Meine
Grenzprobleme: Von der politischen Grenze nach meinem Weltenwechesl 1968/69,
kam ich dann zur psychischen Grenze , zu
den Irrenanstalten ab 1976, und dann ab
2006 nach Mutters Tod zur metaphysischen: dem Tod. DER TOD IST NICHT BEI TROST
heisst so auch mein letzter Gedichtband.
Die
TRÄUME aufzuschreiben, ja weiter zu erzählen, beauftragte mich in einem Traum
eine „Lektorin“, es war auf einem Messempfang und sie ließ mich nicht aus den
Augen.: Traum im Traum: eine Lektorin verpflichtete mich also zu diesem
Traumbuch, und ich begann daran zu schreiben. Dazu kommen seit Dez. 2010 die Securitate-AKTEN nun, meine Jugend wird „belegt“
wie von einem teuflischen Eckermann
durch unzählige, vor allem aber 5 Freundes-Süitzel, darunter Pastior und
Kittner, die Toten.
Zwangsläufig ist
dieses nun ein Traum-Tagebuch, ein Erzähl-Tagebuch, das von Toten
begleitet wird:
Schon seit Monaten,
doch beginnt es erst mit „heute“, dem 14. Dezember 2010 „wirklich“ als
Schrift und Sinnversuch. Nur im Rückblick kommen dann die anderen Träume
wieder, die ich erzählen will, ihrer Erinnerungs- und Emotionsspur folgend;
erzählt aus dem gleichen Zustand.
6.12.2011. Oft schreibe ich schon ganz früh oder in der
Nacht, wenn die Träume beser erinnert
werden. Todestag Deichmanns. Mit L. wieder verschiedener Meinung. Meine
Auschwitzgeschichte auf englisch und Madeleine die Nachbarin. Alles nur noch
Unbehagen und Stress, auch wenn es um Positives geht. Meine Grundstimmung ist
negativ, ein Nichtmehrlebenwollen. Altersbedingt, und rechnete mir aus, dass ich doch noch 13 Jahre bis 90 habe. Aber sie
L. hat recht, es kann in unserem Leben nicht immer nur um DS gehen
8./9. 12. Träume von Tuzzi (Gertrud Fernegel. Schon lange
tot.) Sie: Warum rufst du nicht mehr an. Hast du meine Nummer? Ich. Ja, aber seit du tot bist, rufe ich nicht mehr so oft an.
Helga R. war auch da. Ob sie noch lebt?
12./13.Dezember. Traum: Zuerst eingerichtet bei einer
Familie (Capesius?) Standen früh auf, um einen Ausflug zu machen. Dann zu Pferd
(auf einem Schimmel die Tochter), ritt an uns vorbei an einem Waldesrand. Und
die Tochter traf Enzensberger, ein Gespräch mit ihm.
Wichtig aber meine Begegnung mit Capesius Vik. in einer
Menschenmenge, großes Gedränge, die Gefahr zu ersticken. E. streckte seine Hand
aus vor Capesus´Brust: Servus, sagte er,
ech bän der Dr. S. Auf ein Wort: Wie war das denn dort. Das Gedränge nahm zu. Aber kommt Leute, es ist ja HEUTE. Seid zivilisiert, nicht zu Tode
trampeln!
Beim Frühstück erzählte C. von „dort“ Wie unvorhersehbar
alles gewesen sei. Aber es war ja „Pflicht“ Eben dass man es habe tun MÜSSEN! Es
war ja Krieg. Keine Alternative.
Die Familie, die Tochter erstarrte. Und auf dem Schimmel
galoppierte sie davon. Enzensberger lief hinterher.
(Kommentar: Enzensberger hatte mir ja bei einem Treffen in München geraten, das Buch "Der Auschwitzapotheker" sofort zu schreiben! Norman Manea war mit dabei und war der gleichen Meinung!)
In der Morgenfrühe trennte man sich. Ich lag noch im Bett.
Sah aber alles vom Fenster aus.
Dann kam die alte Zeitangst. Ich wusste, dass ich wenig Zeit
hatte. Dass sie vorbeirast….
Dann Untersuchung. Erinnere nur „Maxi“. Auf dem Klo.
Und dann kommen die Securiatatejahre hinzu, die
Freundesspitzel, etwa 24, 5 wichtige. Kittner, Anna Bretz, Dieter Roth, Oskar
Pastior, Heinz Stanescu.
Warum ist mir mein
Schreibtisch unangenehm? Wegen des ungemütlichen Neonlichtes?
13./14.Dezember 2011
13. Dezember. Ich erinnere mich, dass es in S. an der Kokel
eine Feuerwehrkaserne gab (Erinnerungs-Wachtraum), die „13. Dezember“ hieß.
Fast alles, was ich träume geht nach S. zurück. Doch es gibt auch das ganz
Fremde, wie bei Christa Wolf, die nun auf dem Dorotheenstädter Friedhof (wo
auch Schuster und Pastior liegen), wieso? „nach Hause „ gegangen ist. Welche Heimkehr
ist das? Wohin, wenn es den Körper nicht mehr gibt, der sich eindeutig in seine
Elemente auflöst, geht es denn? Doch was ist das, was „daneben“ bewusst
ist, diese Träume, aber auch diese
„Außenwelt“, wenn ich jetzt zum Fenster hinaussehe, hier in Pieve, möglich
macht. Was finde ich unter „Bewusstsein“
im Netz?
Bewusstsein (lat. conscientia „Mitwissen“
und agr. συνείδησις syneidesis „Miterscheinung“,
„Mitbild“, „Mitwissen“, συναίσθησις Mitwahrnehmung undφρόνησις von φρονεῖν bei
Sinnen sein, denken) ist im weitesten Sinne die erlebbare Existenz mentaler Zustände
und Prozesse. Eine allgemein gültige Definition des Begriffes ist aufgrund seines
unterschiedlichen Gebrauchs mit verschiedenen Bedeutungen schwer möglich. Die
wissenschaftliche Forschung beschäftigt sich vor allem mit den klarer
definierten Bewusstseinszuständen.
Ein Bewusstseinszustand ist eine
Art des Erlebens, die durch die Merkmale Wahrnehmung, Selbstbewusstsein, Wachheit, Handlungsfähigkeit und Intentionalität bestimmt
ist.
