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Freitag, 30. Dezember 2011

Dieter Schlesak TRÄUME UND TRAUMERZÄHLUNGEN .Tagebuch von Toten begleitet



Meine Grenzprobleme: Von der politischen Grenze nach meinem Weltenwechesl 1968/69, kam ich dann  zur psychischen Grenze , zu den Irrenanstalten ab 1976, und dann  ab 2006 nach Mutters Tod zur metaphysischen: dem Tod. DER TOD IST NICHT BEI TROST heisst so auch mein letzter Gedichtband.

Die TRÄUME aufzuschreiben, ja weiter zu erzählen, beauftragte mich in einem Traum eine „Lektorin“, es war auf einem Messempfang und sie ließ mich nicht aus den Augen.: Traum im Traum: eine Lektorin verpflichtete mich also zu diesem Traumbuch, und ich begann daran zu schreiben. Dazu kommen  seit Dez. 2010 die  Securitate-AKTEN nun, meine Jugend wird „belegt“ wie von einem teuflischen  Eckermann durch unzählige, vor allem aber 5 Freundes-Süitzel, darunter Pastior und Kittner, die Toten.

Zwangsläufig ist  dieses nun ein Traum-Tagebuch, ein Erzähl-Tagebuch, das von Toten begleitet wird:
Schon seit Monaten,  doch beginnt es erst mit „heute“, dem 14. Dezember 2010 „wirklich“ als Schrift und Sinnversuch. Nur im Rückblick kommen dann die anderen Träume wieder, die ich erzählen will, ihrer Erinnerungs- und Emotionsspur folgend; erzählt aus dem gleichen Zustand.


6.12.2011. Oft schreibe ich schon ganz früh oder in der Nacht, wenn die  Träume beser erinnert werden. Todestag Deichmanns. Mit L. wieder verschiedener Meinung. Meine Auschwitzgeschichte auf englisch und Madeleine die Nachbarin. Alles nur noch Unbehagen und Stress, auch wenn es um Positives geht. Meine Grundstimmung ist negativ, ein Nichtmehrlebenwollen. Altersbedingt, und rechnete mir aus, dass ich doch noch 13 Jahre bis 90 habe.  Aber sie L. hat recht, es kann in unserem Leben nicht immer nur um DS gehen

8./9. 12. Träume von Tuzzi (Gertrud Fernegel. Schon lange tot.) Sie: Warum rufst du nicht mehr an. Hast du meine Nummer? Ich. Ja, aber seit du tot bist, rufe ich nicht mehr so oft an. 
Helga R. war auch da. Ob sie noch lebt?

12./13.Dezember. Traum: Zuerst eingerichtet bei einer Familie (Capesius?) Standen früh auf, um einen Ausflug zu machen. Dann zu Pferd (auf einem Schimmel die Tochter), ritt an uns vorbei an einem Waldesrand. Und die Tochter traf Enzensberger, ein Gespräch mit ihm.
Wichtig aber meine Begegnung mit Capesius Vik. in einer Menschenmenge, großes Gedränge, die Gefahr zu ersticken. E. streckte seine Hand aus vor Capesus´Brust: Servus, sagte er,  ech bän der Dr. S. Auf ein Wort: Wie war das denn dort. Das Gedränge nahm zu. Aber kommt Leute, es ist ja HEUTE. Seid zivilisiert, nicht zu Tode trampeln!
Beim Frühstück erzählte C. von „dort“ Wie unvorhersehbar alles gewesen sei. Aber es war ja „Pflicht“ Eben dass man es habe tun MÜSSEN! Es war ja Krieg. Keine Alternative.
Die Familie, die Tochter erstarrte. Und auf dem Schimmel galoppierte sie davon. Enzensberger lief hinterher.
(Kommentar: Enzensberger hatte mir ja bei einem Treffen in München geraten, das Buch "Der Auschwitzapotheker" sofort zu schreiben! Norman Manea war mit dabei und war der gleichen Meinung!)

In der Morgenfrühe trennte man sich. Ich lag noch im Bett. Sah aber alles vom Fenster aus.
Dann kam die alte Zeitangst. Ich wusste, dass ich wenig Zeit hatte. Dass sie vorbeirast….
Dann Untersuchung. Erinnere nur „Maxi“. Auf dem Klo.

Und dann kommen die Securiatatejahre hinzu, die Freundesspitzel, etwa 24, 5 wichtige. Kittner, Anna Bretz, Dieter Roth, Oskar Pastior, Heinz Stanescu.

 Warum ist mir mein Schreibtisch unangenehm? Wegen des ungemütlichen Neonlichtes?

13./14.Dezember 2011

13. Dezember. Ich erinnere mich, dass es in S. an der Kokel eine Feuerwehrkaserne gab (Erinnerungs-Wachtraum), die „13. Dezember“ hieß. Fast alles, was ich träume geht nach S. zurück. Doch es gibt auch das ganz Fremde, wie bei Christa Wolf, die nun auf dem Dorotheenstädter Friedhof (wo auch Schuster und Pastior liegen), wieso? „nach Hause „ gegangen ist. Welche Heimkehr ist das? Wohin, wenn es den Körper nicht mehr gibt, der sich eindeutig in seine Elemente auflöst, geht es denn? Doch was ist das, was „daneben“ bewusst ist,  diese Träume, aber auch diese „Außenwelt“, wenn ich jetzt zum Fenster hinaussehe, hier in Pieve, möglich macht. Was  finde ich unter „Bewusstsein“ im Netz?

