnlich
Einer Pflugschar/ die im Zug des Windes
Zur Seite/  klappt: wie einer/ der schon in dieser
Sekunde/ an den Tod grenzt/ schon hinüber gegangen
Noch da. Wie SIE. Hat mich nicht
Ins Leblose der Tage vergessen/ wie Mineral das
In mir schon wartet/ die Entropien der
Arbeit/ gewissen Los und genau.

Sie aber führte mich weiter/ mit/ komm jetzt darüber
Hinweg/ schreibend und voll im Betrug/ das
Summen des kranken Augenblicks überhol ich
Mit Ihr in Fahrt. Sagt sie: an den Ort des
Königs hier/ Fantasie als ich bei dir wahr/ du
Gespaltener/ der Schwäche eingeheimst/
Sonst nur ein Trottel/ gehörst doch mir.
Dies Schwanken ist kein myein/ leerer
Dein Kopf/ die Spirale anfüllst mit
Schmutzigen Strömen/ Gegenmusik/
Was nicht schwingt/ ist schon fast nicht mehr da.


Auch Mineral ist Kristall/ erste Botschaft
Des Wissens/ wo das Gesetz erst herein treten kann/ wenn
Zueinander die Liebe sich Anzahl schafft und
Verhältnis der Eigenart/ Form wie sie lachend dem
Chaotischen widersteht/ der Vernichtung in allem/
Null, die hinübergeht/ und die Spannung/ die
Deine Qual nicht erkennt/ nur in Trotz und Störung
Verliert/ sich dann aufhebt. Denn Gesetze sind
Endlos im Licht/ du aber willst nur noch schlafen
Im  Endlosen.

*
Sie aber zog mich auf wie Beatrice/ die Stimme
Wie eine Leiter/ gleichmäßig zerstäubt Milliarden
Bit Auf Schluss/ in Kammern/ Pyramiden
Gespeichert/ ein Teil/ Magna Mater vielleicht
Schechinah/ die Hülle in der wir schlafen
Der Größe zu: Träumen und eingeschlossen/ Seine
Einwohnung/  Blütenblatt/ Same + Frucht
In der Lichtwelt/ schneidet durch den Raum/
Sonde der Ewigkeit/ Heil- Anstalt Gottes nah.




9.7. 85.   San Florent weiter.
Dann das Zuviel/ übersatt will es gewähren lassen/ was da ist. Die Zikaden  im Eukalyptus. Oberfläche des Gehörs. Licht, das ich sehe, die Corona. Unsinn: als Freiheit, sogar Willkür
Jetzt aufzustehen, den Regen zu  betrachten: Ein Tropfen rinnt mir nass über die Stirn: Draußen hat es zu regnen begonnen/ wie in der Kindheit./ Und dazu starker Wind.

*
Wieder die Photonen als Tropfen/ besser zu sehen/ Iris/ das Auge hat sich in mir ein/ gestanden/ der Mann nach 40/ abwärts/ aber/ dass er da ist/ mitten im Lichtkeil aus IHM/ sichtbar aus ihm/ Er/ unsichtbar/ weil Er sieht. Groß und überall identisch das Medium ist: Und/ Nichts anderes da sein kann. /Wir aber suchen ihn irgendwo in den Zwischen /räumen/ die er mit anderem nur/ zeigt
 Und wir sehen nur/ dieses/ selbst nur ein Zwischending/ und durch uns selbst so gestört.

*
Nur im Gedanken Sprung wie Photonen/ wie spine/ wie Spinner/ oder Quanten zur Musik des Innern einer Atem-Schale/ aus der wir Früchte essen/ die daraus gemacht – komme ich endlich dazu:
Nobody can translate/ wer will auch Charon sein/ der Physiker/ übersetze ich im Augenblick, um überhaupt alles hier auf der Zeile zu haben: z.B. Megalithe/ diese Felshöhle/ wo/  schon ihre Toten lagen: Ist da ein Gesumme von Stimmen/ ein Nadelöhr zwischen uns nur/ so dünn die Wand bis hinüber/ und gar nicht aus Luft/ sonst könnten sie sprechen.

*
Schmelze alles ein/ Jetzt/ auch Sartorius/ zu recht geschneidert/  wie Brinkmann und Ashbery in diesem Sommer/ Denken/ highway: dort rastete Handke auch in seinem Roman/ Rote Erde in Monument Valey/ wo ich ein Gedicht schrieb/ das mein Sohn vertonte/ ein Ritt + Galopp – Blende Weiß. Heiß+ bilderlos/ nur noch Phantom/ Photon/ also Engel als Zwischenträger. Diese: Über-Setzer.


*
Hinüber setzen/ Wellen/ leicht gekräuselt an einem Steg/ ein fremdes Anwesen/ ich sitze auf vertrocknetem Seegras: Seine Apokalypse war die Frühe/ an meinem Fuß im Sand/ eine Welle.
 Durch ein Fenster/  Weiße sickernd/ Licht vom WIPFEL Ruhe                        gibt das Zeichen. Kein Blatt.
 Wenn durch einen plötzlichen Schrei/ zerrissen wird/ die Allerherrgottsfrühe/ wieder erscheint unser gewohnter Spiegel/ dann ist es/ auch heute so, weil  vom Leben vergangen ist/ eine Menschennacht/ Bitte sie vergessen zu dürfen/  während Erschrecken mich packt/ dieses erkennend.
Unaufhörlich dich treibender Gedanke, denn/ Herzklopfen ists/ das sie bewegt/ alles verzehrend.
Wahrheit/ durchwachsendes Dunkel/ näher zu fliegen/ erhielt sich der Mensch/ und vergrößerte den Bruch.
La verità per crescita di buio/ più a volare vicino s´alza l´uomo,


*
Überlebende Kindheit/ und heute ist Juli/ vor mir Wasser/ dort am Ufer/ Böschungen/ Geschmack/ fader Geruch/ und du neben mir/ das Polare: die Gestalt/  lesend das Buch im Seegras/ wälzt sich mein kleiner Schwarzer/ der Hund, tief  im Seegras vergraben/ eingegraben/ mit Ball- reine Freude/ wie sie eingeht/ in meine Augen/ die kleine Kreatur?

Verlassenheit/ die Kehle/ ein Schlucken/ von der Kindheit her/ kein Zeichen mehr.
Zeichen des Unheils (so scheint es/ hier sitzend!) zu glätten/ wie diese Abend-Wellen.
Verlaufende Spuren im Sand.

Geduldiges Rufen/ umfasst mich/ doch abgewürgt wird es vom verbissenen Leiden, das
Dem Exilartisten droht.
Noch bleibt mir/ der wirkliche Schuh meiner Kindheit/ neben den Büchern zu Hause
Im Schrank./ Mich ihr zu überlassen/ ist ja/ meine Art.
Das Außen nur sei es/ vor uns laufend/ greift zur Kehle
Der Atem beengt.

Und die Zikade ganz nah/ erinnert mich wieder./ Damals Nie gehört.

11.7. Korsika. Auf dem Segelboot.  Eine Woche unterwegs/ und es scheint länger. Heute Geburtstag des Sohnes (15)/ und es scheint alles unwirklich. (Dazu tickt die Borduhr). Traum: Mein Geburtstag wird gefeiert/ mit hoch erhobenen Gläsern/ Tuzzi die liebverrückte Cousine kommt zu spät/ die Gute/ als wäre sie eine Schlacke des Stils./ Doch nirgends kommt L. vor./ Was zählt ist alles/ oder Nichts/ eine runde Zahl/ da geht der Kopf durch/ wie bei der Geburt/ Lippe/ wundes Blütenblatt/ geschlossen vor Schmerz/ offen vor Staunen./ Denn in der Jahreszeit der Gottes/ Schrift/ spürst du ihn/ er zählt den Gewinn aus/ Ernten…/ und hörst zurückgekehrt die Halluzinationen/ das Muhen der Herden aus dem Prudner Weinberg/ und nackte Frauen sind das Grün im Feld/ die Haut ganz Erde/ und kannst die Erde nehmen in dieser Frauenhaut! Der Mütter?

Aber was lenke ich, lenke ich meinen Kairos? Oder er mich. Und was mir einfällt: Ist richtig? Lebenszugehörig? Und im Tagebuch 1985 steht: wiederholend: 9.7.85. Und: Ab hier wieder 1999. Aber heute ist der 2. Juni 2010./ Spiel mit der Zeit/ die immer da ist und im Immer vergeht. Rechnen in Jahrzehnten, als hätten wir nicht nur  neun zu leben. Alle Neune. Und dann Aus. Sieben ein halb sind schon vorbei. Steht da nur noch einer. Und der Halbe liegt schon mit den andern: ein Haufen der Jahre. Und die Kugel rollt?

Und ich stelle mir vor/ ein Zwiegespräch mit Benjamin Fondane. Daher kann er für immer: Sprechen. Denn: In jenem grauenhaften Augenblick,/ über den er nicht mehr Zeugnis ablegen kann,/ war alles, was er gedacht und geschrieben hatte,/ bestätigt worden./ Angesichts der Gaskammer gilt kein Glaubens- oder Trostspruch mehr, geschweige denn Literatur. Es war etwas offenbar geworden, was nicht seinesgleichen hatte./ Fondane hat das, worüber wir nur nachdenken können, erfahren, und dann ganz konsequent mit dem Leben bezahlt.

 Aber müssen wir im Bauch der Korridore/ oder in ungemachten Betten/ wo etwas Asche ist -
 am Rand verschmiert, den/ Geruch nach Fisch behalten haben/ - um Wiederholung zu meiden/ auch bescheidener werden?






Ein Pfaffe – vielleicht Naiba/ der Teiwel/ völlig geprickt von Maisbrei/ aber über dem Sarg
segnend mit ausgestreckten Händen. Und in dieser Kurve/ Parabel vielleicht/ hat sich auch die Erde ausgedehnt/ bläst sich auf/ wächst/ ruft sie zu sich./ Und die Menschheit legt sich in den Dreck/ ihrer Seele/ bespuckt ihn/ küsst ihn/ den Teiwel, verflucht ihn./ Verzeiht ihm./ Das Schneeballverfahren der Nacht – stürzt auf die Tote.

Vom alten Exodus spricht hier Fondane/ und ist so neu./ „Menschen der Antipoden/ zu euch
Spreche ich.“/ Mit dem Wenigen an Stimme/ die ihm im Halse blieb/ spricht er sich/ uns aus:
„Von Mensch zu Mensch“/ und mit jenen Worten/ die uns noch gemeint haben./ Sehr „ wenig an Sinn“ ist in ihnen geblieben. Und bricht hinüber ins Jenseits/ der Hutschnur/ von Augenzeugen.

„Und kommen wird ja ein Tag/ sicher ists/ mit gestilltem Durst/ werden wir auf der anderen Seite  des Gedächtnisses stehn/ der Tod wird sein / ganz und gar ein Hasswerk/ und ich ein Verstreuter./ Ich habe nur ein paar Brennesseln/ von euch/ mit Füßen getreten.

Wisst ihr, ich hab auch wie ihr/ ein Gesicht (wenn auch verloren, sagt er)/ inmitten ein Mund/ der im Gebet offen stand./ Wie euch. Und ein Körnchen Staub durchdrang/ gar ein Traum das Auge/ weinte dies etwa im Satz?/ Oder wenn ein bösartiger Dorn/ Haut verletzte/ rann langsam daraus mein Blut/ ebenso rot wie eures. Und zählt auf, was er war/  als wäre er schon gestorben.


Darin lös ich mich frei/ zu ihm?/ sagt er mir/ „wie ihr war ich grausam/ bedürftig der Zärtlichkeit/ aber auch nach Gold/ Lust und Würde/ …/ Und  besoffen von Erfolgen/ schreckte ich hoch in der Stunde des totalen Misslingens.“

Sagt dann/ er habe gelebt/ wie wir, abends gerodete Kartoffeln gezogen, im Fluss gebadet/  und vergebens gesucht/ auf Frauenbäuchen/ das in Eden, jenem Garten Verlorene/ wiederzufinden./ Steckt noch im Hals/kein Frieden/ wo der Apfel ins Rot/ über den Mund gefahren/ aber in der Mitte jener Baum  des Lebens sich noch stark  machte/  wie die unsichtbare Weltachse:/ Unser Rücken.



Er habe wie wir/ alle Journale gelesen, sagt einer der Opfer, Bücher/ und gar nicht verstanden/ was die Welt ist/ oder herausgelesen den Menschen/ wie einmal von mir angemaßt und behauptet. „Und wenn der Tod/ der Tod kam – gab ich vor, ihn zu wissen, doch heute, heute ist die Wahrheit/ in meine Augen/ eingedrungen/ und ich bin nur erstaunte/ wie wenig ich begreife. Ihr,  habt ihr denn mehr begriffen als ich?

Ich war ein anderer als ihr/ ich weiß. (Es steht am Horizont, die Erde versteift sich/ zu  sein:/ Geboren worden … nicht seid ihr irgendwo/ draußen/ auf allen Wegen/ niemand/ die Kinder hinaus geworfen/ durch dunkle Kanäle/ Kätzchen an Ruten/ offene Augen noch verklebt/ von Stadt zu Stadt/  blind geirrt/ in der Adresse/ Polizei-Wild./ Desaster frühmorgens/ Viehwaggons/ erniedrigt/ das Schlucken, steckt noch im Hals./ Ihr seid nicht angeklagt worden/ eines nie begangenen Verbrechens/ zu existieren/ so wechselnd die Namen wie die Gesichter/ um den Verflüchteten abzulegen/ wie eine gestohlene Brieftasche/ umkreist von wem?/Ein Gesicht/ Spucknapf für jeden.

(Was nie einträgt/ Ruhe irgendeiner Parabel/ und er sagt/ die Zeit werde „kommen“/ wo wir dieses lesen/ unübersetzt/ weder ins Französische/ noch gar ins Sprachlose. Also deutsch./ Seine Zeile fordere nichts. „Vergessen. Vergessen“. Nicht da zu sein./ Nur als einer der schrie./ Kein Subjekt eines Stils bin ich./ der ein Mensch ist/ Gedicht ja (wo und wie). Ob ich Zeit haben werde, dieses zu beenden?
Doch wenn ihr mit Füßen werdet treten wollen/ diese Handvoll Brenn-Esel/ die ich war, wohl in einem anderen Jahrhundert/ in einem Geschichtsbuch/ das, in dem ihr herum grabt/ mit Schaufel und Hacke/ doch völlig überholt für euch/ lest ihr zum Spaß und zur Beruhigung/ erinnert euch doch/ ich war sicher unschuldig/ der Tote/ und hatte genau wie ihr/  Sterbliche jener unvordenklich/ und nie gewesenen Tage/ ein gefurchtes Gesicht./ Empörung, Mitleid/ Freude/ ganz einfach: Ja/ ein Menschengesicht.

Calvi, 15.Juli 1985
Wieder Montale.  Schon Vernazza ist unberechenbar/ wehe du meinst/ zeilenweise: es hier herausbrechen zu können, so abzulegen das Hier: Es geht weiter, sogar am 12.9. 1984, am 15.7. 85 oder heute am 23. 9. 2009, jetzt, wo ich schreibe./ Und ich lade dich ein/ lass alle Pläne fallen/ die rechnen mit dem Kalender. / Der aber ist  immer wieder/ ungültig. Ins Nichts gefallen/ der 12.9.84, der 15.7.85/ wäre diese Schrift mit verfallen/ mit der ich jetzt lebe: sie IST. Und ich erwecke mich von den Toten./ Tauch hier zur Weite/ blau schäumts. Und im Montale (auch er längst tot/ und doch wieder hier:) heißt es  doch in der Ekloge S. 3a: bis zu Vergil/ von der „missglückten Stunde“ (ora fallita) ist die Rede/ weil sie unterbrochen wird/ durch das Rollen eines Zuges. Und ein Vogelschuss zerschellt im Kopf des glasigen Äthers. Ein Vogelschwarm rauscht auf wie ein Wolkengruss/ ja, wie ein Wolkenbruch. So steigt nun doch auf das Idyll/ und kann sich erneuern.

16. 7./ 17.7. (S. 60). Fahrt  nach Girolata/ rote Riffe. Grobe See.  Doch wieder das Paradies/ Bucht umgeben von Bergen/ lauter Klischees tragen mich herum/ und Augen glänzen wie bei einem Kind/ Tatsächlich der Bucegi! Spiegelt sich/ kein Fisch darüber hinweg. Eine Berührung findet nie statt. Unsere Formen gleiten wie andere Grenzen an uns vorbei. Am Strand aber/ wie in Matalla/ ein Nest  verkommener Wandervögel/ nackt die Frauen/ viele Dreiecke sahen herüber./ Nachts dies Weiche/ eine Frauenhaut um mich/ ihre Arme um mich.
Als ich erwachte/ wusste ich: die Außenwelt will mich nicht mehr annehmen. Die Schöne gab es nicht mehr.