Eine besondere Rolle spielt dabei
das Fühlen (vergl. Emotion, Stimmung, Affekt), weil
es durch Angenehm- und Unangenehmsein und Lust- und Unlustcharakter Handlungen
motiviert und der Wahrnehmung ein Wertprofil aufprägt, das damit auch das momentane
Selbstwertgefühl konstituiert. Außerordentlich wichtig für den
Bewusstseinszustand ist auch das jeweilige bewusst oder auch nur diffus
erfahrene Körpergefühl, das durch die beiden Komponenten Empfindung und
Gefühl bestimmt wird (vergl. z. B. Schmerz, Wohlbehagen). Wahrnehmungen
wiederum unterscheiden sich nach Art und Intensität. Die Definition eines
bestimmten Bewusstseinszustandes orientiert sich hauptsächlich an der
Auswertung der subjektiven Erfahrungen des Menschen.
Der Begriff „Bewusstseinsform“
wird meist synonym gebraucht. Dagegen impliziert der Begriff
„Bewusstseinsebene“ eine Hierarchie oder auch eine Entwicklung der
Bewusstseinszustände und wird somit nur innerhalb von bestimmten Theorien und
Systemen verwendet.
Der Zustand also, bei uns: „alle Zustände haben“, ausrasten.
Und
„Träume“? Träume werden in allen Phasen des Schlafes (Einschlafen,
Aufwachen, REM-Schlaf und NREM-Schlaf) erlebt,
bleiben aber nur selten als solche in Erinnerung. Das Traumgeschehen handelt
häufig von Dingen und Ereignissen, die theoretisch unmöglich oder in der
Wachrealität unwahrscheinlich sind. Träume unterliegen nur bedingt der
Steuerung des Ichs und sind
oft mit starkem emotionalem Erleben assoziiert. Kognitive Fähigkeiten
wie begriffliches Denken und kausal-logisches
Erinnern treten in den Hintergrund. Auch das Bewusstsein ist meist
eingeschränkt. Erschreckende und angstauslösende Träume werden als Albträume bezeichnet.
Starkes Traumempfinden, auch tagsüber. Ständig beunruhigend.
Als gehöre es zum Alter, und hört nicht auf. Es ist ja Empfinden, gehört also
zum Körpergefühl. Und der Körper ist ja nicht in Odnung, Magendarmtrakt vor
allem nicht. Koloskopie wartet ja auf mich. Auch unbewusst, und täglich.
Am 13. 12. (gestern) träumte
ich von einem Tsunami. Ich kletterte eine Felswand hoch, um ihm zu
entgehen, oben riss ich eine Bretterwand auf und sah hinab in einen Schopfen
oder Stall. Dort stand ein Mann und sagte, der Tsunami wird gleich losbrechen.
Zufall, dass in dieser Nacht auch ein sehr starkes Meeresrauschen zu hören war
(9km Luftlinie). Und mit dem Fernglas
kann ich es auch sehen. Seltsamerweise kein Rauschen mehr.
Und diese Nacht träumte ich (auch wieder mit einer Stimme,
die mich führte, fragte, anrieb): von einer Diplom- oder Doktorarbeit, die ich
zu schreiben hatte, der Zustand ist klar, doch nicht die Handlung des Traumes.
Ich sollte die Diplom- oder Doktorarbeit schreiben. War die
Lektorin als befehlende Stimme immer mit dabei?
Ich ging da an banalen Gegenständen, Wänden und Dingen entlang, sah sie
an, aber eher wie uninteressante Objekte, Material, was wars eine Bretterwand,
Möbel, nein gegen das Wort sträubt sich mein Traumempfinden, und sie sagte, das
reicht nicht, wenn du hier nur Sachen reinsetzt, Fußböden, Bretter, Kästen, die
Worte dazu sind wichtig, du must die Dinge deuten, erklären, beschreiben,
Sätze, bitte, nicht nur Seedinge. Da wuchs vielleicht ein Schimmel aus dem
Brett, aus einm Kasten kam ein Affe
hervor, ein anderer mit Stöhnen, ja, Holzgeräusche, krachen, „kertzeln“
knarren, die Dinge versuchten Menschen zu sein, als ären es verhexte, in Möbel
verwandelte Wesen, die nun befreit, erlöst werden wollten. Und ….
14./15. Ich sollte
eine Diplom-oder Doktorarbeit schreiben- Und bekm nur Widersprüche, Unbehagen
in diesem Schreibwiderstandinnen, Auf ein Brett, das ich auf der Straße fand.
Material, Objekte, keine Worte, Aber ich müsste das interpretieren, nicht nur
Dinge in den Satz setzen.
17./18. Ein Reklametraum Auf der Piata Romana eine
Bretterwand mit Schokolade. Vorher getanzt mit jungen Frauen? Dann Dunkelheit.
Und große körperliche Erregung. Vielleicht weil ich zu viele Mösen im Internet
angeschat hatte?! Erregung, es schnürte mir den Hals zu.
15./16.12.
L. hatte zu viel getrunken, ich ließ sie nicht allein hoch
gehen. Legte mich auch neben sie. Da ein Krach, Dea bellte; sie war aus dem
Bett gefallen oder beim Klogang vor dem Bett gefallen.
Lag die Ursache für diesen Unfall darin, dass wir
vorher unser Lebensscheitern besprachen?
Vorher ein langes Gespräch. Fazit: Jeder stirbt für sich allein.
Habe ich Schuld auf mich geladen. Sie bedauert es nun auch,
dass sie keine Kinder hat. Ich habe keine geboren, und zeigte auf ihren armen
Bauch. Es war 68. Die Pille, aber auch du, der dem Werk alles „Bürgerliche“,
auch Ehe und Kinder opfern wollte. Jetzt sitzen wir allein da. Sieh, Christa
Wolfs 80. Wie viele Familienleute da kamen. Bei uns zu deinem 80.? Niemand.
Ich dachte aber nachts an den griechischen „kairos“, den
Schicksalsmoment, der immer offen ist ? Bei Wikipedia finde ich:
Kairos (griechisch Καιρός) ist ein religiös-philosophischer Begriff für den
günstigen Zeitpunkt einer Entscheidung, dessen ungenütztes Verstreichen
nachteilig sein kann. In der griechischen
Mythologie wurde der
günstige Zeitpunkt als Gottheit personifiziert.