Bewusstsein (lat. conscientia „Mitwissen“ und agr. συνείδησις syneidesis „Miterscheinung“, „Mitbild“, „Mitwissen“, συναίσθησις Mitwahrnehmung undφρόνησις von φρονεῖν bei Sinnen sein, denken) ist im weitesten Sinne die erlebbare Existenz mentaler Zustände und Prozesse. Eine allgemein gültige Definition des Begriffes ist aufgrund seines unterschiedlichen Gebrauchs mit verschiedenen Bedeutungen schwer möglich. Die wissenschaftliche Forschung beschäftigt sich vor allem mit den klarer definierten Bewusstseinszuständen.
Ein Bewusstseinszustand ist eine Art des Erlebens, die durch die Merkmale Wahrnehmung, Selbstbewusstsein, Wachheit, Handlungsfähigkeit und Intentionalität bestimmt ist.
Eine besondere Rolle spielt dabei das Fühlen (vergl. Emotion, Stimmung, Affekt), weil es durch Angenehm- und Unangenehmsein und Lust- und Unlustcharakter Handlungen motiviert und der Wahrnehmung ein Wertprofil aufprägt, das damit auch das momentane Selbstwertgefühl konstituiert. Außerordentlich wichtig für den Bewusstseinszustand ist auch das jeweilige bewusst oder auch nur diffus erfahrene Körpergefühl, das durch die beiden Komponenten Empfindung und Gefühl bestimmt wird (vergl. z. B. Schmerz, Wohlbehagen). Wahrnehmungen wiederum unterscheiden sich nach Art und Intensität. Die Definition eines bestimmten Bewusstseinszustandes orientiert sich hauptsächlich an der Auswertung der subjektiven Erfahrungen des Menschen.
Der Begriff „Bewusstseinsform“ wird meist synonym gebraucht. Dagegen impliziert der Begriff „Bewusstseinsebene“ eine Hierarchie oder auch eine Entwicklung der Bewusstseinszustände und wird somit nur innerhalb von bestimmten Theorien und Systemen verwendet.

Der Zustand also, bei uns: „alle Zustände haben“, ausrasten.

Und „Träume“? Träume werden in allen Phasen des Schlafes (Einschlafen, Aufwachen, REM-Schlaf und NREM-Schlaf) erlebt, bleiben aber nur selten als solche in Erinnerung. Das Traumgeschehen handelt häufig von Dingen und Ereignissen, die theoretisch unmöglich oder in der Wachrealität unwahrscheinlich sind. Träume unterliegen nur bedingt der Steuerung des Ichs und sind oft mit starkem emotionalem Erleben assoziiert. Kognitive Fähigkeiten wie begriffliches Denken und kausal-logisches Erinnern treten in den Hintergrund. Auch das Bewusstsein ist meist eingeschränkt. Erschreckende und angstauslösende Träume werden als Albträume bezeichnet.

Starkes Traumempfinden, auch tagsüber. Ständig beunruhigend. Als gehöre es zum Alter, und hört nicht auf. Es ist ja Empfinden, gehört also zum Körpergefühl. Und der Körper ist ja nicht in Odnung, Magendarmtrakt vor allem nicht. Koloskopie wartet ja auf mich. Auch unbewusst, und täglich.

Am 13. 12. (gestern) träumte  ich von einem Tsunami. Ich kletterte eine Felswand hoch, um ihm zu entgehen, oben riss ich eine Bretterwand auf und sah hinab in einen Schopfen oder Stall. Dort stand ein Mann und sagte, der Tsunami wird gleich losbrechen. Zufall, dass in dieser Nacht auch ein sehr starkes Meeresrauschen zu hören war (9km Luftlinie).  Und mit dem Fernglas kann ich es auch sehen. Seltsamerweise kein Rauschen mehr.

Und diese Nacht träumte ich (auch wieder mit einer Stimme, die mich führte, fragte, anrieb): von einer Diplom- oder Doktorarbeit, die ich zu schreiben hatte, der Zustand ist klar, doch nicht die Handlung des Traumes.

Ich sollte die Diplom- oder Doktorarbeit schreiben. War die Lektorin als befehlende Stimme immer mit dabei?  Ich ging da an banalen Gegenständen, Wänden und Dingen entlang, sah sie an, aber eher wie uninteressante Objekte, Material, was wars eine Bretterwand, Möbel, nein gegen das Wort sträubt sich mein Traumempfinden, und sie sagte, das reicht nicht, wenn du hier nur Sachen reinsetzt, Fußböden, Bretter, Kästen, die Worte dazu sind wichtig, du must die Dinge deuten, erklären, beschreiben, Sätze, bitte, nicht nur Seedinge. Da wuchs vielleicht ein Schimmel aus dem Brett, aus einm Kasten kam  ein Affe hervor, ein anderer mit Stöhnen, ja, Holzgeräusche, krachen, „kertzeln“ knarren, die Dinge versuchten Menschen zu sein, als ären es verhexte, in Möbel verwandelte Wesen, die nun befreit, erlöst werden wollten. Und ….

14./15.  Ich sollte eine Diplom-oder Doktorarbeit schreiben- Und bekm nur Widersprüche, Unbehagen in diesem Schreibwiderstandinnen, Auf ein Brett, das ich auf der Straße fand. Material, Objekte, keine Worte, Aber ich müsste das interpretieren, nicht nur Dinge in den Satz setzen.

17./18. Ein Reklametraum Auf der Piata Romana eine Bretterwand mit Schokolade. Vorher getanzt mit jungen Frauen? Dann Dunkelheit. Und große körperliche Erregung. Vielleicht weil ich zu viele Mösen im Internet angeschat hatte?! Erregung, es schnürte mir den Hals zu.


15./16.12.

L. hatte zu viel getrunken, ich ließ sie nicht allein hoch gehen. Legte mich auch neben sie. Da ein Krach, Dea bellte; sie war aus dem Bett gefallen oder beim Klogang vor dem Bett gefallen.

Lag die Ursache für diesen Unfall darin, dass wir vorher  unser Lebensscheitern besprachen? Vorher ein langes Gespräch. Fazit: Jeder stirbt für sich allein.
Habe ich Schuld auf mich geladen. Sie bedauert es nun auch, dass sie keine Kinder hat. Ich habe keine geboren, und zeigte auf ihren armen Bauch. Es war 68. Die Pille, aber auch du, der dem Werk alles „Bürgerliche“, auch Ehe und Kinder opfern wollte. Jetzt sitzen wir allein da. Sieh, Christa Wolfs 80. Wie viele Familienleute da kamen. Bei uns zu deinem 80.? Niemand.