Mach jetzt ein Jahr/ ungeschehen. Vernazza, lass alte Pläne aus/ rudere mich hinüber zu den nackten Frauen am Strand/ weiß das Blatt, das Haar./ Denn die Ausgangslage ist anders fürs Schreiben: schmerzlich die Entbehrung von Wirklichkeit/ die Wirklichkeit des Mangels an Lebensgefühl, spür hier/ wie blass es geworden ist./ Nur weiterer Mangel sinnlose Askese steigert es/ sinnvoll soll es sein: / als gäbe es Gebete/ Rauch aus den Zeilen springen/ bis weit hinab zum Beginn der Hieroglyphen:/ Zeitphasen produktiver Trauer/ so verschwindest du/ wirst wie das rötliche Gestein/ das das nackte Mondgewächs brennt./  Schamhaar verglimmt in diesen Satz meiner Zunge/ begehrlich ins Verb:/ Spur der Vor-Schrift wird wirklich: logoi spermaticoi des Enthüllten/ das nur im Dreieck gleich ist/ nun das Geheimnis erkennen zu können ¥ : als wäre es ein X oder die Sanduhr/ wie sie mir die Sekunden zählt/ die gelebten. Vertrauen über dem Grund/ schaukelnd. Auch dieses ein „Juliabschied“. Ich kenne das Datum: Jedes Jahr:


Heute ist der 24. Juli 2010./ und ich muss keine Zukunft erfinden: Sie ist da.
Nur wenn ich es so sehe/ durch die Zeitung hindurch/ tönt es; zerreisst das Papier und mich/ was darauf stand/ wird wieder wahr/ die Schmerzen stehen still./ Was noch sein wird: ist längst geschehen. Und sucht seine Schuld./ Wir werden es nie mehr sehen können. Die Tat war unaufhaltsam/ verborgen und etwas fließt schon lange durch mich hindurch/ als wäre ich es nicht, und träume, was ich sehe. Notwendig bleibt nur/ was weit entfernt ist/ aber nicht aufhört/ sich einzuschreiben. Wir wissen nicht/ wem wir gehören/ so taumelnd/ uns gehören wir nicht.
  
Doch verblasst / der sich nähernde Tod/ weitet die Ringe/ das Wachträumen wir stärker/ das Ich fast ein Urvieh der Großväter. Daraus endstanden wie im Schlafwandeln/ schuldlos die Morde./ Ich meine, ich bin dem Steine nah/ und das Erstaunen der Distanz nimmt zwanglos ab. Ich träume/ was ich sehe. Bin manchmal nur verwundert. Doch es ist nun Zeit/ bald heim zu gehen ins Nie der traumlosen Nacht./ Kein Schlaf/ kein Wort/ kein Niemalsmehrwieder/ ruhst ausgelöscht im Nichts.
Sieben Uhr Läuten. Der Vater zur Nacht. Und einer schließt die Zeitung./ Das alles ist/ solang man wacht. Dann  ist es unbeschreiblich. Und auch das Unbeschreibliche nichts als Nichts/ das nicht mehr ist./ Und keine Leere/ keine Engel gar/ der Herrgott bleibt sich unerkannt/ du bist dann nicht bei ihm/ weil es dich dann gar nicht mehr gibt!

*
Aber jetzt noch ein Ja. Einfach hinüberschwimmen / an den Strand zu den Frauen, eine auffordern: zu kommen./ Spontanf… “Komm mit“./ Und sie wird kommen. Ganz bestimmt wird sie kommen. Weil ich es will. Und sie lieben/ im Wasser. Im Sand. Und sie will es auch./ Und macht  ganz herrlich mit:/ Dies will ich: lieben/ mein Herausgestelltes Sein  aus der Natur/ vergessen/ einen Augenblick eine Nacht/ eine Nacht aus einem Augenblick lang/ sich ganz zu vergessen.

 Abends wenn die Bucht das Kastell sieht/ die Einsamkeit alles zu/ das vertane Leben/ zu zweit/ kein übriges. Was bleibt wird aufgezogen/ ein kleiner Hund. Scharf die Kontur großer/ Verlassenheit. Die Nacht auf glänzendem Wasser des Y/ greift ein./ So geht es weiter/ und die Müdigkeit wächst sich aus/ ins Sinnlose./ Schönheit tut weh/ einsam.

Girolata 18.7. 19.7. 85
Kaum Mut. Alles schlägt nieder./ Natur/ die nur in mir einsam ist./ Im „Spiegel“ gleichalt Gorbatschow. Nachts die vergessenen Träume viel bunter als der Tag. / Am Tiefpunkt des Willens/ lege ich an.

Dänische Frauen/ nackt am Strand/ ein Wanken. Aber der Tod setzt in mir seine Zeichen . Geblieben ist nichts als diese Zeile, die sich manchmal noch erinnern kann. Der Moment: rötlich schroff/ korsisch karge – ein Greisengesicht/ eine einsame Frau mit einem Hund in einer Blechhütte wartet auf ihre  Liebe, als wär er Natur/ kein Echo der Auflehnung oder der Gleichnisse mehr von weit her in mir/ sehe ich zu/ glasklare Kinderwelle an den Strand zu den Dänen. Unter Wasser ein verschwimmendes Mädchengesicht Helsingörs/ Idiome schwirren in der Luft/ Babyfriedlichkeit aller Fahnen./ Im Radio wird die Beerdigung Bölls angekündigt. (Katholisch).

Es muss uns geben/ auch im schwankenden Endpunkt. Erst der Tod wirft uns aus/ als müsste wir durch unser Nichtseins wieder ein Recht erhalten, das wir längst hatten/ manchmal hoch halten/ die Auflehnung von diesen Gedanken / der verschüttet war. /Immer länger die Leine, bis man sie nicht mehr sieht.

*
Was mir bliebe/ eine Biografie meiner Heimatstadt/ Punkt des Vergessens in mir/ dieser Anfang, der alles versprach./ Ganz wie bei allen/ ein Beispiel also/ diese Peripherie., die sich wundert in mir dies Zentrum  zu sein./ Und so weit Gefühle steigen/ ists als ginge es wirklich auf Fahrt „nach Hause“.


*
Das „Numinose“ ist das, was von „damals“ blieb.(van der Leuuw). Auch Yeats hic visione.
Ich aber bin taub geworden. Der Unglaube erschlägt.
„ Glaubt nicht Schicksal sei mehr als das Dichte der Kindheit.“ (Rilke,7.Elegie). Doch getrennt seither.
Doch allein von mir/ ist die Schuld abgesegnet/ nein, sie ist um mich geästet/ als wärs die  Meeresküste schon/ der Ekel schlägt dich/ fern/ wird der Menschen Kindheit/ abgeschlagen/ wie das Wasser .- Ists Diktat der Stimme durch die Sprache./ Und plötzlich höre ich vom Strand die vielen Kinder/ ein Wunder / wie aus Sand.. Was noch durch mich geht/ sei ein Leben./ Das Gedicht aber/ hat noch immer ein Gefühl/ allein für sich./ Wie wärs/ erstickt in dir/ das Atemlose/ blaut nicht/ denn / es sei die Tote/ um dich/ die du nicht lieben konntest./ Wie hat diese Enge anders zugeschlagen/ gedreht/ kein Wind/ die Spindel/ die die 3 Nornen/ in ihrer Hand zerschnitten/ das ist der Faden/ doch du trennst.

Gedacht/ kommt es/ von wem gedacht/ von dir?/ Als du am Strand warst/ wie in Kinder Hand/ dies Schriftbild weit von dir/ ein anderes sprach/ und jetzt geht’s langsam oben auf der Zeile, der Marktzeile?/ Alles, was du gelebt, kommt jetzt hier wieder an./ Und draußen geht der Wind/ du sprichst vielleicht im Traum von Ihm/ morgen auf der Zeile.
 
Obs „Geister“ gibt?/ die Toten leben?/ Wer ist umgeben hier von wem?/ Und das Bewusstsein kann nicht langen/ kann nicht reichen./
Doch stößt mir viel zu wenig zu/ von dieser Art./ Dass ich gefangen sei/ in dem, was sich mir sagen lässt/ ich Unheil/ Unglück/ weil die Zeit sich so und / reinen Wein verengt/ nichts traut / sich in mir vor, was schon der Duft der Macchia ist/ und die blaue Welle im Ohr. Zikaden schlagen/ ganz sicher/ aus ja, dieser kleinen Art./ Und im Verlassen von „elemental  things that go/ About my table to and fro.“ ( Wie bei Yeats Frau/ der automatischen Schrift / von Anderswo.)

Aber die Wiederkehr/ solls Sein?/ Gulliver/ ganz klein/ oder zu groß/ als wär ich eine Ameise/ dann wieder ihr Gott/ zu Fuß bin ich/ da stechen alle spitzen Steine/ die Haut zu dünn/ schon  wieder einmal Oedipus/ der Unordnung/ und Trauer der acedia/ zurück bis Le Fleurs du Mal./ Todkrank seit hundert Jahren./ Die Leere hat nichts  Heiliges/ doch zieht sie nach/ ein schwarzer Wirbel ists./

In Delphi  waren wir vor Jahren/ Omphalos, das Loch der Erde/ Wo ist die Mitte/ wenn nicht hier/ wo das Wort steht/ mitten in mir am 27. Juli 1985. Und heute am 25. Juli 2010. Loco hieß es früher. Die Leute der Megalithkultur aber/ die sah ich gestern/ die Geister versteinert/ in der Klippe/ nähe Punta della Volpe/ Fuchsgesicht/ innen/ semantisch/ wie erlebt zwischen den Satzzeichen/ und nur auf die Sprünge helfen/ lesend/ die Frage/ wo willst du / begraben sein/ wenn ich ihre vergangenen Gesichter sehe. Kaum wissen ohne etwas zu glauben/ was wird nachher sein/ oder Nichts/ schon der Prinz/ schon der „Prediger“ HioHiob/ oder ägyptische Hymnen/ kamen der Müdigkeit viel zu nah/ auch ich bin todmüde wie jener Mann/ diese Angst ist groß vor dem Wissen/ ein Choc: dass es jenes Land keiner Wiederkehr gibt/ das nirgends sein kann/ außer im Hinterbliebenen./ Befestige/ doch dein Herz/ im Vergessen dieser traurigen Dinge/  die kommen werden/ der Schlag./

V-erkannten Eilanden: sagst du,/ dass du am Leben sein darfst/ was es gibt/ solange es geben kann/ für dich/ bevor es hinterrücks ins Dunkle verschwindet/ was weißt du denn/ im letzten Schlaf endet/ wo 

Die Engel für dich denken/ schreien/ oder ein Gramm Mineral/ Atome leben weiter/ die Schalen sie kreisen/ Sprünge wird’s geben /  Spuren von deinen Gedanken im winzigen Krümel/ was IST. Und du schreibst jetzt daneben/ Rührung geht ja nicht auf/ wenn Gleichungen gleichen/ dann wem?/

Saug ein diesen Tag/ der sich schreibt/ über dich/ hinaus/ die Rezepte/ sie auskocht Humor gar/ sollst mir dabei sein/ wach innen/ nie  im Moorgrau der Logik. Dort bei den Kühen vielleicht/ wirf dich auf  die frische , rissige Erde  solang der Duft dich erreicht/ hier oben in der Bläue/ im weichen Licht/ immer nur weich/ wenn du frei bist.


„Wäre ich nie geboren worden/ so als hätte es mich nie gegeben/ sagt Hiob/ gäbe es den Tod nicht/ und auch so kehre ich dahin zurück, wo es mich vorher nie gab.
Diesen Schlaf tun, lang/ der keiner sein kann/ im Wort nicht/ nur das Wissen der Steine/ weise sind meine Neutronen nachher/ im alten Klang seit der Erschaffung der Welt/ und von Licht/ das nicht die Sonne allein ist/ das Ende nur so/ als wäre es ein Kinderlied.


28. Juli, 29 Juli Rondinara
Schon starke Winde. Abschiedsgänge. Doch kaum noch Erinnerung an solch einen Tag.
Abendspaziergang. Kleine Begegnungen. Ordinärere Art. Nur auf die Schwarze Muschel aus./ Einschnitt im Frauenkörper: Besessenheit und Neugier. Da lagen sie gruppenweise und sandten Signale. Sonntags vor allem.
Schwesterscharen, Mutter, gierige Geliebte. Und auch Jann, deren zweites Gesicht zwischen den Beinen, die Frucht nur/ dieses haarige Geheimnis. Und doch Sehnsucht nach einer fremden, ja, fremdesten, nach einer Inkognito-Berührung. Spontanfick/ sagt sie. Und sucht ihn auch. (Erica Jong: Am nächsten Tag).

30. Juli. Noch stärker dann in St. Giulia beim Club Meditteranee.
Flucht vor den starken SW-Winden aus Rondinara Richtung Porto Vecchio. Streit mit Jann vor lauter Nervosität schon beim Ankern. Fuhr fast auf einen Motorsegler (Zweimaster) auf.

Was gab es an menschlichen Begegnungen? Zwei italienische Ehepaare. Nachbarn. Ein paar Rufe von Bord zu Bord (die vor allem dem Hund galten!) Humorblicke, Satiren: Die Frau lag nackt an der Reling und reckte ihren weißen Hintern in die Luft.

In St. Giulia ankern, am Strand entlang, wieder meine verstohlenen Blick nach der „Frucht“. Weshalb eigentlich „verstohlen“  Ist doch ein Zeichen von Nichtgealtertsein: Auch vor Jann diese Scham./ Ich müsste freier sein. Oder/ kommt diese „Verklemmtheit“ aus der Erziehung? Erregend hinter den Klippen dann die offenen Vs,/ die sich hingelegt und sich bewusst zur Schau  stellen. Wohlgeformt./ Hier wäre ich gerne lang liegengeblieben, Voyeur-Sein/ genießen. Und nicht nur. Ich wäre bereit/ mit braungebrannten Wesen/  zu Vögeln.





Mittagessen auf einer Terrasse. Dann der Gang zurück. Und – oh Schreck, das Boot weit draußen abgetrieben. Wir rannten zum Gummiboot und fuhren ihm nach. Der Wind inzwischen stark, etwa 6 SW. Wir waren auf die Nachbarn zugetrieben, die hatten verantwortungslos alle Leinen gelöst. So trieb das Boot 70 m draußen bei den Klippen. Verrückt. Der Horror, es hätte zerschellen können./ Der Ostwind nahm zu, brachte das Meer,    in Aufruhr. Brandung. Kein Bleiben möglich. Abfahrt nach Porto. Es war 18h. Um 20h kamen wir an.

*
Kann Dionysos nur Grieche sein/ hat er Humor/ oder trennteer    uns vom relativen Denken/ an der langsam sich bildenden Zeit der Tragödien?
Er spielt sich in Musik auf/ sagt Nietzsche zu uns/ heilt nicht/ lässt sich dann von spitzen Frauenschreien  zerreißen und weißen Armen / wie Herr Orpheus/  der den Tod mochte/ vielleicht als Klang eines Haars in der riesigen Spalte der Nacht/ Scham und Ufer, wo der Eingang immer offen lag. / Und das Und du lässt es links liegen/ du Idiot.

*
„Leben“  hängt sich daran an/ ist noch in der Restbegierde/ das Alter schreitet voran/ es würgt irgendwo schon   der Eis-Hauch/ kein Atem wieder/ Versiegen mit offenen Augen Zusehn/ wie du vergehst.
Ja, und schon gewesen./ Was hält da/ die Danaiden/ die Bindung passè/ dafür gabs dann Zeit/ die Reue/ löchrige Fässer/ Anstatt der Hoch-Zeit.

Porto Vecchio. Rückblick, 1. August. Notierte schon im September 84 zum VT:
„Jann als permanente Alters-Nähe, nicht das Neue kommt mir zu// nur das Gewesene./ Ullyss aber ist das prickelnde Abenteuer/ das Überraschende fehlt/ und du bist vergangenheistsüchtig/ dazu noch/ die Sperre nach vorn/ Rätsel des Offenen, die Utopie/ die rasche Wandlung. / Nur das Schwarze Dreieck/ anstatt des Delta t?

Gestern Gang an die Nordseite des Golfes/ Überraschungen/ im Blick/ die Korkeiche im Sonnennetz des Wassers/ milde Spiegel/ Kristall/ schaukelnd. Ich im Geäst/ dann nackt liegen im flachen Meer/ grober Sand auf das Gekräusel bringt keine Zeit heran/ der Sand staunt/ wie der kleine Hund neben mir/ Jann/ der Schatten ist löslich geworden/ Augenblicke gehen offen in laufenden Wellen/ wie das Wasser klingt/ dahinter der Park eines Landhauses/ Stimmen in der Luft.

Langsam der Weg durchs Wasser/ watend/ spitzer Fels und runde Steine  mit Brücken für Badende. Im Golf Trinité / Staginolo (Porto Vecchio) spielende Hunde/ hingerekelt die nackten Leiber/ draußen scharf schlagend/ Wellen  Wasser-Berge/ der Mistral/ pfeift in den Masten am Fischerhafen/ dann die Camper/ Schrebergärten/ Kunststoff/ und wieder stehendes Gewässer/ watend zur Landzunge und dann  durch den Pinienwald/ nackt durchs dunkle Wasser/ Rückkehr in den Hafen mit dem Beiboot.  

Überall/ nur verstreut: das Dabeisein/ ein Augenblick Rast im Augenblick  der andern/ PUNKTUELL ETWAS Aura/ rustikale Pizzabäckerei/ eine Oma füllt am Wasserhahn eine Plastikflasche/ Nirgends kehren wir ein/ diese Hast treibt/ die Angst vor der Nacht. Mittel die uns helfen/ hier zu sein/ vertreiben uns schon/ das Beiboot könnte uns gestohlen werden./ Oder abgetrieben vom Westwind/ draußen treiben.

Brav trappelt der kleine Hund mit/ ganz im Geruch/ immer dabei./ an der Nase geführt und doch froh./ Keine „Zukunft“ stört/ bricht ein/ wir den reinen Raum wie vor uns/ nur halb sind wir dabei/ das „Unterbewusste“ ist fern/  alles nimmt schon Angstgestalt an/ Bedenken/ der große Schatten zeigt sich jetzt/ und dieses Jetzt ist immer/ ein schwacher Abglanz wie das dunkle Wasser/ das anzeigt/ dass wir noch  den Heimweg vor uns haben// verstellt/ was uns der Hund schon vorzeigt/ zitternd.