Inhaltsverzeichnis
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Philosophie [Bearbeiten]
Im Altgriechischen wird im Gegensatz zum Zeitabschnitt chronos der
Kairos als der rechte Zeitpunkt erfasst. Beispielsweise wird in den biblischen
Texten Kairos für einen von Gott gegebenen Zeitpunkt, eine besondere Chance und
Gelegenheit, den Auftrag zu erfüllen, verwendet. Immanuel Wallerstein nimmt diesen Begriff in seinem Buch
„Unthinking Social Science“ wieder auf, um eine postmoderne Theorie
gesellschaftlichen Wandels zu formulieren. Für Giorgio Agamben ist der Kairos die Zeit der
messianischen Erfüllung/Außerkraftsetzung des Gesetzes, in der der chronos
„gestaucht“ wiederholt wird.
In der Philosophie ist es der entscheidende Augenblick
selbst, in der Religion steht Kairos auch für die Entscheidung zwischen Glauben und
Unglauben.
Mythologie [Bearbeiten]
Anders als Chronos, der griechische Gott der Zeit, spielt
Kairos in der griechischen
Mythologie keine oder
allenfalls eine kleine Nebenrolle. Ion von Chios(490–421 v. Chr.) nennt ihn
zwar in seinem durch römische Zitate überlieferten Triagmos den „jüngsten Sohn des Zeus“[1], eine poetische Erfindung, aber kein
Beleg für eine olympische Genealogie.
Erst durch die bronzene Plastik des Lysipp, Hofbildhauer Alexander des Großen, erhielt Kairos
eine späte Aufnahme in den olympischen Götterhimmel.
Ein Kult des Kairos ist einzig an dem – nicht
erhaltenen – Altar des Kairos in Olympia überliefert, der in der Nähe eines Hermes-Altars aufgestellt war, wie esPausanias berichtet.[2] Allerdings
zeugen Nachbildungen des Lysipp’schen Kairos von einem verbreiteten Kairos-Kult
vom Hellenismus bis
in oströmische Zeit.
In der Ikonologie rückt
Kairos zunehmend nicht nur in die Nähe von Hermes, dem schnellen Götterboten,
sondern auch von Tyche,
der Fügung des Zufalls, und der Nemesis, die die menschliche Hybris bestraft.
Poseidippos von Pella (3. Jahrhundert
v. Chr.) hat in seinen Epigrammen aus Olympia auch einen Dialog des
Betrachters mit Kairos verfasst:
„Wer bist du?
Ich bin Kairos, der alles bezwingt!
Warum läufst du auf Zehenspitzen?
Ich der Kairos, laufe unablässig.
Warum hast du Flügel am Fuß?
Ich fliege wie der Wind.
Warum trägst du in deiner Hand ein spitzes Messer?
Um die Menschen daran zu erinnern, dass ich spitzer bin als ein Messer.
Warum fällt dir eine Haarlocke in die Stirn?
Damit mich ergreifen kann, wer mir begegnet.
Warum bist du am Hinterkopf kahl?
Wenn ich mit fliegendem Fuß erst einmal vorbeigeglitten bin,
wird mich auch keiner von hinten erwischen
so sehr er sich auch bemüht.
Und wozu schuf Euch der Künstler?
Euch Wanderern zur Belehrung.“
Ich bin Kairos, der alles bezwingt!
Warum läufst du auf Zehenspitzen?
Ich der Kairos, laufe unablässig.
Warum hast du Flügel am Fuß?
Ich fliege wie der Wind.
Warum trägst du in deiner Hand ein spitzes Messer?
Um die Menschen daran zu erinnern, dass ich spitzer bin als ein Messer.
Warum fällt dir eine Haarlocke in die Stirn?
Damit mich ergreifen kann, wer mir begegnet.
Warum bist du am Hinterkopf kahl?
Wenn ich mit fliegendem Fuß erst einmal vorbeigeglitten bin,
wird mich auch keiner von hinten erwischen
so sehr er sich auch bemüht.
Und wozu schuf Euch der Künstler?
Euch Wanderern zur Belehrung.“
– Gründel 1996. Sp. 1131
Schopf und kahler Hinterkopf des Kairos
(Detail eines Wandgemäldes von F. Salviati)
(Detail eines Wandgemäldes von F. Salviati)
Die Redensart, „die Gelegenheit beim Schopf“
zu packen, wird auf diese Darstellung des Gottes zurückgeführt: Wenn die
Gelegenheit vorbei ist, kann man sie am kahlen Hinterkopf nicht mehr fassen.
Dementsprechend bezeichnet man in der Psychologie die Angst, Entscheidungen zu
fällen, als Kairophobie.
Druckermarke für den Drucker Andreas Cratander, 1522
Urbild aller Kairos-Darstellungen ist die verschollene
Bronzeplastik des Lysipp aus
Olympia, von der nur noch Bruchstücke einer römischen Marmorkopie erhalten
sind. Ein in Turin aufbewahrtes Marmorrelief nach Lysipp zeigt den Gott als
weit ausschreitenden nackten Jüngling, mit lockigem Haar und kahlgeschorenen
Hinterkopf. Flügel wachsen ihm aus Schulter und Fersen. In seiner Linken trägt
er eine Balkenwaage, während der Zeigefinger der
rechten Hand auf die sinkende rechte Waagschale hinweist.[3] Nach
diesem Vorbild sind einige Darstellungen auf antiken Siegeln und Sarkophagen
erhalten.
Das Relief weicht in einigen Punkten von der Beschreibung
des Pausanias ab: Es fehlt das Messer, Flügel an der Schulter werden nicht
erwähnt. Auch bei anderen Attributen gibt es im Lauf der Zeit Veränderungen, so
wird Kairos gelegentlich auf Flügelrädern, ein Attribut der Nemesis, oder
balancierend auf einer Kugel wie Fortuna dargestellt.
In der Renaissance konnte
Kairos auch als Occasio,
die günstige Gelegenheit – theologisch auch die „Gelegenheit zur Sünde“ – als
weibliche Personifikationverbildlicht werden. Ein
Beispiel ist Holbeins Druckermarke für
den Basler Drucker Andreas Cratander von 1522. Hier ist eine junge Frau mit
wallender Haarpracht und kahlem Hinterkopf dargestellt. Sie ist bewaffnet mit
einem Messer und tänzelt mit Flügelschuhen auf einer Kugel. In dieser Darstellung
werden Attribute von Fortuna und
Kairos vereint.