Ich dachte aber nachts an den griechischen „kairos“, den Schicksalsmoment, der immer offen ist ?   Bei Wikipedia finde ich:

Kairos (griechisch Καιρός) ist ein religiös-philosophischer Begriff für den günstigen Zeitpunkt einer Entscheidung, dessen ungenütztes Verstreichen nachteilig sein kann. In der griechischen Mythologie wurde der günstige Zeitpunkt als Gottheit personifiziert.

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Philosophie [Bearbeiten]

Im Altgriechischen wird im Gegensatz zum Zeitabschnitt chronos der Kairos als der rechte Zeitpunkt erfasst. Beispielsweise wird in den biblischen Texten Kairos für einen von Gott gegebenen Zeitpunkt, eine besondere Chance und Gelegenheit, den Auftrag zu erfüllen, verwendet. Immanuel Wallerstein nimmt diesen Begriff in seinem Buch „Unthinking Social Science“ wieder auf, um eine postmoderne Theorie gesellschaftlichen Wandels zu formulieren. Für Giorgio Agamben ist der Kairos die Zeit der messianischen Erfüllung/Außerkraftsetzung des Gesetzes, in der der chronos „gestaucht“ wiederholt wird.
In der Philosophie ist es der entscheidende Augenblick selbst, in der Religion steht Kairos auch für die Entscheidung zwischen Glauben und Unglauben.

Mythologie [Bearbeiten]

Anders als Chronos, der griechische Gott der Zeit, spielt Kairos in der griechischen Mythologie keine oder allenfalls eine kleine Nebenrolle. Ion von Chios(490–421 v. Chr.) nennt ihn zwar in seinem durch römische Zitate überlieferten Triagmos den „jüngsten Sohn des Zeus“[1], eine poetische Erfindung, aber kein Beleg für eine olympische Genealogie. Erst durch die bronzene Plastik des Lysipp, Hofbildhauer Alexander des Großen, erhielt Kairos eine späte Aufnahme in den olympischen Götterhimmel.
Ein Kult des Kairos ist einzig an dem – nicht erhaltenen – Altar des Kairos in Olympia überliefert, der in der Nähe eines Hermes-Altars aufgestellt war, wie esPausanias berichtet.[2] Allerdings zeugen Nachbildungen des Lysipp’schen Kairos von einem verbreiteten Kairos-Kult vom Hellenismus bis in oströmische Zeit. In der Ikonologie rückt Kairos zunehmend nicht nur in die Nähe von Hermes, dem schnellen Götterboten, sondern auch von Tyche, der Fügung des Zufalls, und der Nemesis, die die menschliche Hybris bestraft.
Poseidippos von Pella (3. Jahrhundert v. Chr.) hat in seinen Epigrammen aus Olympia auch einen Dialog des Betrachters mit Kairos verfasst:
Wer bist du?
Ich bin Kairos, der alles bezwingt!
Warum läufst du auf Zehenspitzen?
Ich der Kairos, laufe unablässig.
Warum hast du Flügel am Fuß?
Ich fliege wie der Wind.
Warum trägst du in deiner Hand ein spitzes Messer?
Um die Menschen daran zu erinnern, dass ich spitzer bin als ein Messer.
Warum fällt dir eine Haarlocke in die Stirn?
Damit mich ergreifen kann, wer mir begegnet.
Warum bist du am Hinterkopf kahl?
Wenn ich mit fliegendem Fuß erst einmal vorbeigeglitten bin,
wird mich auch keiner von hinten erwischen
so sehr er sich auch bemüht.
Und wozu schuf Euch der Künstler?
Euch Wanderern zur Belehrung.“
 Gründel 1996. Sp. 1131
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/4/46/Francesco_Salviati_005-contrast-detail.jpg/220px-Francesco_Salviati_005-contrast-detail.jpg
http://bits.wikimedia.org/skins-1.18/common/images/magnify-clip.png
Schopf und kahler Hinterkopf des Kairos
(Detail eines Wandgemäldes von F. Salviati)
Die Redensart, „die Gelegenheit beim Schopf“ zu packen, wird auf diese Darstellung des Gottes zurückgeführt: Wenn die Gelegenheit vorbei ist, kann man sie am kahlen Hinterkopf nicht mehr fassen. Dementsprechend bezeichnet man in der Psychologie die Angst, Entscheidungen zu fällen, als Kairophobie.

Darstellung in der bildenden Kunst http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/d/d9/Printer%27s_Device_for_Andreas_Cratander%2C_by_Hans_Holbein_the_Younger.jpg/220px-Printer%27s_Device_for_Andreas_Cratander%2C_by_Hans_Holbein_the_Younger.jpg

http://bits.wikimedia.org/skins-1.18/common/images/magnify-clip.png
Druckermarke für den Drucker Andreas Cratander, 1522
Urbild aller Kairos-Darstellungen ist die verschollene Bronzeplastik des Lysipp aus Olympia, von der nur noch Bruchstücke einer römischen Marmorkopie erhalten sind. Ein in Turin aufbewahrtes Marmorrelief nach Lysipp zeigt den Gott als weit ausschreitenden nackten Jüngling, mit lockigem Haar und kahlgeschorenen Hinterkopf. Flügel wachsen ihm aus Schulter und Fersen. In seiner Linken trägt er eine Balkenwaage, während der Zeigefinger der rechten Hand auf die sinkende rechte Waagschale hinweist.[3] Nach diesem Vorbild sind einige Darstellungen auf antiken Siegeln und Sarkophagen erhalten.
Das Relief weicht in einigen Punkten von der Beschreibung des Pausanias ab: Es fehlt das Messer, Flügel an der Schulter werden nicht erwähnt. Auch bei anderen Attributen gibt es im Lauf der Zeit Veränderungen, so wird Kairos gelegentlich auf Flügelrädern, ein Attribut der Nemesis, oder balancierend auf einer Kugel wie Fortuna dargestellt.
In der Renaissance konnte Kairos auch als Occasio, die günstige Gelegenheit – theologisch auch die „Gelegenheit zur Sünde“ – als weibliche Personifikationverbildlicht werden. Ein Beispiel ist Holbeins Druckermarke für den Basler Drucker Andreas Cratander von 1522. Hier ist eine junge Frau mit wallender Haarpracht und kahlem Hinterkopf dargestellt. Sie ist bewaffnet mit einem Messer und tänzelt mit Flügelschuhen auf einer Kugel. In dieser Darstellung werden Attribute von Fortuna und Kairos vereint.