Die Zeiteinteilung schon zerhackt/ ein wenig wie im Seitenblick ist diese Nacht unheimlich/ sie aber hat der Tod geschickt/ wie eine Abwehr/ lässt es kaum mehr Wissen zu/ und abgelenkt/ die schwarze Bindung ist bequem/ und mit dem Motor/ der uns übers schwarze Wasser treibt/ beschäftigt/ gibt es dieses Wasser nur als Spur/ Fahrwasser, weißer Schaum/ die Schraube dreht hier die Spirale/ der man drinnen zu entgehen weiß/ ganz um/ jedem Zustand rascher zu entgehen/ die Hilfe hat uns aus dieser reinen Welt das Rätsel schon hinausgetan/ in unseres, das uns krank und eng umgibt/ ein Leben im Detail/ und hier die Zeile die/ wenn es mehr noch nachträgt/ den Zusammenhang, das Einzelne zusammenführt/ was längst gewesen reiner macht, dies einmal und Niewieder/  das mich ach, zu schwach noch schreien lässt. / Das Tier in mir/ ein kleines Echo noch/ als wärs ein Negativ/  nur halb zu sehen/ die Augen nie mehr zugewandt und offen./ Und auch der Schwanz , der wieder aufsteht/ wahrgenommen/ kein Zustand darf mich haben./ Nur Zuschauer zu sein und doch dabei/ ist arg. Und immer absichtsvoll/ im Abschied/ und alles fließt vorbei/ als hätte der Gedanke recht/ es wären doch nur Schattenwelten im Atom/ das Licht, ein Spin/ - Und sterben solls/ so schnell als möglich// Wir sind die Toten.

*
Baudelaire lesen (Benjamin 94)./ Flaneur und Dandy/ Nichtstuer von Beruf/ Nachfolger eines frühen Heroi?/ Wo fährt man hinaus ins Abenteuer??

Größe und Gelassenheit/ So sahn sich die Segelschiffe/  sich Wiegen vor der Rede/ Warten auf das große Hinausfahrt ins Glück/ offene Luke ja/ erleuchtete Fenster im Meer/ wie ich sie einst in Kreta sah/ Samariaschlucht bei einem Alten mit Vraka/ schwarz. Dort ankerte damals ein Schiff./ Jetzt schreibe ich aber auf einem Kartentisch/ doch die Realität ist anders/ die Hinausfahrt wird Alltag/ und Angst:/ der Heros brüllt vor Wut/  und im Hafen ziehen sie ihn für die vielen Reparaturen das Geld aus der Tasche.

*
Ha, diese starken Schiffe, die so sehnsüchtig und so müßig ausschauen – fragen sie uns nicht in ihrer stummen Sprache: wann fahren wir aus im Glück
Getragen werden von großer Geborgenheit: ein reisendes Haus?

*
Im Ort Porto Vecchio./ Genrebild. Ein schneller Kuss gegenüber/ ein graziles Rucksackmädchen/ verabschiedet sich eben/ für immer. Daneben über die Tische/ geht eine stark geschminkte Mulattin/ die Hauptstraße hinab.
Wir haben Gemüse eingekauft (und Wein  und sitzen ruhig/ als könnte die Glocke der Kirche vom Platz/ uns nichts anhaben./ Denn/ was zeigt sie an/ wenn eben im Kaffee, wo wir sitzen/ das Telefon schrillt wie auf der Bühne/ und die Leute vor uns vom Nacktstrand  von Chiappa reden/ wo ich in Gedanken bin/. Warum immer wieder/ diese Obsession?/ Ist es die versteckte/ die unbewusste Zukunft/ die in uns rumort: Zeugung/ die uns das Leben verlängert: so harmlos die Kinder aus der dämonischen Anlage in uns?
Irgendwo  durch das Rauschen des Verkehrs/ hört man eine Flöte.

Freitag, 2. August 1985.
Nachts: Traum. Erfuhr, dass Jugendfreunde in S. Literarische Abende veranstalten. Ich natürlich nicht eingeladen wurde. Jetzt plötzlich bei Löw. Dann bei Kibi Leonhardt. Sie lehnten mich ab.

Traum einer endgültigen Trennung von M. (Dabei ist es schon 10 Jahre her.) Eine gemeinsame Schublade mit alten Briefen wurde getrennt, aussortiert.


Samstag 3. August
Abfahrt nach Campoloro. Die Korsische Hochzeit dann in Campoloro. Besuch im Club Corsicana. Nacktstrand. Soviel Fleisch. Die nackte Wahrheit ist nicht das Wahre. Trotzdem beruhigt sie.

Sonntag 4. August.
Sturmansage Windstärke 8. Flucht nach Bastia.
Montag 5. August.
Bastia- Macinaggio. Die Fischersfrau auf einem deutschen Elbkahn. (Cuxhafen). Die Sanftheit und Milde Hoffte sie wiederzutreffen.. Sie. Steht für alle in diesem Augenblick.
Der Sturm gestern/ die blaugrünschwarzweissen Schaumkronen weit draußen. Der Brand oberhalb der Stadt. Die Schiffe, die sich im Hafen auf die Seite legen.
Ankunft und Sturmvoraussagen Windstärke 10 am Cap Corse. Das deutsche Schiff folgt uns.

Dienstag 6. August.
Nachts Sturm SW. Morgens gewittrig/ stürmisch.: In der Camargue Springfluten, Verheerungen. Heute Hiroshimatag. Sturm den ganzen Tag. Jeder überhöhte Text wirkt jetzt. Ich kann weder lesen noch schreiben.

Mittwoch 7. August 1985.
Vor vier Jahren in Marina di Campo den 47. begangen/ voller Trauer schon und Resignation. Es bleibt nun nur noch Kaysers Orphikon. Haha.
Katharer_Sein, Gut/schön/ und wahr wie bei Shakespeare-Sonett/ Celan. Das Eine/ das gesammelt ist/ bleibt/ das Geheimnis/ Moll und Dur gemeinsam erklingen Jetzt.

Mit zusammengebissenen Zähnen den selbstgewählten Pseudo-„Asketen“-Weg zu gehen. Weiter nicht zu „leben“, zurückgezogen nur in solchen Zeilen/ die ein Spiegel sein wollen. (Vielleicht sind?)


1985 TB-Schichtung: 8. 12.85. Rückkehr…. Da steht „abgeschrieben 99.“ Eben brachte Vetta die Post/ eine illustrierte Karte vom „Dritten aus Hamburg.“ Eis und Schnee/ viele Gänse und ein Baum… …  1972: „Vesuv. Überall liegt Lava herum/ und es kommt mir vor/ als brenne mir der Boden/ wirklich unter den Füßen.“ Damals wars. 13 Jahre/ und was ist unser Leben/ Trauer. Dante wollte ich lesen oder Pound/ um es in den Historien aufzubewahren/ sogar im Krieg/ der besser sei/ sagt Amèry/ als der Untrost des Alters/ die graue Wand/ an einem Haar.
 „Die Bucht von Neapel  zu Füßen. Schönheit ja. Und Capri durch ein Wolkenloch/ wie heilig sonnenbeschienen.“
Nebel damals. Und. Und ich nahms voll auf/ auch wenn ich meinte/ es sei nicht mein Leben/ so lebte ich doch/ und ging mit dir so sicher, so sicher über den Grund. Ausgeflossene Lava. Erdmagma. Ich – für alle Ewigkeit? Jeden Augenblick kann etwas passieren. Wie in Pompei.“
Am 5. Dezember 1985, also vor drei Tagen, sahen wir auch Herculaneum. Der Horror war still. Wie Jann so still. Jetzt 8.12. 17h, 47. Wenn ich „jetzt“ schreibe. Damals gegen Mittag. Ende November 75 (?) ein Führer/ zeigte uns den qualmenden Boden, den Abgrund des Kraters./ Wr aßen in einer alten Trattoria/ Dazu pompeianischen Rotwein: Und gleich nach Salerno im dichten Nebel. Kein Wort zur Küstenstraße/ Positano: Sorrent.
Das Unbetretene beliebt. Unbetretbare. Gehört uns. Ich sehe mit deinen Augen ein Prospekt, das du weglegst. Es landet/ im Papierkorb.

Aber auch diese Aufzeichnungen/ dieses Heft/ lange nach dem Krieg geschrieben/ „hätte gut, niemandes Heft sein können: so tief unterhalb menschlicher Wege und Reisen liegt der Sinn eines Menschenlebens verborgen.“ (R. Char.)

In Sorrent fragte ich damals nach dem Preis des Hotels „Syrene“. Damals war es/ hoch über dem Steilufer/ Palmengarten/ schöne Räume/ „Villa Pompeiana“/ zu teuer/ vor drei Tagen war es geschlossen.“ Zimtgeruch. Wie/ Sinn der/ die alten Lampen über uns leuchten lässt.( Wie in S.) Sägen und ein Geräusch/ aus der Kindheit (Herr Nagel und mein Kopf.) Und der wahnsinnige Tasso kam mir entgegen.
Auch damals Dezember. “Orangen reif und leuchten übers Meer.“ Kein Tourist. Es war auf der Rückfahrt von Amalfi und Positano. „Bei Nacht noch wunderbarer der Golf. Drüben liegt Neapel und der Vesuv.“
Begegnete Andres in Positano/ und las dazu Tassos Gerusalemme, samt den irren Briefen Tassos an seine Schwester. / Und Parsifal aus dem Radio/ eine Kassette im verzauberten Garten (des Klingsors). Kam aus Siebenbürgen)/ war er nun da und erschöpft/ kein nervum rerum?/ Sah Herbst und Reif/ es kam die Sonne/ als ich vor der Mole in Amalfi stand.

Und in Elea 1972.
Die Liebe überwinden/ und die Sinne hinüber kommen/ lassen/ so dachte ich an jenem Morgen im Mantra/ drinnen Ruhe/ es war Hotel Magna Graecia und ich stand um 6h früh auf/ sah Eleas Unbewegtheit…“

Sorrent 2: In Sorrent aber Tasso/ von Stimmen umgeben: So fühlte er Angst vor der Inquisition: Einer war das/ das sagte ich Jann im Orangenhain/ weisst du unser Spaziergang zur Marina Piccola durch tiefe Tuffschichten (damals72) Einer war da in Tasso/ der Glaubte…

Steile in Positano/
 Und gleich nach Salerno. Weiter das Jahr 1985:

7.August. Macinaggio.
Traurigkeit ist nur in der Leere/ „Leben an sich“ in den primitivsten Reaktionen des Alltags./ Und keine Reife darin/ Das Unmögliche nämlich:  In dieser Sphäre schöpferisch zu sein/ das kann nur Gott./
Wie die Männer gestern bei Sturm/ Boote festmachen/ die in Not waren.
Für mich das Stürmen/ in der Kabine jetzt/ nur ein Nebengeräusch.

Rückfahrt am 9. August. Pieve.
Arbeit am „Ostalbkreis“-Text. Ebenso am 10. August.

11. August.
Wie gestern auch ganz niedergeschlagen. Das Praktische. Die Quittungen – der Junge zum 2.Mal durchgefallen. L. ist völlig am Ende. Es bleibt mir nur die notierende Arbeit. Kein Lebenswille mehr. Und auch der Glaube an die Literatur ist nicht mehr da. An mich selbst: -  kaum.


 Im Merkur 7/84 von Bahrdt über Altwerden ein Essay, gute und wichtige Gedanken. In der FAZ vom 6. August über Hiroshima. Seither gäbe es einen „Zeitstillstand“.
Altersweisheit ist die Einsicht in die eignen Grenzen Und in das Unvermeidliche. Die Abschiedsfähigkeit?

19. 8.
Eine Woche VT. Heute erst wieder Lyrik-Lust. Pessoa Almanacco 9. Pessoa ist Mystiker und Rosenkreuzer.

ALLE DICHTER BIST DU
Dies Übersetzte das ich meine
Ist zu Haus in mir/ wo Scheine laufen/
laufe über/ wie die Milch zu Hause/ in der Küche
Eine Jause. Reime/ weine sie/ die Tränen die
Dich lähmen./ Hat aber Nichts mit meinem
Leben/ und seinen Scheinen zu tun.

Pessoa war Rosenkreuzer und Kind.

Gestern der Stein/ sagt man
Müsse die Dinge küssen/ wunder/ Bar zum
Trinken/ jede Zeit gab Zeit- Gute Zeit.
Denk doch an Schin/ tanze wie meine Judenfreunde.
Sei Chassidim. 

Eich sagte auf der Leopoldstraße/ weiß ist mein Wort/ und ist nicht mehr/ eine Briefstelle vor meinen Augen/ gelesen/ und in die Mappe gelegt/ Worte halten den Verfall nicht auf/ wenn wir aufheben wie ein leichtes Blättergespinst/ ungültige Liebe/ die wir zufällig sind.

Dahinter ist Stille/ ich habe… lebe den Zwischenraum/ hier im Blick/ was sich noch regt/ die Zeilen mäht/ wie die Jahre/ sogar lange/ sehr lange mir noch bleibt/ wem gehör er/ da alles den Bach runter geht/ horch, es war ein Kind/ dann den Schrei des Esels/ du verstehst/ sein Ohr hier/ das Eselsohr/ auf einer anderen Seite.

Lies meine Antwort/ auf die letzte Nacht/ in der täglich mein Leben scheitert.


20.8. (Vgl. dazu 17.10. 4.11.)
Ich arbeite ja mit der wirklichen Zeit, nicht nur mit Phantasien. Die wirkliche Zeit ist eine Art Phantasie Gottes.
Eine Poetik ausarbeiten. C. Simeon. Pound. Zitat aus Domin. Und Almanacco 6. Bodo Kirchhoff?
Schreiben als Übersetzung. Realität (an sich) existiert ja nicht. D.h. das Original unserer „Übersetzung“ kennen wir nicht. Die andern  (wer sind sie?) meinen ja, das Original zu kennen, gar zu haben!? Wenn wir aber ehrlich sind, gibt es nur Metaphern. Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis.

Hubert Riedels Buch (Spiegel, August 85). „Vernunft“ funktioniert nach Großaffen-Art. Anpassung und immer die einfachste Lösung. (Das ist aber Verstand, nicht Vernunft!) Bessere Ratio hat die weitreichendere Unschärferelation Heisenbergs. Teilt nach Wahrnehmungsart auch Zeit und Raum. Die andere Ratio glaubt an Ursache und Wirkung und, dass das Simpelste die Wahrheit sei. Also Common sense; ähnlich wie das Huhn, das seinen Fütterer anbetet, der es schlachten wird.

Poesie allein hat gefühlte Ganzheitsüberlegungen der größten Wechselwirkung. „Ich bin der Baum, das Gras, dieses was ich sage, ist auf einer anderen Ebene schon gemessen, die ich noch nicht weiß.“


1.Juli 1986
Sterbenselend. Obwohl alles offen. Und morgen ist Abfahrt mit dem Boot.  So steh ich/ und darf sein. Diktiert nur mir/ die Spanne Zeit, die ich hier bin./ Trägt mir so manches auf/ der Druck hier unter Lindenbäumen/ in Lido. Alles noch tun zu müssen/ das erfüllt deine Aufgabe- und Nichts tun zu können. Denn das wäre schwer.

3.Juli. Abfahrt. Frasquita-Reise mit JP.  Abfahrt  Livorno-Bastia.  Dann Bus bis Porto Vecchio. Muffig. Will gar nicht da sein. Wut auf  J. Und das Boot gar nicht haben  und bezahlen wollen. Schon gar nicht zu zahlen.
4.Juli. Campoloro- Solenzara segelnd 31 Meilen bis 18h.
6.-8. Rondinara. Zwei Tage stürmisches Wetter.
8.7. Sanftheit des Strandes.

Sanftheit des Strandes /rückläufig die Lagune aus Kuhfraßspuren/ Duft / Ein Kalb das vor Schreck da durchwatet/ und Geister  schauen zu. / Ein Jahr ist vergangen  / und wir sind schwächer geworden.

Und komme nicht rein. Kein Funke mehr. So verpufft die Tagesenergie, verpufft der in mir angesammelte sanfte Morgen. Nichts in mir.

Plötzlich gepackt von Benn-Lektüre. Als habe er diese Stimmen ganz ordinär lyrisch verarbeitet:
Ein Ort / kein durchlöchertes Auge. anticipation  mystique / aber zu nahe nicht animistisches Gewisper / sonst bst du unbestimmt / verpasst den Anschluss im Reinen Blatt / mehr Liebe / und das Smaragd  des Wassers/ nur fad /wie geist-los. / Und die Hitze: brennender Sand / an der Fußsohle / im Sand / suchst du vergeblich seinen Sinn./ In dir die Ferne Hand/ könnte beschädigt sein. / Doch das Boot enthält ihn, jenen / hier gebliebenen niederen Herren/ der allein Zeit umrundet, dein Leben / musst sie ihm geben / dann kommst du hinein!/  Saugst aus der Spröde des Unglaubwürdigen ein / das Lachhafte sogar: in dieser Vagina, es tröstet / und  Gott blitzt.
Gelbe Blume am Strand /  sehe es nicht mehr.

(Nicht abgeschrieben. Nachkontrollieren, ob schon da 6-8.7. 11.-14.7.)

2008. Atlantik. 19.Dezember Kreuz Fahrt. Das Individuum wird zum "Hyper-Zentrum", einer Art selbstreferenzieller Weltegomanie.

Ach du,  sind wir zu weit und zu spät
hinausgeschwommen
Hand in Hand hinaus ins Offene
Als stände ein neues Ende
Der Welt bevor.
Schwimmen wir, um
dem zu entkommen?

Dort: du weißt: Gibraltar, die alten Säulen
Wo das Offene unendlich beginnt
Jetzt, wir beide zusammen
unter einem neuen Stern?
Liebe, dass wir
Entkommen?!

Geliebte,  solch ein Aufbruch ist
Gegen die Zeit und das Schicksal
Auch gegen den Tod?

Alles was uns trennt?
In einem Meer von Tränen
Deinen, meinen, in Später Zeit?

Oh du Geliebte meiner Trauer
Wehmut wächst mit dir
Und dem Vertrauen Glück
Des Vertrautseins geborgen in uns
Dass uns der Flug
In ein tief Verschwiegenes gelingt.