Literatur
Kairos.
In: Pauly-Wissowa. Paulys Realencyclopädie der classischen
Altertumswissenschaft. Neubearb. begonnen von Georg Wissowa. Hrsg. vonWilhelm Kroll. Bd 20/1. Stuttgart 1919. Sp. 1508–1521.
§ Alf
Christophersen: „Kairos. Protestantische Zeitdeutungskämpfe in der Weimarer
Republik“. Mohr Siebeck, Tübingen 2008. ISBN
3-16-149567-5
§ Klaus P.
Fischer: Heute, wenn ihr Seine Stimme hört. Beiträge
zu einer Theologie des Kairós. Passagen, Wien 1998 ISBN
3-85165-299-1
§ Hans-Georg Gadamer: Kairos.
Ein Diskurs über die Gunst des Augenblicks und das weise Maß.
Radiointerview von Bernd H. Stappert, SWR 1989, Auditorium Netzwerk Original
Vorträge, Jokers Hörsaal, auf der CD: Hans-Georg Gadamer: Von der
Lust am Dialog. (2008).
17./18./19, heute ist Montag, Samstag u. Sonntag beim Boot.
Am Samstag besonders schlimm, Regen und starker Wind. Ich konnte gar nicht aufs
Boot, es heranziehen. Doch die Leinen sahen gut aus. Gestern dann gings. Ich konnte auch rein und auspumpen.
19./20. Dienstag. Anekdotentraum. Kleine Bücher mit
Anekdoten hingen da. Ich sollte auch Anekdoten schreiben. Nur, in welchem Stil.
Und der erste Satz gibt den Stil schon vor. Pastior war mit dabei.
Quälende Nächte. Und Müdigkeit am Tag. Keine Schreiblust,
kein Schreibmut mehr.
21.22. 12. Für morgen 23. L.s Geburtstag:
Für meine Linde
Am 23.Dezember 2011
JEDE NACHT DIE ANGST
Und am Tag im Licht
Körperschmerzen…
Du und ich nach all den Jahrzehnten
Zusammen… ein Rätsel, ein Wunder?
Ich weiss: ohne dich wäre ich nicht ich,
wäre meine Arbeit nicht meine Arbeit,
wäre mein Werk nicht mein Werk.
Welch ein Kairos, welch ein Gott
Macht es möglich zusammen zu
sein.
Wir wollen nichts anderes…
Und die Wirklichkeit ist schön fast
Ein Märchen…. In der Ferne die Unendlichkeit
Das Mittelmeer.
2
Tonbanduhr im Tal Campanile ist wieder ein Heute
im Esszimmer die Uhr ist schon viel näher
täglich kaum unterscheidbar
vorgestern gestern und heute Morgen
wieder. Sie wird einmal geschlagen haben
und geschlagen haben werden sie.
Erst jetzt war es doch heute gewesen. Eben noch war
doch gestern. War heute
Vormittag Abend
und diese letzte Nacht schon längst gewesen.
Immer
weil wir
gewesen sein werden.
3
Und sind wir dann im tiefen Später
Aus der Zeit erlöst
Und wirklich
Zusammen im Licht Schein der das Auge raubt
Und jede Hast blendet?
Dort im Zukunftssein blitzend,
dort, wo wir Immer sind und
Wo es nur blendende Uhren
Viel größerer Liebe gibt?
Ihr Widerschein ist unsere
tägliches
Miteinander, Liebe? kaum spürbar
als wäre es Alltag
Was doch zusammen hier
Ein Rätsel ist.
Du und ich
das ist ein Schicksal geworden.
28./29. 12. Wichtiger Traum. Mit Sienerth, der sagte, er
habe die TS-Mappen angesehen einiges gelesen, doch man erde verrückt in diesem
Wahnsinn von Textcollagen, von Materialsummen.
Und ich setzte sie im
Traum zusammen; ich weiss ich müßte Proben daraus geben, ein kleines
Ausschnitt-Buch daraus zusammenstellen. Morgen versuche ich das.
Nur durchhastend wie ein Finder im Goldbergwerk ist das
möglich. Traum-Text-Fetzen….
Ich dürfte eigentlich nichts mehr anderes machen als solch
eine Suche veranstaltn….
Wie bei Zettels Traum müsste ich es machen.
Weiter im Text:
(? –) : »Ganz=winzij’n Moment
nur … (: dreh langsam, 1 Mal, den Kopf in die Wunder einer anderen AtmoSfäre …
(?) – : nu, ne Sonne von GoldPapier, mit roth’n Bakkn et=caetera ?)) – :
verfolg ma das WasserlinsnBlättchin, Franziska=ja ? – (?) – : Ganz=recht; (Ch
kuck aufdii Uhr). –«; (und knien; am WegeGrabm, zu Anfang des Schauerfeld’s) :
»Ch wollt die StrömungsGeschwindichkeit ma wissn : Wir habm Zeit, individuell
zu sein, gelt Fränzi?« « (Und erneut zu W, /
Der erste Satz scheint an W
gerichtet zu sein, wie der Schluss der zitierten Passage und der rechte Rand
klar machen:
(da W Uns, anschein’d n
Ausputzer
gebm wollte. (: heut regier’Ich :
morgn fahrt Ihr wieder
gebm wollte. (: heut regier’Ich :
morgn fahrt Ihr wieder
Diese Marginalie enthält eine
wichtige zeitlich Rahmenbedingung des Geschehens, die auch gleich darauf noch
einmal betont werden wird: Der Tag, den ZT beschreibt, ist in vielerlei
Hinsicht ein letzter Tag, ein Tag, der in sich
abgeschlossen ist und etwas besonderes darstellt. Zum heute so nicht mehr
gebräuchlichen Wort „Ausputzer“ schreibt Adelung:
Der Ausputzer, des -s, plur. ut nom. sing. der etwas
ausputzet. Figürlich, im gemeinen Leben, ein scharfer Verweis. Einem einen
derben Ausputzer geben.