Literatur 

Kairos. In: Pauly-Wissowa. Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft. Neubearb. begonnen von Georg Wissowa. Hrsg. vonWilhelm Kroll. Bd 20/1. Stuttgart 1919. Sp. 1508–1521.

§  Alf Christophersen: „Kairos. Protestantische Zeitdeutungskämpfe in der Weimarer Republik“. Mohr Siebeck, Tübingen 2008. ISBN 3-16-149567-5
§  Klaus P. Fischer: Heute, wenn ihr Seine Stimme hört. Beiträge zu einer Theologie des Kairós. Passagen, Wien 1998 ISBN 3-85165-299-1
§  Hans-Georg Gadamer: Kairos. Ein Diskurs über die Gunst des Augenblicks und das weise Maß. Radiointerview von Bernd H. Stappert, SWR 1989, Auditorium Netzwerk Original Vorträge, Jokers Hörsaal, auf der CD: Hans-Georg Gadamer: Von der Lust am Dialog. (2008).


17./18./19, heute ist Montag, Samstag u. Sonntag beim Boot. Am Samstag besonders schlimm, Regen und starker Wind. Ich konnte gar nicht aufs Boot, es heranziehen. Doch die Leinen sahen gut aus. Gestern dann  gings. Ich konnte auch rein und auspumpen. 

19./20. Dienstag. Anekdotentraum. Kleine Bücher mit Anekdoten hingen da. Ich sollte auch Anekdoten schreiben. Nur, in welchem Stil. Und der erste Satz gibt den Stil schon vor. Pastior war mit dabei.
Quälende Nächte. Und Müdigkeit am Tag. Keine Schreiblust, kein Schreibmut mehr.

21.22. 12. Für morgen 23. L.s Geburtstag:


Für meine Linde
Am 23.Dezember 2011



JEDE NACHT DIE ANGST
Und am Tag im Licht
Körperschmerzen…

Du und ich nach all den Jahrzehnten
Zusammen… ein Rätsel, ein Wunder?

Ich weiss: ohne dich wäre ich nicht ich,
wäre meine Arbeit nicht meine Arbeit,
wäre mein Werk nicht mein Werk.

Welch ein Kairos, welch ein Gott
Macht es möglich  zusammen zu sein.

Wir wollen nichts anderes…


Und die Wirklichkeit ist schön fast
Ein Märchen…. In der Ferne die Unendlichkeit
Das Mittelmeer.

2
Tonbanduhr im Tal Campanile ist wieder ein Heute
im Esszimmer die Uhr ist schon viel näher
täglich kaum unterscheidbar
vorgestern gestern und heute Morgen
wieder. Sie wird einmal geschlagen haben
und geschlagen haben werden  sie.

Erst jetzt war es doch heute gewesen. Eben noch war
doch   gestern. War heute Vormittag Abend                                              
und diese letzte Nacht schon längst gewesen.
Immer
weil wir
gewesen sein werden.

3
Und sind wir dann im tiefen Später
Aus der Zeit erlöst
Und wirklich
Zusammen im Licht Schein der das Auge raubt
Und jede Hast blendet?

Dort im Zukunftssein blitzend,
dort, wo wir Immer sind und
Wo es nur blendende Uhren 
Viel größerer Liebe gibt?

Ihr Widerschein ist unsere tägliches
Miteinander, Liebe? kaum spürbar
als wäre es Alltag
Was doch zusammen hier
Ein Rätsel ist.

Du und ich
das ist ein Schicksal geworden.


28./29. 12. Wichtiger Traum. Mit Sienerth, der sagte, er habe die TS-Mappen angesehen einiges gelesen, doch man erde verrückt in diesem Wahnsinn von Textcollagen, von Materialsummen.
Und ich  setzte sie im Traum zusammen; ich weiss ich müßte Proben daraus geben, ein kleines Ausschnitt-Buch daraus zusammenstellen. Morgen versuche ich das.
Nur durchhastend wie ein Finder im Goldbergwerk ist das möglich. Traum-Text-Fetzen….
Ich dürfte eigentlich nichts mehr anderes machen als solch eine Suche veranstaltn….