Je weiter wir fliegen weit und nah
Gestern Nacht wie der Hauch und
die Haut die das Tiefste
Berührt feucht und gleitend und glühend
Und sanft brennt wie das ewige Feuer
Liebesfrau du für IMMER
Freundin Unsterblich Geliebte
Mein fliegendes DU
WIR ausgetauscht zur guten Hälfte
Ich geb dir mein Wort

2
Nur im täglichen Leben
Dieses heftige Laufen
Es zu erreichen
Da es uns übersteigt,
Ewiges Feuer
Brennendes Geheimnis 

Doch gestern gemeinsam
Zärtlich und jauchzend 
berührt

Denn Liebe ist Leben für immer.


Ja, wir fahren den Hesperiden zu, den goldenen Äpfeln in der Sage; wer die isst, bleibt jung, wird nimmer alt?
Reisen ja, es ist wahr, erhält jung, öffnet eine Art geographisches Wunder der Menschheitsphantasie, wenn man sich darauf vorbereitet, denn  nach Weizsäcker sieht man immer nur das, was man weiß.

Die Kanaren könnten die alten Hesperiden sein. Also:
Hesperiden


Ein Jahr später:
2009. Sotto Palmaria ( und ich denke an Platen)

Die Sonne flimmert nach
mittägliches Wasser glitzert
silbern vor Frasquita unserem Boot
zwischen Mast und Segel
das Seeräubernest Portovenere
im alten Blick: und meine Finger
auf dem winzigen Laptop
klopfen die armen liegengelassenen
Verse / fünfundreissig
Jahre im Dunkeln, jetzt erst
wie eine Schrift Archäologie
meines Lebens/ entdeckt,
sieht mein Blick euch wieder
weckt diese schlafenden Wesen
von den Buchstaben-Toten auf.

Palmaria, die Insel Platens

8.09.09 auf dem Boot in Palmaria. Nach einer schönen Fahrt.

9.9. Und dann genießt man auch / den Morgen. Die Wellen, den Wind, den Möwenschrei. Das Ufer/ Vertrauen, die Erde / auch wenn sie einmal hart dunkel und tief mit lauter Wurzeln und Würmern / sein wird. / Alles Illusion, was ich sehe? Das Schöne?/ Oder ist es Gottes Rücklicht, / bevor er sich wieder aus dem Staub und zu Staub / gemacht hat?

Scham
Worte sind nicht da / für diesen Wind,  mit Blick auf ein Militärbad/ diese kleinen Wellen, gekräuselt/ kommen sie auf das Boot zu/ sanft./ Nichts ist es/ ein Nichts/ geht sie das Wort "Welle" "klein" oder " sanft" an/ außer dass sie durch mich gegangen/ mein Auge sie sah/ ein Wesen/ bald Erde/ doch jetzt noch dieses Bild:/ Portovenere kommt ins Auge/wie ein Seeräubernest/ der Berg über ihm wie ein großes liegendes Tier /die Boote/ eines blau neben mir/ und nah das Land.
Doch sinnlos sind diese Sätze/ nur was ich jetzt an Sehglück empfinde/ zählt.
    
Und Flug um Flug  entthront die Wand / und Grenze ruft/ die Zeilen fest geschlossen./ Regress ist Freitod/ stürz in die Erinnerung / das Heu bin ich/ Sein Duft ist meine Nase.
Was aber ist die blöde Kunst/ die nicht berührt/ Herr Benn.
La vita non mi è più/ Arrestata in fondo alla golla/ Che mia roccia di gridi:/ Ungaretti, der Luccheser.

Wir warten im Assozieren/ auf eine lebensverändernde/ Vision. / Tyrrhenisches Meer. Ein frevelhaftes Blau./ Was ist das Horizontale/ Gewerbe/ und Gewebe im Pinienschlingenwald / Torre die Lago / ungotisch,  ja. Latein (+ wie Amerika) und gar nicht in der Schule. / Festa und KPI im Tanz und  Dröhnen / dort am neuen Hafen / doch Ohr- Pfeifen / weil ich ein Deutscher bin
Und Wasser hebräisch hieße: MEM, wie würzig.

Meer / Meer noch mehr / und Immer-Meer / Vision  am Wasser / waschen / weiß wie Linnen / Waschblau am Trog / das wars / noch klein / und nach gezogen  der Hof / Erinnerung ans Regenfass / nass der Kindersommer. Als käme er wieder./ Und immer sei er beglückend DA./ Als wäre alles gut/ so wie es ist/ kann/ und gar nicht anders Sein.

Le Grazie. Die schönsten Schiffe: Lulworth, Astra, Deva, Umiak, Bianco; London. Sogar der kleine Mopi.

Seefahrt 21.-24. Juli 2009. Portovenere. Maria Irod/ hat den schönen Aufsatz über Melancholie und Sprachheimat geschrieben.“

26. 7. 2009, Palmaria. Platen nachlesen. Julia Schröder „ Mit der Geschwindigkeit des Sommers“ – die Idee: Eine komplizierte Story oder zwei/ übereinander legen. / Und dazu Texte aus meinem Archiv „stehlen“. Erbgeschichten und klassische Erbgeschichten. Motive. Themen. Realisierte Freiheit. ( Die mehr eine Illusion war.) Verlust der Träume.

Warum TB-„Gedichte“? Um es dichter und so lesbarer, näher dem Zentrum –  anzusiedeln.

Aufmerksamkeit ist/ das Gebet der Seele. Und seh um mich wie Himmelslicht/ aufscheint/ auf die Dinge fällt.


10./11. August Sotto Palmaria wieder.12. August. Lerici. Mit L. vorbei. Zänkisches Weib? Erinnerung an 2000. Nach der OP, wo dies: Le Grazie die Notlösung war. Shelley, Tellaro.

20. August. Die Müller-Affaire beginnt: Radisch gegen Atemschaukel. Naumanns Hochlob, fade. Schreibe einen langen Text dazu. Schreibe ihn jetzt hier nicht ab.

22.8. Ausflug. Castelnuovo.  L. hält nicht. Nur an der Villa Mediceea. In Castelnuovo wegen Ariost. Sie: Kein Parkplatz.
Dann: Eremo. Antica Trattoria. Essen. Forellen. 900m hoch. Blick auf/ erfrischende grüne Berge und Täler. Am Nachbartisch ein Paar. Ich sage meinen Namen. Der Nachbar such, sein Handy weiss alles: Und so weiss er auch gleich „alles“ über mich. 193.000 Stellen für Ihren Namen auf Google.
Lädt sich meine Bibliografie runter.

Val di Serchio.  Nach Gallicano auch die Villa Lucrezias. Dann Bagni. Catureglo.

 2.   September meinen Aufsatz an Maria Deichmann-Rosenstock.

Viareggio7.9./8.9. 09
Der Sonnen Aufgang ist hier wie der erste Morgen /der ohne mich war / wiederholt nun zum unendlichen Mal den Anfang./ Und es wird mir gesagt, dass ich bewusst diese Strahlen des Anfangs aufnehmen soll / zulassen das was IST./ Nur so kommt zu dir / das Lebenkönnen.  Als Krücke  das Schreiben. Zwei Fischer wie Monster und Marsmenschen / gehen nach Hause / und reden die Menschensprache. Die Kutter und Boote kehren heim vom Nachtfang. Motorengeräusche und das milde Wasser um mich. Ich sitze am Bug der Frasquita und lasse es reden, mir  sagen / während kleine Fische am Ankerseil knabbern, / ihren weissen Bauch blitzend zeigen /  ich  an eine Kollegin, die großen Erfolg hat, denken muss / und vor mir der schöne Scherenschnitt der Alpi Apuane  in ganzer Pracht Länge sich hinzieht / auch unser Pedona Berg  / darunter Agliano / unsichtbar hier / so fern wie mein Leben - / es wird mir also gesagt
 / in Fünfjahrestakten vergeht / mein Leben / immer schneller / und jetzt vielleicht noch zwei Mal:  der Fünfjahrestakt. / Ich zog  nämlich die gelbe Wetterjacke an / ein Geschenk zum Siebzigsten / eben war: / Fünfundiebzig / und bald geht die Sonne nicht mehr auf / diese Schreibhand ist dann nichts / als Asche.


2009. Kindernachmittag ( nach Benn)
Kindermittag das Summen / Bach Libellen / und der Hahn. / Der Hang schräg / seine  Blume in das Licht, mein Mittag. Der mit Heuduft kitzelt / Und keine Zeit vergeht / in den Gedichen von Albert / in die Kokel getaucht / draussen im Flimmern vom Mühlnham./  Was noch ist / heisser Stein / beim Barfussgehn / als wärs dem Jud schon längst geschehn / und ich in ihm  / nur noch den Tod geortet.
Und höre / dass an jenem Tag  / in  Alisch wir den roten / Ikarus mit Roth in einen Kinderhimmel fliegenh liessen. / Lauro de Boris liess zu gleicher Zeit /vom Himmmel seine Blätter regnen auf Rom. / Und suchte mit seiner Maschine den Tod / einfach durch  Schrift. Ewige Stadt / so gegen zwölf Uhr Mittags.
Und Flug um Flug  entthront die Wand / und Grenze ruft / die Zeilen fest geschlossen. / Regress ist Freitod / stürz in die Erinnerung / das Heu bin ich / Sein Duft it meine Nase.
Was abe ist die blöde Kunst / die nicht berührt / Herr Benn.
La vita non mi è più / Arrestata in fondo alla golla / Che mia roccia di gridi. / Ungaretti der Luccheser.

Aber die Wiederholung. Aber die Angst. Gestern. Heute. Dass wir zum Tode verurteilte sind. Aber noch da. Und auf Zeit. Auch das Warten: Schreiben ist möglich: erst wenn der Tag vergangen. Das Leben vergangen? Also nach dem Tod? Das Absurde als Wahrheit. Und der gesammelte Schatz an Jahren. Gefühlen dazu in Sprache. Sie fallen ein: die siebziger Jahre…
Seltsam nicht die Toskana. Nein, Köln. Bensberg.  Königsforst- Nostalgie. Mein West-Deutschland damals. Das ich verließ:

HIER, DIESER AUGENBLICK DER ABFAHRT

Zwei Jahre haben wir hier gewohnt,
lassen jetzt Leben zurück wie eine Leiche,
du aber, die ich geliebt habe, wirst  bleiben
hier im Königsforst
im Jungwald mit Perspektive.

Beim Albinopferd mit den wässrigen Augen
können sich die vergangenen Augenblicke
festhalten.

Ich glaube, es ist unmöglich,
dass  meine Gedanken hier
zwischen den Haltestellen nach Köln
sich nicht in winzigen Fahrplänen
oder sonst irgendwo festgesetzt haben
(vielleicht bis zum nächsten Herbst!)

Es ist allerdings nicht zumutbar,
dass dieser Umzug den Postboten tötet,
der täglich mit Briefkastengeklapper
Nachrichten und Briefe bei uns einwarf.
Und diese Zeilen aus all den Monaten gemacht,
werde ich heute noch
an die Nachbarn verteilen
und sie bitten,
uns allen
die Abwesenheit
zu vergeben / ab heute.

Die Mauern waren jede Nacht
zwei Jahre lang angerührt
von unserem Atem,
und gleichmäßig zum Vibrieren gebracht.

Der Schwarze Junge auf seinem Fahrrad
ist heute schon Zwölf,
der Kleine vom zweiten Stock
geht mit sich selbst spazieren.

Über allem aber wachte er:
Euer Wirklichkeitssinn, er
vertrieb mir nicht nur die Zeit,
er nahm mich mit.

Erst bei der Abfahrt für immer
erkannte ich alles viel besser
in meinem verregneten Rückspiegel
im Fahren vergehendes Leben

meine Absenz.

(18. Mai 1973)


Tarahumara von Michaux / von Artaud,. / Und Hin fahren / wie hin richten / “Wir aber wehn / Agartisch ist die Flut.”
Und Auferstehung hier / morgen ist wieder Ostern : Und gestern Gesu morto / C. hat das Öl im Wasser gezündet / Badia. Und heute ist Nebel.
Wir warten im Assozieren / auf eine lebensverändernde / Visison. / Festa und KPI im Tanz und  Dröhnen / dort am neuen Hafen / doch Ohr- Pfeifen / weil ich ein Deutscher bin
Und Wasser hebräisch hieße: MEM, wie würzig.
Meer / Meer noch mehr / und Immer-Meer/ Vision  am Wasser / waschen / weiß wie Linnen / Waschblau am Trog / das wars / noch klein / und nach gezogen der Hof / Erinnerung ans Regenfass / nass der Kindersommen. Als käme er wieder ./ Und immer sei es neu.

25. September 2009.Thales von Milet/ fiel in eine Grube/ als er nach den Sternen sah. Und seine Magd/ lachte ihn aus/ als er  nach den Sternen sah. / AUS mit der Welt ist alles. Doch nur draußen. Innen, wie hier/ allein die Verse verbinden alles so/ jetzt beim Heimfahren von Monte Carlo/ um Wein zu holen. Doch was IT das/ doch nur Worte, Worte/ mein Auge sieht anders/ das Ohr hört/ die Finger fühlen Stift und Heft/  und liegen auf dem sechsfarbenen/ Fell von Dea/ der kleinen Hündin. Was die wohl jetzt fühlt. Alles vergeblich/ so zu erfassen, was IST./ Oder meinen Zustand heute?/ Wäre Filmen besser?/ Ja. Aber auch nur ein Abklatsch des Außen. Langweilig, weil zu winzig der Ausschnitt/ was Jetzt und auch auf der Erde ist. So gefilmt/ die unvernetzte Einzelheit. Wörter aber beobachten Felder/ sind besser in ihrer vernetzten Tiefe: Kreuzung von Immer mit hic et nunc.

Lese in Simmel. Enttäuscht von Simmel.  Dachte er habe Sequenzen des Realen/ wie im Gedicht mit Gegenständen untersucht,  verdichtet, durchdrungen. So einen Tisch phantastisch auf seine Bedeutung und Gebrauch zurückgeführt.

Dann Lucca. Lucca ist die schönste Stad der Toskana. Und sehe es jedesmal. Durch meinen „Verweser“ bin ich Luccheser geworden. Also auch hier lebe ich durch Granucci ein Leben. Nur – niemand liest es, wie diese Sätze auch.
In der historischen Gasse: Piazza die Mercanti essen.  Polpo und entrecot gegessen. Pulks von lauten Holländern. Und Deutschen am Nebentisch. Dann Fillungo. Und Amfiteatro. Bei Armani eingekauft.


DEZEMBERFRAGMENT 85 FLORENZ
16.7. Wieder Traum mit Jann. Gemeinsam in einem Jenseits 

Was vor uns liegt und was hinter uns liegt,
sind Kleinigkeiten im Vergleich zu dem,
was in uns liegt.
Und wenn wir das, was in uns liegt,
nach außen in die Welt tragen,
geschehen Wunder.
Henry David Thureau



Florenz,  18./19. 12. 1985
Und Giulianas Ehrentag  im „Saal der Elemente“

Vor mir das Vasari Wasser/ Venus/ Muschelgerippe Dreieck/ Mauer
Darunter Musatti/ über Panajotis und Giuliana/ ich seh Gesichter/ Bild und Saal/ die Wand durchdringen Gesichter/ der Druckerin/ sphinxhaft schön/ aus den Augen/ oder die Therapeutin Margherita/ das Kindergesicht./ Frauen in Pelzen/ Blicke. L. neben mir im schwarzen Jäckchen.
Auf der Straße/ der lange Rücken.

Der berühmte Psychologe spricht über Kelten und Zwangsjacken
Über die Kranke, die schöne: in der zwei Frauen wohnten/ Exorzismus/  Falle/ und vor mir
Riecht es nach Parfüm.

Fiorino d´Oro der Bürgermeister/ über/ reicht ihn/ und geht./ hier die Nackten
Von Vasari, da wusste ich, was mich erwartet: corpi nudi/ und geht./ Voller Ironie/
Im dunklen Anzug/ geplaudert.

Schläfrigkeit/ dann kommt/ die Blonde/ langes Haar und eine andere mit Engelsgesicht
Flüstert ihr etwas zu/ berührt das Haar mit der Nase/ stützt jetzt mit aufgeblühten Fingern
Das Kinn auf/ sie lösen/ langsam Erregung wie eine Droge/ Schwingungen
Als würde ich angefüllt mit dem Saal./ Das Marmorinnen zieht mich an wie mein Freund Egidio.

LIONARDOS MENSCHENMODELL mit vier Händen und vier Füßen im Kreis
Aufgeklebte Karte mit seiner genauartistischverschlungenen Schrift. Un/Nachahmbar kalligraphisch schön.


Il meglio fabbro/ im Garten 1 Meter tiefer Graben für Reben./ Joh. 15./ Mein Leben morgens: diese Lust. Sie stößt durch Buch-Staben./ Doch am Florentiner Dom/ keine Erregung mehr./  Autobus in das Baptisterium/ grauer Alltag/ Jungen und Mädchen und Tauben und ein alter Mann./ Zwei Deutsche gehen mit Fototasche ins Innere./ Und wir: Heute immer wieder zu Giuliana/ Argia und M. Panayoti, den Griechen./ Sie sind wirklich „der Tod“./ Blicke/ Durchblicke zum Dom./ Blickhalt. Haltestelle Memoire./ Florenz noch älter geworden./ Bei Santa Croce wohnt Carlo/ Borgo, alter Innenhof./ Das Auge viel zu nahe dran./ Er hat Existenz Sorgen. Der Grieche ist sein Chef/ Institut für autistische Kinder,  von P. erfunden./ Argia/Giuliana ist Carlos Analytikerin:/
Lebt alles so wie im Irrenhaus/ 31 ist er/  und geht gebückt wie ein Greis./ Ängste. Obwohl der Vater sehr reich ist (Quelle: wohl Parmegiano!)./ Carlos Frau ist Spross serbischer Partisanen../ Belgraderin. Und stark / 
Der Grieche erfand auch/ das „göttliche Syndrom“/ Gott al Krankheit./ Er hat einen einzigen/ infantilen/ Patienten. Und der ist auch schon 21.