Im obigen Zitat aus der
Mittelkolumne ist wohl wichtig, dass DP W gegenüber für ein und denselben
Sachverhalt zwei sehr unterschiedliche Formulierungen gebraucht: Die „die
Wunder einer anderen AtmoSfäre“ können auch als „ne Sonne von GoldPapier, mit
roth’n Bakkn et=caetera“ beschrieben werden. Hier kündigt sich DPs Methode der
Interpretation an, die später im Text als „Etym=Methode“, „Etymkunde“,
„Etym=Analyse“ oder auch explizit als „Etym=Theorie“
bezeichnet werden wird. Für diese Lesart von Texten wird es – besonders auch
bei denen Edgar Allan Poes – charakteristisch sein, dass eine gravitätischen
Formulierung mit eine ihre Erhabenheit entlarvende Deutung gegenübergestellt wird.
Ich selbst habe mir in meiner Einführung zu Schmidts erzählerischem Werk erlaubt, diese Methode als „Etymmystik“
zu bezeichnen, da zumindest DP mit dieser Methode darauf abzuheben scheint, die
oberflächliche Lektüre von Texten durch eine wahrere, unmittelbarere Lektüre zu ergänzen. Ich werde
hier in im weiteren dei Abkürzung EM für diese Art des Textzugriffs
verwenden, wobei sich jeder nach Belieben denken mag, ob dies für Etym-Methode oder Etymmystik stehen soll.
Der zweite Teil des obigen
Zitats leitet eine Messung der Strömungsgeschwindigkeit des kleinen Bächleins
im „WegeGrabm, zu Anfang des Schauerfeld’s“ ein. Dies im weiteren Roman wohl
keine Rolle mehr spielende Detail könnte in zweierlei Hinsicht gedeutet werden:
Zum einen ist für DP die ihn umgebende Welt nicht nur Anlass zur äußerlichen
Betrachtung, sondern er objektiviert sie auch – die Welt wird nicht nur
betrachtet, sondern auch vermessen; auch hier liegen, wie bereits oben
thematisiert, zwei Zugriffe auf die Welt nebeneinander vor. Zum anderen kann
das Knien „am WegeGrabm“ auch als eine religiöse Geste gedeutet werden. Hinweis
darauf könnte das kurze Poe-Zitat am linken Rand sein:
(›watered
by a beautiful stream,
which bears the name of ISIS, the
divinity of the Nile & the Ceres of
the egyptians‹. (REC.WALSH))
which bears the name of ISIS, the
divinity of the Nile & the Ceres of
the egyptians‹. (REC.WALSH))
Das Bächlein wird also
assoziiert mit der Isis, der Göttin des Nils und der
Ceres der Ägypter, was
zum einen eine erneute Aufnahme des Themas Fruchtbarkeit ist, für das auch
schon die die linke Kolumne bisher beherrschenden Jungstiere stehen können, zum
anderen aber eben für das Knien „am WegeGrabm“ ein religiöses Assoziationsfeld
liefert. Vor wem oder was hier dann tatsächlich das Knie gebeugt würde, lässt
sich wohl noch nicht erkennen.
F stimmt der Aussage DP, man
„Zeit, individuell zu sein“ schweigend zu, wie der rechte Rand verrät:
(Sie nickde, schweignd …
Weiter in der mittleren
Kolumne:
(Und erneut zu W, / (Die,
irgndwie=gereizt, Paul just ein’n ›Altn Dämian‹ hieß : ! –) / : »Lieb=sein
Wilmi. Villeicht sind Wa, an Unserm 1 Tag Fee’rij’n, ooch noch grawitätisch! –
Meine Lektüre des Hesseschen
„Demian“ liegt zulange zurück – und ich möchte sie auch nicht auffrischen –, um
noch beurteilen zu können, ob es sich bei „Dämian“ um ein spezifisches
Schimpfwort handelt; der Dämlack dürfte bei der Schöpfung des Wortes Pate
gestanden haben.
Zettel's Traum (ZETTEL'S
TRAUM in der Schreibweise des Autors) ist das 1970
erschienene Monumentalwerk des Dichters Arno
Schmidt. Der Titel spielt unter anderem auf eine Figur ausShakespeares Mittsommernachtstraum an.
Inhaltsverzeichnis
|
Inhalt [Bearbeiten]
Die Handlung spielt an einem Tag
1968 ab 4 Uhr in der Lüneburger Heide. Der Ich-Erzähler Daniel
Pagenstecher hat das Übersetzer-Ehepaar Paul und Wilma Jakobi mit deren Tochter
Franziska zu Besuch. Breiten Raum nehmen die Gespräche der Erwachsenen über den
amerikanischen Schriftsteller Edgar
Allan Poe ein, dessen Leben und Werk
Pagenstecher mittels der von ihm entwickelten „Etym-Theorie“ deutet. Mit dieser
Fortentwicklung der Freudschen Psychoanalyse stellt er
Poe als impotenten, koprophilen Voyeur
mit Neigung zu Kindfrauen dar.
Das Werk umfasst 1334 dreispaltig
mit Schreibmaschine und Hand (Randglossen & Streichungen) beschriebene
DIN-A3-Seiten und ist in acht Bücher unterteilt:
§ 1. Buch:
Das Schauerfeld, oder die Sprache von Tsalal (bis Bl. 138)
§ 2. Buch:
In Gesellschaft von Bäumen (bis Bl. 313)
§ 3. Buch:
Dän's Cottage. (Ein Diorama) sic (bis S. 489)
§ 4. Buch:
Die Geste des Großen Pun (bis Bl. 600)
§ 5. Buch:
Franziska – Nameh (bis Bl. 755)
§ 6. Buch:
‚Rohrfrei!‘ – (bis Bl. 961)
§ 7. Buch: The tw/oilit of the Guts (bis Bl. 1145)
§ 8. Buch:
Im Reiche der Neith (bis Bl. 1330)
Der
Raubdruck [Bearbeiten]
Kurz nach dem Erscheinen der
Erstausgabe 1970 wurde – sehr zum Ärger des Autors – ein Raubdruck des Buchs
in halber Größe angefertigt. Arno Schmidt sah sich in seiner prekären Existenz
bedroht, da sein Verleger meinte, man könne nicht noch einmal das Wagnis einer
weiteren Typoskript-Ausgabe
eingehen, wenn sofort mit einem Raubdruck zu rechnen sei.
Bis Oktober 2010 war Zettel's
Traum nur in verschieden skalierten Faksimile-Ausgaben
des Original-Typoskripts verfügbar;
an der gesetzten Ausgabe arbeitete Friedrich Forssman im Rahmen
der Bargfelder-Ausgabe etliche Jahre.