Wie bei Zettels Traum müsste ich es machen.
Weiter im Text:
(? –) : »Ganz=winzij’n Moment nur … (: dreh langsam, 1 Mal, den Kopf in die Wunder einer anderen AtmoSfäre … (?) – : nu, ne Sonne von GoldPapier, mit roth’n Bakkn et=caetera ?)) – : verfolg ma das WasserlinsnBlättchin, Franziska=ja ? – (?) – : Ganz=recht; (Ch kuck aufdii Uhr). –«; (und knien; am WegeGrabm, zu Anfang des Schauerfeld’s) : »Ch wollt die StrömungsGeschwindichkeit ma wissn : Wir habm Zeit, individuell zu sein, gelt Fränzi?« « (Und erneut zu W, /
Der erste Satz scheint an W gerichtet zu sein, wie der Schluss der zitierten Passage und der rechte Rand klar machen:
(da W Uns, anschein’d n Ausputzer
gebm wollte. (: heut regier’Ich :
morgn fahrt Ihr wieder
Diese Marginalie enthält eine wichtige zeitlich Rahmenbedingung des Geschehens, die auch gleich darauf noch einmal betont werden wird: Der Tag, den ZT beschreibt, ist in vielerlei Hinsicht ein letzter Tag, ein Tag, der in sich abgeschlossen ist und etwas besonderes darstellt. Zum heute so nicht mehr gebräuchlichen Wort „Ausputzer“ schreibt Adelung:
Der Ausputzer, des -s, plur. ut nom. sing. der etwas ausputzet. Figürlich, im gemeinen Leben, ein scharfer Verweis. Einem einen derben Ausputzer geben.
Im obigen Zitat aus der Mittelkolumne ist wohl wichtig, dass DP W gegenüber für ein und denselben Sachverhalt zwei sehr unterschiedliche Formulierungen gebraucht: Die „die Wunder einer anderen AtmoSfäre“ können auch als „ne Sonne von GoldPapier, mit roth’n Bakkn et=caetera“ beschrieben werden. Hier kündigt sich DPs Methode der Interpretation an, die später im Text als „Etym=Methode“, „Etymkunde“, „Etym=Analyse“ oder auch explizit als „Etym=Theorie“ bezeichnet werden wird. Für diese Lesart von Texten wird es – besonders auch bei denen Edgar Allan Poes – charakteristisch sein, dass eine gravitätischen Formulierung mit eine ihre Erhabenheit entlarvende Deutung gegenübergestellt wird. Ich selbst habe mir in meiner Einführung zu Schmidts erzählerischem Werk erlaubt, diese Methode als „Etymmystik“ zu bezeichnen, da zumindest DP mit dieser Methode darauf abzuheben scheint, die oberflächliche Lektüre von Texten durch eine wahrere, unmittelbarere Lektüre zu ergänzen. Ich werde hier in im weiteren dei Abkürzung EM für diese Art des Textzugriffs verwenden, wobei sich jeder nach Belieben denken mag, ob dies für Etym-Methode oder Etymmystik stehen soll.
Der zweite Teil des obigen Zitats leitet eine Messung der Strömungsgeschwindigkeit des kleinen Bächleins im „WegeGrabm, zu Anfang des Schauerfeld’s“ ein. Dies im weiteren Roman wohl keine Rolle mehr spielende Detail könnte in zweierlei Hinsicht gedeutet werden: Zum einen ist für DP die ihn umgebende Welt nicht nur Anlass zur äußerlichen Betrachtung, sondern er objektiviert sie auch – die Welt wird nicht nur betrachtet, sondern auch vermessen; auch hier liegen, wie bereits oben thematisiert, zwei Zugriffe auf die Welt nebeneinander vor. Zum anderen kann das Knien „am WegeGrabm“ auch als eine religiöse Geste gedeutet werden. Hinweis darauf könnte das kurze Poe-Zitat am linken Rand sein:
(›watered by a beautiful stream,
which bears the name of ISIS, the
divinity of the Nile & the Ceres of
the egyptians‹.
(REC.WALSH))
Das Bächlein wird also assoziiert mit der Isis, der Göttin des Nils und der Ceres der Ägypter, was zum einen eine erneute Aufnahme des Themas Fruchtbarkeit ist, für das auch schon die die linke Kolumne bisher beherrschenden Jungstiere stehen können, zum anderen aber eben für das Knien „am WegeGrabm“ ein religiöses Assoziationsfeld liefert. Vor wem oder was hier dann tatsächlich das Knie gebeugt würde, lässt sich wohl noch nicht erkennen.
F stimmt der Aussage DP, man „Zeit, individuell zu sein“ schweigend zu, wie der rechte Rand verrät:
(Sie nickde, schweignd …
Weiter in der mittleren Kolumne:
(Und erneut zu W, / (Die, irgndwie=gereizt, Paul just ein’n ›Altn Dämian‹ hieß : ! –) / : »Lieb=sein Wilmi. Villeicht sind Wa, an Unserm 1 Tag Fee’rij’n, ooch noch grawitätisch! –
Meine Lektüre des Hesseschen „Demian“ liegt zulange zurück – und ich möchte sie auch nicht auffrischen –, um noch beurteilen zu können, ob es sich bei „Dämian“ um ein spezifisches Schimpfwort handelt; der Dämlack dürfte bei der Schöpfung des Wortes Pate gestanden haben.

Zettel's Traum (ZETTEL'S TRAUM in der Schreibweise des Autors) ist das 1970 erschienene Monumentalwerk des Dichters Arno Schmidt. Der Titel spielt unter anderem auf eine Figur ausShakespeares Mittsommernachtstraum an.

Inhaltsverzeichnis

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Inhalt [Bearbeiten]

Die Handlung spielt an einem Tag 1968 ab 4 Uhr in der Lüneburger Heide. Der Ich-Erzähler Daniel Pagenstecher hat das Übersetzer-Ehepaar Paul und Wilma Jakobi mit deren Tochter Franziska zu Besuch. Breiten Raum nehmen die Gespräche der Erwachsenen über den amerikanischen Schriftsteller Edgar Allan Poe ein, dessen Leben und Werk Pagenstecher mittels der von ihm entwickelten „Etym-Theorie“ deutet. Mit dieser Fortentwicklung der Freudschen Psychoanalyse stellt er Poe als impotenten, koprophilen Voyeur mit Neigung zu Kindfrauen dar.
Das Werk umfasst 1334 dreispaltig mit Schreibmaschine und Hand (Randglossen & Streichungen) beschriebene DIN-A3-Seiten und ist in acht Bücher unterteilt:
§  1. Buch: Das Schauerfeld, oder die Sprache von Tsalal (bis Bl. 138)
§  2. Buch: In Gesellschaft von Bäumen (bis Bl. 313)
§  3. Buch: Dän's Cottage. (Ein Diorama) sic (bis S. 489)
§  4. Buch: Die Geste des Großen Pun (bis Bl. 600)
§  5. Buch: Franziska – Nameh (bis Bl. 755)
§  6. Buch: ‚Rohrfrei!‘ – (bis Bl. 961)
§  7. Buch: The tw/oilit of the Guts (bis Bl. 1145)
§  8. Buch: Im Reiche der Neith (bis Bl. 1330)