Ich denke an die ersten Besuche in Florenz./ Lauter Legenden.. San Miniato. „Deine Zärtlichkeit wird wieder auferstehn.“ L. hatte mich untergefasst auf dem Ponte Vecchio/ wimmelte es von Andenkenverkäufern und Gold. Und dort am Rundbogen/ lehmig der Arno/ floss vorbei/ und wir suchten einen Ring/ gegen die Zeit/ ihn beide zu tragen/ dazwischen eine Bindung hier/ auf dem Papier/ nur die drohende Trennung/ dort das Gesicht meines Vaters/ die Mutter Hände/ daneben/ stehen. Sie beide einmal/ auf dieser Brücke/ Blick in die Fließende Zeit./ Ein totes Hochzeitspaar./ Nur der eine Teil lebt noch/ der andere (…) wer weiß (…)/ Und ich küsste sie wieder/ das Brücken Geländer/ der Halt in die Tiefe./ Ja, die Vitrinen: Gold Ringe/ viel zu teuer dieser Halt/ für uns./ Was hatte ich hier/ jedes Mal/ aus der Tradition / heraus gedacht./ Auch, dass wir arm seien./ Und das Zurück ins Jahr 1932. Das mir jetzt nah ist. Fast gleich gültig, als wär e Jetzt/ vergangen. / Gleich gültig wird alles./ Nur Transsylvanien ist weit/ vielleicht gar nicht vorhanden.
Was gestern geschah, geschieht erst nachträglich/ in mir/ blind strömt viel zu viel/ wie der Verkehr/ Richtung Autobahn abends./ Geschieht erst jetzt: hier. So dass Zeit „das Leben der Seele“ sei.

Wieder zu Hause. Abschleppen/ haarigmosig/ Heizung blubbert und plätschernder die anderen Zeit/ vor. Kommt He, das Fenster, das Hebräische ist nah. Fünf. Sonne. Ich. Radio Kainsmal durch die Wand. Und höre Marianne Fritz mit ihrem Wälzer aus Austria. Fritz nannte man Deutsche. Auch: Aufwiederschaffen (in Triest).
         Bei Esselunga Fondane Liebes-Gedichte (Obsedat de lumină). Alle Poren durch. Kleine frische Säckchen./ Und damit dann Gaskammern abgebraucht Zyklon/ Fenstern gittern fern/ kein Eis
         Lösung urmaṣ und Genealogie/ Schwarzerde/ Ciernosom. De Ird. Af deser/ Er-zählerisch be-gabt (Gowen. Bald äs Chrästdach hä) Vgl. SBG. Sächsisches Wörterbuch, Buch Stabe G.
… Femeie, pămánt negru, te vreau ṣi te iubesc…
In care mă aṣteaptă ca íntr´o oglindă chipul.
Das Umständliche/ Ver-stand/ Stand und Nicht-Handliche.
Kind/ Känjd/ copil/ Djermäk/ bambino/ hast du/ host tea/ ai/ singura ṣansă de continuitate?
Frau/ Frucht fructus ventris tui/ Ave Maria grazia plena?
Keine Lust/ ab Dreieck/ mehr als gewesen!
         De Stadt säcken/ Ekbatana oder/ Schess brich/ in C. schau Fenster stehen offen
Auf der Bank Millionen früherer Frühlinge in mir. Aber Aus Brechen…?
Aus dem Ort Zwei-Wert/ die Nase der Syllogismen verstopft/ ist
Rotztropfengrün/  hier ist aber: Drehen und Wenden Kubus. Ideogrammatisch vergehn/ wie der Film. Eine Hand/  liebt Dolch/ Dolch dringt ein.
Geweitetes Auge. Klammer Tischkante. Spritzt. Schrei. Etwas tropft/ Schuhwärts.
Entdeckend. Schnitt.

*


22.12.
Alles hinein zitieren/ Celan/ Wörterbuchverfolgung. Und die Vor-Schrift in mir.

Jeder begegnet seinem „Drachen“ / Wer aber ist hier der Hausdrache/ rettet oder vernichtet/ ganz
Unvorhergesehen. Phallus klebt dann nicht mehr/ allus.

Bisher/ einfach: z.B. 1558 Moment Anna Chendae in Hunnyad. Török war ihr Mann/ ein General.
Er ließ sie köpfen./ Weil sie ihn hinter ging. Sie sein Besitz. Er ließ sich stehlen, stahl ihm selbst die Frau.

Ratlos/ den Drachen umarmen?

23. 12. L.s Geburtstag. Kommt im TB aber nicht vor.

24./25. 12.
Was sich als Licht begreifen lässt/ solange wir da sind/ du meine Mutter/  die Zeit Erinnerung/ der Bruch.

Wir wissen es nicht mehr/ was war./ Sicher ist nur – dass es einmal
Gewesen und nicht mehr sein wird. Vorbei.
Und das Licht verschwindet. Stille. Nacht.
Die alten Weihnachtslieder, sie sangen den Duft
Und du warst zu Hause/ einmal in deinem Leib./ Was ist Dankbarkeit – ein Wort.
Wie die Abwesenheit beim Telefonieren/ sich in keinem Augenblick sammeln kann
Was für uns spricht/ und was schön war.

26. 12. 1985
Denken an Mutters Geburtstag (75).

Wenn man die Zeit aufhalten könnte…
Du bist verpflanzt worden, vielleicht versetzt worden. Schmerzen auch
Weil du „unten“ geblieben bist mit deiner Seele.
Mutter, du mein großes Gedächtnis bis weit vor meiner Erinnerung da.
Es lässt sich kaum sagen.
Fest-Ablehnung, Fest-Aufhebung wider die Zeit, die sich oben schließt
Nach unserem Verschwinden!?
Der Kreis, der sich hier zeigt, und nicht nur wir.

Celans Mutter – als Gegenteil. Nicht ausdenkbar. Wo warst du
Als seine Mutter starb./ Wo waren wir?
Es dehnt sich/ und sprachlos fand ich mich/ ohne deine ersten Worte/ aus dem kleinen Kreis des
Nussbaumschatten, schön kühl/ und ein Roten Hauses/ bis die Zeile/ wo der Nusskern wieder zu sich fand/ Den wir ahnungslos  aßen/ war ich ein Kind  und zu Haus….
(Kopiert: 5.Juli 2010)


Es ist die Schwere, die mich zu dir zieht. Du warst der Anfang meiner Erde/ die sich dann bald
 Nicht weiterdrehte / in allen deutschen Worten. Es war August. Es hieß: Zusammen Bruch.
Kein Auge blieb trocken.


Und wenn ich es vergleiche: mein Gefühl/ es kommt von dir/ im Abdruck meines Lebens
Mit jenem/ der seine Mutter durch uns/ verlor/ - dann bin ich klein geworden/ und es trägt sich nichts mehr zu/ wenn ich vergleiche/ ist es erstarrt/ und fremd hier wie du.

*

Weißt du wie viel Sternlein stehen/ auf dem blauen Himmels Zelt. Einmal blau/  und hat dein Kleid an/ Lieder, die du sangst. Die mich noch heute sehen. Erstaunt, dass die Mutter/ so spät noch wie die besten Freunde/ im Gedicht  die Worte/ bei mir stehen. Als wäre nichts vergangen/ und noch alles DA. Und wie Margueriten/  groß ein  Blüten Feld, auf dem wir nicht mehr zählen.

Ein Märchen, wenn alles wieder zurückkäme zu uns, als wäre nichts geschehen: Und das Vergangene so nah wie das Unerwartete, das später eintreffen wird, wenn du nicht mehr bist. So naiv drängt es zu etwas. (…) Ach, das Einfache ist zerfallen, „weil es ein Anderer ist, immer ein Anderer, der da redet. Und weil der, von dem da die Rede ist, schweigt.“
Was weht tut, ist vielleicht die Nähnadel im Finger, ein Blutstropfen höchstens. Das andere geschieht im Fernsehen.

Und lang schreiben, ohne Unterlass sich davon machen, Wörter als „verfehlte Wirklichkeit“- die andere, die ich nicht erreiche, ist die Große Ohnmacht in allem, was geschieht. Und ich wie ein Fremder daneben. Gast im eigenen Leben. Doch nicht mehr das alte Lied; nur die Schwere wächst. Prägt den abwesenden Mund, die Hände/ in der Luft. Sie greifen nichts mehr, nur noch daneben. Und suchen vor sich her. Das Feld mit dem Geruch dort ist/ leer. Verschwunden. Und das Herz. Schwer.

Was im Bach stand/ wir denken ihn/ kaum noch/ steht er mit uns/ die Brücke?

27.12. Die Schwere. Und dann die Sterbensfahlheit, wenn ich allein bin. L. ist innerlich fort.
28.12.  Die Nacht Tingtang Herz. Höllengefühl.  Zukunfts- Los. Altern. Und allein. Immer wieder dieses Gesicht des „Dritten“, der sie mir aus gespannt. Dass Jann zwischen ihre Papiere holt, zum Aufschlagen bereit. Diese Schwerkraft des müden Herzens. Bei mir nicht aufzunehmen ist oder beschreibbar. Kein Foto. Kein Buch.
Eine Grille, die singt über uns. Ganz schön. Zynisch. Sogar ein Lob/ Boykot der Schlächter Geschichte. Und unserem Eigensinn. Und wüsste nicht, wie es weiter gehen soll. Eng und enger die schwarzen Wände. So komm, liebster Wahnsinn. Flach mich ab. Und nur ein Liebes-Wort von Jann… Und ich wäre „erlöst“.

Diffuse Dimension der Träume, die sich als eben Geschehenes ausgaben, als trüge es sich und mir eben zu. Da war ein groß gewachsener Mann, wir sprachen über Meditations-Technik. Und ich sagte,  Si zehn Jahren übe ich täglich Tantra. Er sagte: Das ist gefährlich. Doch wusste ich, dass ein Hochschrecken aus dem Traum schon die Commedia schuf. Und die Umkehr zwischen wirklich Zugestoßenem und Gedächtnis, wie in der Analyse/ Schmerz des Nachgetragenen so deutlich macht/ wie hier im Tage-Buch: Erst dem eben verflossenen Tag eine kopernikanische Wende geben kann, manchmal wie ein Erkenntnis-Schlag, ein Axthieb. Der Tag erst in der Schrift eingebracht. Als wäre nun im Zusammen-Hang/ die Vor-Schrift gelesen und  findet so ein Erwachen/ hier auf der Zeile mich Selbst. Das die wieder lesbar macht. Als wäre ich nicht wirklich gewesen; wirklich nur jetzt.

Abschiedsfähigkeit. Zur Lesung 85/86. Ist Herrenalb gemeint? Am 17. Januar. Ein entscheidender Anstoß, sich des Vergangenen zu erinnern. Ist jetzt  eine Art kollektive Inkubationszeit vergangen?
Aber das Erwachen (aus der Nazizeit der Siebenbürger Sachsen)  wurde verzögert. So muss schreibend getan werden, sage ich mir in meiner Arbeit,  dass das Traumbild „Heimat“ des Gewesenen nicht weiter  mystisch nur verklärt wird!,  das ihm wenigstens im Satz die rückgerufenen Bilder und Zitate zur besseren, härteren Lesbarkeit verhelfen. CITARE heißt ja: nicht nur zitieren, sondern auch vor Gericht laden.
 (Vgl. Auch „Dass schnelle Altern der neuesten Literatur. S. 52. N. Boltz).
Weiss: in einer Stunde. Hintergründe des Weissen Blattes. Gedicht dazu. Celans „Sprachgitter“. Au Mallarme: Blanc. Vgl. Janz S.36. Mein Gedicht dazu: Casa Bianca. Und Hirnsyntax.

31.12.85.
Noch dieses Jahr/ Und Meister Manole stürzt von Haus zu Haus/ weil sie zerfallen werden/ die Mauern stürzen ein. Risse sind überall zu sehen. Und gräbt noch schnell / die Frauen ein.




14.2.86. Wieder in C.
Zu „Erlebte Essenz“, Gedichte
Oder: „Antidinge“ , Gedichte

Hommage für OP.
Rückblicke/ ein ferngesteuerter Sprach-Strom/ und Para-Phrasen NUR./ Sechsundachtzig sehe ich/ jetzt erst Worte auf mich einstürmen/ aus Berlin (BärLinnen weiss und Baumgespenster/ Höller, die Literatur-Nase),  der Raum vergisst den Klecks/ von dem er sprach/ nicht/ Frau Fotografin/ mein Gesicht nur Subjektiv-Objekt/ sagst im Haus Collagen etwas/ und so fort im Lichtblitz/ für Alle Ewigkeit (dein D. heißt D., Fleisch aufgehoben/ die Lust von früher.) Der Wannsee mit toten Dichtern unter dem Eis./ Das wuchs weiter ins Aus. Dein Gedächtnis zum Meridian. Neu geht er durch Ber Linnen/ bei klarstem Himmel unter den Linden. Zum Tor hinaus: Parademarsch.

In statu nascendi sagte Ossi/ überrascht die Assoziations-Wege bei Kollegen (Jaja, Dada (Raum-Lesung zu wenig Flecken/ Foto und Farbklekse, die sich aus breiten wie aus dem Nichts/ eingegossenes farbiges Öl auf (wessen) / Wunden/ und Wundern/ als Anhalter Bahnhof/ oder eine Konferenz/ Beinleiber/ lebendiger Leute. HIER/  klirrt der Frost/ wie früher die Fahnen/ Krahn auf dem Turm/ Zimmerdach/ Ächz.
Sprach Weg/ Downlaufs fast mikroskopisch/ Müßiggang in mir/ eine Geschichte/ steht vom Platz aus/ wo wir sind/ Tischläufer wie Mondsüchtige/ Onkel Wilhelm etwa/ der im Ersten Weltkrieg fiel.

Wasserfarben zu bunt über der Tischplatte/ och tiefer als Chromosomen/ ist der ein Nichts/ Partikeln stöbern nicht Auf/ Gänge/ Ab-gestaubt kein Gedicht/ das Heym wieder lebendig macht oder Rosa/ im Rauch von Ossis Zigarette. Er lebte ja damals noch. Selbstgemacht die Erregung/ als Hier von Dort/ zwischen Raum im Gesicht/ was sieht ein autistisches Kind Anders/ auch in der Hildegartstraße/ als kein Lächeln unten bei den Müttern war/ vor sich Entelechien/ kommen nur noch als Artikel/ auf diese Welt/Punkt Punkt Komma Strich/ hier gelber Birnwachs und fertiggemachte Eins/ kalt/ das Mondsgesicht/ vor weg den Augen geflimmert.

Was kam. Was Fest. Kaum Kirchenburgen. Zu fest/ Brastbürger/Mitschinalz Lälkäm/ Oberfranz Baiergass/ das franzt sich besser Aus./ Ossi frei? Räume Sternbeißfang/ Herr Roth im Bad/ der Ev. Herr als Salmiak/ Geist/ und wie Frost beißt/ bete Kinder dir Nasen/ Höllers empfänglich/ Empfang by Wahn ha/ der Welt Flughafen außer für Tote/ Gras dazwischen/ wächst/ wir drüber/ by Ab Heben/ Baum bin Boden/ Er brechen/ Kotz Tüte/ Krotze Türken.


In Rom ging es ihm fort/ schlecht. Kein Bissel. NUR. Bissen vom Hundertsten. Verlass. Wer stirbt weg. Haustier/ und Glaub Nicht./ Tage Buch Tag. Bube. Als verstörtes /A-a-s.  Tot-all und D-Moll die Wieder Lage sein Wieder Und. Wahn und keine Entropie/ Null. Auf. Jeden. Fall Anstatt der Herrgottsideologie…

Reines Gedächtnis. Wie Engel. Ich aber (ein) Fern-Rohr, Inhalt längst ab/ gemurkst.


25.2., zum 17.2. Rolf Bossert stürzt sich aus dem Fenster im Frankfurter Aussiedlerheim.   Spiegelnotiz. GESTORBEN. Rolf Bossert, 33.
Im Literarischen Colloquium. Die Nacht vom 9./10. Februar. Bis halbsechs Uhr früh redeten wir in der Küche: Bossert, Guntram Vesper und ich.  Mit viel Bier. Rolf trank fast einen ganzen Kasten leer. Erzählte von Totok. Der sei verrückt, größenwahnsinnig. Kniete dann nieder, um ihn zu umarmen. Wir sagten ihm, er dürfe bei der heutigen Pressekonferenz nicht schlecht von den Dortgebliebenen reden. Er wird ausfällig.
Am Wannsee erzählte er vom ermordeten Ursu, Ursu mit dem Loch im Kopf. Den die Secu, um alle andern zu erschrecken, in diesem Zustand der Familie zurückgegeben hatte.
Er las, machte dabei Scherze. Er wirkt berserkerhaft, ein Rübezahl mit rotem Bart. Werner sagte, er habe bei seinem Selbstmord für uns alle gehandelt. Eingelöst habe er unser aller eigenen Tod. Den Leichenzustand.

Mein Gedicht an ihn, handschriftlich mit Korrekturen.


EINEM, DER NIE ANKAM
                   
     Für Rolf Bossert
1
Wo du liegst ohne Worte zu blass,
und atmest das Hallen ohne Gedanken, fort
eine Ewigkeit und länger.

Fühlbar nie Gras auf den Steinen, und das Hirn
gerissen, ein Summen von Augenblicken.
Welch ein Sprung, der nie ankam.

Letztes Gefühl, am heutigen Morgen gesehen
im Auge des Wannsees. Und die alten Toten
unter dem Eis.