Ausgaben [Bearbeiten]
§ Das Werk
erschien 1970 ursprünglich in einer auf zuerst 2000 Bände limitierten,
signierten Auflage im DIN-A3-Format im Stahlberg
Verlag.
§ Im Jahr
2002 wurde vom S.
Fischer Verlag eine
Leseausgabe bereitgestellt, die beinahe an die Originaldimensionen des Werkes
herankommt, ISBN
3-596-50560-7.
§ Im
Oktober 2010 erschien im Suhrkamp
Verlag die „Bargfelder Ausgabe. Werkgruppe IV/1.
Standardausgabe. Zettel's Traum“ als gesetztes Buch, ISBN
978-3-518-80310-3.
§ Es liegen
zwei Hörbuchfassungen in Auszügen mit Jan Philipp Reemtsma bzw.
Joachim Kersten als Erzähler vor.
Literatur
und Dokumente [Bearbeiten]
§ Arno
Schmidt: Vorläufiges zu Zettels Traum. Schallplatten-Kassette
mit 2 Langspielplatten und einer Faksimile-Beigabe, S. Fischer Verlag, 1977.
eine Umschrift des Vortrags liegt bei.
§ Doris
Plöschberger Doktorarbeit (2002) zu „Zettels Traum“ Beiträge zur neueren
Literaturgeschichte Bd.191 – SilbmKünste & BuchstabmSchurkereien! Zur
Ästhetik der Maskierung und Verwandlung in Arno Schmidts 'Zettels Traum'
Universitätsverlag Winter, ISBN
3-8253-1418-9.
§ Jörg
Drews (Hrsg.), Doris Plöschberger (Hrsg.): »Des
Dichters Aug' in feinem Wahnwitz rollend ...« Dokumente und Studien
zu »Zettel's Traum«. 2001, ISBN
3-88377-658-0.
§ Volker
Langbehn: »Arno Schmidts Zettels Traum: An Analysis«. Camden
House, Rochester 2003, ISBN
1-57113-261-9.
Weblinks [Bearbeiten]
§ Auf der
Webseite der Arno-Schmidt-Stiftung erscheint
seit dem 15. März 2002 täglich ein „Zettel“ des „Manuskripts“ des Autors
»Den Mond untergehen sehen, über
Wieseneinsamkeiten, ganz rot würde das silberne Wesen geworden sein, wenn es
einsank in Dunstband und Kiefernborte ...«
Zettelarchiv
Die bisher gezeigten »Zettel des Tages« aus Arno Schmidts Zettelkasten zu »Zettel’s Traum« können hier heruntergeladen werden:
Zettelarchiv0001-0200.zip
Zettelarchiv0201-0400.zip
Zettelarchiv0401-0600.zip
Zettelarchiv0601-0800.zip
Zettelarchiv0801-1000.zip
Zettelarchiv1001-1200.zip
Zettelarchiv1201-1400.zip
Zettelarchiv1401-1600.zip
Zettelarchiv1601-1800.zip
Zettelarchiv1801-2000.zip
Zettelarchiv2001-2200.zip
Zettelarchiv2201-2400.zip
Zettelarchiv2401-2600.zip
Nachts wieder… in der Früh wusste ich den Traum noch. Es
waren zwei. Jetzt kommt er nicht mehr.
Die Traumwelt ganz wo anders… eben. Auch wenn ich mir gemerkt hatte, dass einer
ganz normal war.
Und die Themen, wie E. meint: S. und Securitate.
Und heute noch Wahlverwandtschaft mit Jane Dildon (75), di
ihr ES bespricht, wie ich es tue:
Joan Didion: Blue Nights
Sich erinnern heißt leiden
22.12.2011 · Keine Anleitung zum stilvollen
Trauern und behaglichen Altwerden: Joan Didions Buch „Blue Nights“ ist eine
unerbittliche Abrechnung mit dem Leben und dem Tod.
Joan Didion, die Beobachterin der Politik,
wird in ihren neuen Büchern persönlich und introspektiv
Jetzt hilft auch nicht mehr das magische Denken.
Jetzt sind nur noch die Zweifel geblieben an allem, worauf sie sich einst
verlassen konnte. Jetzt ist sie allein mit ihrer Ratlosigkeit, ihrer
Gebrechlichkeit, ihrer Angst. Die „Blue Nights“ neigen sich ihrem Ende zu, die
letzten Minuten der „blauen Stunde“ sind angebrochen, und Joan Didion weiß sich
keinen anderen Rat, als zu schreiben. Über den Tod ihrer Tochter Quintana. Über
den Schmerz des Erinnerns. Übers Altwerden. Über ihre Einsamkeit im
gesellschaftlichen Trubel. Über ihr Versagen, ihrem Leben eine Richtung,
geschweige denn einen Sinn zu geben. Sie schreibt, ja sie schreibt so wunderbar
präzis und poetisch und musikalisch wie immer, aber selbst darin vermag sie
keinen Halt und keinen Trost zu finden.
Nichts ist erbaulich in „Blue Nights“. Dennoch sagt der
Schriftsteller John Banville dem Buch in der „New York Times“ voraus, es werde
für Didion wieder ein Riesenerfolg. Michiko Kakutani, die Literaturkritikerin
des Blattes, hat es soeben in ihre Jahresbestenliste als „melancholische
Meditation über die Moral und die Zeit“ aufgenommen, und in der „New York
Review of Books“ nennt Cathleen Schine es ehrfürchtig „einen Abstieg in die
Unvermeidlichkeit einer Welt ohne Hoffnung“. Als Protagonistin des New
Journalism gibt es für Didion keine strikte Trennung zwischen Privatem und
Öffentlichem, zwischen Politik und persönlichem Alltag. Im „White Album“, ihrer
1978 erschienenen Essaysammlung, manövriert sie über die Klippen der Zeit am
Rande eines Nervenzusammenbruchs. Wenn auch die Schicksalsschläge der
vergangenen Jahre ihren Blick immer mehr nach innen gelenkt haben, hat sie doch
die politische Bühne nicht ganz aus dem Auge verloren und sich auch vor der
Wahl Obamas und danach etwa in der „New York Review of Books“ zu Wort gemeldet.