Der Raubdruck [Bearbeiten]

Kurz nach dem Erscheinen der Erstausgabe 1970 wurde – sehr zum Ärger des Autors – ein Raubdruck des Buchs in halber Größe angefertigt. Arno Schmidt sah sich in seiner prekären Existenz bedroht, da sein Verleger meinte, man könne nicht noch einmal das Wagnis einer weiteren Typoskript-Ausgabe eingehen, wenn sofort mit einem Raubdruck zu rechnen sei.
Bis Oktober 2010 war Zettel's Traum nur in verschieden skalierten Faksimile-Ausgaben des Original-Typoskripts verfügbar; an der gesetzten Ausgabe arbeitete Friedrich Forssman im Rahmen der Bargfelder-Ausgabe etliche Jahre.

Ausgaben [Bearbeiten]

§  Das Werk erschien 1970 ursprünglich in einer auf zuerst 2000 Bände limitierten, signierten Auflage im DIN-A3-Format im Stahlberg Verlag.
§  Im Jahr 2002 wurde vom S. Fischer Verlag eine Leseausgabe bereitgestellt, die beinahe an die Originaldimensionen des Werkes herankommt, ISBN 3-596-50560-7.
§  Im Oktober 2010 erschien im Suhrkamp Verlag die „Bargfelder Ausgabe. Werkgruppe IV/1. Standardausgabe. Zettel's Traum“ als gesetztes Buch, ISBN 978-3-518-80310-3.
§  Es liegen zwei Hörbuchfassungen in Auszügen mit Jan Philipp Reemtsma bzw. Joachim Kersten als Erzähler vor.

Literatur und Dokumente [Bearbeiten]

§  Arno Schmidt: Vorläufiges zu Zettels Traum. Schallplatten-Kassette mit 2 Langspielplatten und einer Faksimile-Beigabe, S. Fischer Verlag, 1977. eine Umschrift des Vortrags liegt bei.
§  Doris Plöschberger Doktorarbeit (2002) zu „Zettels Traum“ Beiträge zur neueren Literaturgeschichte Bd.191 – SilbmKünste & BuchstabmSchurkereien! Zur Ästhetik der Maskierung und Verwandlung in Arno Schmidts 'Zettels Traum' Universitätsverlag Winter, ISBN 3-8253-1418-9.
§  Jörg Drews (Hrsg.), Doris Plöschberger (Hrsg.): »Des Dichters Aug' in feinem Wahnwitz rollend ...« Dokumente und Studien zu »Zettel's Traum«. 2001, ISBN 3-88377-658-0.
§  Volker Langbehn: »Arno Schmidts Zettels Traum: An Analysis«. Camden House, Rochester 2003, ISBN 1-57113-261-9.

Weblinks [Bearbeiten]

§  Auf der Webseite der Arno-Schmidt-Stiftung erscheint seit dem 15. März 2002 täglich ein „Zettel“ des „Manuskripts“ des Autors
»Den Mond untergehen sehen, über Wieseneinsamkeiten, ganz rot würde das silberne Wesen geworden sein, wenn es einsank in Dunstband und Kiefernborte ...«


Zettelarchiv


Nachts wieder… in der Früh wusste ich den Traum noch. Es waren zwei. Jetzt kommt er nicht mehr.

Die Traumwelt ganz wo anders… eben.  Auch wenn ich mir gemerkt hatte, dass einer ganz normal war.
Und die Themen, wie E. meint: S. und Securitate.

Und heute noch Wahlverwandtschaft mit Jane Dildon (75), di ihr ES bespricht, wie ich es tue:

Joan Didion: Blue Nights

Sich erinnern heißt leiden

22.12.2011  ·  Keine Anleitung zum stilvollen Trauern und behaglichen Altwerden: Joan Didions Buch „Blue Nights“ ist eine unerbittliche Abrechnung mit dem Leben und dem Tod.
Von JORDAN MEJIAS, NEW YORK
Joan Didion© SETH WENIG
Joan Didion, die Beobachterin der Politik, wird in ihren neuen Büchern persönlich und introspektiv
Jetzt hilft auch nicht mehr das magische Denken. Jetzt sind nur noch die Zweifel geblieben an allem, worauf sie sich einst verlassen konnte. Jetzt ist sie allein mit ihrer Ratlosigkeit, ihrer Gebrechlichkeit, ihrer Angst. Die „Blue Nights“ neigen sich ihrem Ende zu, die letzten Minuten der „blauen Stunde“ sind angebrochen, und Joan Didion weiß sich keinen anderen Rat, als zu schreiben. Über den Tod ihrer Tochter Quintana. Über den Schmerz des Erinnerns. Übers Altwerden. Über ihre Einsamkeit im gesellschaftlichen Trubel. Über ihr Versagen, ihrem Leben eine Richtung, geschweige denn einen Sinn zu geben. Sie schreibt, ja sie schreibt so wunderbar präzis und poetisch und musikalisch wie immer, aber selbst darin vermag sie keinen Halt und keinen Trost zu finden.
Nichts ist erbaulich in „Blue Nights“. Dennoch sagt der Schriftsteller John Banville dem Buch in der „New York Times“ voraus, es werde für Didion wieder ein Riesenerfolg. Michiko Kakutani, die Literaturkritikerin des Blattes, hat es soeben in ihre Jahresbestenliste als „melancholische Meditation über die Moral und die Zeit“ aufgenommen, und in der „New York Review of Books“ nennt Cathleen Schine es ehrfürchtig „einen Abstieg in die Unvermeidlichkeit einer Welt ohne Hoffnung“. Als Protagonistin des New Journalism gibt es für Didion keine strikte Trennung zwischen Privatem und Öffentlichem, zwischen Politik und persönlichem Alltag. Im „White Album“, ihrer 1978 erschienenen Essaysammlung, manövriert sie über die Klippen der Zeit am Rande eines Nervenzusammenbruchs. Wenn auch die Schicksalsschläge der vergangenen Jahre ihren Blick immer mehr nach innen gelenkt haben, hat sie doch die politische Bühne nicht ganz aus dem Auge verloren und sich auch vor der Wahl Obamas und danach etwa in der „New York Review of Books“ zu Wort gemeldet.