Was als Beton noch lebt, kam als Enttäuschung an,
Grenze. Wir dachten, es gäbe ein Land unter den Füßen,
doch es hielt den heißen Sohlen nicht stand.

Früh brannte der Boden. Doch wohin
zur Zeit der Vorläufigkeit. Aus-
siedeln?

Ganz dicht, exzentrische Bahn: nur
der Tote käme noch an, käme einer, du denkst
nicht ans Rote, du denkst an den Lichtbart.

2
Du aber kommst von unten. Und du hast einen Körper,
verfügt der Beamte, schließt die Akte Deutschland
im Himmel. Du aber kamst blutend ins Nichts,

trugst schon den Boden im Kopf, und das Unten
an den Sohlen. Und die Wunde wuchs an den Rändern
durch, da fielst du hinein.

Das letzte Fenster nahm in deinen Blick
den Boden mit.

Ich ging mit dir am Eis entlang, der Wannsee,
das alte Auge, sagtest du: zu Hause
ein Dichter erschlagen vom Staat, wir sahn ihn
er lag im Sarg, nur von unsern Gedanken getragen,
mit einem Loch in der Stirn.

Was hast du erwartet, Hans im Glück,
dass noch Leben beginnt? „Nicht ist verkehrt,
ich atme Glas. Ein Apfel aus Beton im Gras.“
Der Teufel die Zunge holen.


Dazu fast noch besser 17.2.-25.2.

Der Tod kam an
Er brach den Wirbel
Ist hart
 wie Pflasterstein
Gläserner Blick
In unser Sein.

Welch ein Sprung, der nie mehr ankam, zeigt
Wer wir dazwischen waren/ vergessen, was ist.

Langsam in dieser örtlichen Betäubung
Du zeigst uns
Den Leichenstand

Und bist was wir wären
Fortgegangen

Wir sind…

Welcher Geruch/ liegt
Hier auf der Straße/ keiner
Und wollte ein Hirn/ das Pflaster
Haben/ schlägt sich ein Loch
Das von innen käme
Und läse die Welt so
Ununterbrochen/ als
Mein Früher

Morgen begraben  und
Weinen/ gläserne Pupillen
Wie ein Monstrum/ das dich würgte
Suchst du zu einem fortzugehen
Und da zu bleiben.

Fühlbar wie Gras auf den Steinen
Blutet die Hand in Keinen er-
Brochen und hirngrau gerissen
Ein Summen der Augenblicke
Einfühlbar verwandt.

Dass du liegst/ hier im Wort nicht mehr
Robust/ im Roten/ sag jedes Außen wieder ab
Und spannst den Wagen an/ den Unverstand
Wo du liegst/ ohne Worte/ zu blass…
Und atmest das Hallen der Fernen
Ohne Gedanken/ im Ritt der Engel-Rapporte
Ewig sei alles viel länger dabei…

Viel zu geschrieben/ fällt dein Gesicht
Hier/ hat sich noch einmal umgewandt
Durch mich/ in deine eigenen Silben gespannt
Zukunft, die schon gewesen sei.

„Letztes Gefühl… die harte Verwünschung/ trifft
Niemand: wer
Mit der Schere/ im Kopf lebt, stirbt
Gern.“ Alles ab Montag  den 17.2.
Lässt du für immer allein – das Jetzt
Es ließe sich ewig schreiben, denn alles
Was je war und sein wird/ ist im Tode in.

Das alles ist vor sich gegangen/ abgeschrieben für dich
„Stürze aufs Pflaster und
Fall auf die Welt. Die Kälte
Schneidet den Kiefer
Entzwei – Jetzt wohnt
Nur im Mund
Ein singender Brei. Das Auge.“

„Man setzt aus der Welt
Mich zu schaffen, der
Deutschesten Dogge
mich vor. Nehme kein Geld.“

Fraß die andere Hälfte  des Lebens
Was war/ und kam nun nicht mehr
Nach vorn/ „Ihr kennt mich von gestern?
Ich bin Hans im Glück./ Was macht noch
Der Rote? Mensch, gut ist es hier.
Keine Angst, die Zukunft
Liegt etwas zurück.“

Das Totsein hast du erprobt
Das wir lebten/ schreien möchte ich von
Nun an/ wann kehrst du zurück?
Es war nur ein Spiel/ nicht wahr
Hans im Glück.

x
 
Sonst nichts/ als im Spiegel/ und in uns
Ein Nachruf/ aus einem Fenster
Das splittert/ Detonationen von früher
Mit dir/ kam ich von neuem hier an
Kürzlich vor siebzehn/ vor vierzig
Oder vor hundert Jahren. Du bist
Ein Toter/ der wir waren.

Ein Licht/ tief die Nacht
Als berührtest du mich
Im Erschrecken.
Komm an.

Ein Brausen war es und
Ein Zittern/ ich fror
Und dachte die Brust
Jetzt aus der Ferne
In mir
Körperlos an.



4. März. Dieser Mensch, Maler, der uns das Boot Frasquita “vererbt” hat (JPF) hat unsere gemeinsame Sehnsucht gestört, sich eingemischt.
Mit L. ist  jetzt nichts mehr möglich?

12. März.
Die Sprache spricht wieder
Tage nichts gelesen / wem Gott will
Rechte Gunst / Kunst? Erweisen?



27. März. Umkehr der Elegien.
URSULA BEDNRS IN DER NL. Regt mich zu einem sehr langen Gedicht an. 
Seit 4 Jahren (2005, 11. November) ist sie tot. Und ich weiß, ich war dort, und bin nicht zum Begräbnis gegangen. Sie  war nur 85 Jahre alt.

Ursula Bedners führt mich mit Texten zu Schässburger Blumen.
Und dass da alles so sein soll wie früher / gar weiter gewachsen der Nussbaum/ Nähe und ich sag aus / was wichtig zu sein schien / den Stiefel, der alles zertrat / so dass die Himmelsschlüsselblumen auf leeren Plätzen zu wachsen scheinen / kaum mehr zu bedenken in fehlendem Licht. Anstrengend ist es / sich vorzustellen / wie auch dort das Leben weiter geht / ohne uns / nach der Katastrophe leere Orte / ein Leerklang im Speisezimmer. Und viel zu kurz mein Leben / alle meine gefühlten Bilder / ausdenken zu können. / Und lese vom Maifest in S. / Bis hierher / und auch den 4.3. / hältst einen Kiesel in der Hand in de Fingern / als könnte  man  hervorzaubern, was längst vergangen ist / einer hieß Brandsch und liegt in Russland begraben, seine Streifenwagen aber, auch sie längst verdorben / die Pferde tot. / Welch  ein Henker ist das, die Zeit / nur der Duft von  Heu oder Wiesenglockenblumen, weckt die Bilder auf / und dazu Ungarettis “Tutto ho perduto dell infanzia / O / Null wie Bedners / Mutters Schülerin / auch am Maifest / und als wären wir nicht da /mein Bruder / liegt auch auf dem Schulberg nicht mehr./ Jandl hat Recht /mehr nicht als Brecht / verfremdet Gedichte nach dem Tod (Klebt hier aber der Phallus noch allus?) - auch trocken?

                                                               ALL UND KUNST





Mattiolis Kopf, ein Selbstporträt, trat aus einem schwarzen Hintergrund hervor, und er hielt die kleine Enkelin, damals noch ein Kind, eng umschlungen, als klammere er sich an diese kleine weiße Gestalt. Im Katalog war dazu auch ein Gedicht von mir abgedruckt:

Auf einem Blick
Jenseits der Tür, davor
das Kreuz, das nach dem Tode
steht. Im Rahmen
stehst du schon
der Tür/ aus
ewiger Nacht
mit einem Fuß
Das Enkel
Kind, das dich umarmt
in Weiß steht
noch im Licht und
hält dich hier.

Nun gut. Anna zeigte mir auch das zweite Gedicht, ein Gedicht auf eines seiner wunderbaren Kruzifixe gewidmet, das im Kloster von San Miniato in Florenz aufbewahrt wird.



Francesco aber hatte mir Zeichnungen von Muzic gezeigt, eines hatte ich ihm abgekauft und es hängt nun in unserem Esszimmer.

GESICHTER DER GESICHTER
Z. Musics Selbstporträt bei F.D.

Gesichter der Gesichter
sind ein Fenster aus dem Nichts
die vielen Toten haben sich verwandelt
sie sind hinein gehauen hier ins Fleisch
als wäre es  Christus der schon schwarz
in einem Rahmen steht

Was habt ihr mir gesungen Herz
die Totenopfer die nicht sterben können
sie haben wieder Mut:
sie stehen hier auf in neuem Grau
die Asche leuchtet rot im Licht
die innere Glut  sie schlägt
darunter Kohle
das Gesicht-  Kontur.

6./23. Januar 95






21. August 93 bei Gottfries Berman Fischer.
Hier ein Gedicht zu einem Bild von ihm

CHARON
Unter grünem Rasen
Liegen manche
Manche nur verscharrt
Unterm Todesbaum
Da keine Wurzeln mehr ihn grünen
Wo kalter roter Fels
Das Herz erstarrt
Nur dunkle Schatten
Zeugen unter falschen Blüten

27.August  94 bei GBF – ich bereit eine Sendung über ihn vor und einen Essay. Ich stelle Fragen auch zu Stefan Zweig und zu Monika Mann.








Reminiszenzen als Bleibart?

Doch warten / dass die Kluft sich auftut / mit Sinnen / und wir so tot und vorbereitet / schon Jetzt / die Brücke bauen / ohne Vor-Geschichten / und keine Geschichten machen  / sie IST.
 Ja. Immer unmittelbarer zu Gott - dieser tote Wer.

Woran ich schreibe? / Nun: an diesem HIER (Jandl, wie niedlich!) Im Inkognito kommt / Er wieder / zu Haus  an - Bricht die Stimme / Nähe aus.  Wie Fahnen! Was uns irrte. (Wiesenschaumkraut / Nessel / reine Poesie.)

Progressive / alles Eins. Jetzt / Skelette / wir fallen vom Fleisch / Eingetaucht / bis zu den Kashinas der Hopi / Kommt wieder / also der Messias / Oder der jüdische Kalender / mit Freitag beginnen / Blaue Königin / Schalom.

Sehnst dich, sehnst dich in Einem fort/  bis du Tod bist. / Ab  Regressive nehmen, wer?
Abnehmer beim KirschenLauf! Oder Kirschen essen / mit Wem!

Ungeduld nur noch Zeilen/ Weise (Waise) zu bannen! (Erinnert Nie. Bannführer / Ja war Ruhe auch im Krieg. Jetzt ist nicht mal der /  die möglich!!

Und Eisbrocken auch beim Hände Geben.

Aber Literaten über Literaten / Kalte Hände - heißes Herz. / Und sangen fort / alles. / 5000 Jahre und mehr drängen vor / Tiere erlöst / und  bisher auch Steine / oder der Krokus hat  hier das Wort.

Erwachst / und siehst die Augen in den dunklen Höhlen sich drehen wie ein Atomkern / Lichtpuder und wirst in die Höhle reingezogen / Traumfetzen wie irr.
Stehst unten am Stall vor 1000 Jahren / ein Junge ist dabei / und es ward gestern...
Traum wühlt / Ich und die Meere / oder thalassische Regression.


ERREGUNG: Ritt in Lucca / via delle Fosse / man darf es nur eingehüllter sagen!
Reinkarniertes Bild.
Doch meine Verhüllung / die Fleisch bedeckte Zeit stiehlt / so Unlust zu leben. Jeden Morgen Distanz  als Stein spüren ?/ doch  dort im Aura-Land / so weit. / L. aber hört im Radio: jeden Tag neu. / Und das Einfach: So in der schmutzigen Wäsche / eben reinigen. / Tolle Tassen im Schrank / Mahlzeiten / Schlaf mythische Gewohnheit zu Alltag machen/ das alte Banal.

Immer wieder Entscheidung / von hier  an aus - nur noch Zeile! Alles-Eins leben / Traum und regressive Toleranz, wo alles hoch kommende / Worte sprudeln den Jungbrunnen / alt.


28.3.
Morgens / da war ich mir
So ernst und rund / von innen schwingend
Der Yogakopf / und bindet / die Sonne blendet
Ganz neue Wünsche / nichts zu tun
Dies Blenden ruhig trinken / für Einen-Andern
Tun. Neu aufgetischt mein unfertiges Fühlen.

Das Insichruhn ist heilend / nach dieser Hölle der Nacht.
Alt- Anwesen / und Umsich zeigt sich heut
Das Bildlose / alles als Bild.

Die Auralosigkeit bin ich / daran ersticken
Dies Ich ist meine große Krankheit.
Und keine Liebe / nie/ so dass  sich Zeit
Nicht sammeln kann/ im Und.
Nichts bleibt
Ein Hetzen ists / du alter Danaid..


28.3. Leipzig Messe. Lesung. Ingrids (Bacher) PEN lud mich ein. Prüss. Peter Geist.  Thorsten Ahrendt. Kühle Begrüßung. Auch KL Müller.

2.April. Jürgen Egyptien.

4.4. Bei Gerd.
6./7.4. Michi und ich bei Mutter. Roland Zebli.

29.09. 1986. 
    
Kindernachmittag ( nach Benn)
Kindermittag das Summen / Bach Libellen / und der Hahn. / Der Hang schräg / seine  Blume in das Licht, mein Mittag. Der mit Heuduft kitzelt / Und keine Zeit vergeht / in den Gedichten von Albert / in die Kokel getaucht / draußen im Flimmern vom Mühlenhamm./  Was noch ist / heißer Stein / beim Barfußgehen / als wärs dem Jud schon längst geschehen / und ich in ihm  / nur noch den Tod geortet.

Und höre / dass wir an jenem Tag / in  Alisch  den roten / Ikarus mit dem Professor Roth in einen Kinderhimmel fliegen ließen. / Lauro de Boris ließ zu gleicher Zeit/ vom Himmel seine Blätter regnen auf Rom. / Und suchte mit seiner Maschine den Tod / einfach durch  Schrift in der Ewigen Stadt/ so gegen zwölf Uhr Mittags.


Und Flug um Flug  entthront die Wand / und Grenze ruft / die Zeilen fest geschlossen. / Regress ist Freitod / stürz in die Erinnerung / das Heu bin ich / Sein Duft ist meine Nase.
Was aber ist die blöde Kunst / die nicht berührt / Herr Benn.
La vita non mi è più / Arrestata in fondo alla gola / Che mia roccia di gridi. / Ungaretti der Luccheser.

Tarahumara von Michaux / von Artaud,. / Und Hin fahren / wie hin richten / “Wir aber wehen/ Agartisch ist die Flut.”
Und Auferstehung hier/ morgen ist wieder Ostern : Und gestern Gesu morto / C. hat das Öl im Wasser gezündet / Badia. Und heute ist Nebel.

31.0.3. 86.
Dichternebel. In Sassi zu  Rudolf  Borchhardts Hütte.
Parks und Häuser mit Balkonen, eine lange gewundene Straße. Und die zwei Verrückten in einer Bar/ Trattoria. Und die Kapelle Ariosts.  Doch heute anstatt Dichter / Dichter Nebel. (Titel: Dichternebel) Und du suchst mir die Praxisfrau / die dir alles  abschneidet. Eine sogenannte Blöde Kuh./  Die dich lächerlich macht und reizt  bis aufs Blut./ Auch wenn du mehr weißt, warum wir da sind!

Ariost / der sich verstecken wollte / Im Buch / mit der Fiktion / idyllischer Sohn / ti me piace abitar  la mia contrada. Questa mi basta. /  War in Ferrara in die Garfagnana zu Fuß gekommen / vom Hofe der D´Este. Und Kardinal Hyppolyt. Schrieb am Orlando Furioso zehn Jahre lang von 1431-41
Und korrigierte daran / ein ganzes Leben lang. Ging in Hausschuhen fast bis nach Modena / in Gedanken versunken /eben.  Und merkte dieses erst auf halbem Weg./ Mit ihm endet die Renaissance / er wird Sancho Pansa. Er ist nicht mehr der Edle Ritter. /Er ist nichts mehr. /Er ist die Indifferenz. / Er ist die innere Zerrissenheit / dann die Wirklichkeit / War zu nichts mehr gut / wie ich auch / und damals schon. / Nur noch die Zeile galt.

Seit Schmitts und Nataschas Besuch (März) Immer wieder das neue Projekt: Keine Tausendundeine Nacht. Gesprächsrunde wie im Boccaccio.

9.4. Tod von Helmuth Hoffmann. (27.28.3.)
Er hat sein Lebenswerk /über Nostradamus beendet/ sollte am 14.2. nach Deutschland fahren, es verlegen. Dann wurde er krank. Das Lebenswerk / blieb liegen / denn  am 28. März starb er.
Tuschka / seine Bremer Freundin aber starb schon  1978.
Was ich da erinnern kann / auch den Kriegsblinden Freund. In ihrem Garten. Ihre medialen Stimmen / aufgenommen. Viele Kassetten.
Nun sind sie alle schon ein halbes Jahrhundert tot.




St. Gildas de Rhuys. Abaelard und Heloise

 Ich erinnere wieder an den 4. September nach einer traumreichen Nacht. In St. Gildas de Rhuys. Besuch in Abelards Klosterabtei. Da war er zwischen 1128-1136. Da ist er zur Strafe (Beziehung mit Heloise) entmannt worden. An Heloise schrieb er im 5. Brief: "Die Glut meiner Gier hatte mich mit dir zusammengeschmiedet; ich dachte nicht mehr an Gott, ich dachte nicht mehr an mein besseres Selbst, so tief untergetaucht war ich in den armseligen Genüssen, die zu schmutzig sind, als dass ich sie ohne Erröten auch nur nennen kann." Da habe Gott in seiner Barmherzigkeit, das Messer, das seinen Leib traf, habe ihn von dem Schmutz befreit. So habe er nur an einem kleinen Teil des Leibes seine Sünde büßen müssen. Ein "Pfahl im Fleisch" . Selbst aber habe er es nicht tun dürfen, ein anderer musste es tun. Origines sei schuldig geworden, weil er es selbst getan habe.