Die Arbeit am Bühnenstück als
Therapie
Es läge nahe, „Blue Nights“ als Fortsetzung von „The Year of
Magical Thinking“ zu lesen. Es führte auch in die Irre. „The Year of Magical
Thinking“, auf Deutsch 2006 als „Das Jahr magischen Denkens“ erschienen, ist
Joan Didions Versuch, mit dem plötzlichen Herztods ihres Mannes, des
Schriftstellers John Gregory Dunne, zurechtzukommen (F.A.Z. vom 18.November
2005). Sie findet sich wieder in einer Phantasiewelt, in der ein magisches
Denken es ihr erlaubt, Gewesenes und Geschehenes zu verändern oder auch
ungewesen und ungeschehen zu machen. Die Wirklichkeit aber pocht unbarmherzig
auf ihr Vorrecht. Didion muss sich damit abfinden, dass noch im nachlassenden
Schmerz neue Schmerzen auftauchen. Ist nicht jeder aufkeimende Trost ein Betrug
an ihrem verstorbenen Mann? Sie, die selbstsichere Lebensplanerin, die
gefeierte Essayistin, Drehbuch- und Romanautorin, verliert die Kontrolle über
ihre lang und gewissenhaft gehegten Vorstellungen von Tod und Leben und allem,
was sich dazwischendrängt.
Joan
Didion: „Blue Nights“
Als ihr Mann stirbt, ist die einzige Tochter lebensbedrohlich
krank. Von ihrem Tod wird der Leser noch nichts erfahren. In der Bühnenversion
von „The Year of Magical Thinking“ muss Vanessa Redgrave, Joan Didions
Doppelgängerin am Broadway, anderthalb Jahre später aber vom Tod beider
erzählen (F.A.Z. vom 2.April 2007). Didion schildert nun in „Blue Nights“, wie
sie sich die Arbeit am Bühnenstück als Therapie verschreibt. „Maintaining
momentum“, in Schwung bleiben, heißt ihr neues Motto, ihre Überlebenstechnik.
Bis der Körper nicht mehr mitspielt. Oder sind es Körper und Geist, die
gemeinsam ihre Zuversicht verlieren? Übersät ist ihr Rückblick mit Fragen, auf
die sie keine Antwort findet.
Das Ende der Versprechungen ist auf
einmal da
Auch das magische Denken vermag ihr keinen vorübergehenden Schutz
mehr vor den brutalen Eröffnungen der Wirklichkeit zu bieten. Jeder Gedanke
wird zur Last, jede Erinnerung zum Schmerz. Sie kramt Fotos und Einladungskarten
hervor, nur um festzustellen: „Theoretisch bringen diese Erinnerungsstücke den
Augenblick zurück. Tatsächlich dienen sie bloß dazu, mir klarzumachen, wie
unzulänglich ich den Augenblick genossen habe, als ich dabei war.“ An anderer
Stelle schreibt sie: „Erinnerungen sind das, woran du dich nicht länger
erinnern willst.“ Ihre Totenklage besteht aus Zweifeln an sich selbst, Zweifeln
am Blickwinkel, unter dem sie ihre Welt betrachtet, und Zweifeln an der
Erziehung der Adoptivtochter: „Haben wir von ihr verlangt, erwachsen zu sein?
Haben wir sie aufgefordert, Verantwortung zu tragen, bevor sie dazu in der Lage
war? Haben unsere Erwartungen sie daran gehindert, sich wie ein Kind zu
verhalten?“ Und davor schon die noch schmerzlichere Frage: „Wie konnten wir einander
nur derart falsch verstehen?“
Joan Didion hat keine andere Wahl, als ihre Klage vor einer
Kulisse anzustimmen, die im Luxus mondäner Paradiese schwelgt, von Saint-Tropez
bis Malibu, von der Polo Lounge im Beverly Hills Hotel bis zum Efeu-Idyll des
Plaza Athenée in Paris. Patti Smith und Paul Newman gehören zu den Stars, die
anstandslos Nebenrollen in der Familiensaga übernehmen, und als Braut ist
Quintana geradezu verpflichtet, das Satinschuhwerk von Louboutin schimmern zu
lassen. Eine privilegierte Kindheit? Privileg, das sei eine Wertung, eine
Meinung, ein Vorwurf, erklärt Didion. Ein Begriff, der angesichts der
Ereignisse keine Bedeutung habe.
Weitere Artikel
Über den Tod der Tochter hinaus weitet sich „Blue Nights“ so zu
einer Meditation, einer literarisierten Improvisation, die, ganz wie unser noch
unzähmbares Hirn, zwischen den Zeiten und Ereignissen umherspringt, nach vorn
und zurück, über Kreuz und im Kreis. Didion führt ein Selbstgespräch, das sie
für uns aufzeichnet, in einer Ehrlichkeit und Offenheit, die den schmalen Band
fast zu sprengen scheinen. Sie spricht über Kinder, aber meint, wie sie zugibt,
den Tod. Der aber hat es eilig, wenn er sich heranschleicht: „Verlieren wir das
Gefühl fürs Mögliche, verlieren wir’s schnell.“ Das Alter kommt als
Überraschung, auf einmal ist das „Ende der Versprechungen“ da. Sie gesteht,
keinerlei Vorbereitungen getroffen zu haben. Dass die Tatsache, fünfundsiebzig
Jahre alt zu sein, eine bedeutsam veränderte Lebenssituation markiert und in
ihr ein anderes „Es“ vorfindet, ging ihr erst vor kurzem auf.
Gegen die Leere ist kein poetisches
Kraut gewachsen
Hat sie nunmehr also einen weisen Rat auf Lager? Nein. „Blue
Nights“ ist keine Anleitung zum glücklichen Trauern und behaglichen Altwerden.
Jenseits aller flotten Bekenntnisschreiberei legt Didion das Ergebnis einer
schonungslosen Selbstuntersuchung vor, einen Bericht, der weder tröstlich noch
weinerlich ist, auch wenn er an seiner eigenen Beschaffenheit zweifelt. Die
Frau, deren unverwechselbare Stimme nicht von ihren Beobachtungen und Erfahrungen
zu trennen ist, ist sich nicht mehr sicher, dass sie uns damit wirklich
erreicht. „Lassen Sie mich wieder versuchen, direkt mit Ihnen zu sprechen“,
beginnt sie ein Kapitel, beinahe verzweifelt. Zuvor hatte sie weniger uns als
sich selbst gefragt: „Was, wenn ich nie mehr die passenden Wörter ausfindig
machen kann?“ Joan Didion wird es nicht glauben, wenn ihr versichert wird, dass
sie ein bewegendes Buch geschrieben hat, stilistisch und gedanklich auf der
Höhe ihrer Meisterschaft. Oder wenn sie es glaubt, wird sie fürchten, nicht
mehr die Kraft für ein nächstes Buch zu haben. Sie hat gelernt, Krankheit,
Gebrechlichkeit und Alter in ihre Lebensrechnung miteinzubeziehen, körperlich
und geistig.