Die Arbeit am Bühnenstück als Therapie

Es läge nahe, „Blue Nights“ als Fortsetzung von „The Year of Magical Thinking“ zu lesen. Es führte auch in die Irre. „The Year of Magical Thinking“, auf Deutsch 2006 als „Das Jahr magischen Denkens“ erschienen, ist Joan Didions Versuch, mit dem plötzlichen Herztods ihres Mannes, des Schriftstellers John Gregory Dunne, zurechtzukommen (F.A.Z. vom 18.November 2005). Sie findet sich wieder in einer Phantasiewelt, in der ein magisches Denken es ihr erlaubt, Gewesenes und Geschehenes zu verändern oder auch ungewesen und ungeschehen zu machen. Die Wirklichkeit aber pocht unbarmherzig auf ihr Vorrecht. Didion muss sich damit abfinden, dass noch im nachlassenden Schmerz neue Schmerzen auftauchen. Ist nicht jeder aufkeimende Trost ein Betrug an ihrem verstorbenen Mann? Sie, die selbstsichere Lebensplanerin, die gefeierte Essayistin, Drehbuch- und Romanautorin, verliert die Kontrolle über ihre lang und gewissenhaft gehegten Vorstellungen von Tod und Leben und allem, was sich dazwischendrängt.
Joan Didion, „Blue Nights“© VERLAG
Joan Didion: „Blue Nights“
Als ihr Mann stirbt, ist die einzige Tochter lebensbedrohlich krank. Von ihrem Tod wird der Leser noch nichts erfahren. In der Bühnenversion von „The Year of Magical Thinking“ muss Vanessa Redgrave, Joan Didions Doppelgängerin am Broadway, anderthalb Jahre später aber vom Tod beider erzählen (F.A.Z. vom 2.April 2007). Didion schildert nun in „Blue Nights“, wie sie sich die Arbeit am Bühnenstück als Therapie verschreibt. „Maintaining momentum“, in Schwung bleiben, heißt ihr neues Motto, ihre Überlebenstechnik. Bis der Körper nicht mehr mitspielt. Oder sind es Körper und Geist, die gemeinsam ihre Zuversicht verlieren? Übersät ist ihr Rückblick mit Fragen, auf die sie keine Antwort findet.

Das Ende der Versprechungen ist auf einmal da

Auch das magische Denken vermag ihr keinen vorübergehenden Schutz mehr vor den brutalen Eröffnungen der Wirklichkeit zu bieten. Jeder Gedanke wird zur Last, jede Erinnerung zum Schmerz. Sie kramt Fotos und Einladungskarten hervor, nur um festzustellen: „Theoretisch bringen diese Erinnerungsstücke den Augenblick zurück. Tatsächlich dienen sie bloß dazu, mir klarzumachen, wie unzulänglich ich den Augenblick genossen habe, als ich dabei war.“ An anderer Stelle schreibt sie: „Erinnerungen sind das, woran du dich nicht länger erinnern willst.“ Ihre Totenklage besteht aus Zweifeln an sich selbst, Zweifeln am Blickwinkel, unter dem sie ihre Welt betrachtet, und Zweifeln an der Erziehung der Adoptivtochter: „Haben wir von ihr verlangt, erwachsen zu sein? Haben wir sie aufgefordert, Verantwortung zu tragen, bevor sie dazu in der Lage war? Haben unsere Erwartungen sie daran gehindert, sich wie ein Kind zu verhalten?“ Und davor schon die noch schmerzlichere Frage: „Wie konnten wir einander nur derart falsch verstehen?“
Joan Didion hat keine andere Wahl, als ihre Klage vor einer Kulisse anzustimmen, die im Luxus mondäner Paradiese schwelgt, von Saint-Tropez bis Malibu, von der Polo Lounge im Beverly Hills Hotel bis zum Efeu-Idyll des Plaza Athenée in Paris. Patti Smith und Paul Newman gehören zu den Stars, die anstandslos Nebenrollen in der Familiensaga übernehmen, und als Braut ist Quintana geradezu verpflichtet, das Satinschuhwerk von Louboutin schimmern zu lassen. Eine privilegierte Kindheit? Privileg, das sei eine Wertung, eine Meinung, ein Vorwurf, erklärt Didion. Ein Begriff, der angesichts der Ereignisse keine Bedeutung habe.
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Über den Tod der Tochter hinaus weitet sich „Blue Nights“ so zu einer Meditation, einer literarisierten Improvisation, die, ganz wie unser noch unzähmbares Hirn, zwischen den Zeiten und Ereignissen umherspringt, nach vorn und zurück, über Kreuz und im Kreis. Didion führt ein Selbstgespräch, das sie für uns aufzeichnet, in einer Ehrlichkeit und Offenheit, die den schmalen Band fast zu sprengen scheinen. Sie spricht über Kinder, aber meint, wie sie zugibt, den Tod. Der aber hat es eilig, wenn er sich heranschleicht: „Verlieren wir das Gefühl fürs Mögliche, verlieren wir’s schnell.“ Das Alter kommt als Überraschung, auf einmal ist das „Ende der Versprechungen“ da. Sie gesteht, keinerlei Vorbereitungen getroffen zu haben. Dass die Tatsache, fünfundsiebzig Jahre alt zu sein, eine bedeutsam veränderte Lebenssituation markiert und in ihr ein anderes „Es“ vorfindet, ging ihr erst vor kurzem auf.