Und doch wurden sie zusammen bestattet, waren sogar Eheleute gewesen, hatten einen Sohn. Auf dem Pièrre Lachaise schrieb ich:

Weißt du noch: HELOISE UND ABELARD
Etwas Regen auf dem Père Lachaise.
Versteint. Wir unter Regenschirmen.

Was weint da. Sogar über Steinen. Wir
suchten. Und unter Linden hören wir

ein Flüstern. Laute, wie Tandaradei.
Klang Worte in Höfen. Tage. Und dies Paris

so spät. Kaum Große Herbstzeitlose, die
zur Liebe jetzt auf Gräbern rät. Ein

Liebespaar, wir waren jung, berührt den
Stein. Von unten her. Ein Kind, das weint.

Woher ein Sic et Non, der Erdgeruch mit
deiner Haut im Regenduft vereint, im Schritt

der Kuss unter dem Kleid, ein Blitzen wie
durch Tränen, ein Blick der Tote überholt.

Jetzt stehen sie auf und lachen. Sie sehn
dir unters Kleid, die schwarze Herbst-
Zeitlose die  Sonnen  runterholt.

Heloise, Abelard: "Was ich begangen, es lebt
so stark in freudiger Süße", riss mir das Herz
entzwei.

Saß sie auf einem Steine, Heloise, Abelard.
Fließt in die Iris heute
dies Liebespaar.

Und steigt ganz aus dem Wort und nur ins Auge ein.

Der Name sucht durch Todesnacht lichtschnell verborgen dort
im Stein, den nur der Finger anstößt, Kälte fühlt,
als wäre dieses wahr  ("drei Tage sind es drei/ von keinem
                        Schmerz verschont".)
Heloise, Abelard...

Tod ist ein Liebespaar. Liegt vor uns, geschwärzt
Figur, der Stein. Schmerzlich der Durchgang
mit Bildern und Dornen, durchkreuzen das Auge und
sieh, die Paare, sie wärmen.

Vom Tode denke nichts, und nur auf ein Wort. Steht
Sic et Non - gerade für wen? Daran miss und trau
dem Auge nicht mehr,
               
                       trau denen, die nicht mehr sehn.

Nichts erinnert in der kleinen Abtei, die nur noch seinetwegen besucht wird, an ihn, er selbst floh von hier, der Rauheit und Ungebildetheit, Gesetzeslosigkeit der Mönche. Und doch werden andauernd Abte und Heilige, meist in Form von Grabsteinen, einer sogar im Glassarg mit den heiligen Gebeinen, vorgezeigt. Die Kirche mochte den freien Abelard. nicht. Immer wieder wurde er "bestraft" Auch in einem    Kloster bei Soissons, das zugleich Irrenhaus und Kerker war. Und hier nun die heiligen Knochen. Überall in den Kirchen wird also die Materie verehrt.



1995. "UNFÄHIG das einfache zu tun bleibt
das Schwierige" und schreckt nicht ab
nichts zu tun es war mehr
und weist darüber hinaus weist dahin wo wir immer
wirklich waren
Das Einfache aber versäumt zu haben wollen wir
nicht mehr erkennen

HÄLTST ausschau siehst um dich
die Insel der berg da herab
im Dunst wie von ferne verschwunden
mein Auge schau gut ich such mir dazu
ein Geheimnis den Rand aus
Nehmt ihr mich an wie ich das Auge
und wusste nichts von mir
gibts noch ein Wort das zu euch will
wie der Christ zu uns kam
wie wir und doch Sprache
von wem
Wenn ich schlafe heut Nacht
kommst du wieder die Qual
aufgelöster Gedanke Labyrinth wie die wand
die uns trennt und fühlt sich
wie nah diese Prüfung und ich weiß nichts
von ihr und vom geheimnisvollen Stoff dabei
Nichts wie mater materia und endet mit A.



Was wirklich wahr ist, gibts noch nicht.
Und alles andere ist vergangen.
Die schnelle Geschwindigkeit dieses Tages
setzt du auch morgen nicht zusammen.
Am alten Turm zeigt die Uhr unaufhörlich zwölf.
Unerlaubt scheint das wirkliche Weinlaub.
Sprünge und Risse im Blickfeld Und alles
eilt/ Du hältst es notdürftig zusammen
treibst wie eine Mauerblume
Synthese zum Vor-
Schein.

Und wir saßen an diesem Tag in winzigen plätschernden Wellen, es schien in ihrer Sanftheit so, als wollten sie aufhören. Vor dem Sturm ist es meist ungeheuer sanft das Wasser




ÜBER STÜRZT

Am Abend dann wieder:
Kaum aufgeschrieben, der Tag
ein böser Witz, der sich dehnt, was geschieht.
Es könnte Sonntag sein, Taufe, es hatte eben
geregnet in die Predigt und  die Gebete,  es fällt auf
wie ein Ring ums Bewusstsein entsteht. Die Sperre,
und die Trinität am Altar? Sie hat sich zur Null
gewandelt, denn: Was Er ist, ist Alles-Eins?

Die Muttergottes
auch sehr alt geworden, steht abgeblasst im Blauen da:
ein Und dazwischen. Kaum Wirbel im
Auge. Am Kopf blau eine ohnmächtige Blume,
die nickt und Nichts sagt.

Und dann Diktate nach ihm: nach Hören und Sehn,
als du im Leben noch dabei warst
und doch schon längst vergangen:

Rast es und ist, das Herzgewächs zerstört
tut weh ist nicht mehr dein  erinnert sich
und sollte mich und sich vergessen - der schwarze Kopf
ist schwer das Kopfgewächs die Fontanelle  quillt
dort ist der Spalt dort tritt sie ein und rast der Stral.

Doch sonst er löst / die Tafel Schwarz du siehst hinein
ins Nichts/ bist frei du weißt, der Sinai
zerbrochen ist wie Glas das Herz
das einmal Wüste war, jetzt brennt es Lichter
Lohn der Angst, dass es Vergessen gibt,
das dich befreit.

Dein Bild gelöscht/ wie dich/ ist der gelebte Tod
Erinnerungs Los.


Die Bücher-Kinder betreut auch durch  Punkt vier: Lesungen und Vorträge. Dazu meinen  Adlatus und Secretarius Antonio mobilisieren. Und Beth dazu bitten, als wäre es ein Fest: Sie umfasst fast alle SchwerPunkte, das Eine also als Zwei?


                              DIE ROTE HÖLLE








1
Was nicht sagbar ist unter der Sonne/was Macht bringt auch unter dem Mond/ und gegen alle Sterne/ die zerschellen würden/ aus ihrer Bahn geworfen/ wider die Natur von ihrem Sein abgewichen:  der Begriff durfte  die Lüge/ nicht  fassen.

Das Gedicht aber braucht den Beweis nicht/ es ist  wie ein Kind
selbst Beweis.

Ihr aber ihr früheren  Freunde (hab ihr es in der Hölle gelernt?) ihr „arbeitet“ mit ihr
nun groß geworden im Fernseh Licht/ Mit aufgerissenen Mäulern (Schweigen wäre besser
gewesen … menschennah und geerdet), schreit  ihr Erfindungen in eine/ nach glaubbarer Lüge
gierende/ Welt.

Sie aber klatschen euch zu/ völlig verblendet.  Beklatschen in stinkenden Sälen das Kunst Licht.
In den Himmel gehoben, der leer ist ohne Gott : für euch ist er längst gestorben/ zeigt ihr euch schamlos als  Gottersatz vor/ dem   Publikum, das euch braucht/ die selbstgemachten   Helden Puppen.

Ein X für ein U/ wenn Gefühle Zähne hätten/ wärt ihr längst tot / ihr aber/ glaubt daran / Oh wenn ihr nur daran glauben müsstet, das laute Wort/ im Halse/ stecken geblieben /im  tieferen Sein  wärt ihr gerettet.

Und sogar die Engel habt ihr zur Lüge bekehrt. Nicht wissend, was wirklich geschehen war
In der Hölle / singen sie halbmündig ahnend / was sie da tun verführt und betrogen/ flüstern sie  manchem Zuhörer zu: Vorsicht, die Hölle färbt ab! Worüber ihr spracht.

In einer höllischen Zeit habt ihr  die größten Chancen /Chancen wie noch Nie/ das wisst ihr, das nützt ihr Aus/ steigend auf immer höheren Trampolinen, die man euch baut und baut und baut/ bis ihr den falschen Himmel erreicht. Sag, Herr der Welt, wann fallen sie herab und zurück

in die Hölle?  Nie? Sie arbeiten doch damit/ glaubst du sie sind blöde/ Dialektiker von Beruf.
Sie haben es dort gelernt/arbeiten sie doch  genau mit ihrem Fall: der vorgespielten Hölle.
Wie sollen sie dann fallen, mein Freund?

 2
Irre ich mich/ habt ihr Nichts getan/ nur euer Machtwissen eingesetzt/ intelligent wie der Teufel/ sprühend, genial, sag ich/ aber. Aber sage ich/ wir alle
die durch die Hölle gingen sind/ haben ein vollklingendes Instrument/ gereift
in schmerzender Enttäuschung/ mächtig klingend einsetzbar/ für Wahrheit oder für Lüge.

Die Zuhörer sind/ naiv und offen. Sie wollen das Lied vom Schmerz und vom Standhalten  hören.
Wie leicht ist es doch  Leichtgläubige zu betrügen/ und größer als groß zu werden durch sie.

Größer als groß über Leichen zu gehen/ auf ihnen steigt man doch gut, höher und höher hinauf.

Geht das gut und ewig/ wenn man mal oben ist/ kann man nicht fallen? Wer merkt es
heute schon, dass Lügen doch sonst kurze Beine haben? Aber keiner will es wissen  wenn alle jubeln.
Wer stört/ der ist doch der Betrüger/ er bringt die Leute um ihr Buchglück/ das sichtbar geworden war.

Wieder Helden zu haben. Echte, die wirklich gelitten und im Kampf  nicht gefallen.
Aufgestanden immer wieder mit lauter leicht erzählten Geschichten.
Helden gibt’s doch heute so selten/ lass sie uns doch/ wir möchten sie nah, ganz nahe haben.

So nah fassbar und lesbarer noch mit wirklichen Märchen. Lass sie uns doch: verschwinde!
Vom Neid/ nicht von des Gedankens Blässe/ angekränkelt: grün und gelb bist du auch im Vers?
Grünzahn, du, sagt einer/ er muss es ja  wissen/ er kennt doch die Leiter zum Aufstieg zu gut!

Sie wollen nun auch mich als Leiche haben, höher zu steigen, aber wohin noch? Ach, Heilig
Gesprochen zu werden/ heilig, heilig/ die nächste Lesereise geht zum Papst.
 Sich anpassen nun/ wie früher an den Zauber der Ideen: damals

im guten Grund der Securitate.

Aber was wärt ihr, Freunde/ heute:  ohne SIE?
Ihr wärt wie vor ihr ein Nichts und ein Niemand vom Rande.

3
Ich sage jetzt alles/ was sonst/ doch aus Takt/ aus geklammert werden muss.
Was unsagbar ist. Unsäglich bleibt. Und Wirklichkeit wurde.

Habe ich alles falsch gemacht? So ohne kurze Beine und Connection.

Mit der Wahrheit  auf dem Papier/ geduldig. Die kurzen Beine
gekappt und so auf dem Bauch/ gelandet: auf einem einsamen
Papier Berg in dieser Zeit der Macht als Betrug/ und dem Betrug als Macht?

Oh, Freunde ich bewundere euch: die  Poetik des Marktes/ Mal war es die/ der Securitate. Der Trommler geht um/ die Ware lacht und glitzert schwarz
begehrlicher Blick in die Hölle. Freunde, das zahlt sich/ ehrlich nun/  AUS.




                                                    EXIL, 1973/74




8.7. 1974. 

ELEGIE BEI MAGDALENAS AUSREISE

Der Postbote bringt dich nicht wieder. Es werden
Andere Marken auf den Briefen sein. Kein Zeuge
Mehr erkennt dort unsere Zeiten
Die nur nach innen offen/ dort geblieben sind.

Uns gibt es nie mehr

Es ist/ als ob nichts fassbar wäre.
Und wie ein Übermaß in einem Rückzug
Ist deine letzte Reise eine/ mit einem
Der nie anhält.

Wir sind weit weg
Von uns gezogen.
Ein Stein Wurf  weit
Von unseren Möglichkeiten.


FÜR MAGDALENAS BUCH

Ich möchte unsere Sprache
Wieder sprechen. Sie lebt/ sehr nah
Und sie ist gut.
Denn sie trennt.
Wie könnt´ ich dir
In diesen fremden Zeichen
In ungesprochenen Lauten/ etwas sagen
Was hier in dieser Sprache gar
Nicht sein darf.

Vielleicht ist es zu einfach
 „Feste“ sagen, die ich dir
Tief im Grunde bringen will.


Notiz

Und nie darf genau gesagt sein,
was war.
Zur Hand genommen/ verwelken
Die Bilder der Dinge.

Ausnahmen: Dein
Kleines Schamhaar bittend.
Ich nehme Notiz vom Bild,
das sich noch immer in dir bewegt
und mich bittet.


Für PC  (Piteṣti)

Von niemandem war die Rede
Von dir
Und die Rede, sie ging bergauf
Bis zur Talsohle/ ging sie
Schnitt sich ins eigene Fleisch.

Dissonanzen wie Messer – und du
Wo finde ich dich/ so sprachlos gemacht
Wieder am Grund ohne ihn
Gott Los gemacht im Versagen der Zeit
Ich laufe ihr nach ohne Gründe

Dort drüben stehst du
Ein Antigedicht
In der Helle
Die Worte sie spielen sich auf ohne Grund
Und stoppen verzweifelt und heilig verpufft
Gottvater im Raketenboot/ zu Gast
Auf die menschliche Schnelle



Messer, rostfrei

Es lässt sich nicht ausmachen,
was in uns eingeht
denn die silbernen Stränge beginnen zu rosten

Du hast dich abgesagt und
Ich trag es zu dir und
Trage uns auf
Trage den Kopf nicht mehr
Hoch da sich die Zeit
Verflüchtigt/  in mir in dir in uns
Ging sie nicht mehr in Farben.
Die Klänge sind mutlos geworden
Am Weg entlang
Jauchzt nur die Leere/ Trompete
Zur Eile und Weile am Akkordeon
Und Webwut der Ab Fall wie
Fall hobst
Faul und nach außen die Messer
Und Großen Wagen
Glänzen/ rostfrei.




Köln, auf die Spitze getrieben

Sag wo treffen wir uns
Ohne Punkt ohne Fest
Weit hergeholt.

Manche Wörter sind unbrauchbar
Geworden (heißt es!)
Alles was uns aussagen könnte
Sagt nichts (sagt man!)
Wohin mit dem Blinken
Dem dunkeln/ jener
Gewissheit der Tiere und Sphären
Wenn die Flugzeuge tot sind
Wohin ohne Worte für uns
Nur für sie
Die gewissen Worte/ die Fremdworte/ reich
Metallisch und müllreich
Verschmiert in Paperbacks nur
Umweg und Einsturz
Mühsam im Gleichgewicht
Auf der Spitze des Kölner Doms
Balance  ohne Seiltänzer
Und ohne die weißen Tauben im Hirn
Ohne Metaphern/ nur Sinn
Nur die furchtbare Weite
Der Revolution und
die unfähigen Revolutionäre.



Notiz

Die Sprache wandert in mir gen Westen
Und springt dann zurück in die unmögliche Heimkehr zu dir

Alles Gedachte ist hier
Und wenn der Weindunst
Die Ordnung zerstört/ mit der Zeit
In Einklang gebracht/  durch den sinnlosen
Säufer/  bringt sie mich wieder
Ins Morgenland/ früh
Wenn sich die Sonne
Am Laut definiert, den ich schreibe.

+

Sie gehen wieder ein
Die Splitter/ in Sprache verwahrt
Denn die Schärfe verwundet nicht mehr
Sie sind in die Ferne gestellt
Zum ganzen Leben gebracht
Als ließen sie plötzlich
Begreifen, was fehlt.




Südlich irre Nacht

Heute Nacht war ein Rasen
(auf Sächsisch nicht nur)
Die Vase, die Türe, die ich zerschlug
Sie bleiben weiter, die Splitter
Gehen ein/ sie lassen sich nicht mehr sammeln.

Das Fenster blieb den Bergen zu offen  heut Nacht
Die Lieder südlich (mit zwei Gitarren) gesungen
Ole!
Die anders berührten als heute
Sie sangen dem Meer zu als hätten wir noch Zeit
Griechisch spanisch chilenisch

Dann tobte die Nacht
Südlich in mir
Ich zog die rumänische Pelzjacke an
Denn ich fror.

x

Weshalb und wozu
Auf den Weg gebracht
So mühevoll ausgesetzt
Ein vom Krieg bestelltes
Langsam geteiltes
Leben hier
Und nicht dort
Das aus Verschweigen
Sechzig geworden
Das Fest hatte seinen Teil
Am  Punkte setzen
Und setzt ein Hoch  dir
Am Tisch deiner Zeit
Gedichte

x
Setz mich ab hier lass dich nicht treten
Vom stotternden Gegenstand
(unter der Hand dir entgangen)
Dem inneren Absatz
Eingetreten und ausgemacht
Alle Lichter sprach los
Dass du in Blindheit schreist.

x
Über  dir bleibt die Ruhe des Windes
Die Blätter ziehen sich ein
Ins Gedächtnis und rauschen
Vor der Hand: du
Es ist ein Gehupe in dir
Wenn du aufstehst
Kurz vor dem langen Tag
Im Bus wäscht du deine Gedanken
Nicht mehr
Am kalten Metall
Und die Handgriffe tragen
den Wind nicht mehr auf.