Es gehört zu den Widersprüchen von „Blue Nights“, dass vom existentiellen
Niedergang, der den Inhalt prägt, in der Form nichts zu spüren ist. Genauso
unvereinbar ist ihr neues Selbstporträt, das in seiner radikalen
Hoffnungsverweigerung auch „The Year of Magical Thinking“ noch übertrifft, mit
unserer Reaktion darauf, unserem Leseerlebnis, das verzaubert, während es uns
verstört und bedrückt. Als Trostspenderin hat Kunst bei Didion ausgedient.
Gegen den Tod der Tochter und des Ehemanns, gegen die Leere in ihrem Leben ist
kein poetisches Kraut gewachsen. Kein Buch hilft darüber hinweg. Joan Didion
weiß das, erklärt uns das. Und doch hat sie ein Buch geschrieben.
Quelle: F.A.Z.
Ist mein „Magical Thinkig“ meine versagende
Transkommunikation?
Und kein Trost mehr,
Schreiben vor allem nicht. Und genau dieses aufschrfeiben.
27.12. Wieder zeigt sich, dass die Träume wichtiger sind als
das Leben
Wenn ich sie schreiben könnt. Wäre ich ein großer Autor.
Wieder war von einem Lob meines Romans, welcher? Die Rede,
ein bekannter Kollege sprach über ihn. Ich m üsst nur den Anfang ändern. Dann
davon, ihn wegzulassen. Er, und eine Frau. Dann nur noch sie. Es war im Osten,
Berlin wohl. Und die Grenze nun offen,
wir rasten los. Neben uns ein
Schmutzkanal mit ungeheuer dichte Gerümpel, das wegschwamm. Von einem Mantel
dann. In der Tasche genau 2000 DM. Als wollte die Kollegin „rüber“.
Alles nur dramatische Fetzen.
Vielleicht war Elisabeth dabei. Sie es. Aufgeregt alles. Ich immer sehr
bescheiden, und stumm. Irgendwie die Atmosphäre einer Buchhandlung. Und eines
Gartens, wo gelesen und kritisiert wurde. Überschnitt sich mit dem Geschehen,
das auch live voranging, aus dem Buch stieg. Ich erlebte also als DR-Bürger
lles.
Wichtig war, ich
fragte den Kollegen, wie hätte er das dann gemeistert, als es die DDR nicht
mehr gab, sein Thema war ja, sie und die Spannung zu West. Aber vor allem das
Lebensgefühl dort. Nach dieser Frage ging dann alles los.
Große Trauer und Mutlosigkeit als ich wieder wach war,
erkannte, dass ich mein banales Leben hatte, alles nur ein Traum. Nichts. Und
es nicht mal mehr richtig rekonstruieren und aufschreiben konnte.
Ich kehr es jetzt um: 25. 12. Weihnachten.
Schöne worte von einem Transsylvanschen Kollegen Dimovici:
·
o
§
§ "Transsylwahnien"
hat mich fasziniert! Es ist ein wunderbares, trauriges Epos über EXil und über
unsere verlorene Heimat, eine verführerische und zerrissene Kulturlandschaft,
mit alle ihren geschichtlichen Höhen und Tiefen, mit ihren Wahnsinn, Härte und
Zärtlichkeit, Schwächen, Schizophrenie und unerklärliche Grausamkeiten.
Beeindrückend ist die traurige Gestalt der heimatlosen und einsamen Mutter (hat mir sehr an meinen Mutter, die auf einem Friedhof in Transsylwahnien liegt, errinert), die nach dem Tod des Sohnes, mit ihm, mit seinem "Weggehen", vergessen, erlöschen wird. Erschüttern wirken auch Roland, Capenius und alle Anderen, die nicht wussten was sie taten oder nicht wissen wollten und begreifen konnten, wie tief sie verfallen waren (ist DAS, in eine Form oder andere, nicht mal vielen von uns auch passiert?) es folgt
Beeindrückend ist die traurige Gestalt der heimatlosen und einsamen Mutter (hat mir sehr an meinen Mutter, die auf einem Friedhof in Transsylwahnien liegt, errinert), die nach dem Tod des Sohnes, mit ihm, mit seinem "Weggehen", vergessen, erlöschen wird. Erschüttern wirken auch Roland, Capenius und alle Anderen, die nicht wussten was sie taten oder nicht wissen wollten und begreifen konnten, wie tief sie verfallen waren (ist DAS, in eine Form oder andere, nicht mal vielen von uns auch passiert?) es folgt
19. Oktober
§ Der
Schleier der Obsession:"was kommt danach?" ist nicht neu, aber durch
Milliardenfache Wiederholungen, die Hoffnung an die Unsterblichkeit, wird
aktueller und trotzdem fragiler, zarter und fraglicher.
Wir alle, rastlos umherirrend, durch unsere fremdgewordene Heimat oder durch die ganze Welt, schleppen unseren innerlichen uns äußerlichen Exil und Sehnsüchte nach "Zuhause" "dass es einmal gab", vielleicht nur in unserem, von Jahren abgestumpften und durchgewühlten SCHMERZ, mit.
Es ist schöne, traurige Elegie über die zerbrechlichen Transsylvanischen rastlosen Seelen...
Danke, Cornel Dimovici
Wir alle, rastlos umherirrend, durch unsere fremdgewordene Heimat oder durch die ganze Welt, schleppen unseren innerlichen uns äußerlichen Exil und Sehnsüchte nach "Zuhause" "dass es einmal gab", vielleicht nur in unserem, von Jahren abgestumpften und durchgewühlten SCHMERZ, mit.
Es ist schöne, traurige Elegie über die zerbrechlichen Transsylvanischen rastlosen Seelen...
Danke, Cornel Dimovici
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