Gegen die Leere ist kein poetisches Kraut gewachsen

Hat sie nunmehr also einen weisen Rat auf Lager? Nein. „Blue Nights“ ist keine Anleitung zum glücklichen Trauern und behaglichen Altwerden. Jenseits aller flotten Bekenntnisschreiberei legt Didion das Ergebnis einer schonungslosen Selbstuntersuchung vor, einen Bericht, der weder tröstlich noch weinerlich ist, auch wenn er an seiner eigenen Beschaffenheit zweifelt. Die Frau, deren unverwechselbare Stimme nicht von ihren Beobachtungen und Erfahrungen zu trennen ist, ist sich nicht mehr sicher, dass sie uns damit wirklich erreicht. „Lassen Sie mich wieder versuchen, direkt mit Ihnen zu sprechen“, beginnt sie ein Kapitel, beinahe verzweifelt. Zuvor hatte sie weniger uns als sich selbst gefragt: „Was, wenn ich nie mehr die passenden Wörter ausfindig machen kann?“ Joan Didion wird es nicht glauben, wenn ihr versichert wird, dass sie ein bewegendes Buch geschrieben hat, stilistisch und gedanklich auf der Höhe ihrer Meisterschaft. Oder wenn sie es glaubt, wird sie fürchten, nicht mehr die Kraft für ein nächstes Buch zu haben. Sie hat gelernt, Krankheit, Gebrechlichkeit und Alter in ihre Lebensrechnung miteinzubeziehen, körperlich und geistig.
Es gehört zu den Widersprüchen von „Blue Nights“, dass vom existentiellen Niedergang, der den Inhalt prägt, in der Form nichts zu spüren ist. Genauso unvereinbar ist ihr neues Selbstporträt, das in seiner radikalen Hoffnungsverweigerung auch „The Year of Magical Thinking“ noch übertrifft, mit unserer Reaktion darauf, unserem Leseerlebnis, das verzaubert, während es uns verstört und bedrückt. Als Trostspenderin hat Kunst bei Didion ausgedient. Gegen den Tod der Tochter und des Ehemanns, gegen die Leere in ihrem Leben ist kein poetisches Kraut gewachsen. Kein Buch hilft darüber hinweg. Joan Didion weiß das, erklärt uns das. Und doch hat sie ein Buch geschrieben.
Quelle: F.A.Z. 

Ist mein „Magical Thinkig“ meine versagende Transkommunikation?
Und  kein Trost mehr, Schreiben vor allem nicht. Und genau dieses aufschrfeiben.

27.12. Wieder zeigt sich, dass die Träume wichtiger sind als das Leben
Wenn ich sie schreiben könnt. Wäre ich ein großer Autor.
Wieder war von einem Lob meines Romans, welcher? Die Rede, ein bekannter Kollege sprach über ihn. Ich m üsst nur den Anfang ändern. Dann davon, ihn wegzulassen. Er, und eine Frau. Dann nur noch sie. Es war im Osten, Berlin wohl.  Und die Grenze nun offen, wir rasten los.  Neben uns ein Schmutzkanal mit ungeheuer dichte Gerümpel, das wegschwamm. Von einem Mantel dann. In der Tasche genau 2000 DM. Als wollte die Kollegin „rüber“.
Alles nur dramatische Fetzen.

Vielleicht war Elisabeth dabei.  Sie es. Aufgeregt alles. Ich immer sehr bescheiden, und stumm. Irgendwie die Atmosphäre einer Buchhandlung. Und eines Gartens, wo gelesen und kritisiert wurde. Überschnitt sich mit dem Geschehen, das auch live voranging, aus dem Buch stieg. Ich erlebte also als DR-Bürger lles.
 Wichtig war, ich fragte den Kollegen, wie hätte er das dann gemeistert, als es die DDR nicht mehr gab, sein Thema war ja, sie und die Spannung zu West. Aber vor allem das Lebensgefühl dort. Nach dieser Frage ging dann alles los.

Große Trauer und Mutlosigkeit als ich wieder wach war, erkannte, dass ich mein banales Leben hatte, alles nur ein Traum. Nichts. Und es nicht mal mehr richtig rekonstruieren und aufschreiben konnte.

Ich kehr es jetzt um: 25. 12. Weihnachten.
Schöne worte von einem Transsylvanschen Kollegen Dimovici:

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§   
§  "Transsylwahnien" hat mich fasziniert! Es ist ein wunderbares, trauriges Epos über EXil und über unsere verlorene Heimat, eine verführerische und zerrissene Kulturlandschaft, mit alle ihren geschichtlichen Höhen und Tiefen, mit ihren Wahnsinn, Härte und Zärtlichkeit, Schwächen, Schizophrenie und unerklärliche Grausamkeiten.
Beeindrückend ist die traurige Gestalt der heimatlosen und einsamen Mutter (hat mir sehr an meinen Mutter, die auf einem Friedhof in Transsylwahnien liegt, errinert), die nach dem Tod des Sohnes, mit ihm, mit seinem "Weggehen", vergessen, erlöschen wird. Erschüttern wirken auch Roland, Capenius und alle Anderen, die nicht wussten was sie taten oder nicht wissen wollten und begreifen konnten, wie tief sie verfallen waren (ist DAS, in eine Form oder andere, nicht mal vielen von uns auch passiert?) es folgt
§  Corneliu Dimovici
19. Oktober
§  Der Schleier der Obsession:"was kommt danach?" ist nicht neu, aber durch Milliardenfache Wiederholungen, die Hoffnung an die Unsterblichkeit, wird aktueller und trotzdem fragiler, zarter und fraglicher.
Wir alle, rastlos umherirrend, durch unsere fremdgewordene Heimat oder durch die ganze Welt, schleppen unseren innerlichen uns äußerlichen Exil und Sehnsüchte nach "Zuhause" "dass es einmal gab", vielleicht nur in unserem, von Jahren abgestumpften und durchgewühlten SCHMERZ, mit.
Es ist schöne, traurige Elegie über die zerbrechlichen Transsylvanischen rastlosen Seelen...
Danke, Cornel Dimovici

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