Der Fahrtwind am Morgen
Ist unter dir trüb
Ein Hund rennt mit klapperndem Blech
Und Sirenen am Schwanz
Durch die Straßen.

x

Wo hast du dich hinaus gestreut
ohne Kampf  und Freund
über alle deine Sinne hinaus
in die Luft
und ziemlich an deiner Schwere vorbei.

Wo lässt du dich liegen
mit Kind und Kegel
zu Fuß über alle Berge gegangen
und doch immer wieder zurück
wie das Rätsel das mir die Binde hält
vor  Augen und Tag
bei meiner Erschießung?

Die Frage hält sich fest an dein Wort
Kind ohne Laube
Wann denn ist Herkommen fertig gemacht
Und wann hast du den Boden
Sicher/ fußfrei noch vor dir.

                                       






  ABGRUND DER HERKUNFT         ABSENZ. DIE LEERE










März 1978
Die Verzweiflung des Verschwindens

Sense am Bodensee/ sah das viele Wasser
Mit Durst in den Augen
Heut kam wohl die Verschmutzung hinzu:
Wir sahen sie vom Fährschiff aus.

Seltsam/ belohnt wurde er von einer Vision
Fühlt die Qual/ Taufen und reinwaschen wollt er sich so
Vom  Teufel,  wird heute gefragt!
Herabstieg die frauliche Halluzination
Der Mutter, Milch des Friedens, bläulich
Wie feinste Brustader schimmerts:

Er trank, der sich ansprach als Reiter
Erbrochen, andauernder Kuss, saugte
Am eigenen Wahnsinn: Maria.

Herzbefreiende Tränen, notiert er
Und „Durchbrechen seines ungebrochenen
d.h. äußeren Menschen durch sich.“


23.Juni

Spieglein, Spieglein an der Wand
Was nun, wem soll ich glauben?

Ver- Zweiflng Ungewissheit. Das Nichts
In zweierlei Form 1.) Methode: Augustin.
Descartes, Skeptizismus, Kritische Theorie
2.) Als Krankheit (Sünden-Fall). Schon
Wittgenstein:“ Der Philosoph behandelt
die Frage wie eine Krankheit“.
Beides aber bei Aussetzung der Fähigkeit
innere Bedeutungen wahr zu nehmen.

Von Ungewissheit, Schwanken (Willensschwäche)
Bis hin zur Geisteskrankheit.
Unentschiedene Schwäche, was für wahr
Gehalten werden soll (theoretisch mörderisch
         Religion. Spieglein, Spieglein an der Wand,
Was nun, wem soll ich  glauben?

Leichtgläubigkeit ist Schwäche.
Unentschiedenheit lähmt. Macht krank. Hamlet.
(Verworfenheit. Schwachheit. Ziellosigkeit!
Wenn die innere Stimme aussetzt.
Es ist die Krankheit der Zeit.

Sinnliche und verstandesmäßige Erkenntnis
Ist nur Stückwerk und zerschneidet:
Die unangetastete Bedeutung hat Zugang
Nur durch uns!
„Natur hat weder Kern noch Schale,
alles ist sie mit einemmale!“
Der Kern der Natur ist
Menschen im Herzen.


Oder jene Qual mit Durst und Hitze
Die vierzig Tage auf dem Sinai.
Er deklarierte sich zum nachgefahrenen Gott
Der mit den Utensilien der Menschheit spielte.
Als wärs nicht sie, die aus dem Strahl
An ihr gesammelt, dass sich unendlich erkennt!?




1978. Der Regisseur sah den blonden Haarkranz
Der Britin am Nebentisch/ als Schlange
In ein Lächeln gelegt.
Der Lyriker aus Nürnberg besucht
Neugierig in Lissabon das Revolutionskabarett
Und  lässt sich von der schönen Sängerin
Immer neu fasziniere. In Pequeno sieht er das Blut des Stiers
Über das schwarzglänzende  Fell fließen.

Die Nonne kommt in mein Haus
Und frägt nach einem, der hier anwesend ist
Drückt dir eine Ähre samt Rosenkopf in die Hand.
Da bin ich mit dabei gewesen
Und habe immer  nur entweder ins Glas
Oder auf meinen eigenen Gedanken geschaut.




Lass mich ein, hier kommst du nicht mehr raus, du trägst den Absatz mitten auf der Stirn.
Die Frage lässt sich sehr genau abzählen,  wie jenen Reim, den ich auf dein Gedächtnis mache.
1974





                       
VLAD ALS SYMBOL





Das erfundene Vlad-Haus in meiner Stadt. Man wollte sie Dracula-Stadt nennen.



Vlad Dracul, der Vampir, wird nämlich am besten durch sein leeres Grab und seine verschwundene Leiche symbolisiert. …Mich berührt die Vampirseele des modernen Intellektuellen wie ein Selbstporträt. Solch ein Un-Toter könnte etwa so sprechen: Wie immer wenn ich nach dem Leben griff, blieb nichts in meiner Hand.


Anderswo ein
unvorgestellter Himmel

anders

als nur ein Mahnmal
mit Geisterhänden nachts,
dieses große 

"Zu Spät"

darauf
ist zu malen:

Die Leichen sind abgelegte Kleider
Tarnkappen riesige/ Schleier unserer Augen,
sie sehen nicht, Nein,
sie dämmern, 

der Stahlhelm löst sich im Kopf auf, Gifte
der alten Blindheit

zivil, doch wachend
in jedem sind wir

wie immer lang her
die Toten


Stillegung der  Geschichte durch ihren eigenen Grund und Ab-Grund im Namen der Toten, durch ein "Gegenwort", das "den Draht" zum Normalen  "zerreißt".




                                                    DER TOD


Der Vollmond glotzt nicht mehr herein
vibrierte ruhig und war nicht sie
wo die Berührung  töten kann
und heilsam  ist

So werd´ ich weiter hier in diesem Zoo
belassen und werd nicht abberufen.                       

Und einer sagt:

"Wohin ist unklar nur die Angst zeigt uns
dass du dich hier noch nicht bewährst
nur deine dir gewährte Form
die jetzt den Zustand
überschreitet."

Wenn mich die Angst packt
sie  im Augenwinkel schräg mich sehen
dann wird mein Schatten konsistent und
aufgerissen eine Naht
                               die Narbe unverborgen:

Nahtod-Erfahrung
wenn durch einen Riss
so fremdes Licht
in diese Welt stößt
wie ein Akt -
nur ohne mich.

Es ist Inkubation
wie eine Krankheit
weil wir es nicht ertragen können
mehr zu sein als
dieses uns gegebene Ich

*

Die Sorgen sind ein Tor
in dem die Spannung einfällt
und uns zerstört

Und nachts erst merke ich
dass ich verändert  bin
und durch die Wände sehn
und schreiben kann

Neu wirst du werden
und daran gesunden -
genau an dem
was du dir angetan

Bist du erst hier
an diesem Punkt
dann geht es immer weiter



IM BAD bist du ihm näher. Blut und Haut bist du/ Wasser Gottseidank/ rein also auch.
Und siehst zum Fenster hinaus, schön, schön  die Garten Blumen, Kastanien,/ grüngrün, und ein Hund bellt.

Es wird hier anders sein/ wenn du nicht mehr bist. / Bist schon jetzt nicht mehr,/ dein Haus wird schon abgetragen, sie werden alles ausräumen, Wegwerfen und was hier jetzt zu lesen ist/ steht am Friedhof. Hinein in die Müllcontainer
Wie dein Körper weggeworfen wird: sie sagen:
Begräbnis mit tamtam.

Vielleicht eine Rede, der Wind nimmt sie mit/ sie gehört kaum dazu/ Er hat dich im Griff/ bist kaum frei/ lebst wo? in der Todeszelle/ genau so / als wär das Bett auf das sie dich schnallen/ schon/ für die Giftspritze bereit.

Und welche Gefühle hast du beim Fensterhinausschauen?/ Angst, was ist das? Du wartest auf den Befund, das wird sich dann hinziehen,/ und L. sagte heute brutal: Ich werde  ins  Pflegeheim kommen:/ Allein/ deine Lebenserwartung ist nun sehr eingeengt.../ jaja… Eingeengt, eingesargt schon jetzt ... zu tief in den Abgrund.

Wo sich die Worte verlieren geht nachts die Angst nicht hinab ins Zittern/ nicht und erstaunlich wie der Lebensinstinkt reagiert.
Du banalisierst/ etwas in dir hält dich von dem, was du sonst tatest ab: Mit dem Gedanken ans Ende schwindelnde Abgründe ein-sehn!!!

Nein, nein, du willst deine Erfahrung jetzt
gar nicht beschreiben,/ sie sind zu nah, das, was zu schreiben wäre: -  IST. / Denn der Körper denkt / er denkt es für dich.

Unausdenkbar/ was kommen wird, weißt du es, weißt du es nicht?/ Gibt es dazu  Quellen sollst du dich um diese Reise/ ja sie ist groß / vorbereitend bemühen?/ Alles was ist: du versäumst, was erlebbar ist fern / eine Liebe eine Stadt einen Erdteil / Alaska Ägypten Indien Afrika oder eine Helena Beatrice Nadine Marie Natalie – und du sitzt versitzt die letzten Stunden / mit dicken Einlagen verpackt dein Geschlecht
Und der Arme rührt sich kaum, ja, doch nur sehr schlecht / der Baum:/ Was noch zu pflanzen wäre/ zu hoffen.


ORDNEND DEIN WERK?
Ach nein, dein Körper denkt  nicht, lebt es für dich!
So viele Freunde und Alte sind schon drüben
Im Licht./ Nichts ist zu tun? Zu warten? Du kamst ja, woher? Und du Gehst, wohin?
Sie, wer? Tun es für dich?

Am Schluss ein Blitz vielleicht / und dann
Tiefe Nacht, die dich/ ein Immer besitzt?





CHARON
Unter grünem Rasen
Liegen manche
Manche nur verscharrt
Unterm Todesbaum
Da keine Wurzeln mehr ihn grünen
Wo kalter roter Fels
Das Herz erstarrt
Nur dunkle Schatten
Zeugen unter falschen Blüten.









INHALT

         All Tag als Lebensform ………………………………………………….
         Brief- und Alltagsgedichte ………………………………………………..
         Meine Meere………………………………………………………………
         All und Kunst ……………………………………………………………
         Exil……………………………………………………………………….
         Herkunft ……………………………………………………
         Der Tod ……………………………………………………………………
          


Vita

Dr.h.c. Dieter Schlesak ist in Transsylvanien geboren, er ist ein deutscher  Lyriker, Essayist, Romancier, Forscher, Publizist und Übersetzer. Er lebt seit  1973 in der Toskana und in Stuttgart. Er ist Mitglied des deutschen P.E.N.-Zentrums und des PEN-Zentrums deutschsprachiger Autoren im Ausland (London).  ER lebt in der Toskana und hat dieses Buch einer geheimnisvollen Liebes- und Mordgeschichte aus der Renaissancezeit  der toskanischen Stadt Lucca gewidmet.

Preise/Stipendien. Er hat viele Ehrungen und Preise erhalten. Zuletzt für das Gesamtwerk die Ehrengabe der Schillerstiftung/Weimar 2001. 2005: wurde er Dr. Phil. h.c.; 2007 erhielt er den Premio Umberto Saba, “Trieste Scritture di Frontiera”.und den Maria-Ensle-Preis der Baden-württembergischen Kulturstiftung.

Dieter Schlesak hat sich sein Leben lang mit  Grenzthemen beschäftigt, auch mit Psychiatrie, Kunstpsychiatrie und Religion, mit  Buddhismus, Tantraphilosophie und Parapsychologie. In allen seinen Büchern  (es sind über dreissig) hat dieses erlebte Wissen, hat Spiritualität als Reifeprozess seinen Niederschlag gefunden.
Hier nun auch das rätselhafte Thema der Wiedergeburt.



Einige Kritikerstimmen:
Dieter Schlesak ist ein sinnierender, ein brütender Geist, der fortwährend über das Geheimnis unserer Existenz, über den, wie er sagt, "Abgrund dieser Gegenwart" sich beugt. In dieser Hinsicht ist er dem 1979 verstorbenen Ernst Meister verwandt. Das Erstaunliche dabei ist, die Kritik hat schon darauf hingewiesen, wie weit Dieter Schlesak thematisch und formal zurückgeht: Bis zur Barockzeit mit ihren metaphysischen Spekulationen. Diese Tradition kam dem Lyriker unserer Tage entgegen.Rudolf Hartung, Sender Freies Berlin
Indien ist nicht weit; Ihr geistiger Weg mußte zu einer Form der Mystik führen. Dennoch ist die äußere Welt auch da - von Siebenbürgen bis nach Mexiko; wobei immer im Hintergrund die Suche nach einer andern Wahrheit steht, einer tiefen Wahrheit, die der Geschichte entkommt oder sie überschreitet. E.M. Cioran, in einem Brief an den Autor
Vertiefung der Sprache zu An-Deutungen; Bilder als Spiegel innerer Vorgänge von Schau und Abwehr, von Versenkungen, ja, geistigen Andachten und Grenzahnungen, wo sich das Wort versagt. Die deutsche Sprache ist Schlesak Notbehelf im Geistigen. Seine Mystik, gespeist aus einem unmittelbaren Bezug zu uralt trächtigem Kulturboden -der Autor lebt zumeist in Italien - wendet sich in Auffächerungen unserer Identität zu. Inge Meidinger-Geise, Die Warte
Seit Goethes und Jean Pauls Zeiten gehört Schlesak zu den beeindruckendsten Traumerzählern.
Holger Jergius, Nürnberger Zeitung
Das "Aus-Land" ist freilich mehr als nur Chiffre für ein individuelles Außenseiterdasein. Letztlich meint sie eine existentielle Sackgasse: die Fremdheit des Menschen im ,,Gefängnis" seines Körpers und der Zeit, die angesichts des Massenvernichtungspotentials auf ihr Ende zutreibt. Was bleibt, sind tastende Ausgriffe in den Bezirk der Mystik. Hans-Rüdiger Schwab, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Die Ausführungen von Dieter Schlesak haben den Vorzug der Klarheit. Was bei Heiner Müller bisher dunkel "deutsches Verhängnis", "Kolonisation" oder "Überfremdung, bei Volker Braun locker "das nicht Nennenswerte" hieß und von Christa Wolf als "dunkle wilde Jagd" bedichtet wird ... was also zwischen Kreuzestod und altfränkischer Schicksalsrhetorik kaum hinreichend verständlich wurde (...) ist hier plötzlich deutlich." Iris Radisch, DIE ZEIT
Sein Ich ist sich des Zeitsprungs gewiss, sein Ich warnt den Leser vor allzu großen Erwartungen: Was wirklich wahr ist, gibt es noch nicht./ Und alles andere ist vergangen./ Die schnelle Geschwindigkeit dieses Tages/ setzt du auch morgen nicht zusammen. Die enge Verbindung von gegenwärtigem Geschehen, das das Bewusstsein noch nicht aufnehmen kann, und einer eben abgelaufenen Vergangenheit, die als Traumsequenz in eine Zukunft reicht, in welcher alles erst entwickelt wird, was im Präsens zu schnell vorüberjagt - ist der Übergang, in dem das Schlesaksche Ich stehengeblieben ist, um in der Fülle des Augenblicks seine vielschichtigen Beobachtungen machen zu können. Es wählt den quälenden Weg der Offenlegung von Wunden im Zeitbewusstsein am Ende des 20. Jahrhunderts.
Wolfgang Schlott, Kommune 2
In der italienischen und rumänischen Literaturkritik gilt Schlesak als einer der wichtigen Vertreter moderner deutscher Lyrik; ein Band von siebzig Gedichten mit Übersetzungen ist kürzlich in Pisa erschienen. Jenseits der Alpen hat Schlesak ein Echo gefunden, das man ihm auch in Deutschland wünscht.

Mit seinem Band "Herbst Zeit Lose. Liebesgedichte" schließt sich Schlesak an die Tradition einer Liebeslyrik an (…) - einer Lyrik, mit der wir Namen wie Catull und Horaz verbinden, die Liebesgenuss und -erfüllung preist. Sie begegnet uns auch in Goethes "Römischen Elegien", deren Titel in einer Handschrift noch "Erotica Romana" lautet… Ein an barocke Vergänglichkeitsklagen erinnernder Ton ist Signal: das Begehren nach dem Augenblicksbegehren verstummt; wahre Liebe will Ewigkeit. "Doch die Liebe ist Leben für immer", heißt der Sammeltitel für eine der Gedichtreihen.… die poetischen Bilder leiten uns unaufdringlich, aber unausweichlich zur Frage nach unserer Endlichkeit, kurz, dies ist ein großes Gedicht. 
Walter Hink, Frankfurter Allgemeine Zeitung
(Ein Gedicht wurde in die „Frankfurter Anthologie“ von Marcel-Reich Ranicki  Band 31 aufgenommen)

Noch ein Wort zu Dieter Schlesak: Er   hat Einmaliges geleistet, jenseits der  Klischeevorstellungen und Stereotypien unserer Landsleute im Umgang mit der eigenen Vergangenheit im Spannungsfeld von Schuld und Schicksal, Handeln und Verstrickung:
Als Autor sächsischer, aus Siebenbürgen kommend, ist es ihm gelungen, durch Talent, Fleiß und REDLICHKEIT, nicht nur in der binnendeutschen Literatur sich einen Namen zu machen, vielmehr über die Kontinente hinaus, bis USA,  gehört und gelesen zu werden. Hut ab!
(Eginald Schlattner, in einem Brief an St. Mucha, Regisseur/ Arte) 




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